Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Januar 2005

Heute in den Feuilletons

31.01.2005. Im Perlentaucher warnt Andre Glucksmann vor Wladimir Putin, der sich angesichts der ukrainischen Demokratiebewegung mal wieder als unverbesserlicher Tschekist erwies. In der Welt beklagt der Berliner Baustadtrat den mangelnden Respekt der Stadt Schanghai vor der Berliner Traufhöhe. Die NZZ fragt anlässlich der RAF-Ausstellung, warum sich die Kunst mehr für Täter als für Opfer interessiert. In der taz findet der Berliner Drei-Opern-Chef Michael Schindhelm eine seiner drei Opern ziemlich verstaubt.

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29.01.2005. In der Welt protestiert Vaclav Havel gegen einen Erlass der EU, der festlegt, dass keine Dissdenten mehr in die Botschaften in Havanna eingeladen werden dürfen. In der Welt schreibt Ayaan Hirsi Ali, dass auch die Männer Opfer der Frauenunterdrückung im Islam sind. In der Welt verteidigt Michael Ignatieff die Außenpolitik der USA. In der NZZ meditiert György Konrad über Auschwitz. Die RAF-Ausstellung in den Berliner Kunst-Werken stößt allgemein auf Zustimmung. Gleiches gilt für die Uraufführung von Botho Strauß' neuem Stück in München.

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28.01.2005. In der Netzeitung spricht Fritz J. Raddatz über Anna Seghers, Bertolt Brecht und andere Gebrochene. In der taz beklagt Astrid Proll die Kriminaliserung der RAF durch die Polizei. In der FR erzählt der Verleger Ibrahim A Kasim Al-Rajab, wie im Irak Bücher produziert werden. Die NZZ hofft auf Medienkritik durchs Internet. Die Berliner Zeitung erinnert an das herzliche Einvernehmen zwischen RAF und SED. Die SZ wünscht der Musikbranche mehr Lundvalls.

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27.01.2005. Vor sechzig Jahren wurde Auschwitz befreit. Micha Brumlik sieht in der taz mit dem heutigen Datum eine Epochenschwelle überschritten: Auschwitz ist Vergangenheit. Imre Kertesz sieht Auschwitz im Tagesspiegel als "zentralen negativen Mythos".  Götz Aly hält in der FR den 9. November für den besseren Gedenktag, denn warum sollten ausgerechnet die Deutschen der Befreiung von Auschwitz gedenken? Die FAZ annonciert eine Quellenedition zum Holocaust. In der SZ beschreibt Sybille Steinbacher Auschwitz als deutsche Stadt. In der Welt behauptet Ulrich Herbert, die Studentenbewegung hätte die Auseinandersetzung mit dem Holocaust behindert.

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26.01.2005. Schiere ästhetische Ideologie wittert die taz bei Jean-Pierre Jeunets Film "Mathilde - Eine große Liebe". Die FR beklagt die Peter-Pan-Mentalität ihrer fortpflanzungsfähigen Mitmenschen. Die Welt fragt: Wer sichert jetzt Münchens Ruf als Kapitale des Wahnsinns? Die FAZ plädiert für die Rückkehr der Mütter an den Herd. Die SZ lernt von Helmut Dietl: Venus ist sehr intelligent, halt nur nicht im Kopf.

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25.01.2005. In der FAZ hat Günter Grass für Aufbauverleger Bernd F. Lunkewitz das Ende der Solidarität erfolgreicher Urheber mit den weniger erfolgreichen eingeläutet. In der NZZ warnt der Historiker Georg Kreis vor einer Beschränkung des historischen Wissens auf die Jahre 39 bis 45. In der FR erklärt der Medientheoretiker Manfred Schneider die Versicherer zu den Metaphysikern unserer Tage. Die SZ untersucht die Bedeutung der Neocons.

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24.01.2005. Die RAF-Ausstellung in den Berliner Kunst-Werken wirft ihre Schatten voraus. In der taz versucht Felix Ensslin zu ermessen, wie weit die Zumtung gehen darf. In der SZ erklärt Jörg Immendorff, dass ihm die RAFler damals wie "ausgeflippte Kleinbürger" erschienen. Und sonst: In der Welt stellt der Politologe Herfried Münkler das Versagen der NGOs beim Tsunami fest. Die FAZ am Sonntag traf Cy Twombly.

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22.01.2005. In der ganz vorzüglichen NZZ überlegt Andrzej Stasiuk, wie sich im Ersten Weltkrieg Schweijk als Ordonnanz von Ernst Jünger gemacht hätte. Und Francois Zabbal fragt sich, warum kein muslimischer Denker in Europa eine Reform des Islam anregt. Die taz interviewt Harald Welzer und Aleida Assmann zum Gedenken an Auschwitz. In der Welt polemisiert Ilja Trojanow gegen das Indienbild von Günter Grass. Die FR liebäugelt mit Thomas Oberender als Intendant für das Deutsche Theater. Die SZ diagnostiziert die Rückkehr des Geschlechterkampfs. Die FAZ staunt über Carsten Nicolais Wunderkammer in der Frankfurter Schirn.

