Magazinrundschau
Die ganze Hackordnung runter
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
18.12.2018. Le Monde diplomatique blickt nach New Orleans, wo Schulekinder wie Gänse in Reihe getrieben werden. HVG begutachtet die regierungsnahe ungarische Medienstiftung, die 476 Medien vereint. Die LRB beklagt den Personalüberhang der BBC. La vie des idees verteidigt den Humanismus französischer Ethnografen. Wired sucht einen Filmklassiker im Stream. Die New York Times schickt eine Reportage aus dem Jemen.
Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 17.12.2018

Außerdem: Alexis Spire analysiert die Steuerungleichheit in Frankreich. Hicham Alaoui erklärt den Islamismus in jeder Hinsicht für gescheitert. Nur Parolen habe er aufgeboten: "'Der Islam ist die Lösung, und der Koran ist unsere Verfassung' - ein armseliger Ersatz für eine Antwort auf die sozialen und wirtschaftlichen Probleme Massenarbeitslosigkeit, wachsende Armut, marode Bildungssysteme und endemische Korruption."
HVG (Ungarn), 18.12.2018

London Review of Books (UK), 17.12.2018

Weiteres: T.J Clark preist in seinem sehr schönen Text die Ausstellung "Mantegna und Bellini", die jetzt noch in der National Gallery in London und ab März in der Gemäldegalerie in Berlin zu sehen sein wird. Und da er sich nicht unbedingt durch Besuchermassen hindurchkämpfen muss, wie er bemerkt, hat er Zeit, die "Darbringung Christi im Tempel" in der zarten Version von Bellini und in der lebensprallen von Mantegna zu vergleichen. John Lanchester grübelt über die Frage, warum er viel lieber Agatha Christie liest als Margery Allingham and Dorothy Sayers, die eigentlich die besseren Schriftstellerinnen waren. Sein Ergebnis: Deren Bücher funktionieren einfach nicht so gut: "Je höher das Maß an Schriftstellerhaftigkeit desto größer ist das Risiko des Scheitern, genremäßig."
La vie des idees (Frankreich), 13.12.2018

New Yorker (USA), 31.12.2018

Außerdem: Jianying Zha berichtet über Chinas Methoden, mit politischen Aktivisten fertig zu werden. Und Ben Taub befürchtet, dass der brutale Umgang der irakischen Führung mit Dschihadisten und deren Familien zu einer Neubelebung der Terror-Organisation führt. Anthony Lane sah im Kino die neue "Mary Poppins". Alex Ross hörte György Kurtágs neue Oper "Fin de Partie" an der Scala. Und Adam Gopnik lernt aus Shachar Pinskers Buch "A Rich Brew: How Cafés Created Modern Jewish Culture", welche Rolle Cafés für den Liberalismus spielten.
Lidove noviny (Tschechien), 16.12.2018

Wired (USA), 12.12.2018

Film-Streaming lockt mit Versprechungen allgemeiner Zugänglichkeit - und stellt damit das Geschäftsmodell von Videotheken und Heimmedien-Herstellern zunehmend in Frage. Doch die Realität sieht anders aus, schreibt Brian Raftery, der bereits eine (wenn auch auf Sammler beschränkte) Renaissance zumindest aufwändig gestalteter BluRay-Editionen heraufdämmern sieht: "Eine der Hauptantriebskräfte dahinter ist die simple Tatsache, dass in den Angeboten der 'Mainstreamers' - also bei allen von Netflix über Amazon Prime bis Apple - gewaltige Lücken klaffen. Diese Grenzen wurden im vergangenen Jahr schmerzhaft spürbar, als einige Filmfreunde mal genauer hinschauten und ihnen dabei auffiel, dass viele ihrer Lieblingsfilme - nicht nur alte Klassiker, sondern auch semi-alte Blockbuster wie 'True Lies' - in digitaler Form kaum aufzufinden waren. Bekräftigt wurde dieser Punkt noch durch die überraschende Schließung des ambitionierten, gut kuratierten Angebots FilmStruck, wo man Warner-Klassiker und Arthausfilme von Criterion sehen konnte. FilmStrucks Niedergang verdeutlichte, wie flüchtig Streaming ist: Wenn deine Lieblingsfilme nicht im Regal stehen, dann stehen die Chancen gut, dass sie über kurz oder lang verschwinden könnten."
Außerdem: Cholerische Wutanfälle, willkürlich ausgesprochene Kündigungen und ein vergiftetes Arbeitsklima - wer sich schon immer gefragt hat, wie es um mögliche menschliche Defizite bei Elon Musk bestellt ist, kriegt in Charles Duhiggs epischer Reportage über "Teslas Produktionshölle" hinreichend Material an die Hand. In der britischen Wired-Ausgabe hat Amit Katwala vor einigen Wochen Musk porträtiert.
Elet es Irodalom (Ungarn), 14.12.2018
Jenő Setét,
der Vorsitzender des Vereins für Interessen der ungarischen Roma, "Idetartozunk" ("Wir gehören hierzu"), denkt im Gespräch über die Auswirkungen der flüchtlingsfeindlichen Kampagne auf die ungarische Mehrheits- und die Roma-Gesellschaft. "Diese Kampagne der Regierung schadet dem ganzen Land. Sie weckt wahre Ängste, die auf unwahren Behauptungen basierend. Es ist eine Tatsache, dass aufgrund der Kampagne seit geraumer Zeit nicht die Roma als Sündenbock Nummer eins und als Feind gelten. Wir könnten sagen, dass dies eine Erleichterung sei. Leider ist es aber so, dass dort, wo die Menschen- und Staatsbürgerrechte dermaßen an Wert verlieren, früher oder später auch die Minderheiten in Schwierigkeiten geraten. Der 'Migrant' kann jederzeit gegen 'Linke', 'Liberale', 'Obdachlose', mit dem CEU, mit der Akademie der Wissenschaften ausgetauscht werden. So auch gegen die Roma, auch wenn diese die flüchtlingsfeindliche Kampagne ebenso akzeptierten wie die Mehrheitsgesellschaft. Gegen emotionale Fixierungen kann man offenbar mit den Mitteln der Vernunft kaum ankämpfen."

Eurozine (Österreich), 11.12.2018

New York Times (USA), 09.12.2018

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