Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Februar 2009

Das Buch ist eine Website, die man bindet

28.02.2009. In der Welt geißelt Markus Lüpertz diese Halbseidenheit von Fotografie, und der Philosoph Volker Gerhardt will die Krise nicht als Chance sehen. Die NZZ fürchtet mit Michael Schindhelm um die zahllosen Kulturprojekte in Dubai. In der FAZ erklärt Marcel Reich-Ranicki, warum die Achtzigjährigen heute so populär sind.

Hier nix Kafka

27.02.2009. Die Welt hält die indische Empörung über den Film "Slumdog Millionaire" für heuchlerisch. In Achgut fragt Richard Wagner angesichts der polnisch-deutschen Debatte, ob eine europäische Geschichte überhaupt möglich ist. Golem hat das Lesegerät von Sony getestet und ist enttäuscht. In der FR sucht Wilhelm Genazino in Marbach nach einem Hauch Vitalität. Die SZ resümiert die albanische Debatte über Skanderbeg. Die FAZ bringt Ausschnitte aus dem Briefwechsel zwischen Hacks und Enzensberger.

Entsetzliches Geschehen!

26.02.2009. Die Zeit porträtiert einen jungen Pianisten, der sein Haupt auf Eiswürfeln bettet, damit sein Hirn nicht explodiert. Die NZZ feiert die subversiven Pfusch-Imitationen der "shanzhai" in China. Die FAZ erlebte zwei Minuten kompletten Wahnsinn mit Edita Gruberova. Die SZ beschreibt, wie die polnische Debatte in die Patriotismus-Falle tappt. Und sie staunt über das Selbstbewusstein der Systemlinge in den öffentlich-rechtlichen Anstalten.Die Welt findet dagegen: Roland Koch hat recht.

Wie hieß die erste Katze?

25.02.2009. Im Tagesspiegel beklagt Sibylle Lewitscharoff die Verrottung Bulgariens. Die NZZ sucht ein Denkmal für Sousa Mendes. Die FR erzählt, dass nicht mal die Amerikaner deutschen Politikern den Wert der Pressefreiheit beibringen konnten. In der FAZ erklärt Roland Koch: ZDF-Chefredakteur Brender soll gehen, weil seine Zuschauerzahlen sinken. Die SZ stellt die Flüchtlingssuchmaschine der Brüder Mikkelsen vor.

Gespenstische Regelmäßigkeit

24.02.2009. Welcher unheimliche Täter verfolgt Veit Heinichen mit finsteren anonymen Briefen, ohne DNA-Spuren oder Fingerabdrücke zu hinterlassen? Die Zeitungen rätseln. Wir verlinken auf Heinichens Artikel in Il Piccolo. Die Welt schildert, wie der deutsche Oscar-Preisträger Jochen Alexander Freydank zuvor an sämtlichen deutschen Institutionen scheiterte. Die NZZ macht sich Sorgen um Egon Eiermanns Taschentuchweberei in Blumberg. 

Eine Frau muss wissen, wo ihr Platz ist

23.02.2009. In der FR geht Franzobel ganz allgemein das Lukullisch-Sexuell-Religiöse ab. Die NZZ hat sich schon mal den Kindler angeguckt, der im September erscheint. Im Tagesspiegel macht Jean Ziegler den Kapitalismus für den Hunger in der Welt verantwortlich. Die FAZ sucht nach der Meinungsfreiheit in Venezuela, findet sie aber nicht. Die Welt bewundert Händel im Kerzenschein. Gawker feiert die Gayest Oscars Ever.

Lauernde Babyspeckmagie

21.02.2009. In der NZZ erzählt Peter Nadas, was passieren kann, wenn man in Ljubljana auf Kroatisch nach dem Weg fragt. In der Welt erinnert sich Uwe Tellkamp an den 9. November 1989. Wie die VG Wort zu ihren Autorenrechten kommt, fragt der Tagesspiegel. Die FR ruft: Das Theater muss raus! In der FAZ plädiert Hans Küng für eine Entkriminalisierung der Sterbehilfe.

Sohn, wo sind Deine Schallplatten?

20.02.2009. Alle Zeitungen loten die hundertjährige Vergangenheit des futuristischen Manifests aus. In der Welt schreibt Burkhard Spinnen über die Vergangenheit der Marken. In der taz muss Grandmaster Flash feststellen, dass die Schallplatte Vergangenheit ist. In der FAZ bedauert Andrew Keen die Demokratisierung der Kultur durch das Internet. Die NZZ betrachtet mit Sorge den brüchigen Religionsfrieden zwischen Gläubigen und Ungläubigen in Großbritannien. Die SZ besingt den Mut der Geschworenen im Politkowskaja-Prozess.

