Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Dezember 2012

Die Liebe zu den Drachen

31.12.2012. Dank Jörg Schönenborn vom WDR leben wir ab morgen in der besten aller möglichen Welten: Denn der Rundfunkbeitrag ist "genau genommen eine 'Demokratie-Abgabe'". Der Tagesspiegel war darüber aber nicht informiert und spricht noch von "Zwangsmilliarden". Die NZZ begibt sich auf die Spuren von Konfuzius nach China. In der FAZ schildert Indien-Expertin Christiane Brosius die missliche Lage der Frauen im Land, die sich bisher auch durch die Modernisierung nicht verbesserte. Und mit den Hives wünscht der Perlentaucher allen Perlentauchern und Menschen, die im Perlentaucher nach Perlen tauchen mit Blick auf ein Jahr ganz ohne Weltuntergang: "Go Right Ahead!"

Flundern, Heringe und Makrelen fliegen durch die Luft

29.12.2012. In der FR schimpft Claus Peymann auf zwei Seiten über alles Mögliche, inklusive seines reichlich knappen Gehalts. In der Welt blickt Ursula Krechel auf das Jahr 2012 zurück. Die taz beleuchtet die brutalen Geschäftspraktiken von Amazon. Die SZ guckt zu Silvester "Ironie des Schicksals". In der FAZ erklärt der ägyptische Rapper Mohamed El Deeb, wie die Muslimbrüder das mit der Mehrheit machen.  Korruption ist schuld daran, dass in Indien Vergewaltigungen nicht juristisch verfolgt werden, berichtet slate.fr nach dem Tod der vergewaltigten Frau, deren Fall riesige Demonstrationen auslöste.

Eventselige Aufgeräumtheit

28.12.2012. Die NZZ bringt eine Hommage auf den brasilianischen Soul-Crooner Tim Maia. Im Smithsonian Magazine erklärt Jaron Lanier, warum er nicht mag, was er zu schaffen half. Die Welt erklärt, warum Weinkritiker Robert Parker seinen Wine Advocate an asiatische Investoren verkauft. In der SZ fordert der Politikphilosoph Henning Ottmann demokratische Instanzen, die langsam denken. Die FAZ porträtiert die türkische Autorin Asli Erdogan.

Der Sehnsucht eine Realität zu verschaffen

27.12.2012. Bei TorrentFreak erfahren wir, welche Filme in Hollywoodstudios gern schwarz heruntergeladen werden.Wir verlinken auf die besten Musikvideos des Jahres 2012 (so weit die Gema es gestattet). Der Streit zwischen FAZ und Welt um Suhrkamp geht weiter: Frank Schirrmacher antwortet auf Richard Kämmerlings, der auf Frank Schirrmacher antwortete. Die taz erklärt, warum konservative Kreise in der Türkei gegen eine Fernsehserie über das "Wunderbare Jahrhundert" kämpfen. In der Zeit schreibt Marlene Streeruwitz über Ulrich Seidls Film "Paradies: Liebe"

Päckchen mit Diddlmäusen und Kuschelhasen

24.12.2012. Die Kunstgeschichte versagt im Internet, meint Jim Cuno vom J. Paul Getty Trust In The Daily Dot. In The American Scholar erklärt William Deresiewicz, was einen Intellektuellen von einem Akademiker unterscheidet. Und unvermeidlich in diesen Tagen: Weihnachten. The Daily Beast erzählt, warum Camille Paglia Christopher Hitchens so wenig mag: Er hat Religion kritisiert. Dennoch kreieren wir einen eigenen und unverwechselbaren Weihnachtssound. So dass selbst Richard Sennetts Sohn an den Weihnachtsmann glaubt.

Die Begierde nach Wirkung

22.12.2012. Rainald Goetz, oberster Suhrkamp-Prozessbeobachter, meldet sich in der SZ doch noch zu Wort, mit "schlimmen Geschichten" über Investor Hans Barlach, dem er überdies vorwift, dem Verlag wirtschaftlich schwer zu schaden. Die Welt buddelt dagegen weiter nach Material, das Ulla Berkewicz den Anspruch streitig machen könnte. Ansonsten lauscht sie hingerissen den "Stalinorgeln des britischen Spätfeudalismus". Die NZZ verfolgt die Tragödie der Brüderlichkeit von Thomas und Heinrich Mann. Die taz fragt, was die Rückkehr der Kreativen aus Berlin-Mitte in die City-West für die kapitalistische Ausdifferenzeierung der Stadt bedeutet.

