Magazinrundschau
Die Selbstzensur der Kultur fällt weg
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
07.08.2012. Laut Rue 89 sind die Frauen in Tunesien nicht mehr gleich, sondern komplementär. Im TLS wünscht Vladimir Nabokov gute Träume nach einem k.o.-Schlag. Im New Republic hört Amartya Sen das Bellen der Hunde Europas. In Eurozine erzählt Abbas Khider, wie man in zwei Sprachen lebt. Wired erklärt, wie man Aktienkurse verstopft. Bloomberg staunt über die Ingenieursleistungen der Drogenmafia. El Pais erzählt, wie ein ganzes Dorf zehn Jahre lang Subventionen erschwindelte. Die New York Times porträtiert Oakland, das Amish-Dorf für Retro-Radikale.
Times Literary Supplement (UK), 01.08.2012
Das TLS veröffentlicht auf Englisch erstmals einen frühen Text von Vladimir Nabokov, den es bisher offenbar nur auf Russisch zu lesen gab. "Breitensträter - Paolino" erzählt vom Boxkampf zwischen dem Deutschen Hans Breitensträter und dem Basken Paolino Uzcudun im Berliner Sportpalast 1925. Man muss sich dabei nicht erschrecken, nicht einmal, wenn einer der Boxer k.o. geht, versichert der damals 26-jährige Nabokov. "Ich muss mich beeilen hinzuzufügen, dass ein solcher Schlag, der zu einem augenblicklichen Black-out führt, nichts Schlimmes ist. Im Gegenteil. Ich habe es selbst erlebt und kann bescheinigen, dass so ein Schlaf eher angenehm ist. In der äußersten Spitze des Kinns ist ein Knochen, wie der im Ellbogen, den die Engländer 'lustiger Knochen' und die Deutschen 'Musikknochen' nennen. Wie jedermann weiß, wenn man heftig mit der Spitze seines Ellbogen anstößt, hat man sofort danach ein taubes Gefühl in der Hand und fühlt ein kurzes Erschlaffen der Muskeln. Dasselbe passiert, wenn man sehr hart auf die Kinnspitze geschlagen wird. Es tut nicht weh."
New Republic (USA), 23.08.2012

Als gefährlichen Demagogen brandmarkt der Historiker und Schriftsteller Enrique Krauze den linken Politiker Andrés Manuel López Obrador, der den Ausgang der mexikanischen Präsidentschaftswahlen nicht anerkennt und sich zum eigentlichen Wahlsieger erklärt hat: "Dass so viele junge Leute aufgebracht sind und so unwillig, den unbestrittenen Ausgang einer Wahl anzuerkennen - das zeigt die Kosten, die López Obrador der mexikanischen Demokratie bereits aufgebürdet hat."
Weiteres: Martin Amis stellt klar, dass er aus rein persönlichen Gründen in die USA gezogen ist, nicht aus irgendeinem antibritischen Furor, aber selbstverständlich hätten ihm die englischen Kritiker jede Menge Gründe geliefert.
Eurozine (Österreich), 31.07.2012

Außerdem: Michael Ignatieff und Ieva Lesinska unterhalten sich für die lettische Zeitschrift Rigas Laiks über Isaiah Berlin, der in Riga geboren wurde.
Wired (USA), 01.09.2012

El Pais (Spanien), 30.07.2012

Economist (UK), 04.08.2012

Weiteres: Mitt Romneys Besuch in Israel, Polen und Großbritannien mag ein medienpolitisches Desaster gewesen sein, doch ließen sich abseits davon bereits Grundzüge seiner von Obama abweichenden außenpolitischen Plänen erkennen, erfährt man hier. Im syrischen Bürgerkrieg mischen sich immer mehr Islamisten unter die Aufständischen, beobachtet dieser Artikel. Außerdem werden neue Bücher zu den arabischen Aufständen vorgestellt.
Rue89 (Frankreich), 03.08.2012

Die Debatte über Beschneidung ist auch nach Frankreich übergesprungen. Jérôme Segal berichtet aus Österreich, wo die Aufregung ebenfalls groß ist. Segal verhehlt nicht, dass er gegen Beschneidung ist und auch das Hygiene-Argument nicht anerkennt: "Bei der Empfehlung für Beschneidung durch die Weltgesundheitsorganisation ist zu beachten , dass sie für einige Länder im subsaharischen Afrika gilt und der Bekämpfung von Aids dient. In einigen dieser Länder ist die Macht der Katholischen Kirche so groß, dass der Gebrauch von Präservativen problematisch ist."
Bloomberg Businessweek (USA), 07.08.2012

Al Ahram Weekly (Ägypten), 02.08.2012

Boston Review (USA), 01.08.2012

Afrika-Korrespondentin Jina Moore denkt über das nach wie vor sentimentale Muster nach, das ihrer Meinung nach bis heute die westliche Afrika-Berichterstattung dominiert: "Ein Objekt des Mitleid ist nicht das selbe wie ein Subekt einer Geschichte. In amerikanischen Zeitungen und Sendern bleiben Afrikaner Objekte - der Gewalt, der Armut, der Krankheit und letztlich unseres eigenen Mitleids. So wie einst in den Geschichten der Abolitionisten über die jamaikanische Sklavenrevolte von 1831 gelten die Erzählmuster unseres Mitleids nicht den Menschen, um die es angeblich geht. Sondern uns selbst. Wir mögen diese Geschichten, denn wir kennen sie schon, und sie versichern uns, dass wir uns sorgen und kümmern und dass wir also mächtige Leute sind."
Slate.fr (Frankreich), 01.08.2012

New York Times (USA), 05.08.2012

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