Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
20.02.2007. De Groene Amsterdammer überlegt, ob Sex für Islamisten nicht Wunder in der Bekämpfung des Dschihad bewirken könnte. Im Spectator verabschiedet sich John Gray von einem nationalen Konsens, der Briten aller Couleur einen könnte. Al-Sharq al-Awsat beschreibt religiös bedingte Unruhen unter Studenten in Beirut. Alberto Fuguet reist für die Revista de Libros in die digitale Nacht. Im Guardian denkt Eric Hobsbawm über den Spanischen Bürgerkrieg, Marx und Bakunin nach. Im Nouvel Obs stellt Bernard-Henri Levy drei Regeln für das Engagement Intellektueller in Wahlkämpfen auf. The New Republic dokumentiert einen Aufruf zur Gründung einer American Review of Books. Der Economist beschreibt das boomende Zeitungsgeschäft in Indien. Die New York Times bespricht Götz Alys Buch "Hitlers Volksstaat".
Groene Amsterdammer (Niederlande), 17.02.2007

Spectator (UK), 16.02.2007

al-Sharq al-Awsat (Saudi Arabien / Vereinigtes Königreich), 14.02.2007
Ali al-Azir beschreibt die jüngsten Ausschreitungen unter Beiruter Studenten: "Die Universitäten haben sich in Frontlinien verwandelt, ihre Studenten sind in feindliche Lager gespalten. (?) Die Universitätsverwaltungen beeilten sich, den Schock aufzufangen und warben in öffentlichen Aufrufen für einen rationalen Dialog, für das Recht auf Differenz und für eine Anerkennung des Anderen. Die Bildungseinrichtungen sahen sich gezwungen, an ihre Kernaufgabe als Oase des schöpferischen Denkens zu erinnern." Dass die politischen Konflikte nun auch die Studentenschaft erreicht haben, wirft für al-Azir grundsätzliche Fragen bezüglich des libanesischen Bildungssystems auf: "Zielen die Lehrpläne darauf ab, das Konzept der Staatsbürgerschaft unter den Studenten zu festigen? Ermutigen die Lehrpläne die Studenten, sich an die Gesetze zu halten und sich gegen den Einsatz von Gewalt zu entscheiden, wenn es darum geht, mit Hindernissen umzugehen? Wird ihnen beigebracht, dass das Axiom, nach welchem alle Angehörige der einen Nation sind, notwendigerweise im Widerspruch steht zu religiösem, rassischem und ethnischem Fanatismus?"
Aus Ägypten berichtet Muhammad Abu Zayyed von einer - aus seiner Sicht unerfreulichen - Entwicklung: dem zunehmenden Einfluss privater und ausländischer Förderer in der Kultur. Ob Internationale Buchmesse, Filmfestival oder Kulturpreise: Geschäftsleute übernehmen immer mehr die Rolle der Finanziers dieser Veranstaltungen. "Dies wirft die Frage nach dem Ziel solcher Förderung auf. Ist es der Wunsch der Finanziers, der Kultur zu dienen, oder geht es eher darum, sich selbst zu vermarkten? Einiges deutet darauf hin, dass die Geschäftsmänner Gewinne machen, während die Kultur und die Kunstschaffenden zu den Verlierern zählen."
Aus Ägypten berichtet Muhammad Abu Zayyed von einer - aus seiner Sicht unerfreulichen - Entwicklung: dem zunehmenden Einfluss privater und ausländischer Förderer in der Kultur. Ob Internationale Buchmesse, Filmfestival oder Kulturpreise: Geschäftsleute übernehmen immer mehr die Rolle der Finanziers dieser Veranstaltungen. "Dies wirft die Frage nach dem Ziel solcher Förderung auf. Ist es der Wunsch der Finanziers, der Kultur zu dienen, oder geht es eher darum, sich selbst zu vermarkten? Einiges deutet darauf hin, dass die Geschäftsmänner Gewinne machen, während die Kultur und die Kunstschaffenden zu den Verlierern zählen."
Revista de Libros (Chile), 19.02.2007
"Kann ein Blog Literatur sein?", fragt sich der chilenische Schriftsteller und (mehrfach-)Blogger Alberto Fuguet. "Fernando Pessoa wäre der ideale Blogger gewesen, schon allein wegen seiner pathologischen Schüchternheit, seiner bald psychotischen, bald dreipoligen Heteronyme und seines fatalen Mangels an sozialen Kontakten. Kafka und Pavese hätten heutzutage höchstwahrscheinlich ebenfalls Blogs. Letztlich ist das der Unterschied: Bevor Max Brod sie veröffentlichte, konnte sich niemand in Kafkas Tagebücher einklinken; in den Blog von Alexander von Alexandria dagegen kann sich jeder einklinken, nur weiß keiner, dass es ihn gibt. Alexander von Alexandria ist weder der einzige Blogger noch der einzige Schriftsteller dieser Welt, geschweige denn ihr einziger Bewohner - trotzdem, und das ist das Faszinierende daran, kommt es ihm oder ihr so vor, und wahrscheinlich schreibt er oder sie auch genau deshalb so gut und so wahrhaftig inmitten der digitalen Nacht."
Guardian (UK), 17.02.2007

