Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
17.10.2005. Bei der Berliner Zeitung wird's dramatisch. Der Chefredakteur Uwe Vorkötter wendet sich in einem "Brief an die Leser" gegen die Übernahme des Berliner Verlags durch britische Investoren. In den anderen Zeitungen wirft die Buchmesse ihre Schatten voraus: Die FAZ nennt schon mal die Romane und die Sachbücher der Saison. In der FAZ am Sonntag antworten Autoren auf ihre Kritiker. Die Welt am Sonntag bringt eine Liste der wichtigsten Personen des Literaturbetriebs. Die SZ bringt eine Reisebericht aus dem Gastland Südkorea. Und in der NZZ spricht Orhan Pamuk über Islamismus, Nationalismus und Armut.

Berliner Zeitung, 17.10.2005

Bei der Berliner Zeitung wird's dramatisch. Die geplante Übenahme durch die britische Investorengruppe 3i unter David Montgomery sorgt in der Redaktion für Aufruhr. Der Chefredakteur Uwe Vorkötter greift heute zum Aufsehen erregenden Mittel des "Briefs an die Leser", und er denkt nicht nett über die von seinen Chefs geplante Transaktion: "Es steht zu befürchten, dass wir Abstriche am Angebot der Berliner Zeitung und an ihrem publizistischen Profil machen müssten, falls die Finanzinvestoren tatsächlich unsere Gesellschafter würden. Ich selbst habe in der vergangenen Woche mehr als drei Stunden lang Gelegenheit gehabt, mit David Montgomery über seine Absichten im Berliner Verlag und darüber hinaus zu sprechen. Wenn er Pläne, Konzepte und Ideen hätte, müsste ich sie jetzt kennen. Das ist nicht der Fall. Montgomery macht sich Illusionen. Von Berlin aus will er angeblich aggressiv auf den deutschen Markt vordringen, weitere Verlage in der ganzen Republik kaufen und sie zu einer Zeitungskette verbinden. Wer unsere Branche kennt, weiß, dass diese Vorstellung unrealistisch ist. Mein Eindruck: Der Mann verfügt bestenfalls über rudimentäre Kenntnisse der deutschen Zeitungslandschaft."

"Es gibt viele Gründe, der scheidenden Kulturstaatsministerin dankbar zu sein." Harald Jähner komplimentiert Christina Weiss aus dem Amt, deren Verzicht auf große Gesten und Abschied von der einstigen kulturpolitischen Biederkeit der Sozialdemokratie ihm besonders imponiert hat. "Von klassischer Repräsentation war die Ära Weiss in der Tat weit entfernt. Das ist doch eigenartig genug: Während sich in Stimmungskampagnen wie 'Du bist Deutschland' Teile der Wirtschaft und Politik ans nation coaching, an das mentale Konditionieren des 1. FC. Deutschland machen, sorgt die Bundesregierung mittels Bundeskulturstiftung gezielt dafür, dass der jungen Kulturszene nicht die Mittel zum Grübeln ausgehen."

FAZ, 17.10.2005

Der Sommer ist unweigerlich zu Ende! Die morgen beginnende Buchmesse wirft ihre Schatten voraus. Die FAZ bringt im Feuilleton zwei Aufmacher: einen über die belletristischen Bücher der Saison, einen über die interessantesten Sachbücher. Hubert Spiegel empfiehlt folgende, zum Teil bereits besprochene Romane: Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt" (hier eine Leseprobe), Jonathan Safran Foers "Extrem laut und unglaublich nah", Uwe Timms "Der Freund und der Fremde" (Leseprobe), Matthias Polityckis "Herr der Hörner", Michel Houellebecqs "Die Möglichkeit einer Insel", Irene Disches "Großmama packt aus", Kazuo Ishiguros "Alles, was wir geben mussten" und natürlich Ingo Schulzes "Neue Leben".

