Magazinrundschau
Das ist besser als Sex
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
19.01.2010. Open Democracy erzählt, warum ein Roman des weißrussischen Autors Victor Martinovich wieder aus den Buchhandlungen verschwand. Prospect fürchtet, ein Verbot von Islam4UK könnte die Demokratie in Großbritannien untergraben. Die Gazeta Wyborcza untersucht das Verhältnis von Polen und Juden. Le Monde diplomatique beobachtet die Zerstückelung Afrikas. Und Gerhard Richter beschert The Nation eine Überraschung.
Open Democracy (UK), 15.01.2010
Zwei Tage, nachdem Victor Martinovichs Roman "Paranoia" ausgeliefert war, verschwand er wieder aus den weißrussischen Buchhandlungen, erzählt Natalia Leshchenko. Und sie ahnt, warum. "Der Roman erörtert auf überzeugende und fesselnde Art etwas, das nur selten in der Literatur über politische Regime thematisiert wird - dass Diktaturen nicht nur von Geheimpolizei und einem unterdrückerischen Staatsapparat gestützt werden, sondern von den Menschen selbst. Er zeigt, wie reale und vorgestellte Ängste sich auf eine Weise mischen, die die individuelle Autonomie untergräbt und die Freiheit erstickt. Er insinuiert, dass ein Regimewechsel nicht in der Wahlkabine beginnt, sondern im Kopf einer Person. Das ist eine seltene Einsicht, die Weißrussen aufgrund ihrer Erfahrung der Welt vermitteln können." (Man findet den Roman im Internet, hier)
Außerdem: Masjaliza Hamzah und Norami Othamn berichten über eine Studie in Malaysien, die belegt, dass Polygamie weder Männern noch Frauen noch Kindern bekommt.
Außerdem: Masjaliza Hamzah und Norami Othamn berichten über eine Studie in Malaysien, die belegt, dass Polygamie weder Männern noch Frauen noch Kindern bekommt.
Tygodnik Powszechny (Polen), 17.01.2010

