Magazinrundschau
Is it possible? It's Günter Grass!
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
21.04.2015. Der Völkermord an den Armeniern war eben das: ein Völkermord, notiert die Financial Times. Auch Israel sollte das als Tatsache anerkennen, meint Tablet. Die NYRB erzählt, wie ukrainische Oligarchen die Ostukraine unterstützen. In Eurozine warnt Mykola Riabchuk vor einem neuen Totalitarismus in der Ukraine. In der LRB fragt sich Christopher Clark, wer Kaiser Wilhelm II. ganz ernst nahm. La Vie des idees fordert mehr künstlerischen Patriotismus. Pitchfork sucht den Wert der Musik. Und Aeon fragt: Warum explodieren unsere Gehirne nicht, wenn wir Filme sehen?
Financial Times (UK), 17.04.2015

Außerdem in der Financial Times: ein langes Porträt des Erfinders, Designers und Revolutionärs mancher Elektrogeräte James Dyson.
Tablet (USA), 20.04.2015

New York Review of Books (USA), 07.05.2015


Eurozine (Österreich), 15.04.2015

Außerdem in Eurozine: Der Osteuropaforscher Nikolay Mitrokhin erzählt, wie russische Intellektuelle auf die Charlie-Hebdo-Massaker reagierten. Und Simon Davies fürchtet stärkere Überwachung in Europa nach den Terrorattentaten von Paris und Kopenhagen.
HVG (Ungarn), 21.04.2015
Der Theaterregisseur und Hochschullehrer Tamás Ascher, bis zum letzten Jahr Rektor der Budapester Universität für Theater- und Filmkunst (SZFE), feierte kürzlich seinen sechsundsechzigsten Geburtstag. Im Gespräch mit Rita Szentgyörgyi klagt er über die immer erdrückenderen Bruchlinien entlang der politischen Lager in der ungarischen Theaterlandschaft: "Dass Lügen, Halbwahrheiten und Beschuldigungen zu großen Theorien aufgebaut werden, ist unerträglich. Dahinter steckt nichts als Unersättlichkeit, Raumbesetzungsbedürfnis und Verletztheit. Ähnliche Situationen erlebte ich auch vor der Wende. Damals wurden Künstlergemeinschaften, die den Servilismus ablehnten, unter dem Vorwand gepeinigt, den Sozialismus zu verteidigen. Heute ist es die Nation. Damals beschuldigte man mich, den Westen nachzuäffen oder einfach, ein Liberaler zu sein. Die Freiheit als wichtigster Referenzpunkt war in der Kádár-Ära genauso ein rotes Tuch wie heute.
London Review of Books (UK), 20.04.2015

Außerdem stecken die Briten mitten im Wahlkampf: James Meek berichtet aus Grimsby, dem einstigen Sitz der britischen ausgedienten Fischereiflotte. Weil die EU vor zwanzig Jahren die Fangquoten regulierte, wählen die Leute dort jetzt alle Ukip. Richard Seymour fragt, worin die Labour Party eigentlich ihren Sinn sieht abgesehen, wenn sie alle konservativen Rezepte übernimmt.
Mother Jones (USA), 01.05.2015

Proceso (Mexiko), 18.04.2015

Rolling Stone (USA), 14.04.2015

Am berühmtesten sind natürlich "Ain"t No Sunshine" und "Lean on Me". Unser Lieblingssong ist aber "Use Me" (unübertrefflich die Studioaufnahme)! Hier in einer Live-Aufnahme der BBC:
La vie des idees (Frankreich), 17.04.2015

New Yorker (USA), 27.04.2015

Weitere Artikel: Sarah Stillman schildert in einer Reportage die Folgen der amerikanischen Flüchtlingspolitik, die illegale Einwanderer gerade auch gegenüber kriminellen Landsleute im Regen stehen lässt. Stephen Witt rekapituliert die aufregenden Kindertage der Musikpiraterie im Netz, als Napster und Co. eine Revolution in Gang setzten. Peter Schjeldahl besucht das neue Whitney Museum of American Art von Renzo Piano. Und Oliver Sacks dokumentiert den tragischen Fall des Schauspielers und Schriftstellers Spalding Gray, den eine Gehirnverletzung in den Suizid trieb.
Novinky.cz (Tschechien), 16.04.2015

