Magazinrundschau
Im Grunde sind wir alle Versager
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
25.03.2008. Die New York Times ist fast schon reif für eine feindliche Übernahme durch Murdoch, fürchtet Howell Raines in Portfolio. Der New Yorker betrachtet den Niedergang des amerikanischen Zeitungsmarktes insgesamt. ResetDoc untersucht die Rolle von Immigranten im italienischen Wahlkampf. In Europa philosophiert Leszek Kolakowski über Erfolg. In Rue89 erklärt Aharon Applefeld, worüber er mit 268 schreiben will. Die Weltwoche fragt: Wer riskiert eigentlich noch etwas in der deutschen Literatur?
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Artforum (USA), 01.03.2008

Den Hauptartikel des Dossiers hat der neuseeländische Komponist Robin Maconie geschrieben.
ResetDoc (Italien), 24.03.2008
Die neueste Ausgabe von Reset.doc sieht sich an, welche Rolle Immigranten im italienischen Wahlkampf spielen: Keine. Sie dürfen nicht einmal auf lokaler Ebene wählen. Und Walter Veltronis DP hat ihren einzigen Politiker arabischer Herkunft nicht noch einmal aufgestellt. Gad Lerner, Journalist und Moderator der Talkshow "L'Infidele", sieht darin den "zigsten Beweis für den italienischen Provinzialismus", jeder Fußballclub sei in dieser Hinsicht weiter als die Politik. "Als könnte die Allgemeinheit die Augen davor verschließen, dass sie sich heutzutage etwas anders zusammensetzt als früher. Was unsere provinzielle Naivität noch verschlimmert, ist der Irrglaube, dass jeder, der das Thema Einwanderung angeht, also offen bekennt, dass es ein Problem gibt, ein Masochist sein muss. Deswegen scheint es probater, einfach die Immigranten von den Wahlen auszuschließen."
Im Interview mit Daniele Castellani Perelli erklärt Souad Sbai, Herausgeberin der marokkanischen Boulevard-Zeitung in Italien Al Maghrebiya, warum sie für Silvio Berlusconis "Volk der Freiheit" kandidiert: "Warum nicht? Ist der Immigrant denn ein Monopol der Linken? Die Immigranten in Italien denken, essen und wählen genauso wie andere Italiener, rechts, links, mittig. In unseren Herkunftsländern wählen wir Parteien jeder politischer Ausrichtung, von der extremen Rechten bis zur extremen Linken. Woher rührt die Idee, dass wir links wählen müssen, sobald wir italienischen Boden betreten?"
Weiteres: Der algerische Autor Amara Lakhous versteht nicht, warum es Migranten unmöglich gemacht wird, Politik mitzugestalten. Khalid Chaouki ruft dagegen die Einwanderer auf, von sich aus aktiver zu werden.
Im Interview mit Daniele Castellani Perelli erklärt Souad Sbai, Herausgeberin der marokkanischen Boulevard-Zeitung in Italien Al Maghrebiya, warum sie für Silvio Berlusconis "Volk der Freiheit" kandidiert: "Warum nicht? Ist der Immigrant denn ein Monopol der Linken? Die Immigranten in Italien denken, essen und wählen genauso wie andere Italiener, rechts, links, mittig. In unseren Herkunftsländern wählen wir Parteien jeder politischer Ausrichtung, von der extremen Rechten bis zur extremen Linken. Woher rührt die Idee, dass wir links wählen müssen, sobald wir italienischen Boden betreten?"
Weiteres: Der algerische Autor Amara Lakhous versteht nicht, warum es Migranten unmöglich gemacht wird, Politik mitzugestalten. Khalid Chaouki ruft dagegen die Einwanderer auf, von sich aus aktiver zu werden.
Portfolio (USA), 01.04.2008

