Magazinrundschau
Blond oder groß oder jüdisch?
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28.06.2011. In Literaturen erklärt der Philosoph Byung-Chul Han seine neueste Entschöpfung. Der New Yorker erklärt, warum man nur beim Online-Dating die wahre Liebe findet. Foreign Policy macht den Russen Hoffnung auf Revolution. Nepszabadsag sieht Ungarn als Vorreiter für den neuen Kasernenhofkapitalismus. Warum scheitern Mafias an der Globalisierung, fragt die LRB. Das Smithsonian trinkt nur noch antikes Bier. Wie denken Muslime über Darwin, fragt der Chronicle. Für den Spectator ist Arabien das schwule Paradies.
Chronicle (USA), 19.06.2011
Der Kreationismus wird nicht nur von fundamentalistischen Christen in Amerika, sondern auch von vielen Muslimen vertreten, erzählt Steve Paulson in einem sehr interessanten und differenzierten Artikel. "Wie denken gebildete Muslime über die Evolution? Das war eine Frage, die Salman Hameed vom amerikanischen Hampshire College in einer ambitionierten Studie (mehr) zu beantworten sucht. Jetzt ungefähr in der Mitte der Befragungen angekommen, interviewt Hameed Physik- und Medizinstudenten in fünf muslimischen Ländern und drei muslimische Diasporas im Westen. Er fand heraus, dass sich die Einstellung zur Evolution von Land zu Land stark unterscheidet. So akzeptieren etwa die meisten pakistanischen Wissenschaftler die Evolution, sogar beim Menschen. 'Aber in Malaysien gibt es zu unserer Überraschung eine große Ablehnung nicht nur der menschlichen Evolution, sondern der Evolution überhaupt', sagt er. Hameed hatte dort eine viel größere Akzeptanz moderner Wissenschaft erwartet, weil Malaysien eine hoch entwickelte High-Tech-Industrie hat. Er und seine Kollegen überlegen jetzt, ob die Muslime sich eine kulturelle Nische gegraben haben, um sich von den gebildeteren Indern und Chinesen in Malaysien abzugrenzen. 'Wir glauben, die Ablehnung der Evolution ist Teil ihrer muslimischen Identität geworden', sagt er."
Literaturen (Deutschland), 01.07.2011

Immerhin steht dafür aber ein schöner Text von Ronald Düker im Netz, der den in Karlsruhe lehrenden koreastämmigen und sonst sehr öffentlichkeitsscheuen Philosophen Byung-Chul Han getroffen hat. So ganz der journalistischen Routine fügen will sich der Denker auch hier nicht: "Nicht nur, dass er freundlich, aber bestimmt darum bittet, das Tonbandgerät ausgeschaltet zu lassen und handschriftlichen Notizen zu vertrauen - auch die schlichte Frage nach seinem Alter möchte er nicht beantworten. In Asien, so erklärt er halb kokett, halb entschuldigend, spiele das Geburtsdatum eine weitaus kleinere Rolle als im Westen. Eine Kultur, die die Welt aus ihrem zyklisch sich wiederholenden Prozess heraus begreift, begegne weder der Geburt noch dem Tod so pathetisch wie das abendländische Denken. Keine Ursprungserzählungen wie im Westen, keine Mythen, die die Identität einer Gesellschaft begründeten. Und schon ist Han mitten in seiner Theorie der 'Entschöpfung', die er auch in seinem jüngsten Essay 'Shanzai' ausführt."
Spectator (UK), 18.06.2011

Mehr zur Schwulenkultur in Saudi Arabien in Nadya Labis Reportage von The Atlantic 2007.
Le Monde (Frankreich), 26.06.2011

Der Anthropologe Marc Auge schreibt über Paradoxe der Mobilität und die Verstädterung als Kern unserer globalisierten Gesellschaften. Jean-Loup Amselle, ebenfalls Anthropologe, spürt dem Zusammenhang zwischen der Förderung des Individuums und kapitalitischen Anforderungen nach und plädiert dafür, der Ideologie des modernen Nomadentums zu misstrauen. Und der Soziologe David Le Breton erklärt das Sich-Zeit-Nehmen zu einem subversiven Akt.
Weiteres: Florence Evin und Nathaniel Herzberg berichten über eine Diskussion, die in Frankreich über die Aufnahme der Architektur von Le Corbusier in die UNESCO-Kulturerbeliste geführt wird. Zu lesen ist dazu auch ein Kommentar von Yves Auge, Präsident der Association des biens francais, patrimoine mondial, und Marc Petit, Vorsitzender derAssociation des sites Le Corbusier.
New Yorker (USA), 04.07.2011

Weiteres: Dexter Filkins kommentiert den Abzug der Amerikaner aus Afghanistan. Anthony Lane sah im Kino die Komödien "Bad Teacher" und "Terri" von Jake Kasdan und Azazel Jacobs und Michel Leclercs "Der Name der Leute". Nur im Print: James Wood widmet sich der Literatur des ungarischen Autors Laszlo Krasznahorkai.
Il Sole 24 Ore (Italien), 26.06.2011

Foreign Policy (USA), 01.07.2011

Nepszabadsag (Ungarn), 25.06.2011

Gentlemen's Quarterly (USA), 01.07.2011

Zur Ergänzung sei ein Artikel aus dem New Yorker 2002 empfohlen: Lawrence Wrights Porträt eines anderen potentiellen Nachfolgers von Osama bin Laden: Aiman al-Zawahiri.
London Review of Books (UK), 30.06.2011

Weitere Artikel: Tristan McConnell berichtet aus der zwischen Nord- und Südsudan gelegenen Stadt Abyei. Das von der amerikanischen Spionage-Agentur IARPA ins Leben gerufene Programm zur Untersuchung kulturell unterschiedlicher Metaphorik glossiert Daniel Soar und gelangt zum Ergebnis: "Wahrscheinlich lernen wir gar nichts daraus." Stephen Shapin liest Ian Millers moderne Geschichte des Magens. David Hansen besucht die Ausstellung "Richard Serra Drawing" im New Yorker Metropolitan Museum.
La vie des idees (Frankreich), 21.06.2011

Economist (UK), 23.06.2011

Hier ein Bericht dazu von China Forbidden News auf Youtube:
Eurozine (Österreich), 22.06.2011

New Statesman (UK), 23.06.2011

Magyar Narancs (Ungarn), 16.06.2011

Polityka (Polen), 27.06.2011

Smithsonian Magazine (USA), 01.08.2011

Hier sein Vortrag "Uncorking the Past":
Mittelweg 36 (Deutschland), 27.06.2011

New York Times (USA), 26.06.2011

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