In
Ian Burumas aktuellem Buch
"Spinoza: Freedom's Messiah" ist
Baruch Spinoza mit seiner in der frühen Neuzeit radikalen Idee der
libertas philosophandi, einem ganz und gar freien Denken, der Philosoph der Stunde,
schreibt Adam Kirsch. Spinoza wurde einst wegen seiner als häretisch angesehenen Überzeugungen und Vorstellungen von Gott aus der Amsterdamer jüdischen Gemeinde ausgeschlossen: "Spinoza insistiert auf der
Gedankenfreiheit, weil für ihn ein tiefes Verstehen der Schlüssel zum Glücklichsein ist. Wenn religiöse Autoritäten den Menschen vorschreiben, was sie glauben sollen, erschweren sie es, zu einer
korrekten Auffassung von Gott zu kommen und blockieren so den Weg zur Seligkeit. Spinoza hat sich für eine demokratische Regierung eingesetzt, weil er es für wahrscheinlicher als in einer Monarchie oder Aristokratie hielt, dass sie die libertas philosophandi erhält und so Menschen ermöglicht, glücklich zu werden. Wie er in seinem 'Tractatus' schreibt: 'Die Basis und das Ziel einer Demokratie ist es, das
irrationale Verlangen zu vermeiden, und die Menschheit so weit wie möglich unter die Kontrolle der Vernunft zu bringen, sodass sie in Frieden und Harmonie leben kann.' Das ist offensichtlich keine Beschreibung unserer heutigen Gesellschaft. Die liberale Demokratie, wie wir sie kennen, beruht auf einer gewissen Annahme über Gleichberechtigung:
Wenn alle Menschen gleich sind, hat niemand ein Monopol auf die Wahrheit oder Weisheit, also hat auch niemand das Recht, anderen ohne ihre Zustimmung etwas vorzuschreiben. So ist die Demokratie ein Seiltanz der dauernden Meinungsverschiedenheiten, in dem Individuen und Gruppen um eine Art akzeptablen Konsens ringen. So hat Spinoza nicht über Freiheit gedacht. Er hat angenommen, dass es eine Wahrheit gibt, die er versteht und die meisten anderen nicht, und seine Erfahrungen mit Religion und Politik haben ihm keine Illusionen bezüglich der Weisheit der Mehrheit gelassen (…) Wenn wir uns, wie Buruma warnt, in eine Ära begeben, in der die 'Gedankenfreiheit von säkularen Theologien bedroht wird', könnte Spinoza das Vorbild sein, das wir brauchen: Ein Denker, der die ungeheuerlichsten Wahrheiten ausspricht, die er kennt, und trotzdem
im eigenen Bett gestorben ist."
Calvin Tomkins
porträtiert Thelma Golden, Direktorin des Studio Museums in Harlem, die gegen alle Widerstände schon als junge Kuratorin am Whitney Museum of American Art
Kunst schwarzer Künstler in den 1990er Jahren sichtbar machte: "Golden erkannte, dass die Kunstgeschichte, die sie bis dahin gelernt hatte, unvollständig war, weil die Kunst von Schwarzen in der ihr zugewiesenen Lektüre meist fehlte. Als sie einem ihrer Kunstgeschichtsprofessoren am Smith College sagte, sie wolle über schwarze Kunst schreiben, zog er einen Katalog mit
schwarzen Gemälden von Frank Stella hervor. (Sie stellte klar, dass sie schwarze Künstler meinte, und er riet ihr davon ab.) In der akademischen Welt lehrte kaum jemand Golden etwas über schwarze Kunst, aber sie war damit aufgewachsen. Mehrere Freunde ihrer Eltern waren ernsthafte Sammler, und sie hatte in der schwarzen Presse über
Faith Ringgold,
Charles White und andere Künstler gelesen. In der Smith-Bibliothek fand sie den Katalog 'Two Centuries of Black American Art', David Driskells bahnbrechende Ausstellung von 1976 im Los Angeles County Museum of Art. Die Bibliothek verfügte auch über ein Buch von 1973 mit dem Titel "The Afro-American Artist: A Search for Identity' von Elsa Honig Fine. 'Ich habe jeden Künstler in diesen Büchern studiert', erzählte mir Golden. 'Ich habe sie mir sozusagen eingeprägt.' Einige der frühesten Künstler im Driskell-Katalog -
Patrick Reason,
Robert S.
Duncanson und andere Porträtisten und Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts - waren eindeutig von
Thomas Cole und anderen weißen Künstlern der Romantik beeinflusst.
Henry Ossawa Tanner (1859-1937), der erste weithin bekannte afroamerikanische Maler, studierte bei
Thomas Eakins und malte Szenen, die Schwarze darstellten. 1891 ging er jedoch nach Paris, wo er für den Rest seines Lebens blieb und praktisch ein europäischer Künstler wurde. Spätere Generationen wie Aaron Douglas, Augusta Savage, Charles Alston, Selma Burke und Norman Lewis machten in Amerika trotz aller Widrigkeiten eine Karriere als Künstler. (Burkes Porträt von Franklin Delano Roosevelt gilt als Vorlage für sein Profil auf dem Dime). Alle diese Künstler waren Teil der Harlem Renaissance in den Zwanziger- und Dreißigerjahren, einer
Explosion von Innovationen in der Kunst, die Harlem als kreatives Zentrum der schwarzen Kultur etablierte. Schwarze Musiker dieser Zeit - Louis Armstrong, Eubie Blake, Duke Ellington - erreichten zwar ein weißes Publikum, aber es sollte noch siebzig Jahre dauern, bis das weiße Kunstestablishment ernsthaft zur Kenntnis nahm, was schwarze Künstler taten."
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porträtiert amerikanische Frauen, die in eine Klinik nach Maryland reisen, um einen
Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Alexandra Schwartz
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rächenden Frau in der Literatur.