Eberhard Rathgebs Lieblingssachbücher sind unter anderem: Jan Assmanns "Die Zauberflöte - Oper und Mysterium", eine Max-Weber-Biografie von Joachim Radkau, Klaus von Beymes "Das Zeitalter der Avantgarden - Kunst und Gesellschaft 1905-1955", Joseph Heaths und Andrew Potters "Konsumrebellen" und Jared Diamonds "Kollaps" über die Frage "warum Gesellschaften überleben oder untergehen". Auch auf Seite 1 des politischen Teils geht's um den Bücherherbst: Christian Geyer spekuliert über den immer stärkeren Einfluss der Biologie auf die Geisteswissenschaften.

Weitere Artikel: Iris Hanika findet, dass Alexandra Fuller für ihr Buch "Scribbling the Cat" (Leseprobe) über den "white African tribe" zurecht den Lettre Ulysses Award (mehr hier) gewonnen hat. Christian Schwägerl begrüßt in der Leitglosse neue Techniken der Stammzellforschung, die den Einsatz von Embryonen vermeiden - auf Seite 2 des Feuilletons werden diese Techniken von Joachim Müller-Jung näher dargestellt. Julia Encke hat Hildegard Hamm-Brücher besucht, die Angela Merkel viel Glück für ihre Kanzlerschaft wünscht und sich von der Großen Koalition Fortschritte für unser Land verspricht. Bernhard Bueb, Leiter des Internats Salem, findet das deutsche Bildungssystem nicht so unterentwickelt wie unser Nationalgefühl. Jürg Altwegg liest französische Zeitschriften, in denen von zunehmender Rücksichtnahme der französischen Schulen auf muslimische Tabus die Rede ist - so wird unter anderem der Unterricht über den Holocaust von muslimischen Schülern häufig gestört (mehr hier als pdf). Nadine Lipp schreibt eine kleine Reportage aus Rumänien, das sich auf den EU-Beitritt vorbereitet. In der Rubrik "Aus unseren Auslandsbüros" erfahren wir, dass Darwins Gesamtwerk online gestellt werden soll.

Auf der Medienseite kommentiert Michael Hanfeld den Brandbrief des Chefredakteurs der Berliner Zeitung Uwe Vorkötter gegen die Übernahme des Berliner Verlags durch britische Investoren. Außerdem berichtet Jürgen Kaube, dass die ARD in der Sportschau mehr Werbung zulässt als sie behauptet.

Auf der letzten Seite stellt Alexandra Kemmerer Internetforen und - Weblogs führender amerikanischer Juristen vor. Martin Lhotzky berichtet von den Feiern des Burgtheaters zum fünfzigsten Jahrestags seiner Wiedereröffnung. Michael Althen stellt den neuen James-Bond-Darsteller Daniel Craig vor.

Besprochen werden die Jubiläumsausstellung zum hundertsten Geburtstag des Lehmbruck-Museums, der neue "Wallace & Gromit"-Film, ein Konzert Ornette Colemans in Ludwigshafen (laut Peter Kemper das "Jazzereignis des Jahres"), Corneilles Tragödie "Othon" in Mainz und Sachbücher, darunter Hanns Christian Löhrs Buch "Das braune Haus der Kunst" über das von Hitler in Linz geplante Museum.

Hingewiesen sei auch noch auf die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, wo Autoren unter dem Titel "Gegendarstellung" auf ihre Kritiker antworten. Richtig böse werden sie nicht. Nur Daniel Kehlmanns Geschichte müsste zumindest deutsche Kritiker erröten lassen. Er erzählt vom Bachmann-Wettbewerb 1990. Ausgezeichnet wurden damals Birgit Vanderbeke, Franz Hodjak, Ludwig Roman Fleischer, Ingeborg Harms, Cornelia Manikowsky und Pieke Biermann. Keinen Preis bekam W.G. Sebald, deutschen Kritikern damals noch unbekannt, der eine Erzählung aus seinem Buch "Die Ausgewanderten" las, "das ihm wenig später Weltruhm und die Bewunderung von Lesern wie J.M. Coetzee, Joseph Brodsky, Charles Simic und Gabriel Garcia Marquez eintragen sollte""