Kein roher oder harter Mensch

19.02.2009. In der FR erklärt Herbert Rosendorfer, was ein Unsittenstrolch ist. In der Welt plädiert Wolfgang Sofsky für Untreue in Zeiten der Krise. Die FAZ ist böse. Conde Nast-Verleger Newhouse hat sie belogen, die deutsche Vanity Fair macht zu, und schuld sind mal wieder die Amerikaner. In der Zeit will sich Juri Andruchowytsch aber noch nicht ganz von Amerika verabschieden. In der SZ kritisiert der Theologe Friedrich Wilhelm Graf die Position der Kirchen zur Patientenverfügung.

Kalbshirn, in Milch gekocht

18.02.2009. In der SZ outet Kurt Flasch den Papst als Piusbruder. In der NZZ hat der simbabwische Autor Chenjerai Hove ein exaktes Spiegelbild Lears erblickt: Robert Mugabe. In der Welt erinnert Wolf Lepenies an die Abschaffung der Nudel durch den Futurismus. Und Sophie Hunger verzaubert sowohl die Schweiz als auch die FR.

Ein garstiger Reim

17.02.2009. Im Tagesspiegel erinnert die iranische Autorin Sharnush Parsipur an das Schicksalsjahr 1989 in ihrem Land. Die NZZ fragt: Ist Aleksandar Hemons der neue Nabokov? In der Welt hält es Gert Ueding, Walter Jens' Nachfolger auf dem Tübinger Rhetorik-Lehrstuhl, für infam und heuchlerisch, wie Jens' Sohn seinen Vater in einem Buch vorführt. In der SZ schimpft der isländische Autor Einar Mar Gudmundsson böse auf die Neokapitalisten seines Landes, die das ganze unschuldige isländische Volk in die Bredouille gebracht haben.

Das beste aus einem schwachen Jahrgang

16.02.2009. In der Welt erzählt die Berlinalegewinnerin Claudia Llosa, warum sie keinen politischen Film machen wollte. In der NZZ wirft Beqe Cufaj einen skeptischen Blick auf das Kulturleben in Pristina. Die Berliner Zeiung erzählt, warum Norman Foster ein Büro in Berlin unterhielt. FR und taz berichten über den Prozess gegen die schwedische Musiktauschbörse Pirate Bay.

Mit Hochstimmung erfüllt

14.02.2009. Zwanzig Jahre nach der Fatwa gegen Salman Rushdie schildert die NZZ, mit wieviel Erfolg sich die Muslime in Großbritannien seitdem radikalisiert haben. Die SZ findet, der Westen soll es mit seinen Freiheitswerten mal nicht übertreiben. Die taz warnt vor religiöser Rhetorik. In der Welt wartet Benny Morris auf einen neuen Ben Gurion. Die FAZ betrachtet das Elend chinesischer Wanderarbeiter. Und die FR kann den Kunstmarkt nicht als sichere Anlagealternative empfehlen.

Pyramidenhafte Holzröcke

13.02.2009. Die Jungle World untersucht 20 Jahre nach der Morddrohung gegen Rushdie die Mentalität des Kulturrelativismus im Westen. In der Welt fordert Claus Leggewie aus demselben Anlass ein Blasphemiegebot. Laut NZZ haben Blogger in Norwegen ein neugefasstes Blasphemieverbot unterdes verhindert. Die FAZ wagt den Blick in die Einheitsfratze der Fußgängerzone.

Das Lachen ist kein edler Affekt

12.02.2009. In der Welt äußert sich Tom Segev schockiert über den Wahlerfolg des Rechtspopulisten Avigdor Lieberman. In der NZZ warnt Michael Hochgeschwender: Nur weil Abraham Lincoln an einem Ostersonntag beerdigt wurde, war er noch kein Messias. Die Zeit enthüllt: Möglicherweise hat Daniel Kehlmann selbst als erster die Sperrfrist zur Besprechung seines Romans durchbrochen. In der taz spricht Manoel de Oliveira: Hundert Jahre, und alles nur eine Wiederholung.

Farblose Zeitungen, denen alles fehlt

11.02.2009. Die NZZ fragt: Gibt's die Uffizien künftig nur noch mit Pommes und Majo? In Granma sinniert Castro über die Aussprechbarkeit von Obama. Die FR ist nicht sehr zufrieden mit der Auswahl für das Berliner Theatertreffen. Opendemocracy wirft einen russischen Blick auf die Chinesen. Die SZ kommentiert die Schließung von Norman Fosters Berliner Büro: ein Verlust für die Architekten - aber für die Baukultur?

