Magazinrundschau
Dostojewski wäre klarer gewesen
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
26.05.2020. In der New York Review of Books hält die Schriftstellerin Marilynne Robinson einen großen Abgesang auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. In HVG ist der Philosoph Gáspár Miklós Tamás entsetzt über die giftige Atmosphäre zwischen Ungarn und Rumänien. The Intercept erklärt die Strategien, mit denen evangelikale Trump-Anhänger gläubige Schwarze und Latinos vom Wählen abhalten wollen. In Nautilus erklärt der Erfinder Joe Jones, warum Roboter nie die Weltherrschaft übernehmen werden.
New York Review of Books (USA), 11.06.2020

Ein Grund könnte die miserable Ernährung sein. "Hoch stapeln und billig verkaufen", lautet die Devise der amerikanischen Nahrungsmittelindustrie, doch in der Coronakrise offenbaren Michael Pollan nicht nur zusammenbrechende Lieferketten, massenhafte Erkrankungen in den Schlachthöfen und kilometerlange Autoschlagen vor Essenstafeln die Mängel der Branche. Verheerend sei auch eine industrielle Landwirtschaft, die vor allem auf dem Anbau von Mais und Soja beruht: "Was wir anbauen, ist nicht unbedingt Essen, sondern Futter für Tiere oder Grundstoffe, die zu Fastfood, Snacks und Limonaden verarbeitet werden können, fruktosehaltiger Maissirup. Während einige Bereiche der Landwirtschaft während der Pandemie ums Überleben kämpfen, werden die Mais- und Sojaernten vermutlich mehr oder weniger unbeschadet bleiben. Das liegt daran, dass sie wenig Arbeitskraft benötigen, meist nur einen einzigen Farmer auf einem Traktor, der allein Hunderte von Hektar ernten kann. Solche Nahrung wird als letzte aus den Supermärkten verschwinden. Leider macht uns dieses Essen (ebenso wie viel Fleisch und wenig Obst und Gemüse) anfällig für Fettleibigkeit und chronische Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes Typ 2. Aufgrund dieser Risikofaktoren wird ein mit Covid-19 infizierter Mensch sehr wahrscheinlich mit einem schweren Krankheitsverlauf im Krankenhaus enden. Das Center für Disease Control and Prevention berichtet, dass 49 Prozent aller im Krankenhaus Behandelten unter Bluthochdruck litten, 48 Prozent waren übergewichtig und 28 Prozent hatten Diabetes."
Angesichts einer weiteren drohenden Krise empfiehlt Francesca Mari Aaron Glantz' "Report "Homewreckers", der rekonstruiert, wie die Politik nach der Finanzkrise die Banken rettete, aber Millionen von Hausbesitzern in den Ruin trieb, deren Immobilien sich dann Investoren unter den Nagel reißen konnten: "Diese Politik verschafften Unternehmen nicht nur die finanziellen Anreize für Zwangsvollstreckungen, sondern ermöglichte auch einen riesigen und anhaltenden Wohlstandstransfer von Hauseigentümern zu privaten Investoren, wobei Tausende von Eigenheimen in Mietobjekte verwandelt wurden, die über dem Marktwert vermietet werden."
HVG (Ungarn), 15.05.2020

Intercept (USA), 26.05.2020

La vie des idees (Frankreich), 22.05.2020

Nautilus (USA), 06.05.2020

New Yorker (USA), 01.06.2020

Außerdem: Ariel Levy porträtiert die keinem Streit aus dem Weg gehende Schriftstellerin Lionel Shriver. Adam Gopnik testet die Online-Psychotherapie. Nathan Heller schaut nach San Francisco, wo Obdachlosenkrise und Coronakrise konvergieren. Und Carrie Battan hört The 1975. Und Anthony Lane sah im Kino "The Painter and the Thief" von Benjamin Ree.
Novinky.cz (Tschechien), 20.05.2020

Bloomberg Businessweek (USA), 25.05.2020

Magyar Narancs (Ungarn), 23.04.2020

The Atlantic (USA), 30.06.2020

Außerdem: William Dersiewicz bespricht J. M. Coetzees "The Death of Jesus". Und Jenny Odell stellt Bücher über die Sprache und das Verhalten der Vögel vor.
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