Außerdem in diesem Heft: Nach Jahren des Aufstiegs gehen die Karrierechancen amerikanischer Frauen plötzlich wieder zurück, berichtet Harriet Rubin. Jesse Eisinger wundert sich über die "Keine Konsequenzen"-Ökonomie, in der Vorstände sogar für Misserfolge belohnt werden.
Rue89 (Frankreich), 24.03.2008
In einem Interview spricht der israelische Schriftsteller Aharon Appelfeld über sein jüngstes Buch "La chambre de Mariana", das er gerade auf der Pariser Buchmesse vorgestellt hatte, sein Schreiben und sein zentrales Thema: das Jüdischsein. Israel selbst ist kein Thema für ihn - zumindest nicht literarisch und jedenfalls nicht im Moment: "Wie gesagt, ich schreibe Sagas über die jüdische Einsamkeit. Israel ist ein winziger Teil der sehr langen jüdischen Geschichte. Meine Arbeit besteht darin, das Wesen des Jüdischen zu suchen, herauszufinden, was es heißt, Jude zu sein. Natürlich, es gibt die Intifada. Sie ist wichtig, die Intifada, sehr wichtig. Aber in aller Objektivität stellt sie zeitlich betrachtet ebenfalls nur einen kleinen Abschnitt der jüdischen Geschichte dar. Ich werde über die Intifada und Israel ... in zweihundert Jahren schreiben. Dann bin ich 268 und schreibe über die Intifada in der Geschichte."
The Atlantic (USA), 01.04.2008

Andere Artikel in einem überaus lesenswerten (und seit neuestem wieder online gestellten) Magazin: Da ist die Cover-Geschichte über die Britney-Spears-Jagdindustrie, auf die wir schon hingewiesen haben. Lawrence Scott Sheets porträtiert einen russischen Schmuggler, der Ihnen Stockfisch, aber auch waffenfähiges Uran besorgen kann. Und Robert D. Kaplan fragt, ob Kalkutta als Kolkata (so heißt die Stadt jetzt) eine Wiederauferstehung feiern wird.
Outlook India (Indien), 31.03.2008

Europa (Polen), 22.03.2008
Statt das übliche Ostergespräch über den Sinn des Lebens zu führen, diskutiert Bogumil Lozinski mit dem Philosophen Leszek Kolakowski über den Niedergang der Linken, das Fiasko des Marxismus und - ja, auch - über das Christentum als Fundament Europas. Etwas metaphysisch wird es dabei doch: "In dieser Welt gibt es keinen Erfolg. Natürlich gibt es bekannte Personen, die etwas erreicht haben. Aber der Glaube, dass man Erfolg haben kann, ist eitel und illusorisch. Im Grunde sind wir alle Versager."
Nur im Print zu lesen ist Viktor Jerofejews Dank an Andrzej Wajda nach der Moskauer Premiere von "Katyn". Auch wenn er nicht alles an dem Film gelungen findet, konstatiert der russische Schriftsteller: "Wajda säuberte schon früher den Augiasstall der Zeitgeschichte. Den dreckigsten Teil mit dem Namen Katyn hat er sich erst als letztes vorgenommen. Es ist eine Heldentat; ich verneige mich vor dem polnischen Herkules."
Nur im Print zu lesen ist Viktor Jerofejews Dank an Andrzej Wajda nach der Moskauer Premiere von "Katyn". Auch wenn er nicht alles an dem Film gelungen findet, konstatiert der russische Schriftsteller: "Wajda säuberte schon früher den Augiasstall der Zeitgeschichte. Den dreckigsten Teil mit dem Namen Katyn hat er sich erst als letztes vorgenommen. Es ist eine Heldentat; ich verneige mich vor dem polnischen Herkules."
New Yorker (USA), 31.03.2008

Weitere Artikel: Sasha Frere-Jones schreibt über den Avantgarde-Eklektizismus der Soulsängerin Erykah Badu. Der indische Schriftsteller Pankaj Mishra nutzt Pico Iyers Buch "The Open Road: The Global Journey of the Fourteenth Dalai Lama", um darüber nachzudenken, wofür der Dalai Lama eigentlich genau steht. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Great Experiment" von Jeffrey Eugenides und Lyrik von Stanley Moss und Louise Glück.
Espresso (Italien), 21.03.2008