Der Regisseur von Kinderfilmen Andrzej Maleszka glaubt an die Kraft der Magie: "In meinen Filmen steht die magische Kraft für die Möglichkeiten, die in uns stecken. Sie warten, ausgeschöpft zu werden. Wenn wir Kinder sind, entscheidet sich unsere Zukunft - entweder gehen wir in die Erwachsenenwelt hinaus mit der Fähigkeit, über unser eigenes Leben zu entscheiden, oder wir werden willenlos, wie Roboter, die von Managern, Politikern und Werbung gesteuert werden. Gute Märchen erlauben es Kindern, an die eigenen inneren Kräfte zu glauben."
Die Novellierung des irischen Blasphemiegesetzes hat selbst im katholischen Polen Eingang in die Debatte gefunden. "Gott braucht keine Paragraphen", sagt sinngemäß der frühere Verfassungsrechtler Andrzej Zoll der Wochenzeitung. Entsprechend werden im polnischen Recht die religiösen Gefühle der Menschen geschützt, und nicht die Glaubensobjekte.
Prospect (UK), 18.01.2010
In Großbritannien ist die islamistische Gruppe Islam4UK verboten worden. Eine falsche Entscheidung, meint Shiv Malik, und nicht nur, weil Islam4UK kaum noch Einfluss hatte im Land: "Mit ihrer Strategie der 'Prävention' hat die Regierung entschieden, bestimmte Einstellungen anderen offiziell vorzuziehen: den moderaten gegenüber dem radikalen Islam. Mit enormen finanziellen Mitteln unterstützen sie Gruppen wie die Stiftungen Quilliam und Lokahi, damit sie auf 'unserer' Seite kämpfen. Der Bann gegen Islam4UK sendet eine beunruhigende Botschaft, die Regeln betreffend: In dieser Schlacht werden wir unsere Freunde unterstützen, aber wir werden auch unsere Feinde einsperren, weil sie Ideen vertreten, die uns nicht gefallen... Das klingt nach einer Diktatur. Sollte die britische Regierung so weitermachen ... würde das eine gewaltige Erosion von Freiheit und Demokratie bedeuten. Die Regeln des Spiels wären dann in der Tat andere."
Gazeta Wyborcza (Polen), 17.01.2010
Ein kleines Dossier widmet die polnische Zeitung dem Umgang mit Minderheiten. Der Soziologe Antoni Sulek stellt die Ergebnisse einer langjährigen Studie zum Verhältnis der Polen zu den Juden vor. Im Hinblick auf die Bewertung der gemeinsamen Geschichte meint Sulek: "Der Umbau der Erinnerung wird kommen, wenn die Polen ihr Land modernisieren, ihren Platz unter den Nationen finden, und das alles auch noch als Erfolg anerkennen, als Grund zum Stolz und als Grundlage einer neuen Identität. Sobald sie Geschichte nicht mehr als Trost brauchen, werden sie die Geschichte und sich selbst etwas kritischer betrachten. Das wird auch ihre historischen Beziehungen zu den Juden umfassen. Vielleicht wird aber auch schon früher eine historische Erzählung entstehen, die die polnischen Kriegserfahrungen umfassender beschreibt. Darin wird sich ein Platz finden für den Untergrundstaat, organisierten Widerstand, individuelle Kollaboration, die Helden, die normale Mehrheit, für die, die Juden gerettet haben und die Verbrecher, die Juden verkauft haben. Ein solches Bild der eigenen Geschichte werden die Polen leichter akzeptieren können, ohne Ansehensverlust."
Natürlich haben die ukrainischen Präsidentschaftswahlen die die polnischen Medien interessiert. Erhielt doch die Orange Revolution große Unterstützung vom westlichen Nachbarn. Fünf Jahre später macht sich auch hier die Ernüchterung breit, schreibt Marcin Wojciechowski: "Es geht diesmal nicht um alles, wie damals. Damals lautete die Wahl Demokratie oder Autoritarismus. Ganz ernsthaft sagten junge Leute: 'Dafür ist es wert zu sterben'. Heute, egal wer gewinnt, bleibt die Ukraine eine unvollkommene Demokratie. Die Frage nach der Richtung - Russland oder Europa - bleibt weiterhin offen. Wenn es dem zukünftigen Präsidenten gelingt, die Politik etwas zu stabilisieren, dem Staat Lenkungskraft zu geben oder auch nur die Reformen ein wenig voran zu bringen, werden wir von einem großem Erfolg sprechen. Ob das Janukowytsch oder Tymoschenko sein werden, ist weniger wichtig - beide sind nicht vollkommen. Vielleicht ist es ein Zeichen von Normalität, dass die Wahlen eine von vielen Entscheidungen darstellen. Es gibt jedoch ein Problem: Während die Ukraine über sich selbst nachdenkt, steht die Welt nicht still, Stillstand bedeutet in Wirlichkeit Rückschritt. Aber das scheint die ukrainische Elite nicht zu sehen."
Natürlich haben die ukrainischen Präsidentschaftswahlen die die polnischen Medien interessiert. Erhielt doch die Orange Revolution große Unterstützung vom westlichen Nachbarn. Fünf Jahre später macht sich auch hier die Ernüchterung breit, schreibt Marcin Wojciechowski: "Es geht diesmal nicht um alles, wie damals. Damals lautete die Wahl Demokratie oder Autoritarismus. Ganz ernsthaft sagten junge Leute: 'Dafür ist es wert zu sterben'. Heute, egal wer gewinnt, bleibt die Ukraine eine unvollkommene Demokratie. Die Frage nach der Richtung - Russland oder Europa - bleibt weiterhin offen. Wenn es dem zukünftigen Präsidenten gelingt, die Politik etwas zu stabilisieren, dem Staat Lenkungskraft zu geben oder auch nur die Reformen ein wenig voran zu bringen, werden wir von einem großem Erfolg sprechen. Ob das Janukowytsch oder Tymoschenko sein werden, ist weniger wichtig - beide sind nicht vollkommen. Vielleicht ist es ein Zeichen von Normalität, dass die Wahlen eine von vielen Entscheidungen darstellen. Es gibt jedoch ein Problem: Während die Ukraine über sich selbst nachdenkt, steht die Welt nicht still, Stillstand bedeutet in Wirlichkeit Rückschritt. Aber das scheint die ukrainische Elite nicht zu sehen."
Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 15.01.2010

Außerdem zu lesen ist ein Vorabdruck aus Fabrizio Gattis Report "Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa": "Man versammelt sich im Autogare. 'Start um acht Uhr', heißt es vor dem Fahrkartenschalter."
Nepszabadsag (Ungarn), 16.01.2010

Point (Frankreich), 14.01.2010

Weltwoche (Schweiz), 13.01.2010

El Pais Semanal (Spanien), 10.01.2010
"Mathematik ist die reinste Droge" behauptet der britische Mathematiker Marcus du Sautoy im Gespräch mit Julia Luzan: "Wenn man eine mathematische Entdeckung macht, löst das einen Adrenalinschub aus wie nach Einnahme einer Droge. Das ist besser als Sex. Wenn du es einmal probiert hast, willst du immer mehr davon. Deshalb begeistern die Leute sich auch so für Sudokus. Mathematik ist ein Riesen-Sudoku. Allerdings ist es schwierig für jemanden, der nicht in der Sache drinsteckt, mitzubekommen, was alles in der Mathematik passiert. Deshalb schreibe ich Bücher und mache Fernsehsendungen. Ich möchte zeigen, dass es Genies gibt, die dabei sind, die Welt zu verändern. Normalerweise bekommen gerade einmal zehn Personen von ihren großen Entdeckungen etwas mit. Das ist schade. Denn eine wissenschaftliche Entdeckung wächst, je mehr Leute es gibt, die davon erfahren und sie kennen lernen."
Elet es Irodalom (Ungarn), 08.01.2010

The Nation (USA), 01.02.2010

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