Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Oktober 2005

Heute in den Feuilletons

31.10.2005. Die FAZ stellt sich auf die nördliche Freitreppe des künftigen Berliner Hauptbahnhofs und erblickt das Nichts. In der taz unterhält sich Gabriele Goettle mit der Berliner Buchhändlerin Bettina Wassmann über die großen sechziger Jahre in Berlin. Die Welt verteidigt den katholischen evangelischen Theologen Klaus Berger gegen die Zeit. Der Tagesspiegel empfiehlt die Berliner Philharmoniker grundsätzlich als jung und innovativ

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29.10.2005. Heute beobachten wir das muntere Kreisen des Betriebs um sich selbst: In der taz beschreibt Christian Kortmann, wie das Mittelmaß an der Spitze das Talent an der Basis in die Emigration treibt. In der Welt anworten Frank Schirrmacher und Mathias Döpfner mit einer Analyse der eigenen Rolle im Kulturbetrieb. Die NZZ erklärt, warum Martin Walser gegen Marcel Reich-Ranicki klagt.

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28.10.2005. In der SZ erzählt Sonja Margolina, wie Michail Chodorkowskij versehentlich das Geheimnis des Kremls aufdeckte. Die NZZ erzählt, wie der Schriftsteller Francois Weyergans Verleger, Finanzamt, Wohnungssorgen, Mätressen und eine liebende Ehegattin befriedigt. In der taz erklärt der Architekturtheoretiker Georg Franck, was mentaler Kapitalismus ist. Die Welt feiert Thomas Ostermeiers "Hedda"-Inszenierung als tollen Thriller. In der FR wünscht sich Christina Weiss einen Bundeskulturminister.

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27.10.2005. In der Zeit erklärt Klaus Berger, Professor für evangelische Theologie, warum er immer katholisch war. Die FAZ hält das für einen einzigartigen Fall gelebter Ökumene. In der FR erklärt Kurt Scheel, warum er aus seiner deutschen Mördergrube kein europäisches Herz mehr machen kann. Die SZ fürchtet, das neue Konzerthaus in Hamburg könnte die Kunst in den Ruin treiben.

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26.10.2005. Der Verkauf des Berliner Verlags an ein Konsortium unter dem Briten David Montgomery sorgt nach wie vor für Heulen und Zähneklappern in der Medienwelt. In der Berliner Zeitung selbst verspricht Montgomery, nicht auf schnelle Gewinne aus zu sein. In der SZ warnt Stefan von Holtzbrinck vor den internationalen Auswirkungen der "H-Debatte". In der FAZ verspricht Gerd Schulte-Hillen, aus der Berliner Zeitung etwas Besonderes zu machen. Außerdem beschäftigen sich die NZZ mit dem Antisemitismus der Linken, die SZ mit dem Antisemitismus der Iraner und die FAZ mit 9.000 brennenden Polizeiwagen sowie weiteren Details der europäischen Apokalypse.

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25.10.2005. Im Interview mit der taz spricht Tilman Fichter über den Antisemitismus der 68er und die Umtriebe des Berliner Verfassungsschutzes, der den Terror nach Kräften förderte. In der FR erklärt Thomas Ostermeier, warum Ibsen zum Verständnis der Gegenwart besser geeignet sei als Tschechow. Der Tagesspiegel gibt einen Abriss der deutschen Denkmalschutzdebatte. In der Welt spricht Pawel Huelle über die Wahl Lech Kaczynskis zum polnischen Präsidenten. Und: der Berliner Verlag ist verkauft, meldet die FAZ.Net.

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24.10.2005. Orhan Pamuks Friedenspreisrede erregt Aufsehen. Pamuk kritisiert eine europäische Türkenfeindlichkeit, die wiederum den türkischen Nationalismus schüre. Die FAZ wirft Pamuk einen allzu markierten Patriotismus vor. Die Welt kritisiert, dass Pamuk vom Mord an den "osmanischen Armeniern" spricht. Alles Unfug, meint die FR dazu. Die NZZ kritisiert dagegen deutsche Literaturstudenten, die nicht mal wissen, wer Pamuk überhaupt ist.

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22.10.2005. In der Welt stellt Wolfgang Sofsky klar: Zwischen Freiheit und Demokratie besteht kein notwendiger Zusammenhang. Bei Spiegel Online erklärt Dan Diner, warum die arabische Welt Pluralismus mehr braucht als Demokratie. Die FAZ ist sehr stolz auf "unseren Mann in Beirut", den Staatsanwalt Detlev Mehlis. Die taz verteidigt Orhan Pamuk gegen seine Ankläger in Frankfurter Redaktionsstuben. Die FR fürchtet, dass unter einer Großen Koalition die die Kultur am Katzentisch platziert werden könnte. Die SZ prüft die Wirkung kultureller Schutzimpfungen in Dänemark.

