Magazinrundschau
Wie eine unendliche Artischocke
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
13.06.2023. Die New York Review of Books stellt die machthungrigen jungen Wölfe in Afghanistan vor, die dem herrschenden Emir Mullah Hibatullah Akhundzada gefährlich werden könnten - alle mit besten Beziehungen zu den Golfstaaten, Pakistan und Al Qaida. Der New Yorker erzählt, wie lebensgefährlich eine Mitgift für junge Ehefrauen in Indien sein kann. In Novinky erklärt der Sozialanthropologen Martin Tremčinský, warum auch der Nationalstaat eine Art Technologie ist. New Lines erzählt die Geschichte des Handels mit Pfeffer. Die New York Times lässt sich von Merlin Sheldrake erklären, wie man ein Pilz wird.
New York Review of Books (USA), 22.06.2023
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Novinky.cz (Tschechien), 08.06.2023
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New Yorker (USA), 12.06.2023
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In einer sehr lesenswerten Reportage beschreibt Dexter Filkins das Chaos an der amerikanischen Grenze im Süden der USA. Der gewaltige Zustrom illegaler Immigranten überfordert inzwischen viele Gemeinden und Städte, obwohl die USA gleichzeitig Arbeitskräfte brauchen. Aber das Einwanderungssystem ist inzwischen vollkommen dysfunktional. Das zu ändern, daran haben vor allem Republikaner kein Interesse, weil sie damit Wahlkampf machen können. Aber es gibt auch Ausnahmen, wie der texanische Kongressabgeordneten Tony Gonzales, ein Republikaner, und sein politischer Gegner, der Demokrat Henry Cuellar beweisen: "Gonzales' Verbündeter Cuellar, ein texanischer Landsmann, sagte mir, dass die örtlichen Wähler einen Kongressabgeordneten mit einem praktischen Ansatz für die Arbeit wollten. 'Als ich Tony kennenlernte, ging er durch das Plenum, kam auf mich zu und sagte: Lassen Sie uns zusammenarbeiten, erinnerte sich Cuellar. 'So sollte es sein.' Im Prinzip ist ein legislativer Kompromiss zur Einwanderung nicht schwer vorstellbar: strengere Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze, eine republikanische Priorität, im Austausch für eine erweiterte legale Einwanderung, eine demokratische Priorität. Doch die Aussicht auf eine Einigung hat sich in der gegenseitigen Feindseligkeit aufgelöst, die für die Politik im Kongress typisch ist."
Weitere Artikel: Lauren Collins porträtiert die finnische Performance-Künstlerin Pilvi Takala. Amanda Petrusich kommt ziemlich beeindruckt aus einem Taylor-Swift-Konzert. Alex Ross stellt die Komponisten Salvatore Sciarrino und Kaija Saariaho vor. Parul Sehgal liest Lorrie Moores Roman "I Am Homeless if This Is Not My Home". Und Keith Gessen liest einige Bücher über Russland und den Westen nach dem Ende des Kalten Krieges.
HVG (Ungarn), 08.06.2023
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London Review of Books (UK), 12.06.2023
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James Butler preist zudem einen Band mit den quecksilbrigen Essays von Italo Calvino, in denen der italienische Schriftsteller mit Hingabe eher abseitige Phänomene erkundete, wie etwa die Binarität im I Ging und bei Leibniz oder die Ökonomie der Tränen bei Homer und Darwin: "Die Wirklichkeit stellt sich ihm 'als vielfältig, stachelig und als dicht übereinanderliegende Schichten' dar; die Literatur ermöglicht, 'sie wie eine unendliche Artischocke immer weiter zu entblättern'. Diese Metapher taucht in einem Essay über Carlo Emilio Gadda auf, einem Schriftsteller, der sich der unendlichen Welt durch kurvenreiche Abschweifungen nähert; Calvino nähert sich der gleichen Welt durch Kürze und Präzision."
New York Times (USA), 08.06.2023
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Ebenfalls im New York Times Magazine porträtiert Nicholas Casey den spanischen Spitzel José Manuel Villarejo Pérez, der einiges zum Fall des Königs Juan Carlos beitrug.
Elet es Irodalom (Ungarn), 09.06.2023
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New Statesman (UK), 07.06.2023
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New Lines Magazine (USA), 09.06.2023
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Andrei Popoviciu berichtet über die kritische Situation im Senegal, wo Präsident Macky Sall eine - verfassungswidrige - dritte Amtszeit anstreben soll. Jedenfalls hat er bereits mehrere Oppositionspolitiker einsperren lassen. Zuletzt wurde auch Ousmane Sonko verurteilt, sein aussichtsreichster und jüngster Gegner: Die Angestellte eines Schönheitssalons hatte ihm vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben: "Sonko wurde letzte Woche vom Gericht von den Vorwürfen der Vergewaltigung und der Morddrohung freigesprochen, aber er wurde zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen 'Korrumpierung der Jugend' und 'Anstiftung zur Ausschweifung' verurteilt, also zu geringeren Anschuldigungen im Zusammenhang mit Sarrs Vorwürfen, die aber doch zu einer Strafe führte, die es ihm effektiv verbietet, bei den Wahlen im Februar nächsten Jahres zu kandidieren." In der Folge kam es zu gewalttätigen Demonstrationen, aber auch zu einem unguten Backlash für die mühsam erkämpften Frauenrechte: "Sarrs Anschuldigungen haben eine langjährige Debatte über sexuelle Gewalt und Einwilligung im Senegal wiederbelebt, der Vergewaltigung erst 2020 auf Druck der Zivilgesellschaft und trotz des Widerwillens der Justiz unter Strafe gestellt hat. Nach zwei Jahren verzögerter Anhörungen trat Adji Raby Sarr am 22. Mai in den Zeugenstand und schilderte detailliert einen sexuellen Übergriff Sonkos. Nach ihrem Auftritt beschuldigten Sonkos Unterstützer sie, mit der Regierung zu konspirieren, und lokale Zeitungen machten aus ihrer Geschichte eine Sensation, nannten sie einen 'Pornostar' und erotisierten ihre Aussage. Sonko sagte, wenn er eine Frau vergewaltigen wolle, würde er sich keinen 'hirngeschädigten Affen' aussuchen, was ihm Kritik von feministischen Organisationen einbrachte, die glauben, dass Sarrs Anschuldigungen ernst genommen werden sollten."
Außerdem: Ola Salem erzählt, wie Saudis Prostitution halal pflegen. Amie Ferris-Rotman schreibt über den Begriff der Gender-Apartheid, den afghanische Frauen prägten.
New York Magazine (USA), 06.06.2023
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