Im gleichen Magazin erinnert sich der tschechische Günter-Grass-Übersetzer Hanuš Karlach: "Sein stets lautstarkes Auftreten, gegen die russische Invasion in der Tschechoslowakei, gegen die "Normalisierung", die darauf eintrat, und seine unverhohlene Unterstützung aller Gegner dieser Entwicklung zog natürlich ein komplettes Publikationsverbot seines Werkes bei uns nach sich. Und da halfen weder Gutachten noch Vor- oder Nachworte darüber, dass es sich hier eigentlich um einen linken, wenn nicht gar sozialistischen Autor handelte. Grass durfte nicht existieren." Das änderte sich freilich nach der Samtenen Revolution. "Irgendwann Mitte der Neunziger war Grass hier zu Besuch und ich begleitete ihn als sein Übersetzer durch Prag. Als wir über den Altstädter Ring gingen, erhoben sich ein paar amerikanische Studenten von den Bänken und sagten zueinander überrascht und ehrfurchtsvoll: "Look! Is it possible? It"s Günter Grass!""
Pitchfork (USA), 21.04.2015

Gatopardo (Kolumbien), 18.04.2015

Aeon (UK), 16.04.2015

Vanity Fair (USA), 15.04.2015

Fast Company (USA), 07.04.2015

Magyar Narancs (Ungarn), 21.04.2015
Vor zwei Jahren wies das Wiener Burgtheater eine Einladung zum neugegründeten internationalen Theaterfestival POSzT des Budapester Nationaltheaters unter dem Direktoren Attila Vidnyánszky zurück (mehr hier). Am diesjährigen Treffen nahm das Burgtheater zum ersten Mal teil, der Gastauftritt (mit Jan Bosses Tschechow-Inszenierung "Die Möwe") endete am gestrigen Abend mit einem Eklat, meldet Népszabadság. Nach der Vorstellung verlas Martin Reinke (in der Rolle des Jewgenij Dorn) eine politische Erklärung auf Deutsch und auf Englisch und überraschte damit den anwesenden Vidnyánszky aber auch das Publikum vollkommen: Das Burg-Ensemble bekundete in der Erklärung seine Solidarität mit denen, die - wie Teile der ungarischen Theaterszene - die wachsenden Demokratiedefizite ertragen müssen. (Mehr dazu hier)
Ein Skandal dieses Theatertreffens ist die grundlose Ablehnung der Kandidatin für den Vorsitz der fachlichen Jury, Judit Csáki, durch die von Vidnyánszky angeführte Ungarische Theatrumgesellschaft. Die Vereinigung der Theaterkritiker rief daraufhin zum Boykott auf, dem sich bisher zahlreiche Fachzeitschriften, Onlineportale aber auch Schriftsteller wie Péter Esterházy, Pál Závada oder Lajos Parti Nagy, Kunst- und Kulturhistoriker wie Péter György oder János Rainer M. und Regisseure wie Róbert Alföldi oder Árpád Schilling anschlossen. Weiterhin verkündeten einige teilnehmenden Theaterhäuser (Örkény, Szputnyik), dass sie zwar ihre Stücke spielen, sich jedoch aus dem Wettbewerb zurückziehen würden. Péter Urfi stellt die Zukunft des Festivals unter den gegebenen Umständen grundsätzlich in Frage: "Das anhaltende Schweigen über den wachsenden Boykott wird immer peinlicher. Zwar kann ein protziges Festival die Absagen von Intellektuellen wie Esterházy, Parti Nagy, Péter György, Závada u.a. vom Tisch fegen, doch die Liste mit bestimmenden Figuren des gegenwärtigen ungarischen Theaters wie Alföldi, Schilling oder der Direktorin der Vereinigung der unabhängigen Theaterhäuser Adrienn Zubek wird auch immer länger. Sie alle zu ignorieren ist - gelinde gesagt - eine Unverschämtheit, was erneut zu der Frage führt, was für eine Veranstaltung aus dem POSZT geworden ist."
Ein Skandal dieses Theatertreffens ist die grundlose Ablehnung der Kandidatin für den Vorsitz der fachlichen Jury, Judit Csáki, durch die von Vidnyánszky angeführte Ungarische Theatrumgesellschaft. Die Vereinigung der Theaterkritiker rief daraufhin zum Boykott auf, dem sich bisher zahlreiche Fachzeitschriften, Onlineportale aber auch Schriftsteller wie Péter Esterházy, Pál Závada oder Lajos Parti Nagy, Kunst- und Kulturhistoriker wie Péter György oder János Rainer M. und Regisseure wie Róbert Alföldi oder Árpád Schilling anschlossen. Weiterhin verkündeten einige teilnehmenden Theaterhäuser (Örkény, Szputnyik), dass sie zwar ihre Stücke spielen, sich jedoch aus dem Wettbewerb zurückziehen würden. Péter Urfi stellt die Zukunft des Festivals unter den gegebenen Umständen grundsätzlich in Frage: "Das anhaltende Schweigen über den wachsenden Boykott wird immer peinlicher. Zwar kann ein protziges Festival die Absagen von Intellektuellen wie Esterházy, Parti Nagy, Péter György, Závada u.a. vom Tisch fegen, doch die Liste mit bestimmenden Figuren des gegenwärtigen ungarischen Theaters wie Alföldi, Schilling oder der Direktorin der Vereinigung der unabhängigen Theaterhäuser Adrienn Zubek wird auch immer länger. Sie alle zu ignorieren ist - gelinde gesagt - eine Unverschämtheit, was erneut zu der Frage führt, was für eine Veranstaltung aus dem POSZT geworden ist."
New York Times (USA), 19.04.2015

