Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Juli 2007

Heute in den Feuilletons

31.07.2007. Die Feuilletons würdigen Ingmar Bergman als säkulare Figur. Die SZ sieht ihn als Regisseur eines Natur- und Sommerkinos, der Tagesspiegel als Magier des Schmerzes, der Einsamkeit und des Verrats. Die FAZ stellt ihn in eine Reihe mit Tschechow und Strindberg. Die NZZ erinnert daran, dass die Regisseure der Nouvelle Vague schon 1958 abschließend über ihn schrieben. Welt und Titel-Magazin sprechen die europäische und universale Geltung seines Kinos an. Und die FR liebt Bergman und fertig.

Heute in den Feuilletons

30.07.2007. Die Hügel von Bayreuth und Salzburg dominieren weiterhin die Feuilletonlandschaft. Mit Haydns Oper "Armide" sind die nach Salzburg Versandten recht zufrieden, mit Thomas Bernhards Stück "Ein Fest für Boris" weniger. Bei Bayreuth überwiegen Kommentare zur schwierigen Finanzlage, die als ein Zeichen für Wolfgang Wagners nachlassenden Einfluss gewertet werden. In der taz erinnert Gabriele Goettle an DDR-Zeiten, in denen das "Waldsterben" noch als "Forstumwandlung" firmierte. Der Tagesspiegel sinniert über das Migratorische in der allerneuesten Kunst. taz und Welt erinnern an die Ermordung Jürgen Pontos vor dreißig Jahren.

Heute in den Feuilletons

28.07.2007. In der taz erzählt Ernst Tugendhat, warum ihn der Gedanken an den Tod schreckt. In der Literarischen Welt stellt Cees Nooteboom einen Klassiker der niederländischen Moderne vor, Ferdinand Bordewijks Roman "Charakter". In der NZZ fragt sich Adam Zagajewski, warum Zbigniew Herbert in einem späten Gedicht ausgerechnet das hässliche Städtchen Rovigo besang. Die SZ besucht das Dorf Kienbaum, wo die DDR ihre Olympiasieger machte.

Heute in den Feuilletons

27.07.2007. Katharina Wagners "Meistersinger"-Inszenierung stößt bei den Beckmessern und -messerinnen der Jetztzeit weitgehend auf Behagen. Katharina Wagner verzichtet schon mal ganz auf altnürrembergische Knusperkulissen, notiert die erleichterte FR.  Die FAZ sieht den unangenehm streng gescheitelten Hans Sachs als mutige Anspielung auf die Nazizeit. Die NZZ erspäht dennoch Leerstellen. Die SZ  ist mit der Musik nicht ganz zufrieden. Außerdem: ein NZZ-Essay von Dubravka Ugresic über die neuen Barbaren.

Heute in den Feuilletons

26.07.2007. "Er war ein Schauspieler, der geistige Vorgänge spielen und sichtbar machen konnte." Der Tod Ulrich Mühes löst in allen Feuilletons Bestürzung aus. Die FR würdigt seine "körperliche Durchlässigkeit für Geschichte und Umwelt". Die Berliner Zeitung macht darauf aufmerksam, dass Mühe nur ein Jahr nach seiner zweiten Frau Jenny Gröllmann und dem quälenden Streit um ihre angebliche Stasi-Mitarbeit gestorben ist. Die Zeit liefert einen Schwerpunkt zu gutem Deutsch - und gegen Anglizismen. Die NZZ bringt Reaktionen türkischer Intellektueller zu den Wahlen. Und Spiegel Online hat bei Katharina Wagners Bayreuth-Debüt echte Wagner-Pizza serviert bekommen - "jede Menge Belag auf dünnem Boden".

Heute in den Feuilletons

25.07.2007. Die Feuilletons trauern um George Tabori, mit dem die Deutschen über sich selbst lachen lernten. Die NZZ erzählt die traumatisierende Kindheitsepisode, die Taboris  tragikomische Grundhaltung begründete. Die taz kritisiert die deutsche Filmförderung, welche nurmehr auf die großen Haufen scheißt. Die Welt plädiert im Bayreuther Erbfolgestreit für Katharina Wagner

Heute in den Feuilletons

24.07.2007. Die FR erfährt im Gespräch mit Luk Perceval, was Erleuchtung ist: Erleuchtung ist, wenn man beim Schälen der Kartoffel die Kartoffel schält. Die taz geißelt die antisemitischen Äußerungen des polnischen Paters Tadeusz Rydzyk. In der Welt begrüßt Zafer Senocak das türkische Wahlergebnis: "Bürgerrechte und Demokratie sind den Türken keine Fremdwörter mehr." Über die Nachfolge in Bayreuth wird vor den beginnenden Festspielen in taz und NZZ spekuliert. Die Berliner Zeitung schildert das Problem der FAZ mit den Perlentauchern: "Puh, die werden wir nicht los." 

