Magazinrundschau
BHL Ich mag diese chauvinistische Linke nicht
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
09.10.2007. Wie kann man noch links sein, fragt Bernard-Henri Levy im Nouvel Obs. Trouw feuert die niederländische Integrationsdebatte an. Il Foglio stellt den einzigen Indianer vor, der Mussolini unterstützte. Die New York Review of Books feiert das beste Buch über Mozart. Elet es Irodalom feiert Magda Szabo. Im New Republic erklärt Steven Pinker den semantischen Unterschied zwischen Liebemachen und ficken. Der New Statesman sucht nach dem Erbe Che Guevaras. Die New York Times fürchtet das englische Verleumdungsrecht.
Nouvel Observateur (Frankreich), 04.10.2007

Die "chauvinistische Linke" meldet sich in einem anschließenden, teilweise recht polemischen, Pro und Contra unverzüglich zu Wort. So poltert etwa der Philosoph Michel Onfray gegen die "syllogistischen Geschütze", die Levy in seinem Buch auffahre. "Wer könnte noch wagen, nicht wie BHL zu denken? Was steckt also dahinter? Die Verabscheuung der Linken 'von links' im Namen seiner Linken 'von rechts'; der Fetischismus eines liberalen Europas; eine Leidenschaft für Amerika als Trägerin der wahren Werte - ah! - dieser Satz, glänzend wie das Fallbeil der Guillotine: 'Antiamerikanismus ist eine Metapher des Antisemitismus'; (...) anders gesagt: ein ideologischer Korpus, sehr kompatibel mit der liberalen Rechten von Bayrou und Sarkozy - wenn nicht mit der 'Linken' von Segolene Royal..."
Ergänzt wird das Dossier um ein Gespräch zwischen Bernard-Henri Levy und dem Philosophen Alain Finkielkraut.
Weitere Artikel: der ehemalige Premierminister Dominique de Villepin plaudert mit dem Philosophen Regis Debray über die Eroberung und die Ausübung von Macht in Demokratien. Hingewiesen wird außerdem auf eine Zeitschriftenneugründung: die zweimonatlich erscheinende, ambitionierte Revue internationale des livres & des idees.
Trouw (Niederlande), 06.10.2007

Foglio (Italien), 06.10.2007
Im Jahr 1924, als sich die Faschisten das erste Mal den Wählern stellten, erhielt Benito Mussolini dringend benötigte Schützenhilfe von einem Indianer, erzählt Nicola Fanon. "Weißer Hirsch" war damals einer der Superstars von Italien. Die Frauen fielen reihenweise in Ohnmacht, die Plätze für seine Shows waren Monate im voraus ausgebucht. "Er war Schauspieler, halb Komiker, halb Politiker und halb ethnischer Schausteller. Er tourte monatelang durch Italien, nachdem er Europa abgeklappert hatte. In seiner Show präsentierte er sich als der Häuptling eines Stammes, der Jahrhunderte lang über ein riesiges Gebiet an der kanadisch-amerikanischen Grenze geherrscht hatte. Seine Spektakel bestanden zum Großteil aus eine Reihe von Kunststücken (Pistolenschießen, Axtwerfen) und indianischen Tänzen." Nebenbei trommelte "Weißer Hirsch" für die Faschisten. "Seine Unterstützung ist nicht zu unterschätzen. Auf seinen Shows beschwor er einen Sturm der Erneuerung herauf, er warb für die Befreiung von Regeln und von Althergebrachtem, von Institutionen und jeglichen demokratischen Konventionen."
ADN cultura (Argentinien), 06.10.2007
"Nicht in meinem Namen" - der Schriftsteller Javier Marias ärgert sich über die von ihm beobachtete Unsitte vieler spanischsprachiger Kollegen, Preise neuerdings immer "im Namen der spanischen Literatur" entgegenzunehmen: "Und dabei kommen sie sich auch noch großzügig und bescheiden vor, und als gute Patrioten sowieso, während sie in Wirklichkeit einen Besorgnis erregenden Größenwahn und geradezu krankhafte Anmaßung an den Tag legen. Mit schuld daran ist natürlich die Presse, die jeden individuellen künstlerischen oder auch sportlichen Erfolg als kollektive Großtat und Grund für vaterländischen Stolz präsentiert."
Weitere Artikel: Nazila Fathi stellt Mohsen Namjoo vor, den "Bob Dylan des Iran", dessen CDs im Iran bislang nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind, obwohl sie zugleich von lokalen Radiosendern gespielt werden. (s. und höre u.a. hier, mehr hier) Offensichtlich wenig beeindruckt von den Einwänden orthodoxer Musikkritiker hat Namjoo längst weiter gehende Pläne: "Ich will mit der Musik des Westens in Kontakt treten und mich von ihr herausfordern lassen; hierzulande ging alles viel zu einfach für mich." Interessant nicht nur für Buenos Aires-Reisende: Carmen Maria Ramos stellt ein großes Festival für Musik der Jesuitenmissionen aus dem 17. und 18. Jahrhundert vor, das am 9. Oktober eröffnet wird.
Weitere Artikel: Nazila Fathi stellt Mohsen Namjoo vor, den "Bob Dylan des Iran", dessen CDs im Iran bislang nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind, obwohl sie zugleich von lokalen Radiosendern gespielt werden. (s. und höre u.a. hier, mehr hier) Offensichtlich wenig beeindruckt von den Einwänden orthodoxer Musikkritiker hat Namjoo längst weiter gehende Pläne: "Ich will mit der Musik des Westens in Kontakt treten und mich von ihr herausfordern lassen; hierzulande ging alles viel zu einfach für mich." Interessant nicht nur für Buenos Aires-Reisende: Carmen Maria Ramos stellt ein großes Festival für Musik der Jesuitenmissionen aus dem 17. und 18. Jahrhundert vor, das am 9. Oktober eröffnet wird.
Gazeta Wyborcza (Polen), 06.10.2007