Sally Mann, Foto aus der Serie "Immediate Family", 1992
Im aktuellen Magazin bringt die New York Times einen Vorabdruck aus der Autobiografie der amerikanischen Fotografin Sally Mann. Mann setzt sich darin mit ihrem 1992 erschienenen Fotoband "Immediate Family" und den teils heftigen Reaktionen auf die darin enthaltenen intimen Fotos ihrer Kinder auseinander: "Was die Leute abgesehen von all der redlichen Sorge um das Wohl meiner Kinder nicht verstanden haben, ist der Umstand, dass diese Arbeit nichts mit meinen Aufgaben als Mutter zu tun hat. Als ich hinter die Kamera trat und meine Kinder ablichtete, war ich eine Fotografin und sie Schauspieler, gemeinsam schufen wir ein Bild. Viele verwechselten die Bilder mit der Wirklichkeit oder dichteten meinen Kindern auf Grundlage der Fotos bestimmte Eigenschaften an (ein Kommentator nannte sie "böse"). Tatsächlich aber sind das nicht meine Kinder; es sind zeitlose Gestalten auf Silberpapier. Sie repräsentieren meine Kinder im Bruchteil einer Sekunde an einem bestimmten Nachmittag mit unendlich vielen Variablen des Lichts, des Ausdrucks, der Haltung, der Muskelspannung, der Stimmung, des Winds und der Schatten. Es sind nicht meine Kinder, es sind Kinder auf einem Foto. Eine Unterscheidung, die sie selbst sehr wohl begriffen … Für die Leute war das schwer zu verstehen, genauso, wie der Unterschied zwischen den Bildern und der Fotografin, die viele für unmoralisch hielten. Nehmen wir an, es ist wahr, und ich war manipulativ, krank, verdorben, vulgär, wie einige Kommentatoren meinten, auf die Wahrnehmung der Arbeit sollte das keinen Einfluss haben. Wenn wir nur die Arbeiten von Leuten ehren würden, denen wir unsere Großmutter anvertrauen würden, wäre es um die Kunst schlecht bestellt."
Mary Anne Weaver geht der Frage nach, warum so viele britische Muslime sich den radikalen Islamisten im Irak und in Syrien angeschlossen haben. Sechs- bis siebenhundert sollen es derzeit sein. Was charakterisiert den typischen britischen Dschihadisten, fragt Weaver Shiraz Maher vom International Center for the Study of Radicalization (I.C.S.R.) am King"s College in London. Seine Antwort: "Der durchschnittliche britische Kämpfer ist männlich, in seinen frühen Zwanzigern und südasiatischer Herkunft. Er hat in der Regel die Universität besucht und Kontakt zu Aktivistengruppen. Immer wieder haben wir gesehen, dass die Radikalisierung nicht notwendig aus sozialem Mangel oder Armut erwächst. Manche gehen aus humanitären Gründen, die anderen wegen des Märtyrertums. Sie wollen so schnell wie möglich sterben und ins Paradies kommen." Außerdem gebe es noch Abenteurer, die ihre Männlichkeit beweisen wollten, Kriminelle und Ultraradikale, die Amerikaner töten wollten.
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