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21.10.2005. In der FAZ bemüht sich Botho Strauß, den Grünen und der Union doch noch eine Zweckehe schmackhaft zu machen. Diedrich Diederichsen diagnostiziert in der SZ bei einigen schwarz-gelben Kollegen den Juckreiz einer normativen Zeitgenossenschaft. Beim Anblick der Szenen von Ceuta und Melilla kommt beim senegalesischen Schriftsteller Boubacar Boris Diop in der NZZ dumpfe Wut auf. In der FR rechnet Alexander Schnackenburg vor, dass das mit 4,7 Millionen Euro verschuldete Theater Bremen vielleicht doch schuldenfrei ist. Der französische Philosoph Camille de Toledo bekommt in der globalisierten Welt keine Luft mehr, wie er in der taz bekennt.

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20.10.2005. In der Zeit fordert Salman Rushdie die Europäer auf, Orhan Pamuk zu verteidigen. Die FAZ lehnt ab und kritisiert statt dessen Pamuks "schnelle Schlauheit". In der Welt spricht Orhan Pamuk selbst - über das schwierige Verhältnis der Türkei zu ihren Intellektuellen. In der Berliner Zeitung erzählt Markus Wolf, wie er die Freunde seines Bruders Konrad vor der Stasi beschützte. In der SZ warnt Mike Davis vor einer Grippe-Apokalypse in Europa. Frankfurt ist eine Hysterie, ruft atemlos die NZZ.

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19.10.2005. Im Tagesspiegel erzählt der koreanische Schriftsteller Kim Young Ha, wie Jimmy Carter in Korea eine westliche Toilette bekam. Die FR versucht vergeblich, im Internet eine Bahnfahrkarte für Frankreich und Deutschland zu kaufen. Die taz träumt von talentierten deutschen Autoren, die sich nicht zu fein sind für das Fernsehen zu schreiben. Die Welt träumt von talentierten britischen Regisseuren, die "Effi Briest" verfilmen. In der SZ erinnert sich der irakische Schriftsteller Najem Wali an seinen Folterer, dem jetzt der Prozess gemacht wird.

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18.10.2005. In der FAZ konstatiert Ian McEwan: "Wenn Frauen nicht mehr lesen, ist der Roman tot." Die Welt erzählt, wie die Stasi Ex-Nazis erpresste, um missliebige DDR-Bürger auszuspionieren. Die SZ bricht eine Lanze für das "wichtigste Ost-West-Laboratorium der Republik", die Berliner Zeitung. Die FR weiß, dass der Suhrkamp Verlag einen Verlag der Weltreligionen und eine edition unseld plant. Die taz hört Hard-Gore mit Ginger Ale.

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17.10.2005. Bei der Berliner Zeitung wird's dramatisch. Der Chefredakteur Uwe Vorkötter wendet sich in einem "Brief an die Leser" gegen die Übernahme des Berliner Verlags durch britische Investoren. In den anderen Zeitungen wirft die Buchmesse ihre Schatten voraus: Die FAZ nennt schon mal die Romane und die Sachbücher der Saison. In der FAZ am Sonntag antworten Autoren auf ihre Kritiker. Die Welt am Sonntag bringt eine Liste der wichtigsten Personen des Literaturbetriebs. Die SZ bringt eine Reisebericht aus dem Gastland Südkorea. Und in der NZZ spricht Orhan Pamuk über Islamismus, Nationalismus und Armut.

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15.10.2005. Die NZZ spricht heute wunderbar koreanisch. Die FR erklärt, warum die Türkei sich mit ihrem größten Schriftsteller, Orhan Pamuk, so schwer tut. Die Welt liest Ingo Schulzes "Neue Leben". In der SZ erzählt Navid Kermani von seinen Gesprächen mit afrikanischen Flüchtlingen in Marokko. Die Berliner Zeitung bringt ein großes Gespräch mit Cornelia Funke.

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14.10.2005. Die FAZ gerät angesichts der Nobelpreisentscheidung für Harold Pinter in ein hoch bedenkliches Kopfnicken. Die SZ findet die Entscheidung der schwedischen Akademie erratisch, die Welt abstrus, die FR enttäuschend, die taz fast weise. Aber in der SZ bekennt Luc Bondy: "Für mich wird von Pinter mehr bleiben als von Brecht."

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13.10.2005. Ingo Schulze erklärt in der taz, wie sein dicker Roman "Neue Leben" mit seiner schmalen Autobiografie in Zusammenhang steht. Die Zeit besucht die einzige ökologisch korrekte Musterstadt rund ums Buch in Korea. Die FAZ zählt graziöse Achal-Tekkiner-Hengste, mit Schwanenhals, überlangem Leib und seidig dünnem Glitzerfell zum täglichen Bedarf russischer Milliardäre. In der SZ beschreibt der ugandische Autor Moses Isegawa , wie er selbst beinahe als Flüchtling in Ceuta oder Melilla gelandet wäre. Und in der Welt plädiert der israelische Politologe Shlomo Avineri für eine Teilung des Iraks.

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12.10.2005. Die SZ druckt den Artikel des schwedischen Akademiemitglieds Knut Ahnlund gegen den Nobelpreis für Elfriede Jelinek nach. In Spiegel Online kommentiert Cem Özdemir den Fall des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink, der angeblich die türkische Identität erniedrigte. In der taz erklärt Daniel Cohn-Bendit, wie Europa auf die Ereignisse von Ceuta und Melilla reagieren sollte, die von der Kunst - so die FAZ - längst vorausgesehen wurden. Im Tagesspiegel fordert der Mikrobiologe Alexander S. Kekule eine nationale Akademie der Wissenschaften.