NZZ, 17.10.2005

Der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk, der am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält, spricht im Interview über den Zusammenhang zwischen Islamismus, Nationalismus und Armut. "Das Einzige, was gegen islamistische Demagogen hilft, sind eine offene Gesellschaft und steigender Wohlstand. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Kern des politischen Islams nicht die Religion ist, sondern eine Art Nationalismus und die dazugehörige Feindschaft gegen den Westen. Diese Feindschaft hat damit zu tun, dass wir hier in der Türkei das Leben der Konsumgesellschaften, das uns täglich in den amerikanischen Fernsehserien nahegebracht wird, nicht leben können, dass wir immer noch ein Durchschnittseinkommen von 7.000 Euro haben, während es in Europa bei 24.000 Euro liegt. Und das produziert natürlich Minderwertigkeitsgefühle, von denen sich so recht keiner frei machen kann, auch ich nicht - Minderwertigkeitsgefühle und einen Zorn, der sich in jede politische Richtung wenden lässt: zum politischen Islam, zum türkischen oder zum kurdischen Nationalismus."

Die Autorin Irena Brezna beschreibt, wie Putin mit Hilfe tschetschenischer Kollaborateure seinen Krieg im Kaukasus führt. Sein bedeutendster Verbündeter ist der knapp dreißigjährige tschetschenische Premierminister Ramsan Kadyrow. "Im Morgengrauen holen kadyrowzy frisches Blut für den durstigen Ramsan. Todesschwadronen, deren geschätzte Zahl einige tausend Mann beträgt, verschleppen die eigene Jugend in unterirdische Verließe, foltern sie und verlangen für den Freikauf von den Familienangehörigen hohe Summen. Nach elf Jahren Krieg und regelmäßigen 'Säuberungen' gibt es in den Bauernhäusern mit einem Halbmond über dem Tor nur noch Menschenfleisch zu holen. Der Leichenverkauf ist einträglich - die Tschetschenen hängen an ihrem alten Totenkult. Können sie ihr losgekauftes Kind in allen Ehren bestatten, gelten sie als glückliche Eltern."

Weitere Artikel: 2006 soll das Schweizer Literaturinstitut in Biel seinen Lehrbetrieb aufnehmen. Die Gründung war von grundsätzlichen Diskussionen begleitet, schreibt Sabine Haupt. "Besonders heftig und lange erörterte man im Schweizer Autorenverband (AdS) die Frage, ob die Schriftstellerei ein erlernbarer Beruf sei oder nicht. Pikanterweise wurde die Lernbarkeit gerade auch von Autoren bezweifelt, die im Übrigen mit Verve die Professionalität ihrer Zunft gegen den populären Verdacht der hobbymäßigen Schöngeisterei in Schutz nehmen." Sieglinde Geisel berichtet über die Verleihung des Lettre Ulysses Award in Berlin. Der erste Preis ging an Alexandra Fuller für ihre Reportage über einen afrikanischen Söldner (hier ein Auszug). Und Hubertus Adam stellt das de Young Museum von Herzog & de Meuron in San Francisco vor.

FR, 17.10.2005

Einige unangenehme Überraschungen hat Hilal Sezgin in der Ausstellung "Antijüdischer Nippes" im Jüdischen Museum Hohenems erlebt: "Auf die antisemitischen Grußbotschaften aus der Gegenwart ist man weniger vorbereitet. Noch der antikapitalistische Protest gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos 2003, kann man hier sehen, wollte auf antisemitische Bilder nicht verzichten: Dem großen Goldenen Kalb schritt eine Rumsfeld-Figur mit Judenstern voran... Und im Online-Shop einer großen deutschen Wochenzeitung war bis vor kurzem eine Buchstütze in Reich-Ranicki-Gestalt zu erwerben - dieselbe Hakennase, dieselbe antisemitische Darstellung seiner Physiognomie, die die Ausstellungsstücke aus früheren Jahrhunderten zeigen."

Immerhin für einen Anfang hält Stefan Keim den Start von Elmar Goerdens Intendanz am Bochumer Schauspielhaus mit Peter Handkes stummem Stück "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" und Lessings "Miss Sara Sampson": "Er will in Bochum dicke Bretter bohren, begonnen hat er mit Laubsägearbeiten." Noch nicht verkraftet hat Jürgen Roth die Fifa-Anordnung, bei der WM nun Bud oder Bit zu genießen. In Times mager verarbeitet Elke Buhr die Meldung, dass "in 75 Ländern dieser Erde die Babies groß werden, ohne auch nur einmal etwas Windelähnliches um den Hintern gebunden zu bekommen". Besprochen werden ein Konzert von Ornette Coleman und seinem Quartett in Ludwigshafen und Fußballbücher (mehr dazu in unserer Bücherschau ab 14 Uhr).

