Magazinrundschau - Archiv

Rolling Stone

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Magazinrundschau vom 14.06.2022 - Rolling Stone

Wenn man sich dem Kriegsgeschehen in der Ukraine nähert, wie Mac William Bishop, der sich für den Rolling Stone an die vorderste Front begeben hat und mit Soldaten spricht, nähert man sich auch der Wahrheit. Er trifft zum Beispiel den Soldaten Sasha, Kommandeur einer kleinen Einheit, der sich ihm nach längeren Schweigen bei einer Autofahrt eröffnet: "'Ich habe einen der Männer in meiner Einheit fast zu Tode geprügelt', erzählt er. 'Wir waren in Schützengräben an der Front. Er hat sein Handy benutzt.'
Sasha atmet schwer.
'Die Russen verfolgten sein Signal und lokalisierten unsere Position. Er hat 15 Minuten lang seine Mutter angerufen, dann 15 Minuten lang seine Frau... und dann fast zwei Stunden lang seine Freundin. Sie haben uns die ganze Nacht bombardiert. Deshalb habe ich ihn geschlagen.'
Später erzählt er uns mehr über die Front.
'Wir haben bei unserer ersten Patrouille sechs Männer verloren', sagt er. "'Sechs von zehn. Sie waren alle meine Freunde.'
Er bricht zusammen und weint."

Magazinrundschau vom 17.05.2022 - Rolling Stone

Nataliya Gumenyuk berichtet aus der jüdischen Gemeinde in Dnipro, mit rund einer Million Einwohnern die größte ukrainische Stadt nahe der Front und "humanitäres und logistisches Drehkreuz, das drei ukrainische Kriegsregionen unterstützt". Als wichtigstes jüdisches Zentrum in der Ukraine ist Dnipro auch Hauptquartier für die Hilfe für die jüdische Bevölkerung des Landes geworden. "Jahrelang hat Wladimir Putin in seinen öffentlichen Reden die Ukrainer beschuldigt, Nazis an die Macht zu bringen. Die aktuelle Invasion wurde unter dem Vorwand der 'Entnazifizierung' angekündigt. Als Russland 2014 die Krim und den Donbass besetzte, versuchten die ukrainischen Juden - Rabbiner, Künstler, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Politiker jüdischer Herkunft - zunächst, diese Behauptungen zu entkräften, indem sie sich mit ihren Bekannten in Russland auseinandersetzten. 2022 fanden viele die Behauptungen Putins so lächerlich, dass sie sie lieber ignorierten, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen, weil die Rhetorik des Kremls oft die eigenen Krankheiten auf andere projiziert. Aber hier in Dnipro ist die blühende jüdische Gemeinde ein täglicher Gegenbeweis für Putins falsche Behauptungen."