Im Land der papierdünnen Wände

21.12.2012. Die NZZ beleuchtet die aktuelle Lage der Maya. Und sie feiert Weihnachten mit den Japanern. Arno Widmann erklärt in FR-Online, was 99 Jahre Leica der FR bedeuten könnten. In der SZ erinnert sich der Schauspieler Herbert Fritsch an seine heroischen Zeiten. Die FAZ feiert das bemerkenswerte Universum, in dem wir jetzt leben. Außerdem: ein bisschen Monteverdi mit Dinu Lipatti und Nadia Boulanger.

Aus ihrem übervollen Herzen

20.12.2012. Der Streit um Suhrkamp geht weiter: Ulla Unseld-Berkéwicz' Position im Verlag ist sehr wohl legitim und sie hat sich nicht hineingedrängelt, betont Frank Schirrmacher in der FAZ. Die Welt erinnert an Fakten. Die FR spürt der Verknüpfung des Begriffs von individueller Freiheit und Waffenbesitz in den USA nach, ebenso ein ehemaliger Bush-Berater in der New York Times, der den Republikanern vorwirft, dass sie sich von der Waffenlobby erpressen lassen. Die NZZ zeichnet eine Debatte unter revolutionären ägyptische Künstlern nach: Dürfen besondere Graffiti versiegelt werden oder müssen sie flüchtig bleiben?

Ein Abgrundböser. Ein Unhold

19.12.2012. Peter Handke ist förmlich in die Luft gegangen. Hans Barlach ist das Opfer. Wie eine Eins stehen auch andere Autoren hinter Suhrkamp. Die FAZ zitiert unterdes aus den Urteilen gegen die Suhrkamp-Geschäftsführer. In der Welt erklärt Marko Martin, warum er keine Angst hat vor dem Weltuntergang. Die Ruhrbarone denken über neue Finanzierungsmodelle für Journalismus nach. In der NZZ rät die taiwanesische Kulturministerin Lung Ying-tai den Festlandchinesen einige Anpassungen an internationale Gepflogenheiten.

Die wahre Tugend des Adels

18.12.2012. Die Welt würdigt Leben und Werk des Pornofilmers José Benazeraf.  In der Berliner Zeitung fragt Götz Aly: In welchem europäischen Land ist der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen am höchsten? In der FAZ heilt der ägyptische Autor Alaa al-Aswani ein Stigma seines Präsidenten Mursi. Und Durs Grünbein fragt: Wie lebenswert ist ein Kapitalismus, der das Haus Suhrkamp gefährdet? 

Die konsequente Einführung von Zwischentiteln

17.12.2012. Nicht das Internet ist schuld an der Krise der Zeitungen, sondern jene Herren in den Verlagen, die sie jahrzehntelang herunterwirtschafteten, meint die ehemalige Literaturchefin der FR, Ina Hartwig, im Perlentaucher. Was sagen alle anderen französischen Kleinstädte zum Louvre-Vorposten in Lens, fragt die NZZ. Der Welt graust's vor der Filmmusik im Fantasy-Kino. Außerdem ein langes Radio-Interview mit Stanley Kubrick, und eine Brücke in Sarajewo überwindet die Schwerkraft. Und einstimmig wird eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA gefordert.

Ulla umschmeichelt das Publikum

15.12.2012. In der FAZ ärgert sich Hermann Parzinger über türkische Kulturpolitiker. Die Welt bestaunt ein strammes rechtes Bein mit Netzstrumpf. VS Naipaul schwärmt in The New Republic von Thomas Mann. Im Telegraph ist Hanif Kureishi entsetzt über die faschistische Atmosphäre in Pakistan. In der taz erklärt Alissa Ganijewa warum die russische Landbevölkerung nicht gegen Putin rebelliert. Die FR sitzt gebannt in der Barockoper Suhrkamp. In der NZZ erzählt Matthias Politycki, was ihn zum Schreiben bringt. In der SZ bewundert Alexander Kluge die Abstände der Gedanken von Jürgen Habermas.