Spectator (UK), 24.03.2008

Al Ahram Weekly (Ägypten), 20.03.2008

Nehad Selaiha hat drei Stücke über den Nahen Osten der amerikanischen Autorin und Menschenrechtsaktivistin Naomi Wallace gesehen. Wallaces politisches Theater erinnert Selaiha an die sechziger Jahre - "unsere sozialistischen Jahre" - als alles Theater in Ägypten politisch zu sein schien...
Guardian (UK), 22.03.2008

Ziemlich überzeugend, oft sogar brillant findet Sarah Churchwell Susan Faludis Buch "The Terror Dream" über den neu erblühten "regressiven Sexismus" in den USA, mit dem das Land auf das Gefühl "nationaler Impotenz" nach dem 11. September reagiert habe ("Schätzchen, es ist Krieg!"): "Das Säbelrasseln konnte niemand übersehen, aber das Ausmaß, in dem es im Innern vor allem gegen Frauen gerichtet war, ist schlicht schockierend. Ebenso wie die Komplizenschaft und Laxheit der Medien." Dass wichtige Politikerinnen wie Hillary Clinton oder Condoleezza Rice in einem Buch übers Geschlechterverhältnis nur zwei- bis dreimal erwähnt werden, findet Churchwell allerdings seltsam.
Weltwoche (Schweiz), 20.03.2008

Außerdem: "Ist Deutschland ein Unrechtsstaat", fragen Markus Somm und Roger Köppel besorgt. Jawoll, sekundiert der Schweizer Privatbankier Konrad Hummler im Interview, und "deshalb ist die Kapitalflucht Notwehr". (In der FAZ am Sonntag fand Rainer Hank die Argumente Hummlers, die in einem Anlagekommentar des Bankhauses Wegelin & Co. im Detail nachzulesen sind, brillant.)
Economist (UK), 21.03.2008

Außerdem: Ein weiterer größerer Artikel erklärt, warum soziale Netzwerke im Internet mit Sicherheit eine große, wenn auch vielleicht keine kommerziell erfolgreiche Zukunft haben. Besprochen werden unter anderem zwei neue Bücher über Tibet und den Dalai Lama, eine Biografie des Dikators Robert Mugabe, das Buch "Welten im Krieg" des Historikers Anthony Pagden, in dem er die grundsätzliche Überlegenheit des Westens über den Osten postuliert, Richard Princes Kriminalroman "Lush Life" und die Londoner Ausstellung "Brillante Frauen: Blaustrümpfe des 18. Jahrhunderts".
Elet es Irodalom (Ungarn), 21.03.2008

London Review of Books (UK), 20.03.2008

Rezensiert wird auch Craig Venters Autobiografie "Ein dekodiertes Leben: Mein Genom: Mein Leben". Andrew O'Hagan hat ein ganze Reihe neuer Kochbücher und Essensratgeber gelesen. Über Bernardo Bertoluccis in England gerade in Wiederaufführungen im Kino zu sehenden Film "Der Konformist" schreibt Michael Wood. Jonathan Raban begeistert sich - recht überzeugend - für Barack Obama, den er für ein politisches Jahrhunderttalent hält.
Nouvel Observateur (Frankreich), 20.03.2008

New York Times (USA), 23.03.2008

Außerdem: Michael Kimmelman porträtiert im Aufmacher des Sonntagsmagazins die Designerin Miuccia Prada als Kunstsammlerin. In der Book Review bespricht Colm Toibin das umstrittene neue Buch von Nicholson Baker, "Human Smoke" (erstes Kapitel), in dem Baker Kriegsverbrechen der Westalliierten im Zweiten Weltkrieg beklagt und fragt, welche Chancen eine pazifistische Politik hätte haben können. (Toibin sieht das Buch wegen seines dramaturgisch geschickten Aufbaus als "ernst- und gewissenhaften Beitrag zur Debatte über Pazifismus"). Besprochen werden außerdem Martha Nussbaums neues Buch über religiöse Toleranz (mehr hier) und Sarah Boxers Anthologie "The Ultimate Blog".
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