Magazinrundschau vom 06.07.2021 - Rolling Stone

Stacey Anderson liefert einen schon wegen seiner Detailfülle sehr lesenswerten Gesamtüberblick über die chinesische Rockszene. Im Zuge der Öffnungen des Landes in den Neunzigern schwappte quasi die ganze westliche Rockgeschichte binnen weniger Jahre ins Land (viele westliche Labels nutzten die Öffnung, um ihre Produktionsüberschüsse in den Lagerhallen loszuwerden, erfahren wir). Die Szene, die sich seitdem gebildet hat und mittlerweile viele Stadion- und Chartserfolge und einen brummenden Underground vorweisen kann, steht allerdings unter den Argusaugen der Zensoren, Überwacher und Repressoren - die harte Drogenpolitik des Landes liefert hier immer wieder die besten Argumente für Übergriffe und Haftstrafen, die selbst dann, wenn sie prominente Musiker treffen, in den staatskontrollierten Medien nicht gemeldet werden. "Ein Konzertveranstalter in Shanghai erzählt mir, dass er und seine Freunde bei Shows oft 'Finde den Bullen' spielen: Sie halten Ausschau nach einem Mann in seinen Dreißigern oder Vierzigern in übertrieben trendigen Klamotten mit einer vollen Flasche Bier, die er mit seinen Händen wärmt. ... Anders als noch vor ein paar Jahren, werden Razzien heute offenbar exklusiv mit der Suche nach Drogen gerechtfertigt. 'Früher kam die Zivilpolizei, um zu sehen, ob eine Band bei einem Konzert irgendwas Kontroverses oder gegen die Regierung Gerichtetes sagt', erzählt mir der Geschäftsführer einer Plattenfirma aus Peking und Shanghai. 'Aber heutzutage wird das über andere Maßnahmen erledigt, also geht es heute nur noch um die Drogen.' Die Polizei hat auch auf Musikfestivals interveniert und dort für totales Chaos gesorgt. Eine Fotografin aus Peking erinnert sich daran, 2018 beim populären Strawberry Festival in Hangzhou, einer großen Stadt im Südosten, von der Polizei Tränengas abbekommen zu haben. Beim Auftritt der Post-Punkband Re-TROS aus Nanjing begann die Meute vor der Bühne zu pogen, sagt sie, und die Polizei hat sich mitten ins Getümmel geworfen. ... Die höhere Präsenz der Polizei beschränkt sich nicht auf Konzerte. Die Aussicht, zu jedem Zeitpunkt verhaftet werden zu können, hat in der Szene einen tiefsitzenden, McCarthy-artigen Argwohn hervorgebracht. Ein Sänger aus Peking führte eine aufstrebende Rockband an, als ein Bandkollege wegen Drogengebrauchs verhaftet wurde - wahrscheinlich verraten von einem Freund, vermutet er. Weniger später löste die Band sich auf. Heutzutage wägt er genau ab, mit wem er spricht - sowohl auf Konzerten als auch auf WeChat, einer populären Social-Media-App, eine Art Hybrid aus Instant Messenger, Twitter, Facebook, E-Mail und digitalem Geldbeutel (und von der Regierung überwacht, was mittlerweile gut belegt ist)."

Magazinrundschau vom 02.02.2021 - Rolling Stone

Wie viel und wie wenig gleichzeitig die USA mit ihrem Krieg in Afghanistan erreicht haben, kann man an der 300 Millionen Dollar teuren Straße von Kabul nach Kandahar sehen, die Symbol für ein neues modernes Afghanistan sein sollte, erzählt Jason Motlagh. Vor 17 Jahren wurde sie fertiggestellt, inzwischen ist sie von Bombenkratern durchsetzt, und wer auf ihr fährt, wird von den Taliban beschossen. So geht es auch Zarifa Ghafari, die sechs Tage die Woche diese Straße benutzen muss, um von Kabul nach Maidan Shar zu gelangen, wo die 27-Jährige Bürgermeisterin ist. Sie hat bereits mehrere Attentatsversuche überlebt: "'Wenn die Taliban die Chance bekommen, werden sie mich definitiv töten', sagt sie. 'Ich stehe auf ihrer schwarzen Liste.' Ghafari ist gerade einmal 27 Jahre alt, schlank und selbstbewusst, trägt ein mitternachtsblaues Kopftuch und eine übergroße Brille. Sie ist ein kühner Beweis dafür, wie weit die afghanischen Frauen seit der US-geführten Invasion im Jahr 2001, die das extremistische Taliban-Regime stürzte, gekommen sind. Als Kind war sie gezwungen, eine geheime Schule für Mädchen zu besuchen, nur um eine Ausbildung zu erhalten. In der Post-Taliban-Ära hat sie sich durchgesetzt, einen Universitätsabschluss in Wirtschaftswissenschaften erworben und einen von den USA finanzierten Radiosender in Wardak gegründet, der sich an Frauen richtet. 2018 wählte Präsident Ashraf Ghani sie unter 137 anderen Kandidaten - allesamt Männer - zum Bürgermeister von Maidan Shar, dem Sitz einer strategisch wichtigen Provinz an der Grenze zu Kabul, in der die Taliban Unterstützung genießen. 'Alles, was ich hatte, war mein Talent und meine Ausbildung', sagt Ghafari. 'Sonst nichts.' Aber ihr tägliches, riskantes Spiel, in einer gewalttätigen Stadt so nahe der afghanischen Hauptstadt zur Arbeit zu erscheinen, ist sinnbildlich für eine Regierung in der Krise. Die Taliban kontrollieren jetzt fast die Hälfte des Landes, einschließlich großer Teile des Highway 1, und sind auf dem Vormarsch, angetrieben durch ein Friedensabkommen mit den USA im Februar. Im Austausch für ein vages Versprechen, die Feindseligkeiten zu reduzieren und keine terroristischen Gruppen wie Al-Qaida zu beherbergen, verpflichtete sich die Trump-Administration zu einem vollständigen Truppenabzug bis zum Sommer dieses Jahres. In den Monaten seither haben die Taliban ihre Offensive verstärkt."