Heute in den Feuilletons

23.07.2007. Die Reaktionen auf das Ende von Harry Potter sind widersprüchlich. Manche beklagen ein etwas plattes Happy End, andere loben den Mount Everest der Spannung, der vor diesem Happy End liegt. Und dritte beklagen, dass J.K. Rowling nicht mal in der Fiktion die britische Klassengesellschaft abschafft. In der taz kritisiert Tony Judt die Juden der Diaspora, die durch ihre Identifikation mit Israel für den Antisemitismus selbst verantwortlich seien. In der FAZ fragt Wolfgang Sofsky, warum es in Deutschland keine Sensibilität für die Bedrohung der Freiheit gibt. In der NZZ erklärt der Biochemiker Gottfried Schatz sein Unbehagen an der Klimadebatte.

Heute in den Feuilletons

21.07.2007. Die NZZ besichtigt in Ulan Bator Jurten mit drahtlosem Internetanschluss. Otfried Höffe betont, dass universale Werte universal sind. Die taz erfährt von Michael Schindhelm, wie werttolerant es in den Vereinigten Arabischen Emiraten zugeht. Die russische Journalistin Elena Tregubowa erklärt der Berliner Zeitung, warum Russland eine Diktatur ist. Und die FAZ trauert um den von Heuschrecken ausgeweideten Sender Sat.1.

Heute in den Feuilletons

20.07.2007. Also so viel kann man wohl sagen, nachdem die New York Times legal und doch vorzeitig an ein Exemplar von "HP 7" kam: Harry Potter wird nicht sterben. Im titel-magazin greift Wolfram Schütte die Kampagne der FAZ gegen den Perlentaucher auf. Die FAZ bringt die Hommage der in Berlin geretteten Jüdin Annie Kraus an die "stillen Helfer" in der Nazizeit. Die Welt bringt einen Artikel der türkischen Schriftstellerin Elif Shafak zu den Wahlen am Sonntag. Die Welt feiert außerdem das kulturelle Großereignis der nächsten Woche: den neuen Simpsons-Film.

Heute in den Feuilletons

19.07.2007. Die FAZ weiß ganz genau, warum Professor Peter Steinbach von Karlsruhe nach Mannheim geht, aber sonst hat sie nichts gegen den Mann. Die taz plädiert für mehr Akkuratesse im deutschen Journalismus. Die Zeit bringt ein Spezial zu den unweigerlich kommenden olympischen Spielen in Peking. Die Welt bringt eine Streitschrift Wolfgang Sofskys gegen den gläsernen Bürger, der sich mit seiner Transparenz auch noch anfreundet.

Heute in den Feuilletons

18.07.2007. In der FR widersetzt sich Heinz Holliger der Kulturmaschine. Und in der FR widersetzt sich der Philosoph Jason Hill dem Multikulti und will statt dessen kosmopolitisch werden. Die taz schimpft auf deutsche Rapper, die nur sensibel sind, wenn's ums eigene Persönchen geht, während sie Schwulen den Schwanz abschneiden wollen. Die NZZ war bei Prince und ist nach wie vor selig erschöpft: Es jault, dröhnt, kratzt des Prinzen Klampfe.

Heute in den Feuilletons

17.07.2007. Die SZ durfte zugucken (aber nicht mitessen), als ein von der Documenta ausgewähltes Paar bei Ferran Adria Kunst aß. Die FAZ eröffnet eine Serie zur Frage "Der Vormarsch des Islamismus - Wie groß ist die Gefahr wirklich?" Die NZZ macht sich Sorgen um die Altstadt von Damaskus. In der FR weiß man: Die Vogue war nie Avantgarde. Die taz ist für die Rushdie-Lesung in einer Moschee: "Ohne Symbolpolitik ist alles nichts."