Da habe ich gesagt, das ist kein Judaskuss

14.12.2012. Auch ohne die jüngste Zuspitzung ist die Lage bei Suhrkamp dramatisch, meint die Welt. In der FAZ erklärt Reto Hilty vom Max-Planck-Institut für Immaterialgüterrecht den Zeitungen, warum ein Leistungsschutzrecht Unsinn ist. Netzpolitik kommentiert ein Sampling-feindliches Urteil des BGH. Die SZ fürchtet Tugendterror in Ägypten. Die taz benennt das Aldi-Dilemma der Zeitungen. In der NZZ wundert sich Cees Nooteboom über sein Talent, stets zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Substanzielle Entschädigung

13.12.2012. Update um 11 Uhr: Google einigt sich mit der belgischen Presse. Man will zwar künftig nicht für Zitate bezahlen, einigt sich aber auf eine Werbekooperation mit den Zeitungsverlagen. Google versteht das in seinem offiziellen Blog als Botschaft an die Presse in anderen Ländern. In der FAZ erklärt Hans Barlach, warum er als Herausgeber von TV Today für die Leitung des Suhrkamp Verlags qualifiziert ist. Die taz besucht ein riesiges Filmarchiv (nämlich das Internet). Die Welt ist entsetzt über die Schalheit längst gerissener Witze in der neuen Pardon. Die NZZ besucht die größte französische Stadt außerhalb Frankreichs: London.

Aufgrund eigener Wertung

12.12.2012. In der Suhrkamp-Sache holen die Zeitungen nach einem Tag der Schockstarre jetzt groß aus. Die FAZ klärt Ulla Unseld-Berkéwicz über ihre Dienstpflichten auf. Die SZ kritisiert ihren juristischen Beistand. Die taz bringt (mit dem Börsenblatt) bereits Nachfolgeverleger ins Spiel. Auch die Debatte um Leistungsschutzrechte für die guten alten Zeitungen geht weiter: Nach einer Anfrage der Linksfraktion weiß die Regierung auch nicht, wer von Regelungen betroffen ist und schlägt eine Klärung auf dem Rechtsweg vor.

Die Normalität weiblichen Daseins und Schreibens

11.12.2012. Suhrkamp ist Thema Nummer 1: Das Landgericht Berlin erklärt Ulla Unseld-Berkéwicz für abgesetzt - allerdings muss das Urteil noch in zwei Instanzen bestätigt werden. Für die FAZ ist das Urteil dennoch eine Katastrophe, weil die jetzige Geschäftsführung nur noch auf Abruf bestellt sei. Die SZ sieht bereits das Ende der von Ulla Unseld-Berkéwicz geprägten Ära dämmern. Die Welt sucht den Kompromiss. Télérama interviewt den Dokumentarfilmer Paul Moreira, der zur Lage der Frauen und zu Sexualität in Ägypten und Tunesien nach der Revolution recherchierte. In der Welt erklärt Javier Bardem, warum er sich für die Unabhängigkeit der West-Sahara einsetzt.

Auf einer Stufe mit der Elbphilharmonie

10.12.2012. Wer ist eigentlich dieser Hans Barlach, der jetzt den Suhrkamp Verlag leiten will?, fragt der Tagesspiegel. Die SZ verteidigt den Nobelpreisträger Mo Yan gegen Kritik aus dem Westen. Die Welt lernt aus seiner Rede (auf die wir verlinken), wie man in China die Wahrheit sagt und wie nicht. Auch die FAZ verortet Mo Yans wahres Ich in der Literatur. Laut Kontakter plant jetzt auch der WAZ-Konzern drastische Einsparungen. Und das NYRBlog zeigt einen Buster Keaton, der lacht.

Ungeheuerlich chinesisch

08.12.2012. Über Mo Yan wird weiter kontrovers diskutiert: die FR sammelt Stimmen zu seinen dubiosen Äußerungen über Zensur, in der FAZ befindet seine Übersetzerin Karin Betz: Mo Yan kokettiert mit seiner Exotik. Die Welt wünscht sich staatliche Regulierung des haifischkapitalistischen Internets. Nicht nur die Prophezeiungen der Apokalypse haben sich mittlerweile erschöpft, meint Thomas Macho in der NZZ angesichts des bevorstehenden Weltuntergangs, sondern auch deren Dementis. Alaa al-Aswani erzählt in der SZ von Begegnungen mit dem verblüffend umgänglichen Mohammed Mursi.