New York Review of Books (USA), 25.10.2007
Charles Rosen präsentiert das "beste Buch über Mozart": die 1920 erschienene Biografie "W.A. Mozart" des Hallenser Musikhistorikers Hermann Abert (mehr hier), die jetzt ins Englische übersetzt wurde und für Rosen die "befriedigendste, lesenswerteste und unterhaltsamste Arbeit" über den Komponisten ist, die man auf Englisch bekommen kann" (auf Deutsch gibt es das Buch nur noch antiquarisch): "Abert und seine Generation hauchten Mozart neues Leben ein, indem sie aus ihm einen Komponisten für das 20. Jahrhundert machten. Sie holten heraus, was sie für die dämonischen Aspekte von Mozart hielten, die dramatische Kraft und sogar die Gewalt. Damit erschufen sie eine Gestalt, die sich gründlich von dem anmutigeren, charmanteren, aber auch faderen Mozart unterschied, den das 19. Jahrhundert schätzte. Diese expressionistische Ästhetik, historisch fragwürdig wie sie ist, hatte einen zweiten Effekt: die historische Restauration der Art, wie Mozart vom 18. Jahrhundert gesehen wurde. Für seine Zeitgenossen war Mozart ein schwieriger Komponist, nicht nur schwer zu spielen, sondern auch schwer zu hören. Die anspruchvollsten Werke, so dachten sie, könnten nur von den größten Könnern aufgeführt werden. Es gab nicht nur zu viele Noten, vor allem gab es zu viele neue Ideen und neue Themen, die alle, eins nach dem anderen, über einen hereinbrachen."
Weiteres: Jonathan Freedland begutachtet, wie sich Gordon Brown in den ersten Monaten als Premier geschlagen hat, und findet es ganz erstaunlich, wie viel Sympathien diese zerknautschte Gestalt mit "einem Gesicht wie ein verregneter Wintermorgen in Fife" gewonnen hat. Rory Stewart erinnert an die "Königin der Wüste", Gertrude Bell, die es während des Ersten Weltkriegs zur ersten Offizierin der britischen Streitkräfte brachte und maßgeblich an der Entstehung des heutigen Iraks beteiligt war.
Weiteres: Jonathan Freedland begutachtet, wie sich Gordon Brown in den ersten Monaten als Premier geschlagen hat, und findet es ganz erstaunlich, wie viel Sympathien diese zerknautschte Gestalt mit "einem Gesicht wie ein verregneter Wintermorgen in Fife" gewonnen hat. Rory Stewart erinnert an die "Königin der Wüste", Gertrude Bell, die es während des Ersten Weltkriegs zur ersten Offizierin der britischen Streitkräfte brachte und maßgeblich an der Entstehung des heutigen Iraks beteiligt war.
Elet es Irodalom (Ungarn), 05.10.2007