Magazinrundschau vom 23.06.2020 - Rolling Stone

Das von Kadir Nelson gestaltete und ziemlich wuchtige Cover der Ausgabe muss man wirklich in voller Größe sehen:



Jamil Smith staunt über die Erfolge, die Black Lives Matter in den letzten Wochen feiern konnte: Zahlreiche Forderungen der Bewegung finden laut jüngsten Umfragen in der US-Bevölkerung durchaus Mehrheiten. "Doch Umfrageergebnisse und Pressemitteilungen werden auch in Zukunft keine Leben retten - genau wie Proteste, die es nur beim Protest belassen. Um ein Land, dem schwarze Leben egal sind, in ein Land umzugestalten, in dem dies nicht mehr der Fall ist, ist es nötig, die amerikanische Polizeiarbeit fundamental und systemweit zu reformieren. Der Sprung in den Mainstream, den Black Lives Matter gerade vollzieht, ist dabei nützlich. Wenn Amerika die Tatsache akzeptiert, dass schwarze Leben im besonderen Maße bedroht sind, müssen wir darüber sprechen, was und wer sie bedroht. Die Historikerin Blair L.M. Kelley, die an der North Caroline State University lehrt, sagt, 'dass wir noch immer weit von jenem Wandel entfernt sind, den es braucht, um Leben zu retten. Doch Black Lives Matter hat die Möglichkeiten deutlich erweitert'. Deutlich zutage tritt dies in den Forderungen, die die Bewegung seit George Floyds Tot aufstellt. Von den schrittweise vorgehenden Reformplänen haben sich die Kritiker verabschiedet. Stattdessen schließen sie sich einst radikaleren Positionen an, etwa dem Ruf danach, der Polizei die Mittel zu kürzen, um die so frei gewordenen Ressourcen sozialen Programmen auf kommunaler Ebene zugute kommen zu lassen."

Magazinrundschau vom 07.04.2020 - Rolling Stone

Hitzewellen machen nicht nur auf dem Land zu schaffen, sie haben insbesondere auf den Ozeanen teils erhebliche Auswirkungen - dass sie sich dort quasi im Verborgenen abspielen, macht die Sache nur noch vertrackter, wie Jeff Goddells großer Reportage zu entnehmen ist. Was sich hier rächt: Ozeane absorbieren eine gewaltige Menge jener Wärme, die der Mensch durch seinen Ressourcenverbrauch hervorbringt - diese Wärme verschwindet aber nicht, sondern wird gespeichert, neu verteilt und langsam wieder abgegeben. "'Würde ein 200 Meilen langes Waldgebiet in den Bergen Kaliforniens mit einem Mal absterben, gäbe es einen Aufschrei in der Bevölkerung', sagt Laura Rogers-Bennett, eine Meereswissenschaftlerin am California Department of Fish and Wildlife, die an der Küste im Bodega Marine Lab arbeitet. 'Wir sprechen hier von dem Kollaps eines ganzen Ökosystems.' ... Hitzewellen in den Ozeanen führen dazu, dass sich das Leben unter Wasser massiv neu organisiert. Viele Tiere migrieren in kühlere Gewässer. 'Genau in diesem Moment könnte man vom Monterey-Steg springen und stachelige Hummer sehen', sagt Kyle Van Houtan, Leiter der wissenschaftlichen Abteilung im Monterey Bay Aquarium. 'Das ist eine subtropische Spezies, die man normalerweise unten in Baja findet. Die hier so weit oben anzutreffen, ist absurd.' ... Diese Wanderbewegungen verändern das Ökosystem unter Wasser radikal, aber auch das Leben jener Leute, die auf Fischerei angewiesen sind. Wissenschaftler der University of California in Santa Barbara haben vor kurzem in einer Studie herausgefunden, dass tropische Nationen von der Fischmigration am härtesten betroffen sein werden. Bis zum Jahr 2100 könnten manche Länder in Nordwestafrika die Hälfte ihres Fischbestands verlieren. 'Wenn man weiß, dass die Bestände schwinden, besteht ein kurzfristiger Anreiz zur Überfischung', erklärt James Salzman, Professor für Umweltrecht an der Universität Santa Barbara, der an der Studie mitgearbeitet hat. 'Was hat man schon zu verlieren?'"

