Magazinrundschau
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Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
05.09.2017. Robert Rauschenberg dachte nie verkehrt rum - mit einer Ausnahme, lernt The Nation. Im Guardian versucht Hilary Mantel Prinzessin Diana zu verstehen. Die London Review zeichnet ein durch und durch unsympathisches Bild Saudi-Arabiens. Je reicher, desto separatistischer, stellt Javier Cercas mit Blick auf die Katalanen fest. Die LA Review of Books lernt den Klassenkampf von unten im neuen "Planet der Affen"-Film. In Eurozine fragt Marci Shore: Ist Derrida schuld an Trump und Putin?
The Nation (USA), 11.09.2017

Robert Rauschenberg, Ausstellungsansicht. Bild: Moma
In der aktuellen Ausgabe von The Nation schaut Barry Schwabsky in der Robert-Rauschenberg-Retrospektive im Museum of Modern Art in New York vorbei und erklärt Rauschenberg zum Kubisten: "Die Wahrheit ist, in seiner Malerei und den Drucken ist es Rauschenberg nie wirklich gelungen, der kubistischen Ordnung zu entkommen. So unterschiedlich sein Material auch sein konnte, er arrangierte es stets in einer sorgfältig ausbalancierten Weise, geleitet durch ein zugrundeliegendes Raster. Vergessen wir lieber die Vorstellung des Kritikers Leo Steinberg, Rauschenberg hätte eine neue Art 'Flachbett-Bildebene' erfunden, die die natürliche visuelle Erfahrung und den Orientierungssinn des Betrachters ignoriert. Es ist erkennbar und vielsagend, dass Rauschenberg in sämtlichen seiner Werke, von den 1950ern bis zu den in der Schau zu sehenden letzten Bildern von 2005, sein Material nahezu niemals verkehrt herum, seitwärts oder diagonal verwendet. Stets respektiert er die gegebene Ausrichtung des gefundenen Bildmaterials. Einzige Ausnahme: Straßenschilder. Mit anderen Worten: Wenn Rauschenberg die Richtung gewiesen wird, zieht er es vor, sich zu widersetzen. In allen anderen Fällen folgt er glücklich der vorgegebenen Ordnung."
Außerdem: Jesse McCarthy liest Mathias Énards "Kompass", Steph Burt hört das neue Album von Lorde.
Slate.fr (Frankreich), 03.09.2017

Guardian (UK), 04.09.2017

Salman Rushdies neuer Roman "The Golden House" beginnt mit der Ära Obama und endet mit Donald Trump. Im Gespräch mit Emma Brockes muss Rushdie gestehen, dass die politische Katastrophe literarisch sehr ergiebig ist. Allerdings sieht Rushdie in Trump weniger Grund als Symptom für die Krise, wie Brockes lernt: "Durch die Verortung des Romans in den Jahren vor Trump, schuf er nicht nur eine Elegie auf Präsident Obama, sondern zeigt gleichzeitig, dass Trump nicht einfach aus einem Vakuum entstanden ist. 'Einer der Gründe, warum ich dieses Buch schreiben konnte, war der, dass vieles von dem, was Trump verkörpert und entfesselt hat, bei genauem Hinsehen, schon vor ihm da war, etwas, was auch bei seiner Niederlage nicht zerstört worden wäre. Wenn man einmal den Korken aus der Flasche zieht, fliegen die Dinge nach draußen."
Merkur (Deutschland), 01.09.2017

Außerdem: Stefan Krankenhagen wirft einen Blick ins House of European History.
New Yorker (USA), 11.09.2017

Außerdem: Alexis Okeowo berichtet vom Kampf der Frauen-Basketballliga in Mogadishu gegen die Einschüchterungsversuche der Extremisten. Rachel Aviv dokumentiert den Fall des muslimischen Polizisten Bobby Hadid, den das New York Police Department erst beförderte und dann entließ, weil er Polizeimethoden kritisiert hatte. Lesen dürfen wir außerdem Allegra Goodmans Geschichte "F.A.Q.s".
iDNES (Tschechien), 03.09.2017

London Review of Books (UK), 07.09.2017

"Es wäre leichter, mit Charles zu fühlen, wenn er sich selbst nicht so offensichtlich bemitleiden würde", schreibt Rosemary Hill recht erbarmungslos zu einer neuen Biografien des ewigen Kronprinzen. Tatsächlich erzählt sie recht schreckliche Episoden aus einem beklagenswerten Leben: "Er war ein seltsamer Junge, der weder nach seinem schroffen Vater schlug noch nach seiner pragmatischen, pflichtbewussten, aber distanzierten Mutter. Schon mit acht Jahren war er vor allem darum bemüht, das Richtige zu tun: Bei einem Lunch mit den Mountbattens erklärte ihm Edwina Mountbatten, dass er nicht die Stiele aus den Erdbeeren rupfen sollte, dann könnte er sie besser in den Zucker tunken. Seine Cousine Pamela Hicks bemerkte einige Minuten später dass 'der arme Junge versuchte, die Stiele zurück an die Erdbeeren zu stecken. Das war furchtbar traurig.' Traurig ist ein Wort, das oft auf den Prinz von Wales angewandt wird, mit jeder denkbaren Nuance von Mitgefühl bis Verachtung."
Weiteres: Colm Toibin schiebt sich mit den Touristenmassen durch Barcelona. Adam Shatz schreibt über Trump. Und Amia Srinivasan überlegt, wie es ist, ein Oktopus zu sein.
El Pais Semanal (Spanien), 02.09.2017

Elet es Irodalom (Ungarn), 01.09.2017

Ádám Gaborják, der Vorsitzende des József-Attila-Kreises (JAK) - nach dem ungarischen Dichter Attila József benannter Literaturkreis innerhalb des Ungarischen Schriftstellerverbandes - denkt dagegen schon über die Zeiten nach der KMTG nach: "Von innen betrachtet ist die Literatur noch immer ein hierarchischer, zentralisierter Intellektuellendiskurs. Sie wagt sich selten aus ihrem eigenen (groß)städtischen Milieu hinaus. Die Übermittlung hört im besseren Falle in den größeren Siedlungen auf, in die ärmeren Regionen gelangt sie überhaupt nicht, in der Schulbildung ist sie gerade halbwegs erkennbar. Was würde die zeitgenössische Literatur dort auch suchen, was könnte sie dort bieten, wenn sie in den meisten Fällen kaum etwas über diese Gegenden sagen kann und deren Bewohnern auch nichts zu sagen hat. Auch wenn es erfolgreiche Initiativen seitens der Schriftstellerverbände gibt, ist die zeitgenössische Literatur ziemlich begrenzt, sie wird nie Teil der täglichen gemeinschaftlichen Praktiken, solange sie auf der Ebene der Ästhetik verbleibt und es ihr nicht gelingt, sich als Teil eines größeren Systems zu denken."
LA Review of Books (USA), 26.08.2017

Eurozine (Österreich), 01.09.2017

Caravan (Indien), 31.08.2017

168 ora (Ungarn), 29.08.2017

New York Review of Books (USA), 28.09.2017

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