Economist (UK), 05.10.2007

In weiteren Artikeln geht es um Abu Dhabis Versuch, sich als regionale Medienmacht zu etablieren, und um den in Berlin lebenden und weltweit agierenden Künstler Olafur Eliasson.
Besprochen werden unter anderem Judith Herrins Geschichte des Byzantinischen Reichs, David Halberstams posthum veröffentlichte Geschichte des Korea-Kriegs "The Coldest Winter", Arthur Lycetts Arthur-Conan-Doyle-Biografie und Conor O'Clerys Biografie des philantropischen Milliardärs Chuck Feeney.
New Republic (USA), 05.10.2007

Figaro (Frankreich), 04.10.2007
Unter der Überschrift "Zwei Berichte zur gleichen Geschichte" stellt der deutsche Historiker Ernst Nolte, Auslöser der Historikerstreits, die Erinnerungsbücher von Günter Grass ("Beim Häuten der Zwiebel") und Joachim Fest ("Ich nicht") an ihre Jugend in der Nazizeit vor und resümiert am Ende - für einen Historiker recht überraschend: "In 50 Jahren, wird man auf die Frage, wie die Deutschen (und Vertreter einiger anderer Nationen) den Rätseln und Schrecken der Geschichte des 20. Jahrhunderts gegenüber standen, antworten, dass niemand befugt ist, sich zu äußern, ohne die Bücher von Günter Grass und Joachim Fest gelesen zu haben."
Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Norman Mailer, dessen Roman "Das Schloss im Wald" (Langen Müller), in dem er versucht, den Wurzeln des Bösen über die Erforschung von Hitlers Kindheit beizukommen, nun auch in Frankreich erscheint.
Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Norman Mailer, dessen Roman "Das Schloss im Wald" (Langen Müller), in dem er versucht, den Wurzeln des Bösen über die Erforschung von Hitlers Kindheit beizukommen, nun auch in Frankreich erscheint.
New Statesman (UK), 04.10.2007

Outlook India (Indien), 15.10.2007

Al Ahram Weekly (Ägypten), 08.10.2007

New York Times (USA), 08.10.2007
In Großbritannien sieht das Recht bei Verleumdungsklagen die Beweislast beim Beschuldigten - damit sind, wie ein aktueller Fall beweist, Autoren leicht unter Druck zu setzen. Und nicht nur solche, die in Großbritannien publizieren: "Der aktuelle Fall hat die Besorgnis ausgelöst, dass das englische Verleumdungsrecht Autoren weit über die Grenzen Großbritanniens hinaus mundtot macht. Es unterliegt nämlich offenbar jedes Buch, das man in England online kaufen kann, auch dann dem englischen Verleumdungsrecht, wenn es ausschließlich in einem anderen Land veröffentlicht worden ist. Deshalb sind Verleger und Buchhändler in großer Sorge, dass sich etwas wie ein 'Verleumdungstourismus' entwickeln könnte: Ausländer, die andere Ausländer in England (oder anderswo) verklagen und die Urteil zur Einschüchterung von Autoren in anderen Ländern, die Vereinigten Staaten eingeschlossen, nützen."
Besprochen werden unter anderem die Tagebücher des liberalen Publizisten und Kennedy-Fahrensmanns Arthur J. Schlesinger, Philip Roths neuer Roman "Exit Ghost", Grahams Swifts Roman "Tomorrow", ein Buch über den Bollywood-Superstar Shah Rukh Khan und das Buch des Country-Sängers und Krimi-Autors Kinky Friedman über seinen gescheiterten Versuch, der erste jüdische Gouverneur von Texas zu werden.
Besprochen werden unter anderem die Tagebücher des liberalen Publizisten und Kennedy-Fahrensmanns Arthur J. Schlesinger, Philip Roths neuer Roman "Exit Ghost", Grahams Swifts Roman "Tomorrow", ein Buch über den Bollywood-Superstar Shah Rukh Khan und das Buch des Country-Sängers und Krimi-Autors Kinky Friedman über seinen gescheiterten Versuch, der erste jüdische Gouverneur von Texas zu werden.