Magazinrundschau vom 04.06.2019 - Rolling Stone

47.173 Selbstmorde gab es 2017 in den USA. Dazu kamen 1,4 Millionen Selbstmordversuche. Und sie werden zu 70 Prozent von weißen Männern begangen. Die höchste Rate weist der Bundesstaat Montana auf, gefolgt von Alaska, Wyoming, New Mexiko, Idaho und Utah, schreibt Stephen Rodrick, der sich auf eine Reise durch die USA begeben hat, um die Gründe dafür zu finden. Sie sind vielfältig, aber ein bestimmtes Männlichkeitsbild trägt einiges dazu bei: Man gibt gern den harten Kerl, liebt Waffen und redet wenig, schon gar nicht über psychische Probleme. "Der Höhepunkt im Western war schon immer die große Schießerei. Nun, die wird in einem tödlichen Monolog ausgetragen. Aktivisten in waffenfreundlichen Staaten tänzeln auf Zehenspitzen um die Forderung nach einem Verbot von Schusswaffen herum und treten statt dessen dafür ein, sie mit Schlössern zu blockieren, um sie von Verzweifelten und Wütenden fernzuhalten. Ihre Bemühungen sind edel, aber sinnlos. In Utah sind 85 Prozent der durch Feuerwaffen verursachten Todesfälle Selbstmorde. Eines der schockierenden Dinge, die Dr. Craig Bryan bei seinen Studien über ländliche Selbstmorde erfuhr, war, dass viele dieser Todesfälle Selbstmorde aus Leidenschaft waren - impulsive, unwiderrufliche Handlungen. 'Ein Drittel der Selbstmorde mit Schusswaffen in Utah geschahen während eines Streits', sagt Bryan. 'Zwei Leute sind dabei. Nicht unbedingt körperlich gewalttätig, aber sie schreien sich an. Und jemand, fast immer ein Mann, sagt im Grunde genommen nur: Mir reicht's, schnappt sich eine Waffe und erschießt sich.' Kein Bevölkerungssegment ist von diesen schrecklichen Zahlen stärker betroffen als Männer mittleren Alters im ländlichen Amerika. Sie besitzen nicht nur Waffen, ihnen fehlt auch ärztliche Hilfe - nach einer Schätzung gibt es etwa 80 Psychiater, die in Wyoming zugelassen sind [laut Wikipedia ein Staat mit 579.315 Einwohnern und einer Fläche von 253.336 Quadratkilometern, d.Red.] -, und sie haben ein Leben gewählt, das Unabhängigkeit über alles andere stellt."

Magazinrundschau vom 08.01.2019 - Rolling Stone

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Wie Artikel sich überkreuzen können. Alles ist Schuld der neoliberalen Eliten, schreibt Matt Taibbi im Rolling Stone mit Blick auf die "Gelben Westen" einerseits und "neoliberale" Elite-Autoren wie Max Boot andererseits. Die Gelben Westen, so Taibbi, seien ja gerade der Aufstand gegen diese Eliten: "Macron hat noch eine Zustimmungsquote von 23 Prozent, Paris scheint in Flammen zu stehen, und die Leute besprühen sogar den Arc de Triomphe. Wie konnte all dies einem so coolen Politiker widerfahren, fragt Boot. Und dann erwiderte ihm ein Online-Kommentar, dass 'Zentrismus' vielleicht nur ein anderer Name für 'Elitismus' sei.