TAZ, 17.10.2005

In der zweiten taz lässt sich Barbara Bollwahn von Pokermeister Horst Koch (Deutsche Poker Liga) erklären, worauf es im großen Spiel Politik ankommt. "Es gibt mittelmäßige, gute und sehr gefährliche Spieler, die sich zurückhalten, so wie unser Freund Müntefering. Der hat sich sehr lange zurückgehalten und gewartet, bis seine Chance kommt, und jetzt schnappt er zu, ganz einfach. Die Frau Merkel, muss ich sagen, hat gut gepokert und hat auch ein kleines Spiel gewonnen, aber ein großes Spiel wird sie verlieren. Sie wird nie die Macht haben, wie sie der Schröder hatte."

Weiteres: Peer Schade beklagt sich über die "traurige Abfolge schlechter Dankesreden" bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises am Wochenende (die Liste der Gewinner). Peter Unfried fordert zum Abschluss seines Wahltagebuchs eine Sendung, die die politische Berichterstattung des Fernsehens unter die Lupe nimmt. "Wie 'TV Total', nur ernst."

Im Feuilleton ergründet Susanne Messmer, warum Südkorea Weltmeister im Erwerb deutscher Buchlizenzen ist, in Deutschland aber selbst der koreanische Günter Grass Hwang Sok-yong (mehr)und Martin Walser Pendant Yi Munyol (mehr) Randerscheinungen bleiben. Erich Rathfelder erinnert an das Ende der Belagerung von Sarajevo vor zehn Jahren. Die einzige Besprechung widmet sich Andreas Kriegenburgs Inszenierung "Quixote in der Stadt", die laut Till Briegleb "auf ganzer Linie scheitert".

Der Mord an Hatun Sürücü war kein Ehrenmord, sondern Auswuchs einer Männersubkultur, sagt der Anthropologe Werner Schiffauer im Gespräch mit Heide Oestreich und Sabine am Orde auf den Tagesthemenseiten. Auf der Meinungsseite begrüßt Barbara Unmüssig die von der Unesco angestrebte "Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt" (mehr), selbst wenn diese die ökonomische Globalisierung der Kultur nur unwesentlich verzögern kann. Auf der Titelseite (pdf) sucht die taz mit einer "Sie, 25, geschieden..." betitelten Kontaktanzeige eine neue Perspektive für die Grünen.

Und hier noch TOM.

Welt, 17.10.2005

Andrea Seibel spricht mit der niederländischen Politikerin Ayaan Hirsi Ali über den Kampf gegen die Unterdrückung islamischer Frauen und für eine bessere Integration von Einwanderern: "Wir müssen endlich mit den Einwanderern wie mit richtigen Staatsbürgern umgehen. Der Staat muss viel klarer agieren, auch härter, muß mehr verlangen. Nehmen Sie die Ehrenmorde an türkischen Frauen, auch ein Problem hier in den Niederlanden. Nicht nur der Mörder muss unter Strafe gestellt werden, sondern die gesamte Familie, selbst die Frau, die den Tee bringt, während der Familienrat tagt, um eine solche Bluttat vorzubereiten. Alle werden registriert, um ihnen zu signalisieren: Ihr kommt nicht durch damit."

Kai Luehrs-Kaiser berichtet vom Fund einer vollgeklecksten Beethoven-Partitur bei Sotheby's: "Ihm ist die schlechte Laune anzumerken, die es Beethoven bereitet haben muß, eines seiner besten Werke, die "Große Fuge" aus dem Streichquartett Nr. 13 in B-Dur op. 130, für Klavier vierhändig umzuarbeiten." Gespenstisch treffsicher findet Uwe Schmitt die Paranoia des Autors John Barry, der mit seinen Rückblicken auf die große Mississippi-Flut von 1927 "Rising Tide" und die Spanische Grippe von 1918 "The Great Influenza" sehr vorausschauend Bestseller lanciert. Peter Zander meldet nach Lektüre des neuen Asterix-Bandes "Gallien in Gefahr": "Ganz Gallien ist unterworfen" - und zwar dem "MTV-, und Videogame-Zeitalter". Besprochen werden das Singspiel "Quixote in der Stadt" von Dea Loher am Thalia Theater in Hamburg (das keinerlei Resonanz im Innenohr von Stefan Grund hinterließ) und die Ausstellung "Rundlederwelten" in Berlin.

