
"Was für ein Glück, dass das Siegertrikot der Tour de France
gelb ist!",
jubelt Héctor Abad: "In diesem Juli und August feiert Kolumbien 200 Jahre Unabhängigkeit.
Zweihundert Jahre Einsamkeit haben uns Kolumbianern nicht gereicht, um zusammenzufinden und unsere Gegensätze zu überwinden. Die Fahne, die sich unsere Republik einst gegeben hat, ist in drei Streifen unterteilt. Die obere Hälfte ist
gelb, die untere Hälfte teilen sich
Blau und
Rot. Blau ist die Farbe der 'Goten' (der Konservativen), Rot die der Progressiven (der Liberalen). Die Gegenüberstellung von Roten und Blauen, Linken und Rechten, war oftmals der Auslöser unserer Bürgerkriege. Viele Führerfiguren werden bei uns wahrscheinlich deshalb umgebracht, weil sie als Rote betrachtet werden, als Bedrohung für die Blauen. Seit einigen Jahren wird in Kolumbien jedoch auch eine pazifistische,
nicht sektiererische Alternative verteidigt, die mit dem gelben Streifen gleichgesetzt wird. Für uns ist
Egan Bernals Triumph ein Symbol der Vereinigung: Goten und Liberale, Linke und Rechte, Katholiken und Priestertöter, Atheisten und Evangelikale sind gleichermaßen glücklich darüber. Wir wünschen uns, dass Egan Bernal noch lange lebt und noch viele Male triumphiert, und dabei
immer gelb trägt - gelb, die
letzte Farbe, die Borges sah, bevor er blind wurd, gelb, die Farbe, mit der Gabriel García Márquez stets seinen Tisch bedeckte, um das Unglück fernzuhalten, gelb, die Farbe, die das Zusammenleben und die Versöhnung eines Landes symbolisiert, das noch viele friedliche Triumphe benötigt, um zusammenfinden und überleben zu können."