Magazinrundschau
Wir alle haben bei ihnen studiert
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
06.04.2010. Die Weltwoche schildert den Nervenkrieg zwischen Adolf Muschg und Peter von Matt um Max Frisch. The Nation erklärt, warum Raul Hilberg so verbittert über Hannah Arendt war. In Nepszabadsag erklärt Agnes Heller den Ungarn, die diese Woche wählen werden: Wir dürfen uns nicht vor den Rechten ducken. In der LRB betrachtet Colm Toibin eine Fliege auf dem Halstuch des Giovanni Agostino della Torre. In Telerama singt Claire Denis ein kleines Liebeslied auf die Fremdenlegionäre. Tygodnik meint: Die Mexikaner verstehen Kapuscinski viel besser als die Polen. Die New York Times fragt: Kann man Tiere schwul oder lesbisch nennen?
The Nation (USA), 19.04.2010

Weltwoche (Schweiz), 30.03.2010

Nepszabadsag (Ungarn), 03.04.2010

Babelia (Spanien), 27.03.2010
Hector Abad spricht - beziehungsweise schreibt - im Interview übers Interviewtwerden: "Während ich spreche, kann ich nicht denken. Darum habe ich ein Heft dabei: Ich werde dir jedesmal sofort schriftlich antworten." Nach einer Schreibpause geht es weiter (Abad hält dem Interviewer sein Heft hin): "Beim Sprechen lasse ich mich viel zu sehr ablenken, auch von Gesicht und Blick meines Gegenüber. Ich muss so vieles gleichzeitig unter Kontrolle haben: Meine Stimme, was um mich herum vorgeht... Beim Schreiben dagegen verschwindet die Welt wie von Zauberhand und es gibt bloß noch drei Finger, die einen Kugelschreiber halten, der sich über ein Blatt Papier bewegt, oder einen Computerbildschirm. Ich war schon immer der Meinung - und die, die mich kennen, wissen das -, dass ich zwei Persönlichkeiten besitze: eine schriftliche, und eine, die spricht. Beim Sprechen bin ich außerdem viel zu versöhnlich und gebe dem anderen viel zu schnell recht. So bin ich, aber so bin ich auch erzogen worden: Widersprechen galt als schlechtes Benehmen. Wir Lateinamerikaner sind unglaublich höflich, unsere Gedanken verpacken wir immer in guten Manieren. Außerdem bin ich inmitten von lauter Frauen aufgewachsen, die viel besser sprachen als ich. Das tun Frauen immer: Sie sprechen schneller, witziger, ihnen fällt einfach mehr ein."
Commentary (USA), 05.04.2010
Anne Bayefsky vom Hudson Institute kritisiert die Menschenrechtspolitik der Obama-Regierung, die sich nicht aus dem UN-Menschenrechtsrat zurückzieht. Und sie resümiert noch einmal den Verfall dieser Institution, die sie heute dominiert sieht von der Organisation der Islamischen Konferenz. Seit Jahren konzentriert sich der UN-Menschenrechtsrat vor allem auf Israel: "Die anderen 187 Staaten auf diesem Planeten bekommen einen Freifahrtschein des Rats, trotz der in Nigeria ermordeten Christen, der Geschlechterapartheid in Saudi Arabien, der systematischen Folter in Ägypten, Chinas eiserner Faust, des Genozids im Sudan und der ermordeten Menschenrechtskämpfer in Russland. Alles in allem richteten sich in der vierjährigen Geschichte des neuen Rats mehr als die Hälfte aller einen Staat betreffenden Resolutionen und Entscheidungen gegen Israel."
Elet es Irodalom (Ungarn), 02.04.2010

London Review of Books (UK), 08.04.2010

Telerama (Frankreich), 04.04.2010

Tygodnik Powszechny (Polen), 04.04.2010

Lange galt der Sarmatismus in Polen als Grund für den Niedergang des Landes im 18. Jahrhundert. Aus Anlass einer Krakauer Ausstellung plädiert die Architekturhistorikerin Marta A. Urbanska dafür, die polnische Adelskultur neu zu bewerten: "Nach den Erfahrungen der Teilung, der Nationalismen, der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts fällt es uns schwer, uns vorzustellen, was die Republik beider Nationen war. Auch, weil man die Nation damals politisch und nicht ethnisch begriff. (...) Der Sarmatismus war eine Sprache, die Ost und West verband, und dies stellt seinen größten Wert dar. Wir hatten zu der Zeit die Fähigkeit, unterschiedliche, auch gegensätzliche Kulturelemente aufzunehmen - von Paris bis Afghanistan - so dass sie zu einem originellen Ganzen verschmolzen. Deswegen ist der Sarmatismus mehr (und anders) als eine polnische, provinzielle Version des gegenreformatorischen Barocks".
Andrzej Brzeziecki will nicht mehr und nicht weniger als die Geschichte Europas neu schreiben lassen: "Ich kann nicht für alle Menschen des Westens sprechen, aber es ist beschämend, dass Polen vergessen hat, was es dem östlichen Erbe verdankt. Wir haben uns die Überzeugung aufstülpen lassen, dass die Zivilisation und die Kultur nur in West-Ost-Richtung gingen". Die Übernahme der westlichen Meistererzählung war eine Strategie, um während und nach dem Kommunismus Anschluss zu finden, doch generierte dies nur Komplexe. "Vielleicht sind diese Ergebnis von Phantomschmerzen nach dem Verlust der östlichen Dimension unserer Identität. Die Heilung könnte in der Aufwertung der slawisch-byzantinischen Anteile in Polen und Europa bestehen", schreibt der Publizist und Chefredakteur von Nowa Europa Wschodnia.
New Statesman (UK), 01.04.2010

Außerdem denkt Terry Eagleton über das Böse nach, das erst mit Freud und schließlich mit der Postmoderne ein wenig aus der Mode gekommen ist: "Im Großen und Ganzen können postmoderne Gesellschaften trotz ihres Faibles für Monster und Vampire mit dem Bösen wenig anfangen. Vielleicht liegt das daran, dass dem postmodernen Menschen - cool, nicht festgelegt, gelassen und dezentriert - die Tiefe fehlt, die wahre Zerstörungslust braucht. Im Postmodernismus muss nichts erlöst werden. Für die großen Modernen wie Franz Kafka, Samuel Beckett oder den jungen T.S. Eliot gab es noch sehr wohl etwas, das gerettet werden musste, es war nur unmöglich geworden zu sagen was. Becketts verlassene, verwüstete Landschaften erscheinen wie eine einzige nach Erlösung schreiende Welt. Aber Rettung setzt Verlorenheit voraus, Becketts nichtsnutzige, bedeutungslose menschliche Figuren sind zu versunken in Apathie und Trägheit, um auch nur milde unmoralisch sein. Sie bringen nicht die Kraft auf, sich selbst zu hängen, schon gar nicht, ein ganzes Dorf voller unschuldiger Menschen in Brand zu stecken."
Magyar Narancs (Ungarn), 25.03.2010

New York Times (USA), 04.04.2010

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