Heute in den Feuilletons

16.07.2007. In der Welt erklärt Katharina Wagner, was sie von Bayreuth will, wenn Bayreuth sie will. In der SZ fordert Nike Wagner vom Bayreuther Stiftungsrat dagen, endlich die "Fixation an dynastische Kontinuitätsträume" aufzugeben. Die NZZ unterhält sich mit der Opernregisseurin Tatjana Gürbaca, die sich eine Erneuerung des Musiktheaters von den Stücken erträumt. Die taz bangt um die Zukunft der Liebe zum Kino im WDR. Die Berliner Zeitung beklagt den Hirntod der deutschen Rapper Szene. Die FAZ fürchtet, dass die chinesischen Intellektuellen 50 Jahre nach der Kampagne gegen die Rechtsabweichler traumatisiert bleiben.

Heute in den Feuilletons

14.07.2007. In der Welt erklärt Johannes Tuchel von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, dass er im Ehrenhof des Bendlerblocks keine Hakenkreuzfahnen sehen will. Die FAZ war in Bayreuth Kuscheln mit Katharina. Die NZZ fragt, was aus Kunst in Zeiten der Events wird. Außerdem porträtiert sie den Bauingenieur Cecil Balmond. Für die Berliner Zeitung besucht der Historiker Omer Bartov die heute westukrainische Stadt Buczacz, wo seine Vorfahren lebten und ermordet wurden.  Die SZ erinnert an die Ausstellung "Entartete Kunst" vor siebzig Jahren.

Heute in den Feuilletons

13.07.2007. In der FR ergründet Imre Kertesz das Mysterium des Schreibens. Die taz weiß: Seit der Abschaffung der Volksfeste sind wir melancholisch. Schuld ist der Kapitalismus. Die Welt schildert den Geschlechtermord in China - in manchen Regionen kommen nur noch 100 Mädchen auf 130 Jungen. Spiegel Online bringt ein Streitgespräch zwischen Necla Kelek und der SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün. Die NZZ befasst sich mit dem Genre der Literaturbetriebssatiren in der neueren deutschen Literatur. In der SZ schildert der deutsch-türkische Popstar Muhabbet seine Schwierigkeit mit dem Deutsch-Türkischsein.

Heute in den Feuilletons

12.07.2007. In der FAZ freut sich Günter Wallraff über die ungemein befreiende Wirkung, die von der Lesung der "Satanischen Verse" in einer Moschee ausgehen wird, in der taz erklärt er die Hintergründe seiner Idee. Auch die Welt bewundert Wallraff für seine Idee. Die SZ kritisiert ihn. In der FR verteidigt Rolf Hochhuth seine Kollegen Walser, Lenz und Hildebrandt: "Nie wird gefragt, was ein 16- oder 19-Jähriger tun sollte, der zum Militär oder in die Partei berufen wurde." Die Zeit sieht sich Jonathan Meeses Hitler-Filmchen auf MySpace an und hat die Nase gestrichen voll von künstlerischen Hitler-Evokationen.

Heute in den Feuilletons

11.07.2007. Die Welt erinnert an die wenig bekannte Beteiligung griechischer Freiwilliger am Massaker von Srebrenica. Die FAZ macht sich Sorgen über den kommenden Bücherherbst, bei dem die Hechte die Karpfen vor lauter Heringen nicht mehr sehen könnten (oder war es umgekehrt?) Die FR warnt vor einer selbst gebauten Gedenkfalle und empfiehlt die Freigabe aller Drehorte für Tom Cruise. Und der Perlentaucher wehrt sich gegen die FAZ.

Heute in den Feuilletons

10.07.2007. Berlins ehemaliger Baudirektor Hans Stimmann war für die Welt in Schanghai und musste feststellen: Aufwändige Planverfahren mit den Möglichkeiten bürgerschaftlicher Mitsprache gehören hier noch nicht zum Alltag. In der FAZ kritisiert der letzte Nazijäger des Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, die Rolle Osteuropas in Holocaust und Aufarbeitung. Die SZ hat die Erben der Wittelsbacher rappen hören: "Eure Armut kotzt uns an." Die NZZ porträtiert die ghanaische Schriftstellerin Amma Darko.

Heute in den Feuilletons

09.07.2007. In der SZ spricht sich Andreas Blühm, Direktor des Kölner Wallraf-Richartz-Museums gegen Leuchtstoffröhren in Museen aus: Da bleibt nichts von Yves Kleins Blau. Die NZZ macht sich Sorgen über den Hindu-Extremismus und bringt ein liebevolles Porträt des wiederzuentdeckenden Schriftstellers Klaus Hoffer. Die FAZ macht darauf aufmerksam, dass Graf Stauffenberg einer vefassungsfeindlichen Sekte angehörte.