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21.01.2005. Die New York Times hat den ersten wirklich guten Film in diesem Jahr gesehen: Fatih Akins "Gegen die Wand". Die FAZ findet die Fassade des Neubaus der Akademie der Künste vornehm, aber fahl. Auch die Welt ist nicht gerade begeistert. Die taz interviewt den Künstler Carsten Nicolai. Die FR protestiert gegen Pläne Manfred Stolpes, den Berliner Schlossplatz kommerziell bebauen zu lassen. Die SZ hält sich an Lacan: Noch besser als Musik ist, wenn es still ist. Das gilt besonders für Adam Green.

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20.01.2005. In der NZZ untersucht Richard Wagner die neue Obszönität in der rumänischen Literatur. In der FR spricht der irakische Schriftsteller Jabbar Yassin Hussin über die anstehenden Wahlen. In der Zeit erklärt Paolo Flores d'Arcais, wie George Bush die amerikanische Demokratie in den Untergang treibt. In der Welt protestiert Gerhard Besier gegen die Geschichtspolitik von Sachsens neuen Nationaldemokraten. In der SZ bildet Felix Ensslin einen politischen Konsens zur Geschichte der RAF. Und die FAZ sieht das vollkommene Menschsein in der französischen Grammatik entfaltet.

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19.01.2005. Für die NZZ besucht Navid Kermani die Dissidenten unter den iranischen Ayatollahs. Die FR fürchtet eine Musealisierung von Paris aufgrund der exorbitanten Wohnungspreise. Die taz sieht die Männermode auf dem Weg zum Gebrauchten (gigantische Fusseln an neuen Pullovern!) Die FAZ sieht in Bush den Mann der Zukunft. Die Welt schickt Simon Rattle zu seinem Fünfzigsten einen kritischen Geburtstagsgruß.

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18.01.2005. Die FAZ dokumentiert eine Rede von Urheber Günter Grass, der sich heftig gegen die Verwerter wehrt. In der FAZ wendet sich Marcel-Reich-Ranicki gegen Knesset-Abgeordnete, die Horst Köhler nicht auf deutsch reden hören wollen. Die FAZ fragt, ob man Mozarts c-moll-Messe einfach so eigenhändig komplettieren darf, und antwortet: ja. Die taz outet Sophie Dannenberg. Die FR fragt, ob es in Russland überhaupt eine Wende gab. Die SZ dokumentiert einen Brief des Ex-Yukos-Chefs Michail Chodorkowski.

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17.01.2005. In der Welt polemisiert die Dramaturgin Beate Heine von der Berliner Schaubühne gegen die gesammelte deutsche Theaterkritik. Die NZZ flaniert durch die Plattenbausiedlungen der schrumpfenden Musterstadt Halle. In der FR beschreibt Natan Sznaider den Nahen Osten als Paradies der Zyniker. Die FAZ berichtet über eine Reideologisierung der KP in China. Die SZ entlarvt ominöse Mitarbeiter beim geplanten Zentrum gegen Vertreibungen.

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15.01.2005. In der taz erklärt Götz Aly den Holocaust als größten Massenraubmord der modernen Geschichte. In der Welt hält Ian Buruma eine islamische Demokratie im Irak für möglich. In der FR analysiert Richard Wagner das deutsche System der Privilegien und Pfründe. Die Berliner Zeitung verzweifelt am Deutschen Theater. Der Tagesspiegel sieht schon in der Berliner Schaubühne die neue Pilgerstätte des saturierten Bürgertums. In der FAZ preisen Tocotronic den produktiven Lebensüberdruss. Die NZZ beschreibt einen neuen Fall chinesischer Herschaftsansprüche. Und in der SZ fordert Timothy Garton Ash kategorisch: Kränkung für alle.

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14.01.2005. In der FAZ bekennt Michael Crichton, dass ihn die Katastrophenszenarien der Medien immer kälter lassen. In der Welt erklärt Wong Kar-wai, warum er Fassbinder lieber mag als Wenders. In der SZ klagt Richard Chaim Schneider, dass den Juden in diesem Jahr des Gedenkens die Statistenrolle zugewiesen wurde.  Die NZZ meldet, dass sie ihre 225 Jahrgänge digitalisieren will.

