Magazinrundschau
Der Erfolg im bürgerlichen Sinne
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
New Statesman (UK), 07.07.2020

Im Aufmacher des Magazins betrachtet John Gray mit verlässlichem Pessimismus den Zustand Britanniens. Woanders sieht es allerdings auch nicht besser aus, weshalb die Tories durchaus auch die nächsten Wahlen gewinnen könnten: "Das öffentliche Vertrauen in die Regierung hat in den letzten Wochen gelitten, und die Einhaltung der sozialen Distanzierung hat spürbar nachgelassen. Aber die Welt bewegt sich in diesen Tagen ziemlich schnell vorwärts. Vor den nächsten britischen Parlamentswahlen könnten die Scharmützel in Ladakh zu einem größeren Konflikt zwischen China und Indien eskaliert sein. Nach der Zerschlagung des Modells 'ein Land, zwei Systeme' in Hongkong könnte die Unabhängigkeit Taiwans aktiv bedroht sein. Eine rechtsextreme Matteo-Salvini-Regierung könnte in Italien an der Macht sein und die Zukunft des Euro in Frage stellen. Sollte es weitere Ereignisse wie in der Stadt Dijon geben, die im vergangenen Monat Schauplatz von Zusammenstößen zwischen Algeriern und Tschetschenen wurde, könnte Emmanuel Macron bei den Präsidentschaftswahlen 2022 sogar gegen Marine Le Pen verlieren. Wenn die Pandemie in den USA völlig außer Kontrolle gerät, könnten die Todesfälle katastrophale Ausmaße annehmen. Sollten die Szenen der Anarchie in den US-Städten über den Sommer andauern, könnte Trump im November noch gewinnen; verliert er, könnte er das Ergebnis anfechten. Eine Präsidentschaft von Joe Biden könnte unter einem linken Deckmantel den Protektionismus und Neoisolationismus von Trump fortsetzen."
Außerdem: William Davies überlegt anlässlich von Corona, wann und warum wir Regeln einhalten oder nicht.
En attendant Nadeau (Frankreich), 12.07.2020

Elet es Irodalom (Ungarn), 10.07.2020

Bloomberg Businessweek (USA), 01.07.2020

La vie des idees (Frankreich), 13.07.2020

Unherd (UK), 01.07.2020

Außerdem: Tom Chivers erzählt von einem gruseligen Versuch im britischen Fernsehkanal Channel Four nicht anonymisierten Schulkindern mit einem Test, der die Trennung von weißen und nicht-weißen Kindern voraussetzte, ihren "unbewussten Rassismus" auszutreiben.
Wired (USA), 09.07.2020

Guardian (UK), 09.07.2020

Quietus (UK), 09.07.2020
Luke Turner hat mit Werner Herzog geskypt, der gerade seinen neuen Film "Family Romance, LLC" promotet. Um diesen geht es allerdings gar nicht, dafür um allerlei Herzogiana, was dem Filmemacher offenbar so sehr schmeichelt, dass er mittendrin sogar ein Live-Interview mit der BBC skippt. Was man erfährt: Herzog nutzt Corona, um wie ein Wirbelwind zu schreiben ("Ich habe meinem Verleger bereits Auszüge geschickt - die sind schön völlig am Durchdrehen"), kennt keine der großen Krautrock-Bands, die Platten veröffentlichten, als er seine ersten Kinoerfolge feierte ("Ich habe diese Namen noch nie gehört"), außerdem outet er sich als verkapptes Mathe-Ass, das gerne mal über die Riemannsche Vermutung (viel Spaß beim Nachlesen...) brütet, aber auch darüber nicht vergisst, ganz Werner Herzog zu sein: "Die Verteilung der Primzahlen wird uns kein harmonisches Gleichgewicht in den Zahlen offenbaren, das wird einfach nicht passieren. Wir wissen das, weil wir bereits Milliarden von Primzahlen kennen, und sich darin keinerlei Muster zeigt oder etwas, das harmonisch wäre. Das Faszinierende an der Mathematik ist, dass fast alles, was in der Mathematik gemacht wurde, in der tiefsten aller Naturen der Zahlen wurzelt und auf ihnen beruht, und zwar in den Primzahlen. In den zweieinhalbtausend Jahren seit Euklid hat es Versuche gegeben, sie zu verstehen. Riemann und andere waren diejenigen, die begannen, ein Muster zu finden, das richtig zu sein scheint. Aber wenn Riemann mit seiner Hypothese nicht Recht hat, hätte dies katastrophale Folgen für die Gültigkeit vieler, vieler mathematischer Konstrukte. Vieles würde zusammenbrechen."
Außerdem: Die 70er waren keine gute Zeit für die Beach Boys, erzählt Thomas H. Sheriff. Jonathan Wright befasst sich ausführlich mit "Closer", dem vor 40 Jahren erschienenen letzten Album von Joy Division. Und Patrick Clarke spricht mit Jeff Parker über dessen aktuelles Album "Suite For Max Brown". Wir hören rein:
168 ora (Ungarn), 14.07.2020

New York Times (USA), 13.07.2020

Weiteres: Das New York Times Magazine bringt 29 Erzählungen von Margaret Atwood, Tommy Orange, Edwidge Danticat, Charles Yu, David Mitchell, Rachel Kushner u.a., die "uns helfen, diesen Moment zu verstehen". In der Book Review schreibt Daniel Mendelsohn über David Mitchells "Utopia Avenue" und Clyde Haberman lernt von David Paul Kuhns "The Hardhat Riot", wann die weiße Arbeiterklasse in den USA republikanisch wurde.