Weiteres: Salman Rushdie schreibt über die indisch-ungarische Künstlerin Amrita Sher-Gil, der die Londoner Tate Modern eine große Ausstellung widmet und die ihm selbst als Vorbild für seinen Roman "Des Mauren letzter Seufzer" gedient hat. DBC Pierre verbeugt sich vor Luis Bunuel und seinem Film "Los Olvidados". Zum Buch der Woche erklärt Simon Callow Tennessee Williams' Tagebücher.
Magyar Narancs (Ungarn), 16.02.2007

Nouvel Observateur (Frankreich), 15.02.2007

In einem Interview stellt Bernard-Henri Levy dagegen klar, dass er Linker ist. Seinen Freund Glucksmann, gibt er zu, verstehe er "nicht so ganz". Denn für das Engagement von Intellektuellen in Wahlkämpfen gälten drei Prinzipien. Das erste sei, dass sie nie "Gefolgsleute" sein dürften, das zweite "Misstrauen". Das wichtigste jedoch sei das "Timing": "Intellektuelle sind Freibeuter und ein Ärgernis, Leute, die Bedingungen stellen und maximalen Druck ausüben. Sie sollten sich so spät wie möglich äußern."
Zu lesen sind außerdem Beiträge des Historikers Benjamin Stora (hier) und von Nicolas Baverez, Autor des vieldiskutierten Buchs "La France qui tombe" (hier und zur damaligen Debatte hier und hier).
Times Literary Supplement (UK), 16.02.2007

Bee Wilson hat Andrew F. Smith' "Encyclopedia of Junk Food and Fast Food" gelesen und stellt nun fest: "Der größte Reiz am Junk Food besteht darin, dass er von der erdrückenden Kontrolle eines Küchenhaushalts befreit. Es braucht kein Besteck und kein Geschirr, keine festen Essenszeiten, kein Bitte und Danke. Junk Food ist die Antithese zu 'Iss Deinen Spinat.'"
Weiteres: Stephen Abell attestiert Norman Mailer angesichts seines Hitler-Romans "The Castle in the Forest" eine "Analität des Bösen". Besprochen werden zwei Neuerscheinungen zum Kampf um die Abschaffung der Sklaverei (David S. Reynolds' "John Brown, Abolitionist" und Nicholas Lemanns "Redemption") sowie Briefe von Jessica Mitfords.
NRC Handelsblad (Niederlande), 17.02.2007

Außerdem: In Bagdads Straßen herrscht Krieg, aber die irakische Nationalbibliothek bleibt geöffnet. Floris van Straten zitiert aus dem Weblog ihres Leiters Dr. Saad Eskander (hier auch auf Englisch): "'Meine Sekretärin war bestürzt, weil zwei Bomben keine siebzig Meter neben ihrem Auto explodierten. Doch wie auch andere sprach sie nur etwa zwei Minuten über den Vorfall und fuhr danach mit ihrer täglichen Arbeit fort. Um elf Uhr kam die niederschmetternde Nachricht, dass man Ali Salih ermordet hatte, während seine jüngere Schwester neben ihm stand.' Den jungen Salih hatte Eskander erst kurz zuvor nach Florenz zum Computertraining geschickt. 'Er symbolisierte für uns die Modernisierung der Nationalbibliothek. Alle begannen zu weinen. Ich ging zutiefst deprimiert nach Hause, nahm meinen kleinen Sohn in den Arm und dachte daran, dass Ali ebenfalls zwei Söhne hinterließ.'"
London Review of Books (UK), 22.02.2007

