Jacques Derrida, der von den heutigen Social Studies so schrecklich vereinfacht wurde, ist in Wirklichkeit einer, der
Dinge verkomplizieren statt vereinfachen will,
schreibt Julian Baggini in einer freundlichen Hommage, die auf die ebenso freundliche
Biografie Peter Salmons verweist. Ein Begriff, erläutert Baggini mit Derrida, ist
schon Gewalt, denn er trifft eine Unterscheidung, die mögliche alternative Sichtweisen ausschließt: Und das Laborieren der Sprach an diesem Problem ist die "
différance"! Man kann Derrida schon
aus den Umständen erklären, die ihn prägten: "Jackie Derrida, wie er genannt wurde, war 1930 in Algerien geboren worden, damals eine französische Kolonie, als Sohn weitgehend säkularer sephardischer Juden. Seine Kindheit macht spätere Reflexionen über Sprache, die unfähig sei, die
Ambiguitäten und Widersprüche dieser Welt abzubilden, und vor allem jene der Identität, verständlich. Er war Algerier, aber nicht Bürger Algeriens, Franzose, ohne Frankreich je gesehen zu haben, jüdisch, ohne ein jüdisches Leben zu leben, in einem arabischen Land, aber ohne Araber zu sein, zu dunkelhäutig, um von Europäern als Europäer angesehen zu werden, zu europäisch, um von den Afrikanern als Afrikaner gesehen zu werden. Kein Wunder, dass er später schreiben würde, dass
Identität 'niemals gegeben, verliehen oder erreicht ist, nur der unendliche und unbestimmt phantasmatische Prozess der Identifikation bleibt." Übrigens war er in seiner Kindheit auch nicht Bürger Frankreichs, erklärt Baggini, denn das
Vichy-Regime hatte den Juden das Privileg französischer Staatsbürgerschaft, das sie anders als die Araber genossen hatten, entzogen.