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13.01.2005. In der Zeit veröffentlicht Amitav Ghosh eine Reportage über die Nikobaren-Inseln nach dem Tsunami. Die FAZ bringt einen seherischen Text über das demografische Problem, den der schwedische Autor Carl-Henning Wijkmark schon in den Siebzigern schrieb. Die SZ findet die NZZ zwar schrullig, aber auch schweizermesserscharf. In der NZZ fordert der Schriftsteller Abdelkader Benali die Marokkaner in den Niederlanden auf, ihr Gesicht zu zeigen. Die Berliner Zeitung stellt junge deutsche Literaturverlage vor. 

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12.01.2005. Die FAZ genießt mit Wong Kar-wai das Glück des zweiten Mals, als wäre es das erste Mal. Die FR meint dagegen: Die Figuren Wong Kar-wais essen aus Konservenbüchsen. In der taz spricht der kubanische Dissident Raul Rivero über seine Hoffnung auf Demokratisierung. Die SZ reist nach Baku, das sich eine Kuwaitisierung erhofft. Und in der NZZ schreibt der srilankesische Autor Romesh Gunesekera über seine Heimat nach dem Krieg und der Katastrophe.

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11.01.2005. In der FAZ wirft der Germanist Helmuth Kiesel dem Lyriker Michael Lentz und seinen Thesen zur Lyrik mangelnde Zukunftsfreude vor. Die SZ erinnert die Wirtschaft daran, dass sie von der Kultur lebt. In der Berliner Zeitung bringt sich der Schauspieler Christian Grashof als Intendant für das Deutsche Theater ins Spiel. Die taz versucht zu verstehen, was Schiller hat, was andere Klassiker nicht haben.

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10.01.2005. Die FAZ beneidet die Chinesen: Dort gilt unsere Musik noch etwas. In der NZZ gesteht Hans-Ulrich Gumbrecht: Der Totalitätsanspruch des Raums in Japan gibt ihm zu denken. In der FR identifiziert der Philosophieprofessor Gernot Böhme den Tsunami als alles verschlingende Weiblichkeit. Die SZ ist erleichtert: Andrzej Stasiuk taugt auch als Theaterautor etwas.

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08.01.2005. In der NZZ erinnert Martin Walser an seinen Appenzeller Bruno, und Brigitte Kronauer findet es perfide, wie der Marder dem Kaninchen vortanzt. Die FAZ zweifelt an der Relevanz Corks als Kulturhauptstadt des Jahres 2005. In der Welt fragt Hussain Al-Mozany, ob man den Propheten schmähen darf. Und die FR konstatiert aus Anlass von Jennifer Lopez' historischem Hintern: Der Geschmack beim Thema weiblicher Idealmaße hat sich geändert.

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07.01.2005. In der SZ beobachtet Navid Kermani Frauen in iranischen Cafes. Im Tagesspiegel bringt sich ein Überraschungskandidat für die Intendanz des Deutschen Theaters ins Spiel: Bernd Wilms, Intendant am Deutschen Theater. Die NZZ bewältigt polnische Vergangenheit. Die FAZ lässt ihre Kinder betreuen. Die Berliner Zeitung feiert den Neoformalismus. Die FR blickt mit Adam Green lange ins Leere.

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06.01.2005. In der FAZ sieht Mario Vargas-Llosa den Romanhelden Don Quijote als Vorreiter des Liberalismus. In der Welt sieht der Publizist Carlos Alberto Montaner den Diktator Augusto Pinochet als Vorreiter des Liberalismus. In der taz empfiehlt sich der Regisseur Christoph Schlingensief als Vorreiter des Deutschen Theaters, denn "Theater heute ist doch ein Witz".

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05.01.2005. In der Zeit schillert der 200 Jahre tote Schiller besonders aktuell. In der FAZ schildert Hussain Al-Mozany, wie die arabischen Regimes die Wahlen im Irak torpedieren. Die NZZ eröffnet eine Reihe über Europa und den Islam mit einem Interview des deutschen Autors Zafer Senocak.

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04.01.2005. Die FAZ dokumentiert, was Forscher glauben, auch wenn sie es nicht beweisen können, zum Beispiel, dass Babys nach Schönheit selektiert wurden und wir darum alle weiß sind (bis auf die Afrikaner natürlich). Die SZ setzt sich streng mit unserer Wahrnehmung der Tsunami-Katastrophe auseinander, an der unsere Regierung glücklicherweise nicht schuld ist. Die NZZ meldet, dass Basel in den letzten 550 Jahren stetem Wandel unterworfen war.

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03.01.2005. In der FAZ lanciert Michael Lentz zehn Thesen zur Lage der deutschen Poesie. Diagnose: Sie ist zu brav, aber eine bessere gibt es nicht. Die Welt veröffentlicht einen Aufruf von Bill Gates und Bono zur Verbesserung der Welt noch in diesem Jahr. Die NZZ unterwandert die Eiserne Mauer zwischen Indien und Pakistan. Die SZ bringt vier Seiten zu Einstein.