Dezidiert unhübsche Mädchen

07.12.2012. Wird Mo Yan in seiner Nobelpreisrede Liu Xiaobo erwähnen?, fragt die Welt. Das ganze chinesische Volk würde ihm jedenfalls zuhören. In der taz lotet Najem Wali die Schizophrenien arabischer Politik aus. Die Financial Times Deutschland verabschiedet sich mit Witz und ohne Bitterkeit. Alle würdigen Oscar Niemeyer. Wir setzen Links auf viele Bilder seiner Bauten. Und die New Republic feiert die einstige Vogue-Chefin Diana Vreeland, die so viele Heldinnen als möglich erschaffen wollte.

Die gute, kluge, liebe Violetta

06.12.2012. Laut Spiegel Online ist der CDU-Politiker Norbert Lammert empört: Google hat die E-Mail-Adressen des Bundestags geleaked! Auch Mathias Döpfner vom Springer-Verlag ist in der Zeit nicht gut auf Google zu sprechen: Eine Hehler-Bande sei das, die der Bild die Seite 3-Qualitätsmädchen entführt. Medienpromiskuität auch zwischen Zeit-Magazin und SZ-Magazin, die jetzt füreinander publizieren. Da bleiben wenige reine Kulturthemen: Die Kritiker halten zum siebzigsten Geburtstag unverbrüchlich an Peter Handke fest. Und der FAZ wurde in Andrea Breths "Traviata"-Inszenierung ganz anders.

Hola, das gibt eine Öko-Bilanz!

05.12.2012. Die Berliner Zeitung fragt: Ist der Tunnel unter der Staatsoper in Wahrheit ein Abgrund? Die Welt schildert die Schwierigkeiten der Stadt Mainz mit der Renovierung ihres Rathauses.Die NZZ porträtiert den makedonischen Schriftsteller Nikola Madzirov. Die Columbia Journalism Review präsentiert deprimierende Grafiken über Zeitungseinnahmen aus Online und aus Print. Die SZ feiert Honoré Daumier.

Wir nahmen LSD und gingen in den Richmond Park

04.12.2012. In der Berliner Zeitung erklärt der Konzertagent Berthold Seliger, wer tatsächlich an den gestiegenen Preisen für Konzertkarten verdient. Die Welt bringt geschichtstheoretische Erörterungen von Lemmy Kilmister. In der FAZ erledigen Frank Rieger die Debatte um die Leistungschutzrechte und Dennis Meadows die Menschheit. Und Eigenzitattherapie: Aus Anlass der Zeitungskrise macht die taz den Kollegen mit der Erinnerung an die Berichterstattung über die Schlecker-Pleite viel Mut.

Kritik und Kampf

03.12.2012. Die SZ verteidigt Theodor Eschenburg. Die FAZ verfolgte das zentrale NRW-Vorsprechen von Absolventen der Schauspielschulen. Mehr als ein Leistungsschutzrecht brauchen wir eine Kontrolle der entstehenden Monopole im Netz findet Stefan Plöchinger von sueddeutsche.de auf Carta. Befreit das Öffentlich-Rechtliche von den Anstalten, fordert Thierry Chervel im Perlentaucher. Die FAZ macht Verlust wegen des wegbrechenden Stellenmarkts, meldet turi2. Alle gratulieren Alice Schwarzer zum Siebzigsten.

Das Fest verglüht

01.12.2012. Die taz erzählt am Beispiel des traurigen Niedergangs der FR, wie die FAZ das Diskursmonopol der anderen Seite knackte. Die FAZ wehrt sich gegen alle, die ihr geistiges Eigentum zusammenklauben wollen. Die FAZ bringt auch einen Appell zur Befreiung des Autors Li Bifeng. Die FR preist die Verdinglichung in Form kaptitalismuskritischer Popmusik. c-monster präsentiert eine Reihe psychedelischer Torten aus Peru.