Heute in den Feuilletons

Charmante Aufmachung

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
25.03.2010. Reformpädagoge Hartmut von Hentig wehrt sich in der Zeit sehr aggressiv  gegen Vorwürfe. Und die Zeit bringt gleichzeitig ein Dossier zum Thema, in dem auch ihre selige Heraugeberin und Freundin Hentigs Gräfin Dönhoff nicht gut aussieht. Die SZ fordert zumindest gegenüber der katholischen Kirche ein säkulares Recht ein. Die FAZ konstatiert: Die britischen Internate sind als traditionelle Brutstätten der Grausamkeit katholischen Institutionen an die Seite zu stellen. Außerdem in der Zeit: eine sehr interessante Reportage zum geostrategischen Kampf um Einfluss in Timbuktu.

Welt, 25.03.2010

Woher kommt eigentlich das verklemmte Schweigen der westlichen Öffentlichkeit und Politik gegenüber der Demokratiebewegung im Iran, fragt Thomas von der Osten-Sacken (mehr hier und hier) im Forum der Welt. Dabei könnten Solidarität mit den Protestierenden und Sanktionen gegenüber dem Regime einem Regimewechsel förderlich sein, und der ganzen Region gut bekommen: "Ohne den großen Bruder in Teheran müsste sich die Hisbollah des Libanon zur normalen Partei wandeln, die Assads könnten in Damaskus endlich ihre Luxuskoffer packen, und dass sich die Hamas dann immer noch so beharrlich einer gewissen Pluralisierung ihres Weltbildes verweigern würde, ist eher unwahrscheinlich. Es geht um nichts weniger als die Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens und einen zentralen Baustein zur Befriedung der gesamten Region. Vom iranischen Atomprogramm ganz zu schweigen."

Im Feuilleton macht Uta Baier auf die missliche Lage von immer mehr Museen in Deutschland aufmerksam: "In Dessau überlegt man, das Museum für Naturkunde ebenso wie das Theater zu schließen. Das Werkzeugmuseum in Remscheid steht auf einer Streichliste. Für das Kunstmuseum Mülheim muss ein neuer Träger gesucht werden. Die Stadt will das Geld für das Museum sparen. Mülheims Kulturdezernent Peter Vermeulen hofft deshalb auf einen 'Prinzen' oder eine Stiftung..."

Weitere Artikel: Wolf Lepenies mahnt Europa in einem kleinem Essay zu einem nachhaltigeren Zeitregime, das die Probleme der Gegenwart nicht künftigen Generationen aufbürdet. Sven Felix Kellerhoff kann mit den Thesen des amerikanischen Historikers Helmut Walser Smith zum Holocaust (dargelegt in seinem Buch "Fluchtpunkt 1941") nicht viel anfangen. Kai Luehrs-Kaiser findet die Entscheidung, dem achtzigjährigen Lorin Maazel die Leitung des Münchner Philharmoniker anzuvertrauen, mutlos.

Besprochen werden Filme, darunter Maximilian Erlenweins Debütfilm "Schwerkraft" (mehr hier).

FR, 25.03.2010

Vor den anstehenden Regionalwahlen in Italien schickt Aureliana Sorrento einen Stoßseufzer der Verzweiflung. "Demokratie - das ist im heutigen Italien nicht mehr als ein formales Regelwerk, das jederzeit umgemodelt werden kann. Warum sollten die Italiener daran Anstoß nehmen, dass sich ihr Premier wie ein kleiner Duce aufführt?"

Weiteres: Hans-Jürgen Linke besichtigt das neue Bach-Museum in Leipzig. Bernhard Uske meldet, dass Lorin Maazel Chefdirigent in München wird. Besprochen werden die beiden amerikanischen Sozialdramen "Precious" und "Blind Side", Dean DeBlois' 3D-Kinderfilm "Drachenzähmen leicht gemacht", ein Tschaikowski-Konzert in Frankfurt, eine Werkausgabe zu Nelly Sachs und zwei Bücher über Spekulation (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).