Auch die Welt am Sonntag wirft einen Blick auf die kommende Buchmesse und hat schon mal recherchiert, um die fünfzig wichtigsten Personen des Literaturbetriebs zusammenzustellen: "Vom erfahrenen Großverleger über den findigen Agenten bis zum kaum bekannten Nachwuchstalent sind alle dabei, die man in diesem Jahr kennen muss. Sie bilden den inneren Kern des Literaturbetriebs." Wer wissen will, ob er auf der Liste steht, klicke hier.

SZ, 17.10.2005

Christian Y. Schmidt reist durch Südkorea und leidet. Er trifft auf übervorsichtige Menschen, sieht verkrampfte Sexfilme und beklagt die allgemein verschandelte Landschaft. "Die Städte machen den Eindruck, als hätten zwei bitter verfeindete Architektenlager gegeneinander Krieg geführt. Die eine Partei baute viel zu große Kaufhausklötze ohne Fenster, unproportionierte Kirchen (25 Prozent der Südkoreaner sind Christen) und große Hochhauszusammenrottungen, die andere Hochzeithallen mit angeklebten Säulen, so genannte 'Love-Motels', geschmückt mit Zinnen, Erkerchen und Türmchen, und Nachtclubs, die 'President Club', 'Zeus' oder 'The White House' heißen, mit Gips-Posaunenengeln oder Abraham Lincoln vor dem Eingang. Nicht weniger hässlich sieht es auf dem Land aus, das heißt, in den Tälern zwischen den Bergen. Die sind übersät mit blau bedachten Fabrikhallen und unansehnlichen Schuhkartonhäusern, noch schlimmeren, weil größeren Kirchen, zwischen denen sich Planierraupen durch den Schlamm wühlen, um noch mehr Autobahnkreuze in die Landschaft zu planieren."

Weiteres: Im Aufmacher hört sich Sonja Zekri die Erfahrungen und Pläne der Universitäten mit älteren Gasthörern an. Henning Klüver berichtet vom Streit um die von der italienischen Regierung geplanten radikalen Kürzungen des ohnehin schon im Europavergleich mickrigen Kulturetats, der am Freitag in einem landesweiten Streik aller Kulturschaffenden seinen bisherigen Höhepunkt fand. Der Volkswirtschaftler Gert Wagner legt dar, dass der langfristige Überlebenswille sowohl CDU als auch SPD zum unpopulären, aber notwendigen Sparen bringen wird. Dass das Bremer Theater nun vier Millionen Euro Schulden hat, könnte dem Intendanten Klaus Pierwoß nach zwölf Jahren seinen Posten kosten, meint Till Briegleb.

Auf der Literaturseite begrüßt Ralf Hertel den Lettre-Ulysses-Preis für Alexandra Fuller und ihre Reportage über alternde Söldner, laut Hertel der "literarisch anspruchsvollste" Text im Wettbewerb.

Besprochen werden die Ausstellung "Forgotten Empire" mit altpersischen Exponaten aus Griechenland und dem Iran im Britischen Museum in London, ein Auftritt des Free-Jazzers Ornette Coleman in Ludwigshafen, das Theaterfestival "Les Francophonies" im französischen Limoges (Website), das Elsässische Festival "musica" mit Opern und Anti-Opern von Marc Monnet, Jan Müller-Wieland und Jan van Vlijmen, Benny Chans Film "New Police Story" mit Jackie Chan, und Bücher, darunter Martin Walsers Tagebücher "Leben und Schreiben" aus den Jahren 1951 bis 1962, Harald Welzers Studie "Täter" über den Werdegang von Massenmördern sowie Werner Dieballs Studie zu "Körpersprache und Kommunikation im Bundestagswahlkampf" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).