Magazinrundschau vom 11.09.2018 - Rolling Stone

In Mexiko ist ein neuer Krieg ausgebrochen. Kein Drogenkrieg diesmal, sondern ein Krieg ums Benzin, erzählt Seth Harfe in einer großen Reportage. Öl gebohrt und verarbeitet wird in Mexiko von dem bislang staatseigenen Betrieb Pemex. Kleine Banden und große Mafiaorganisationen bohren überall im Land die Leitungen an und zapfen Benzin ab, das sie dann auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Das Geschäft ist noch lukrativer als der Drogenhandel. Pemex, "eine riesige Geldkuh, die von Korruption durchdrungen ist", wurde von der letzten Regierung privatisiert. Am Problem der Korruption hat das bislang nichts geändert: "Es ist schwierig zu wissen, was in Pemex vor sich geht, aber zwei wichtige Zahlen muss man beachten: Die erste ist 1,5 Milliarden Dollar. In dieser Höhe etwa stehlen die Huachicoleros jährlich. Die zweite sind 19 Milliarden Dollar. So viel hat Pemex im Durchschnitt seit 2013 pro Jahr verloren. Ineffizienzen tragen dazu sicherlich bei, aber staatliche Prüfer vermuten bei über hundert Verträgen mit einem Volumen von mehr als 11 Milliarden Dollar, die Pemex in den letzten Jahren vergeben hat, Betrug. Das sind Verluste, die die Vorwürfe (des neuen sozialistischen Präsidenten) López Obrador glaubhaft scheinen lassen, dass die wilden Schießereien, so schlimm das Problem des Benzindiebstahls auf Straßenniveau auch aussieht, nur ein oberflächliches Symptom eines Free-for-all sind, das meist in klimatisierten Sitzungsräumen stattfindet. 'Jeder hat seine Hand in der Keksdose', sagt ein ehemaliger Pemex-Beamter, der darum bat, nicht genannt zu werden. 'Du berührst die Achillesferse von Mexiko.'"

Magazinrundschau vom 26.06.2018 - Rolling Stone

Wie ein "verschlissener Dorian Gray" kommt Stephen Rodrick Johnny Depp mittlerweile vor: Einst ein strahlender, gefeierter Star, steckt der für seinen kostenintensiven Bohème-Lebensstil bekannte Schauspieler privat, finanziell und künstlerisch in einer Sackgasse. Rodrick hat den gefallenen Engel drei Tage lang begleiten und dabei offenbar auch privilegierten Aktenzugriff genießen können - und erzählt neben den Verästelungen vieler Finanzdetails auch eine tragische Geschichte: "All die charmanten Dinge, die er mit 28 tat - Drogen nehmen, auf einem Baugerüst auf dem Dach von Atlantic Records in L.A. herumrennen - wirken zunehmend verstörend, wenn er sie mit 55 noch immer tut. (...) Im ewigen Peter Pan liegt zwar ein Schlüssel zu Depps Charme auf der Leinwand. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der knabenhafte Unbekümmerte hat sich langsam zu einem alternden Mannkind gewandelt, das zwar noch immer charismatisch ist, aber nur in Momenten. Wenn sein derzeitiges Leben keine perfekte Kopie der letzten Tage von Elvis Presley darstellt, dann kommt es zumindest ziemlich dicht ran."

Lesenswert ist außerdem, was David Browne zum Thema Fentanyl zusammengetragen hat: Das enorm starke Schmerzmittel hat in den USA zuletzt mehr Menschen pro Jahr dahingerafft als Heroin - mit Tom Petty und Prince als berühmteste Todesopfer: "Opioide haben das Musikgeschäft seit Jahrzehnten im Griff - als Elvis Presley 1977 starb, fand man in seinem Körper unter anderem auch Kodein und Percodan. Doch dem Aufstieg von Fentanyl dürften andere Trends zugrunde liegen: Musiker touren heute mehr denn je. 'Der Stress der Straße ist eine Herausforderung, aber dort wird heute das Geld verdient', sagt Harold Owens, Senior Director von MusiCares, einem Hilfsprogramm der Recording Academy, 'Also gehen die Musiker auf diese ausgedehnten Tourneen, und rein körperlich ist das der Horror.'"