Magazinrundschau
Reflexion über das Verlangen
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
20.01.2015. Selbst schuld, meint der syrische Präsident Assad nach dem Massaker bei Charlie Hebdo in Literární noviny. In The Big Round Table erzählt eine junge Frau von der Beschneidung ihrer Klitoris und den Folgen. Wer die NSA mit der Stasi vergleicht, verharmlost beide, ärgert sich Wired. In Guernica erklärt der Unternehmer Peter Barnes, wie man die Mittelklasse mit Commons rettet. Das TLS liest fantastische Geschichten aus Ägypten.
Literarni noviny (Tschechien), 15.01.2015

Philadelphia (USA), 11.01.2015

Linkiesta (Italien), 18.01.2015

Wired (USA), 14.01.2015

Gerade in den US-Kinos gestartet, im Februar dann auch bei uns im Kino: Michael Manns neuer Film "Blackhat", ein Hacker-Actionthriller, der schon seiner Thematik wegen ein gefundenes Fressen für das Geek-Magazin Wired darstellt. Hier befragt Angela Watercutter den Altmeister des intellektuellen Actionfilms, wie er sich der Thematik angenähert hat: Ihm ging es vor allem um ein Maximum an Realismus, erklärt er. Dies scheint ihm geglückt zu sein, jedenfalls fielen die Reaktionen bei einer Vorführung vor Sicherheitsexperten der größten IT-Unternehmen - trotz einiger Lacher bei dramaturgischen Freiheiten, die sich Mann auch nimmt - im wesentlichen positiv aus, wie Cade Metz berichtet: "Viele im Publikum klatschten Beifall, wenn bei Mann die Spione von der NSA als Idioten - und beinahe schon Bösewichte - dastehen und die Chinesen als die Guten. Es ist nicht nur so, dass Mann viele Details auf den Punkt bringt. Es ist nicht nur so, dass er Klischees vermeidet. Er stellt sie auf den Kopf. Ist "Blackhat" also der beste Hackerfilm, der je gedreht wurde? Vielleicht. ... Man kann jedenfalls nicht leugnen, dass Manns neuer Film eine Meute von IT-Spezialisten, die gekommen waren, um ihn auseinanderzupflücken, glänzend unterhalten und, das kann man wirklich sagen, beeindruckt hat. Keine kleine Leistung!"
Dass die USA in den vergangenen 30 Jahren die Hysterie rund um Hackerfilme immer wieder dazu genutzt hat, um die - zur Aufspürung von Sicherheitslücken notwendige - Arbeit von Hackern juristisch zu erschweren, erfahren wir von Kevin Poulsen, der Michael Mann bei der Produktion als Berater zur Seite stand. Nun hofft er, dass die Regierung sich diesen Film, der mit einem explodierenden Kernkraftwerk in China beginnt, niemals ansehen wird: "Jedem Politiker, der dies liest, sei von einem, der daran beteiligt war, dass "Blackhat" sich so authentisch wie möglich anfühlt, gesagt, dass keine Kernkraftwerke explodieren werden. Und falls Sie das doch denken, dann sollten Sie ihre Mühen darauf verwenden, anfällige Systeme vom Netz zu nehmen. Stecken Sie Geld in die Forschung, bieten Sie Organisationen Anreize, in Sicherheit zu investieren, verabschieden Sie Offenlegungsgesetze, die dazu verpflichten, Dateneinbrüche öffentlich zu machen, damit die Öffentlichkeit saumselige Firmen zur Rechenschaft ziehen kann. Blindlings Haftstrafen für die paar Hacker zu erhöhen, die geschnappt werden, wird nichts bringen. Und Sicherheitstools zu kriminalisieren, nur weil man sie auch missbrauchen kann, wird nur den echten Blackhats in die Hände spielen."
Außerdem lesenswert: Joao Medeiros" detaillierte Reportage über die neueste Soft- und Hardware, die Stephen Hawking sprechen lässt (hier zudem Medeiros" Gespräch mit dem berühmten Astrophysiker). Und Lizzie Wade berichtet von Communities im mexikanischen Hinterland, die sich mit Antennen Marke Eigenbau ans mobile Internet anschließen.
Telerama (Frankreich), 15.01.2015

Guernica (USA), 15.01.2015

Times Literary Supplement (UK), 17.01.2015

Außerdem: Wesley Stace findet John Lydons Memoiren "Anger is an Energy" eigentlich nur vergnüglich, wenn er Sex-Pistol-mäßig in die Offensive geht ("Fucking say thanks, cunts!"), meist aber erschreckend oberlehrerhaft.
Big Round Table (USA), 19.01.2015

Slate.fr (Frankreich), 17.01.2015

New Yorker (USA), 26.01.2015

Weitere Artikel: Mattathias Schwartz findet, für die Terrorabwehr braucht es keine Ausweitung des Überwachungsstaats, weil nahezu alle Urheber großer Terrorakte in den vergangenen 15 Jahren den Behörden ohnehin bekannt waren: Große Datenmengen nützen nichts, wenn man unfähig ist, die wichtigen Informationen herauszufiltern. Jill Lapore schildert Bemühungen, dass Netz zu archivieren. Und Alex Ross erinnert daran, wie der Anwalt Karl Heinrich Ulrich vor über hundert Jahren in Berlin für die Schwulenrechte eintrat.
London Review of Books (UK), 22.01.2015

Francis FitzGibbon dröselt einen Prozess auf, bei dem 2007 die Funktionäre der palästinensischen Holy Land Foundation wegen Unterstützung der Hamas zu Haftstrafen bis zu 65 Jahre verurteilt wurden, obwohl die Beweislage mehr als zweifelhaft war. Zum Beispiel gab die amerikanische Regierung selbst Geld an genau die gleichen Hilfskomitees in Gaza wie die Stiftung: "Als Geschichte über rechtliche Schikanen durch die Regierung, moralische Panik und Komplizenschaft durch die Gerichte sind die Geschehnisse um die Holy Land Foundation kaum zu überbieten."
Spectator (UK), 17.01.2015

In der Titelgeschichte überlegt Qanta Ahmed, wie man den Islam von den Islamisten befreien kann.
Nepszabadsag (Ungarn), 17.01.2015

New York Times (USA), 17.01.2015

"Durch die Straßen amerikanischer Städte spuken die Geister von Buch- und Plattenläden, die von den größten Gangstern in der Geschichte der Kulturindustrie zerstört wurden." Der 62-jährige Leon Wieseltier, aus seiner geliebten New Republic vom jungen, im Internet groß gewordenen neuen Eigentümer des Magazins vertrieben, beklagt in der New York Times Book Review laut den Niedergang der Kulturmedien. Das Zeitalter des Posthumanismus dämmert heran, warnt mit lodernder weißer Mähne der Literaturkritiker, gibt am Ende aber Entwarnung: Auch die neue Technologie braucht alte Kulturtechniken.
Außerdem: Ian Urbina Neal Gabler erklärt uns die fabelhafte Welt der Wortsucher - Werbestrategen, die für jedes neue Produkt, jede neue Firma den passenden, erfolgversprechenden Namen finden. Und Irina Aleksander begleitet Karl Lagerfelds Muse Brad Kroenig im Privatjet.
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