Gleich zwei Bücher über Pythagoras bespricht M.F. Burnyeat. Beide machen vor allem eines endgültig klar: Mehr oder minder alles, was die meiste Zeit über den Philosophen bekannt schien, war falsch, wie schon Walter Burkert in seinem 1962 erschienenen Buch "Weisheit und Wissenschaft: Studien zu Pythagoras, Philolaus und Platon" nachgewiesen habe. "Das meiste, was Sie über Pythagoras zu wissen glauben, ist Fiktion, vieles davon mit voller Absicht erfunden. Hat er etwa das Theorem der Geometrie entdeckt, das seinen Namen trägt? Nein. Hat er über die Harmonie der Sphären nachgedacht? Ganz sicher nicht." Mit zwei Texten ist Peter Wood vertreten: Zum einen analysiert er das Werk des US-Romanciers Richard Powers, zum anderen beschäftigt er sich mit Akira Kurosawas Film "Yojimbo" und den vielen amerikanischen Filmen, die er inspirierte.
New Republic (USA), 19.02.2007

Economist (UK), 16.02.2007

Weitere Artikel: Besprochen wird ein Buch der Gender-Historikerin Silvia Evangelisti, das das Leben der Nonnen in der Renaissance als Erfolgsgeschichte beschreibt. Der recht ausführliche Nachruf auf Anna Nicole Smith kann über die herausragenden Eigenschaften des früh verstorbenen Models nicht hinwegsehen: "Was zu allererst ins Auge stach, wenn man Ms Smith begegnete, waren die Brüste. Zwar waren es auch nur zwei, aber sie bildeten eine ganze Straßenfront: riesig, überwältigend, pneumatisch." Wenig erfreut sein dürfte George W. Bush, erfahren wir, vom Grammy-Erfolg der Frauen-Country-Band Dixie Chicks. Und aus Japan wird vom Kampf gegen den übertriebenen Alkoholkonsum im Angestelltenmilieu berichtet. Die Titelgeschichte, die es nicht online zu lesen gibt, befasst sich mit dem Ende des Bargeld-Zeitalters.
New York Times (USA), 18.02.2007
Als "frisches Modell" zum Verständnis der breiten Unterstützung Hitlers in Deutschland stellt Dagmar Herzog die englische Ausgabe von Götz Alys auch bei uns viel diskutiertem Buch "Hitlers Volksstaat" ("Hitler?s Beneficiaries") vor. Ein Modell mit Fehlern allerdings: "Alys Verdienst ist es zu zeigen, dass weder der Zweite Weltkrieg noch das Stillhalten der deutschen Bevölkerung ohne die Enteignung der Juden so lange hätte andauern können. Aber Zusammenhang ist nicht gleich Ursache und das Aufzeigen von Zusammenhängen kein Beweis für eine Motivation. Der Historiker Jonathan Petropoulos schrieb: 'Die Nazis waren nicht nur die berüchtigsten Mörder der Geschichte, sondern auch die größten Diebe.' Aly beweist, dass Raub und Mord in vielen Fällen Hand in Hand gingen. Dass der Holocaust mit unerhörter Habgier verbunden war, darf aber nicht dazu verleiten, ihn auf die Gier allein zurückzuführen."
Weitere Artikel: Jane Stern blättert interessiert in den bunten Memoiren des Porno-Stars Ron Jeremy ("The Hardest (Working) Man in Showbiz"). Sophie Harrison erscheint Paul Austers neuer Roman "Travels in the Scriptorium" wie ein Lehrbuch in Creative Writing. Und Rachel Donadio erinnert an den jüngst verstorbenen CIA-Mann, Watergate-Strippenzieher und Autor Hemingwayesker Groschenromane, E. Howard Hunt.
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