Magazinrundschau
Projekt der ultimativen Freiheit
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
30.01.2024. Harper's erklärt, warum für einen Frieden im Nahen Osten eine grundlegende neue Verfassung in Israel nötig ist. Outlook India bestaunt in Ayodhya einen Hanuman mit Sixpack. Der New Yorker sieht die Kluft zwischen kämpfenden und verweigernden Ukrainern wachsen. Dinos gibts auch weiterhin nur im Kino, versichert die LRB. Wired beobachtet ein neues Space Race. New Lines lernt in Nigeria, warum die Pfingstbewegung die besten Horrorfilme produziert.
Harper's Magazine (USA), 01.02.2024
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Marzio G. Mian unternimmt eine Reise entlang der Wolga, und versucht, das gegenwärtige Russland zu verstehen. Er stößt, unter anderem, auf zufriedene Agrarunternehmer, für die die westlichen Sanktionen ein Segen sind, Hippies, die sich auf abgeschiedene Inseln eine Gegenwelt aufbauen - und auf einen zunehmend eskalierenden Stalinkult. "Samara, fünfhundert Meilen nördlich von Wolgograd, ist der Ort, an dem der Geist Stalins besonders deutlich macht, wie wenig die Außenwelt über Russland weiß. Die Stadt liegt an dem Punkt, an dem die Wolga nach osten abbiegt, als würde sie vom Ural angezogen. Bekannt ist sie als das Chicago Russlands, aufgrund einer sehr dynamischen lokalen Industrie und ihrer Beliebtheit bei Händlern und Kriminellen. Im Sommer wird Samara jedoch zum Saint-Tropez der Wolga, mit eleganten Stränden und modischen Promenaden, die fast so beliebt sind wie die in Sotschi. Und wie Sotschi scheint auch Samara ein beliebter Urlaubsort für Hardcore-Putinfans geworden zu sein. Bürgerliche Jugendliche fahren auf Scootern durch die Straßen, tragen teure amerikanische Turnschuhe und das beliebteste T-Shirt der Saison - eines, das Stalins Gesicht zeigt und dazu den Spruch: 'Wäre er hier, müssten wir uns nicht mit dem ganzen Scheiß herumschlagen'".
Outlook India (Indien), 05.02.2024
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HVG (Ungarn), 25.01.2024
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New Yorker (USA), 05.02.2024
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Was hält die Zukunft des Internets bereit, fragt sich Akash Kapur. Als Projekt der ultimativen Freiheit gedacht, muss es sich jetzt angesichts der wachsenden Bedrohung durch die Techgiganten fragen, ob Regierungskontrollen mehr schaden oder nutzen. Indien versucht mit der Plattform India Stack einen Mittelweg: "Auf einem grundlegenden Level war das Programm eine Bemühung, so etwas wie Sozialversicherungsnummern zu schaffen - keine ganz einfach Leistung für ein so großes Land wie Indien, aber an sich nicht wirklich revolutionär. Unter der Leitung des Tech-Milliardärs Nilekani hat die Plattform sich gegen die öffentliche Skepsis durchgesetzt, gegen bürokratische Lähmungen und gesetzliche Hürden, und 1,4 Milliarden Bürger registriert. Diese verfügen nun über eine Identitätsnummer aus zwölf Ziffern, die als Aadhaar (Hindu für Grundlage) bekannt ist und mit biometrischen Daten wie Irisscans und Fingerabdrücken gefüttert ist. Die wahre Errungenschaft Nilekanis ist es aber, die ID-Nummern als Grundlage einer integrierten digitalen Ökologie ('the stack') zu nutzen. Sie besteht aus staatlich ermöglichten Modulen (sie werden gemeinhin als digital public infrastructure oder DPI bezeichnet), die es den Bürgern erlauben, Online-Bezahlvorgänge durchzuführen, Sozialleistungen zu beziehen, Bankgeschäfte zu tätigen und offizielle Dokumente zu hinterlegen und bescheinigen zu lassen (zum Beispiel Covid-Impfdokumente). So baut die Regierung das, was die World Bank als 'ausloten' einer kontrollierteren - und vielleicht weniger toxischen - Version des Internets versteht, mit Raum für private Programmierer, die, darauf aufbauend, neue Plattformen und Services entwickeln." Ob dadurch nicht auch eine neue Möglichkeit staatlicher Überwachung geschaffen wird, fragt sich dabei nicht nur Kapur. Sicher ist nur der stetige Wandel: "Das Internet bleibt ein Work in Progress. Aber es gibt Gründe, davon auszugehen, dass seine Zukunft von einem ganz anderen Standpunkt aus geschrieben wird als seine Vergangenheit."
Weiteres: John Seabrook fragt sich, wie KI der Musikindustrie nutzen wird. Merve Emre stellt die Naturphilosophin, Autobiografin und Romanautorin Margaret Cavendish (1623-73) vor. Alex Ross hört die Oper "Chornobyldorf" von Roman Grygoriv und Ilia Razumeiko.
Desk Russie (Frankreich), 27.01.2024
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The Insider (Russland), 29.01.2024
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London Review of Books (UK), 25.01.2024
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The Free Press (USA), 05.01.2024
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Lidove noviny (Tschechien), 25.01.2024
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Meduza (Lettland), 26.01.2024
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Wired (USA), 24.01.2024
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Elet es Irodalom (Ungarn), 26.01.2024
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New Lines Magazine (USA), 29.01.2024
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Lange interessierte sich die israelisch-amerikanische Forscherin Ilana Cruger-Zaken nicht für die seltsame Sprache, die ihre Großmutter sprach, die aus Zakho stammt, einer Stadt in der überwiegend kurdischen Region im Nordwesten des Irak: "Sie gehörte zur letzten Generation jüdischer Babys, die auf einer kleinen Insel in der Mitte des Flusses Khabur geboren wurden." Aber irgendwann macht Cruger-Zaken sich auf die Suche nach den Überresten von "Lishana Deni", einen Zweig des Judäo-Neo-Aramäischen, einer der letzten überlebenden Formen des antiken Aramäischen, das die Verkehrssprache der neoassyrischen, neobabylonischen und achämenidischen oder persischen Reiche war. Bei ihrer Suche stößt sie auf die Tonaufnahmen eines Geschichtenerzählers aus Zakho: "Schon früh in seiner akademischen Laufbahn wurde Sabar dafür bezahlt, Interviews mit Ältesten aus Zakho auf Band zu dokumentieren und zu übersetzen. … Das besondere Dokument, das ich gefunden habe, ist eine transkribierte und übersetzte Reihe persönlicher Anekdoten von Mammo Yona Gabbai, die seine letzten Jahre in Zakho und die Migration der Gemeinschaft nach Israel beschreiben. Ich greife Wörter heraus, die ich wiedererkenne, vertraute Kopulas und Konstruktionen. Ich habe keinen großen Wortschatz, aber ich verstehe die Laute. Und dann stoße ich auf ein Wort, das ich mit meinem ganzen Wesen kenne und das genau so verwendet wird, wie ich es kenne. Mein Körper vibriert. Es ist ein einfaches Wort: 'chayet', was 'Leben von' bedeutet. Es war der Kosename, mit dem mein Vater mich immer bezeichnete: 'Chayet Abba' (Papas Leben). Und jetzt nennt er mein Kind 'Chayet Saba'. Ich hatte angenommen, der Ursprung dieses Wortes sei hebräisch, denn חי (Leben) ist ein gängiges hebräisches Wort. Aber hier steht es in jüdischem Aramäisch, in genau derselben Form und in demselben Zusammenhang, in dem mein Vater es verwendet."
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