NZZ, 25.03.2010

Im Interview mit Brigitte Kramer spricht die chilenische Schriftstellerin Carla Guelfenbein über das Erdbeben, das die Chilenen nur zum Teil mit Fassung hingenommen haben: "Wenn eine mittellose Mutter einen Karton Milch aus einem Laden stiehlt, dann ist das zwar nicht richtig, aber verständlich. Sie tut das aus reiner Bedürftigkeit, wie dies auch unsere ehemalige Präsidentin, Michelle Bachelet, gesagt hat. Aber warum klaut ein Bürger der Mittelschicht, dem es an nichts fehlt und der noch nie gegen das Gesetz verstoßen hat, plötzlich einen Plasmafernseher? Das Erdbeben setzte eine Spirale der Enthemmung und Sinnlosigkeit in Gang."

Weiteres: Die SPD-Ageordnete Angelica Schwall-Düren plädiert dafür, im Kulturgüterstreit mit Polen einen versöhnlicheren Weg einzuschlagen und als erstes polnische Kulturgüter zurückzugeben: Strittig ist vor allem die Autografen-Sammlung Berlinka, die bei Kriegsende nach Schlesien verlegt wurde und sich nun im polnischen Besitz befindet. Zum Entsetzen der Polen spricht Deutschland hier von Beutekunst. Besprochen werden das Sozialdrama "The Blind Side" mit Sandra Bullock als Soccer Mom, Romain Garys Roman "Die Liebe einer Frau" und Feridun Zaimoglus Roman "Hinterland" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).

TAZ, 25.03.2010

Ist das nun schwarzer Selbsthass oder Fiktion von einigem Gewicht fragt Jan Kedves in seiner Besprechung von Lee Daniels' Filmdrama "Precious", das eine Kontroverse ausgelöst hat. "Beinahe scheint es, als sei 'Precious' gedreht worden, um die These, die USA seien mit der Wahl Obamas im sogenannten postethnischen Zeitalter ankommen, auf ihre Belastbarkeit zu testen. Denn 'postethnisch', müsste ja nicht nur bedeuten, dass Benachteiligungen vollständig überwunden sind, sondern auch, dass das schwarze Amerika im Umgang mit den Stereotypisierungen größere Gelassenheit entwickelt hat."

Weitere Artikel: Isabella Reicher unterhält sich mit dem Regisseur Andrew Bujalski, der in den USA unabhängiges Low-Budget-Kino macht, über seinen neuen Film "Beeswax". Sven von Reden berichtet über die Grazer Diagonale, die dem österreichischen Filmemacher Peter Schreiner eine Werkschau widmete. Gereon Asmuth besuchte eine Buchpräsentation, auf der die Grüne Renate Künast die Biografie von CDU-Mann Friedbert Pflüger über Richard von Weizsäcker vorstellte und die zu einer "überparteilichen Liebelei" geriet, an deren Ende sich Pflüger zu einer Jamaika-Koalition für Berlin bekannte. Ambros Waibel räsoniert über Patchwork, Partnerwechsel und den Trennungsschmerz. Und Arno Frank kommentiert die Tatsache, dass der Rapper Bushido über Jahre so viele seiner Songs "ganz ordinär aus musikalischen Versatzstücken anderer Künstler zusammengeschraubt" hat.

Besprochen werden der mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnete Film "Schwerkraft" von Maximilian Erlenwein und eine Doppel-DVD mit Filmen von Thomas Heise, darunter der Werkstattbericht "Der Ausländer" über Heiner Müller als Regisseur der "Lohndrücker"-Inszenierung von 1987.

Und Tom.

FAZ, 25.03.2010

Englische Internate konnten in Sachen Pädophilie noch stets mit katholischen Sakristeien und deutschen Reformschulen mithalten, meint Gina Thomas unter Verweis auf einschlägige Berichte aus den letzten Jahrhunderten. Erst seit 1989 unterliegen Privatschulen überhaupt staatlicher Regulierung, und auch heute noch sind sie nicht verpflichtet, Missbrauchsfälle an die Polizei zu melden. Schulinterne Gegenmaßnahmen gab es aber schon zu viktorianischer Zeit: "Ein Schulleiter verbot sogar Chorhemden, weil er meinte, dass die Jungen in dieser charmanten Aufmachung von frommen Gedanken ablenkten."
 