Irren und Lügen

10.02.2009. Judenfeindschaft ist die linke Hand der Christologie!, ruft der Theologe Gerd Lüdemann in der FR. Laut Tagesspiegel hat das ZDF einen "Jungen Wilden" und einen "echten Moderationsprofi" für die ehemalige Heidenreich-Sendung Lesen! gewinnen können. Die NZZ wirft einen Blick auf die Literaturszene in Malawi. In 3quarksdaily meditiert der Philosoph Gerald Dworkin über das Lügen. In der Welt trifft sich Christoph Schlingensief ganz unkompliziert mit seiner Ex. Die SZ ahnt den Tod der Musikkritik.

Sicher ein herber Schlag

09.02.2009. In der SZ kann der Frankfurter Autor Martin Mosebach den Wegzug der Institution des Geistes Suhrkamp nicht recht bedauern. Im Spiegel kann der katholische Autor Martin Mosebach den Geist der Institution Kirche nur verteidigen. In der FR mahnt Niall Ferguson: "Schulden müssten abgebaut, nicht noch weiter angehäuft werden." In der NZZ meint Werner Bergmann vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung: Den Antisemitismus unter Muslimen muss man differenziert sehen.

Papier ist das Vinyl von übermorgen

07.02.2009. Okay, es ist offiziell: Suhrkamp kommt (beziehungsweise geht) nach Berlin. Siegfried Unseld hätte es nicht anders gemacht, meint seine Witwe Ulla in der FAZ. Die Berliner Zeitungen wissen schon, wohin Suhrkamp in Berlin zieht: ins Nicolaihaus. Der Tagesspiegel fragt 20 Jahre nach der Fatwa gegen Rushdie, was der Islamismus im Westen angerichtet hat.  In der FR meint Burkhard Spinnen: "Wir alle haben Märklin auf dem Gewissen." Und in der SZ schreibt Monika Maron zu den Grass-Tagebüchern aus dem Wendejahr: "Die Unke hat geirrt."

Glück der Heuschrecken

06.02.2009. Viel Lob für Tom Tykwers Berlinale-Eröffnungsfilm "The International": Die Welt freut sich, dass Berlin darin so jung und frisch aussieht. Die FR freut sich über den bei aller Spannung doch reflektierten Ton. Der FAZ macht er Lust auf Kino. Die SZ erfüllt er mit größter Vorfreude auf das nächste Werk Tykwers. Nur die taz wünscht sich, der Held liefe nicht herum wie ausgespuckt. Die NZZ erliegt nicht Tykwer, sonder dem liebevollen Charme Peter Zadeks.

Mal eben so darüber hinwegsetzen

05.02.2009. Der neue Freitag ist da und er will so links sein wie die FAZ rechts ist. Cargo ist auch da, ein neues Intelligenzblatt für Kinogeher. In der Welt klagen die Filmemacher von "Deutschland 09" über einen Mangel an echten Feindbildern. Die taz fürchtet, dass durch einen Zuzug des Suhrkamp Verlags nach Berlin die Mieten in Kreuzberg steigen könnten. FR und SZ freuen sich sehr über die Klage des Rowohlt Verlags gegen den Spiegel, der den neuen Kehlmann vor Ablauf der Sperrfrist besprach.

Die immergleiche böse Linie

04.02.2009. In der FR sieht der Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer in der Geste des Papstes gegenüber den Lefebvristen eine Tendenz: "Als ob wir nicht alle Auschwitz mental so allmählich verrotten lassen." Der Tagesspiegel möchte sehr gern, dass Suhrkamp nach Berlin kommt. Die FAZ fragt: Wie reagieren deutsche Bibliotheken auf den Digitalisierungsangriff durch Google? Die SZ kann nach der Lektüre des neuen Philip Roth keine Entwarnung bezüglich Amerikas geben. Die Blogosphäre ist aufgeregt: Die Bahn will Netzpolitik.org wegen Veröffentlichung eines Dokuments juristisch belangen.

Es ist schrecklich zu leben

03.02.2009. Die Achse des Guten, die FAZ, die SZ fragen: Was um Himmels willen ist in den Papst gefahren? Der Heilige Geist kann es ja nicht gewesen sein. Vielleicht ein Hungry Ghost? In der Welt meint Michael Cimino: es gibt zur Zeit fantastische Filme aus Serbien, Brasilien oder Korea, aber nicht aus Hollywood. In der FR spricht der irakische Autor Najem Wali über das multikulturelle Israel. In der FAZ wirft Necla Kelek den türkischstämmigen Politikern in Deutschland vor, ihre Klientel als Opfer zu stilisieren.

Was für Augen, was für Hände!

02.02.2009. In der Medienlese lässt ein anonymer Journalist seinem Zorn über die Festangestellten freien Lauf. Die NZZ begutachtet das Potenzial der Star lit. In der Welt lehnt Dieter Kosslick jegliche Besitzstandswahrung auf der Berlinale ab.