Magazinrundschau
Lyrisch, viszeral und roh
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
10.08.2021. In der LRB fragt der Autor Adewale Maja-Pearce, ob es eine gute Idee ist, die Benin-Bronzen an Nigeria zurückzugeben und kommt nach Schilderung der Wirren im Land zu dem Ergebnis: eindeutig nein. Das NYT Mag bringt eine fulminante Reportage über die Demokratie-Aktivistin Nancy Tao Chen Ying und das drohende Schicksal Taiwans. Elet es Irodalom wirft einen düsteren Blick auf das Orban-Regime. Neotext würdigt die großen Koloristinnen der Comic-Kunst.
London Review of Books (UK), 09.08.2021

Weiteres: Patricia Lockwood freut sich über die Wiederauflage von Marian Engels Siebzigerjahre-Kracher "Bär", der von der Beziehung einer Historikerin zu ihrem ursinen Liebhaber erzählt. Lydia Davis gräbt sich durch die über zweitausendjährige Geschichte des südfranzösischen Arles. Und David Runciman liest bei Michael Wolff nach, wie und warum die republikanischen Höflinge Donald Trump noch immer in seinem Wahn bestärken, er habe die Wahl gewonnen.
Elet es Irodalom (Ungarn), 06.08.2021

Current Affairs (USA), 25.07.2021

Himal (Nepal), 04.08.2021

The Nation (USA), 06.08.2021

Merkur (Deutschland), 01.08.2021

Ekkehard Knörer blickt auf das Theater im Lockdown mit all seinen digitalen Manövern zurück und kann eigentlich nur Sebastian Hartmann attestieren, im Digitalen "das Theater als Theater überschritten" zu haben: "Das Hartmann-Theater war für diese Fragestellung und Reflexion schon vor der Pandemie hervorragend präpariert. "Seit seinen Anfängen im unmittelbaren Castorf-Umfeld in den späten neunziger Jahren haben sich Sebastian Hartmanns Inszenierungen vor allem in der neueren Zeit in Richtung einer ganz eigenen Form von Multimedialität entwickelt. In den besten seiner Arbeiten aus den letzten Jahren wird nicht einfach der von Darstellerinnen und Darstellern gesprochene Text aus dem Zentrum gerückt, das wäre ja noch die vertrauteste postdramatische Übung, sondern es wird radikal das Zentrum als solches entfernt. Stattdessen geht es um die Organisation im Grunde gleichberechtigter Elemente, die als Module offen ineinandergefügt sind: Raum und Musik; Kostüm und Text; Intensität und Leerlauf; Festlegung und Improvisation; entstehende Kunst und vergehende, dabei be- und entschleunigte Zeit; aufgezeichnetes projiziertes und in realer Präsenz produziertes Bild; Bewegung und Stillstand von Körpern und Dingen."
Paris Review (USA), 10.08.2021

Africa is a Country (USA), 04.08.2021

Ausgesprochen sauer reagiert der Historiker Moses E. Ochonu auf westliche Kommentare zu Afrika, die seiner Ansicht nach in zwei Fallen tappen: Entweder ist Afrika immer nur der Kontinent der Tragödien, der Katastrophen und Kriege. Oder es ist genau anders herum: "Viele westliche Kommentare sind von einem wohlwollenden, avuncularen Rassismus durchdrungen, der Afrika als ein zartes Gebilde betrachtet, dessen schlimme Zustände als unvermeidliche Mühen der Entwicklungszeit heruntergespielt werden müssen. Aber Afrikaner brauchen informierte, wahrheitsgemäße und nuancierte Kommentare, keine die Probleme leugnenden, wohltuenden Plattitüden" Dieser Strang "behauptet, dass Afrikaner nicht nach westlichen Maßstäben für gute Regierungsführung, Sicherheit und Bürgerrechte beurteilt werden sollten, weil Afrikaner angeblich kulturell darauf konditioniert sind, sich an kleinen Dingen zu erfreuen, glücklich zu sein, selbst wenn sie von Problemen geplagt werden, und bescheidenere Ambitionen zu haben als Westler. In der alten Kolonialzeit war dies der Mythos vom 'fröhlichen Afrika', der in dem Buch 'Mistaking Africa' von Curtis Keim und Carolyn Somerville ausführlich erläutert wird."
Außerdem: Ryan Brunette erklärt den Unterschied zwischen dem Aufstand der Peronisten in Argentinien 2001 und dem der Zuma-Anhänger in Südafrika. Benjamin N. Lawrance und Vusumuzi R. Kumalo erzählen die Geschichte des südafrikanischen Autors Dugmore Boetie, der vor der Apartheid nach Botswana (damals Bechuanaland) floh.
NeoText (USA), 07.08.2021


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New York Times (USA), 04.08.2021

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