Weitere Artikel: Ein fossiles Fingerglied, das in Sibirien entdeckt wurde, liefert einen Hinweis darauf, dass dort neben Neandertalern und Homo sapiens möglicherweise noch eine dritte, bisher unbekannte Menschenart lebte, berichtet Sonja Kastilan (mehr dazu hier). Paul Ingendaay konstatiert, dass Spanien tief in der Wirtschaftskrise steckt. In einer Glosse berichtet Jürg Altwegg, dass Frankreich zum Grand Prix Eurovision de la Chanson diesmal keinen Chansonier, sondern mit Jessy Matador eine "Stimmungskanone" aus der Banlieue schickt, die zur höchsten Besorgnis französischer Kulturwächter zudem auf Kreolisch singt. China ist nicht der einzige Staat, der gegen Google vorgeht, beobachtet Jürg Altwegg auf der Medienseite: Auch Frankreichs Kulturminister will dem Internetunternehmen die Stirn bieten und dazu "Verlage und Autorenverbände zu einer heiligen nationalen Allianz" zusammenschweißen. Regina Mönch wirft nach dem Skandal um den Edelfuhrpark des Chefs der Berliner Treberhilfe einen argwöhnischen Blick auf das "grautönige System" sozialer Dienstleistungsunternehmen.

Besprochen werden die Ausstellung "Das schönste Museum der Welt" im Essener Folkwang Museum, die Pariser Ausstellung "Filmer les camps" über Dokumentaraufnahmen aus deutschen Konzentrationslagern, eine Retrospektive über Yves Saint Laurent im Pariser Petit Palais, Wagners "Tannhäuser" an der Mailander Scala in einer Inszenierung von Fura dels Baus, John Lee Hancocks Film "Blind Side" und Bücher, darunter Daniel L. Everetts ethnologischer Erfahrungsbericht über die Piraha-Indianer, "Das glücklichste Volk" und William Gays Roman "Nächtliche Vorkommnisse" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau).

SZ, 25.03.2010

Erstaunlich: Die SZ, die in der Islamdebatte den Begriff der westlichen Werte allenfalls in Anführungszeichen anfasst, bezieht gegenüber der Katholischen Kirche klar Position. Andreas Zielcke schreibt: "Die Lösung kann nur sein, dass die Kirche lernt, weltliche Verletzungen, die ihre Leute anrichten, auch weltlicher Sanktionslogik zu überlassen. Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung sind hier und jetzt zu garantieren."

Weitere Artikel: Das @ ist fortan Kunst, zumindest wenn es nach dem Museum of Modern Art geht, welches den "Klammeraffen" gerade in seine Reihe "virtueller Werke" aufgenommen hat, wie Jörg Häntzschel meldet. Wesentliche Grundlage der Meldung dürfte dieser lesenswerte Blogeintrag auf der Website des Museums sein, in dem Paola Antonelli die kultur- und medienhistorischen Hintergründe der kuriosen "Neuanschaffung" beleuchtet (eine Ergänzung hat sie zwischenzeitlich auch verfasst). "Ein Fall, der geschlossen ist und dennoch immer offen bleibt": In einem offenen Brief (hier eine Übersetzung ins Englische) an den italienischen Justizminister forderte Walter Veltroni (mehr) jüngst die Wiederaufnahme der Ermittlungen im Mordfall Pasolini, berichtet Fritz Göttler. Warum das europäische Porzellan doch in Dresden und nicht in England erfunden wurde, erzählt uns Cara Wuchold. Gemeldet wird, dass Clint Eastwood einen Film über J. Edgar Hoover (mehr) drehen wird. Jens Malte Fischer gratuliert der "grandiosen Sängerin" Magda Olivero zum 100. Geburtstag, dazu eine rare - und wirklich grandiose - Privataufnahme aus den siebziger Jahren:



Besprochen werden die Filme "The Blind Side" mit Sandra Bullock (mehr), "Schwerkraft" mit Jürgen Vogel (mehr), "Das ganze Leben liegt vor Dir" (mehr) und die Dokumentation "Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen" (mehr) sowie die Hamburger Ausstellung "Täuschend Echt. Illusion und Wirklichkeit in der Kunst", die Münchner Ausstellung "In der Zukunft war ich schon" über den Schriftsteller Jürgen Eggebrecht und die Ausstellung über die Schriftstellerin Nelly Sachs, die heute im Jüdischen Museum Berlin eröffnet wird. Einen "geradezu haptischen Eindruck von den verschiedenen handschriftlichen Physiognomien und Eigentümtlichkeiten Nietzsches" gewinnt schließlich der Kulturwissenschaftler Hartmut Böhme bei der Lektüre "einer wahrlich bildschönen" Faksimile-Ausgabe mit Handschriften des Philosophen (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau).

Zeit, 25.03.2010

Das Dossier behandelt das "Schweigen der Männer" zum Kindesmissbrauch an der Odenwaldschule. Warum haben alle geschwiegen, fragen die Autoren? Bürgerliche Eltern, wie die von Weizsäckers, die Lehrer, lange auch die Schüler, die Staatsanwaltschaft und - die Medien, die eine 1999 in der Frankfurter Rundschau veröffentlichte Reportage über den Missbrauch an der Odenwaldschule ignorierten: Weder die Bild-Zeitung noch die Süddeutsche Zeitung, weder die FAZ noch die Welt, weder der Spiegel noch die Zeit griffen die Geschichte auf. "Auch unter Reformpädagogen wurde vermutet, dass weitere Enthüllungen auf 'hoher journalistischer Ebene verhindert wurden'. Becker und vor allem Hentig hatten einflussreiche Bekannte in vielen Redaktionen, auch bei der Zeit. Die langjährige Herausgeberin, die verstorbene Marion Gräfin Dönhoff, war mit Hentig befreundet."

"Was habe ich damit zu tun?" Der Reformpädagoge Hartmut von Hentig weist alle Vorwürfe zurück und wehrt sich gegen die "aufgeblähte pornografische Berichterstattung", insbesondere gegen Artikel von Jürgen Kaube in der FAZ und Tanjev Schultz in der Süddeutschen (12.3., nachgedruckt in der Berner Zeitung). Er fragt außerdem, warum die Opfer sich so spät gemeldet haben: "Ich bin nur ein Laie in dieser Freudschen Gegend. Wenn im 19. Jahrhundert Frauen Krämpfe, Lähmungen, Bewusstseinsstörungen zum großen Meister in Wien trugen, suchte dieser die Ursache unter anderem mit Vorliebe und gutem Grund in unaufgehellten sexuellen Erlebnissen und Wünschen. Daran habe ich mich und den SZ-Gesprächspartner erinnert - und werde deshalb der 'Verhöhnung' der Opfer geziehen. Nein, ich nehme diese ernst, habe aber weder die Möglichkeit, ihnen mit irgendeinem Wort zu helfen, noch kann und muss ich jedes von den Zeitungen über ihre Äußerungen kolportierte Wort glauben." (Hier ein langer Auszug aus Hentigs Text.)

Zum Feuilleton: Wenn die Schrifstellerin Brigitte Kronauer ins Museum geht, erwartet sie etwas, das nicht unbedingt ein Bild von Michelangelo oder Rembrandt ihr bringt (und auch kaum noch ein Kritiker erwartet): "... eine Entdeckung, die uns plötzlich fixiert durch das, was der Maler seinerseits auf Holz oder Leinwand fixiert hat, etwas, das wir erkennen, weil wir es, noch unformuliert, geahnt haben, einen Anblick, einen Gemütszustand, etwas, das nun, vehement sichtbar gemacht und kondensiert, unseren Blick bannt und im besten Fall für lange Zeit prägen wird und in dem, und sei es ein Gemälde der Gotik, etwas stecken muss, das wir als modern bezeichnen müssen." Sie hat diese Entdeckung in der Hamburger Kunsthalle gemacht, mit Jan van Goyens Gemälde "Bauerngehöft".