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11.10.2005. In der Berliner Zeitung stöhnt Ingo Schulze über die Entstehungsgeschichte des ersten Satzes seines neuen Romans. Die Welt erzählt vom zähen Fortleben der "Protokolle der Weisen von Zion", die vor hundert Jahren erfunden wurden. In der taz erklärt die Berliner Autorin Hatice Akyün, warum ihr Leben als Deutsche und Türkin gar nicht problematisch ist. Die NZZ  besucht das Städtchen Laugharne in Wales, das 400 Einwohner, einen Hafenvogt und einen Nationaldichter hat.

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10.10.2005. Der Tagesspiegel präsentiert die beste Übersetzung von "Ottos Mops": "Fritz's bitch". In der Welt erzählt der Erfinder der "Neuen Leipziger Schule" Arno Rink, warum ihm dieses Label langsam lästig wird. Die Welt berichtet auch über den anhaltenden Streit um das "Schwarzbuch der Psychoanalyse" in Frankreich. Die SZ erklärt, warum die Araber Shakespeare so sehr lieben. Die Theaterereignisse des Wochenendes waren Michael Thalheimers Inszenierung des "Faust II" in Berlin und die Uraufführung von Botho Strauß' neuem Stück "Schändung" unter Luc Bondy in Paris.

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08.10.2005. Per Olov Enquist erklärt in der NZZ, warum Schwedens Sozialdemokraten traditionell strikte Antikommunisten sind. Die FR vermisst Europa als Ganzes in der neuen Literatur. Die Welt reist ins leseverrückte Südkorea und besucht eine Stadt, die nur aus Verlagen besteht. In Moskau bestaunt die FAZ eine mannshohe Wodkaflaschenskulptur als Pop-Art nach russischem Verständnis. Die SZ gibt einem neuen New Deal in Amerika keine großen Chancen. Und der taz reicht es langsam mit dem neoliberalen Sermon.

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07.10.2005. Die FR klärt die Europäer auf, dass ihre gesamte Kultur aus der Türkei und einigen angrenzenden Ländern stammt. In der Welt wundert sich Zafer Senocak über das Phänomen des deutschen Selbsthasses. Die NZZ begibt sich zu den Flüssen von Babylon in der Karibik. In der taz erklärt der weißrussische Philosophieprofessor Gennadij Gruschewoj, warum er auf Guerilla-Kommunikation setzt. In der SZ versichert Ian McEwan: Ozeanische Gefühle gibt's auch ohne Religion.

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06.10.2005. In der SZ freut sich Orhan Pamuk über die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei. Im Standard freut sich Leon de Winter gar nicht darüber. Für die FAZ verkörpern die Türken gar das Antieuropäische schlechthin. In der Zeit erklärt Isabel Hilton, was eine gute Reportage ist. In der FR macht sich Eva Demski stark für die Rettung von Deutschlands ältester Steinbrücke. In der taz fragt Sven Regener, ob es wirklich cool ist, bei einem Lied von Bap über die "Kristallnacht" Feuerzeuge anzumachen. Die NZZ staunt über ein Balzritual von berührender Schönheit.

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05.10.2005. In der SZ kritisiert Adam Krzeminski die "Brutal-Rhetorik" in der Politik Polens. In der FAZ fürchtet der ukrainische Autor Andrij Bondar um die Errungenschaften der "orangenen Revolution". Die NZZ schildert die Wallungen um das "Schwarzbuch der Psychoanalyse" in Frankreich. In der taz bekennt sich Joachim Lottmann als letzter Schröderist. Und die FR fragt, warum der Ort der Information im Holocaust-Mahnmal ausgerechnet am 3. Oktober geschlossen war.

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04.10.2005. Die FAZ beschreibt apokalyptische Szenen an den Rändern der Festung Europa. In der Welt freut sich Hans Küng, dass er es überall auf die Titelseiten brachte, nur in der FAZ nicht. Die Berliner Zeitung staunt über die Erfolge des Berliner Artforums. Die NZZ besucht die Kunstszene von Dhaka in Bangladesch. Die taz schwärmt über Kunst aus Indonesien, Thailand und Singapur, die gerade in Berlin gezeigt wird. 

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01.10.2005. Ulrich Beck und Anthony Giddens fordern in einem Offenen Brief dazu auf, Europa als neuartiges kosmopolitisches Projekt zu begreifen. Die Welt findet: Mao war mehr als nur ein übler Charakter. In der NZZ bringt eine Beilage mit Schriftstellertexten über Musik. Die taz sucht das Geheimnis des Erfolgs von Harry Potter zu ergründen. Die FR stellt einen höchst amüsanten Fake-Ratgeber für den aufstrebenden Asiaten im westlichen Kunstsystem vor. Die FAZ findet ihre Vermutungen über den Antisemitismus Martin Walsers bestätigt.