Magazinrundschau
Eine Frage der Kaste
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
04.05.2021. Himal staunt, wie sehr die Bauernproteste die klassen- und kastenbezogenen Gegensätze in Indien im Kleinen widerspiegeln. Die London Review erklärt, warum gerade linke arabische Intellektuelle zu den schärfsten Kritikern von Edward Said gehörten. Quillette erklärt, warum James Baldwin mit seiner Ablehnung des Protestromans richtig lag, auch wenn er seine Haltung später änderte. A2larm porträtiert den Roma-Rapper Gipsy.cz, der in seiner Autobiografie am Mythos vom familiären Zusammenhalt in Romafamilien kratzt. Der New Yorker benennt das Haupthindernis für die Unabhängigkeit Schottlands.
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Himal (Nepal), 28.04.2021

London Review of Books (UK), 06.05.2021

Ägypten bezieht 95 Prozent seines Wassers aus dem Nil. Der Fluss ist für das Land mit seinen 100 Millionen Einwohnern Lebensnerv, Rückgrat und Schlagader in einem, Assuan-Staudamm und Nasser-See sind der Stolz der Nation. Dass Äthiopien nun seinerseits einen der beiden Quellflüsse stauen will, den Blauen Nil, führt zu schweren Konflikten zwischen den beiden Ländern, wie Rosa Lyster berichtet: "2011, im Jahr des Arabischen Frühlings, begann Äthiopien mit dem Bau von Afrikas größtem hydroelektrischen Staudamm, 2023 soll er fertig sein. Die Ägypter sprechen manchmal über die beiden Ereignisse - die Revolution und den Baubeginn für den Großen Staudamm der äthiopischen Wiedergeburt (Grand Ethiopian Renaissance Dam, GERD) -, als gäbe es einen kausalen Zusammenhang: Als hätte Äthiopien nur mit dem Bau, der das Stauen von 74 Milliarden Kubikmeter Nilwasser ermöglichen wird, beginnen können, weil Ägypten anderweitig beschäftigt war. Die Vorstellung jedoch, dass Ägypten irgendetwas hätte tun können, um den Damm zu verhindern, innere Erhebung oder nicht, wird vehement von Äthiopien bestritten. Das Land stellt damit auch ein von den Briten initiiertes Abkommen aus der Kolonialzeit infrage, das die natürlichen und historischen Rechte Ägyptens auf das Wasser des Nils sichert (87 Prozent, um genau zu sein, die übrigen 13 Prozent sind dem Sudan zugesprochen) und Ägypten das Recht gibt, gegen jedes Projekt flussaufwärts sein Veto einzulegen. Vertreter Äthiopiens verweisen darauf, dass sie von der Aushandlung des Abkommens ausgeschlossen waren und verteidigen das Projekt seit zehn Jahren: Es ist unser Wasser und unser Geld. Hier sind die Quellwasser des Blauen Nils, innerhalb unserer Grenzen, und hier ist die Talsperre, die sechs Gigawatt Elektrizität liefern wird - das Äquivalent zu zwölf Kohlekraftwerken - und zwar in einem Land, in dem die Mehrheit der Menschen keinen eigenen Zugang zu Strom hat. Ihr habt Euren Staudamm, wir haben unseren."
Quillette (USA), 04.05.2021

Ziemlich unehrlich findet Arthur Jeon die Art, wie in Amerika über Polizeischießereien berichtet wird (ein Paradebeispiel dafür ist dieser Kommentar in The Nation).
A2larm (Tschechien), 04.05.2021

Eine Kostprobe von dem Musiker Gipsy.cz? Hier das von John Travolta inspirierte "Zigulik":
HVG (Ungarn), 04.05.2021

New Yorker (USA), 10.05.2021

Außerdem: Matthew Hutson macht sich Gedanken über die Regenerationsfähigkeit unseres Körpers. Adam Gopnik verliert sich in Proust. Außerdem gibt es einen Auszug aus den Erinnerungen des afroamerikanischen Künstlers Winfred Rembert, der in den Siebzigern während einer Gefängnisstrafe in einer Chain Gang (also mit anderen an eine Kette gefesselt) arbeiten musste.
En attendant Nadeau (Frankreich), 01.05.2021

Außerdem bespricht Mario Kaplan Dumitru Tsepeneags "Un Roumain à Paris", das Tagebuch eines rumänischen Exilautors aus dem Paris der Siebziger, sicher ein interessanter Einblick in die faszinierende rumänische Diaspora in Paris und in das Pariser intellektuelle Leben jener Zeit, von einem Außenseiter gespiegelt.
Merkur (Deutschland), 03.05.2021

Weiteres: Ulrich Gutmaier erinnert sich an die Deutsch Amerikanische Freundschaft und das Berlin der Achtziger mit türkischer Community, DDR-Smog und SO 36.
Elet es Irodalom (Ungarn), 30.04.2021

Film-Dienst (Deutschland), 28.04.2021

Letztes Jahr ist der japanische Regisseur Nobuhiko Obayashi gestorben, der hierzulande unter Japanfans vor allem, aber leider auch ausschließlich für seinen vor einiger Zeit auf DVD erschienen, surrealen Horror-Kunstfilm "Hausu" von 1977 bekannt ist (hier 14 Sekunden daraus - machen Sie sich auf was gefasst!). Aktuell auf Mubi zu sehen ist sein episches Abschiedswerk "Labyrinth of Cinema" von 2019 - für Lukas Foerster ein Anlass für einen langen Filmdienst-Essay tief einzusteigen in das Werk dieses außergewöhnlichen Filmemachers, der mit ziemlich lässigen Experimentalfilmen anfing, später Werbung machte, dann doch noch beim Spielfilm landete und das Kino dabei stets als großen Materialbaukasten, aus dem sich mit Neugier und Spielfreude schöpfen lässt, verstand. Ein zentraler Bestandteil darin: die Farbe. "Am Anfang von Obayashis Kino steht eine so schlichte wie unendlich ergiebige Einsicht: Sobald Farben auf der Kinoleinwand erscheinen, stellen sie keine Attribute der Welt und ihrer Objekte und auch keine bloßen Wahrnehmungsphänomene mehr dar, sondern haben sich in genuine Werkzeuge des Kinos verwandelt. In Spielmaterial." Denn "Obayashis Farbinterventionen gehorchen anderen Regeln. Farbigkeit ist in seinem Kino in erster Linie eine Sache des Affekts. Vom Schwarz-weiß zum Farbbild zu wechseln, das kommt einem frenetischen Fieberschub gleich, genau wie das plötzliche Versinken in Grautönen uns einen melancholischen Stich ins Herz zu versetzen vermag, als würden wir dabei zusehen, wie die Gegenwart in Vergangenheit wegkippt. Farbe, das ist direkte filmische Expressivität, eine energetische Intervention, die im Bild und auch an den Figuren etwas sichtbar werden lässt, was allein über Dialog und Erzählung nicht transportiert werden könnte."
Neugierig geworden? Ein paar Obayashi-Filme finden sich in diesem Youtube-Kanal.
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