Weitere Artikel: Im Aufmacher überlegt Ijoma Mangold, warum die deutschen Intellektuellen - vom "linksliberalen Milieu" bis zu Karl Heinz Bohrer - Helmut Kohl immer verachtet haben und keinen Blick für dessen "Naturwüchsigkeit" hatten. Polens Kulturminister Bogdan Zdrojewski gibt ein superdiplomatisches und doch deutliches Interview über den Stand der deutsch-russischen und deutsch-polnischen Beziehungen. Peter Kümmel empfiehlt angesichts der Missbrauchsdebatte Thomas Vinterbergs Film "Das Fest" und die Fortsetzung, "Das Begräbnis", die derzeit in Wien aufgeführt wird. Stefan Koldehoff findet überhaupt nichts dabei, dass Gerhard Richter Kölns früheren OB Fritz Schramma porträtiert hat (mehr dazu im Magazin art). Johannes Voswinkel berichtet vom Prozess in Russland gegen die Organisatoren der Ausstellung "Verbotene Kunst" (mehr dazu hier), der vor allem von orthodoxen Christen unterstützt werde. Ulrich Greiner besucht den Autor Uwe Timm ("In seinem 'Bruder'-Buch heißt es einmal: 'Das Schreiben war und ist Notwehr.' Was meint er damit?") Thomas Assheuer hält Georg Kleins mit dem Leipziger Buchpreis ausgezeichneten "Roman unserer Kindheit" gegen Helene Hegemanns "Axolotl" mit, hm, ungewissem Ergebnis. Christof Siemes musste im Streitgespräch Günter Grass ./. Hermann Kant "beide Kontrahenten bewundern". Adam Soboczynski empfiehlt den Essay W.G. Sebalds über Jurek Becker in der neuen Ausgabe von Sinn und Form. Louisa Reichstätter stellt die Kleingeldprinzessin und Liedermacherin Dota Kehr vor. Florian Illies berichtet über die "Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt" in Düsseldorf. Daniel Völzke berichtet über die geplante Versteigerung der Kunstsammlung des Thriller-Autors Michael Crichton in New York (mehr hier). Katja Nicodemus porträtiert die Schauspielerin Sandra Bullock, die für ihre Rolle in "Blind Side" mit dem Oscar ausgezeichnet wurde (mehr hier), als "wahre Miss Undercover von Hollywood". Claus Spahn schreibt den Nachruf auf Wolfgang Wagner.

Besprochen werden eine Ausstellung mit Werken des Renaissancekünstlers Hans von Aachen im Suermondt-Ludwig Museum in Aachen, die Carl-Blechen-Ausstellung in der Alten Nationalgalerie in Berlin und Bücher, darunter Benjamin von Stuckrad-Barres neuer Reportageband, vor dem Adam Sobczynski seinen Hut zieht, und die Anthologie "Odessa Transfer", die Ilma Rakusa bespricht (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

Auf den vorderen Seiten beschreibt Charlotte Wiedemann in einer sehr lesenswerten Reportage, wie sich Südafrika und das arabische Afrika um den Einfluss auf das Erbe von Timbuktu (und seine herausragende Bibliothek) streiten: "Timbuktu war seit der Gründung im frühen 12. Jahrhundert muslimisch. (...) Jeder zweite Afrikaner ist heute Muslim; das wird oft übersehen. In Malis Nationalmuseum steht dazu der bemerkenswerte Satz: Mit der Entstehung einer einheimischen Klasse muslimischer Gelehrter 'hörte der Islam auf, eine Religion fremder Weißer zu sein, und wurde eine afrikanische Religion'."