Heute in den Feuilletons

07.07.2007. In der NZZ warnt Imre Kertesz Europa eindringlich vor den Schlünden der Apokalypse und dem Verrat der Freiheit. Die SZ empfängt selig das päpstliche Sendschreiben summorum pontificum zur Wiederzulassung der lateinischen Messe. Die Welt rümpft die Nase über den Pöbel linker Ex-Nazis. In der Berliner Zeitung erklärt Kirill Petrenko die Tücken des russischen Rhythmus. In der FAZ beschreibt Hedi Slimane, wie die Form aus dem Chaos erwächst. Die FR analysiert die Durchgrübelung der Musik durch Tocotronic. Und die taz vermisst das Moment des Wandels bei Al Gores Live Earth.

Heute in den Feuilletons

06.07.2007. In der FR wirft Perlentaucher Thierry Chervel der FAZ vor, sie benutze ihre Zeitung, um einen Konkurrenten bei seinen Auftraggebern anzuschwärzen. Die NZZ stellt eine 95-jährige Bloggerin vor. Die Berliner Zeitung freut sich, dass Warlam Schalamows "Erzählungen aus Kolyma" endlich auch auf Deutsch zu lesen sind. In der SZ ruft Al Gore den planetaren Notfall aus.  In der FAZ fordert der Biophysiker Stefan Klein seine Kollegen auf: Sprecht Deutsch!

Heute in den Feuilletons

05.07.2007. Die FAZ unterhält sich mit Albrecht Müller und Hubert Burda und beschwört die für traditionelle Medien irgendwie problematische Freiheit im Internet. In der SZ rät Politiken-Chefredakteur Toger Seidenfaden von allzu starkem Insistieren auf westliche Werte ab. Welt und Zeit denken über den Benefiz-Glamour von Live Earth-Konzerten nach.

Heute in den Feuilletons

04.07.2007. In der SZ gibt die Witwe Hrant Dinks, Rakel Dink, den türkischen Behörden Mitschuld an der Ermordung ihres Mannes. Die FAZ zeigt am Beispiel Frankreichs, dass die Konkurrenz des Internets der Pressefreiheit in den etablierten Medien nützt. Die Frage, wie und wo Tom Cruise in Berlin Stauffenberg spielen kann, erhitzt die Gemüter. In der SZ wehren sich die Zeitungsverleger noch gegen die Konkurrenz der Öffentlich-Rechtlichen im Netz, während diese in der FAZ schon andeuten, dass die Zeitungen etwas von den Gebühren abbekommen könnten. An der angeblichen NS-Mitgliedschaft Martin Walsers, Siegfried Lenz' und Dieter Hildebrandts kann niemand wirklich etwas finden.

Heute in den Feuilletons

03.07.2007. Für die taz hat der Schriftsteller Joachim Lottmann herausgefunden: Es gibt keine Prostitution auf Kuba. Nur Frauen, die sich über ein kleines Geschenk freuen. In der SZ legt der Kunsthistoriker Beat Wyss dar: Die Kunst braucht keine Theorie mehr. Sie hat ja jetzt den Markt. Die NZZ erlebte bei einer Lesung Robert Menasses in Leukerbad eine denkwürdige Szene. In der FAZ erklärt Florian Henckel von Donnersmarck, warum Scientology-Mitglied Tom Cruise den Hitler-Attentäter Stauffenberg spielen muss. Das Blog der Publizistikstudenten in Berlin kritisiert die Perlentaucher-Berichterstattung der FAZ.

Heute in den Feuilletons

02.07.2007. Alle Zeitungen sind mit dem Bachmannpreis für Lutz Seilers Erzählung "TurkSib" (auf die wir verlinken) mehr als einverstanden: Ein "geradezu klassisches Stück Literatur" ist diese Erzählung zum Beispiel laut FR. Der FAZ liegen Aufnahmeanträge Martin Walsers, Dieter Hildebrandts und Siegfried Lenz' für die NSDAP vor, die sie aber nur sehr vorsichtig kommentiert. Und die Glamourqueen Barbra Streisand hat alle, die eine Pressekarte bekommen haben, in den Bann geschlagen.