Magazinrundschau
Ein zweiter Martini
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Freitag Mittag.
07.02.2014. Berlinalebedingt kommt die Magschau ein bisschen später als sonst - pardon! In der LRB schildert die Historikerin Barbara Taylor die Zeitlosigkeit der Verzweiflung in psychiatrischen Krankenhäusern. In Nepszabadsag erklärt der Philosoph Gáspár Miklós Tamás, warum er die metaphorische Geografie von "Westen" und "Osten" ablehnt. in Eurozine begibt sich Stephan Ruß-Mohl auf die Suche nach der europäischen Öffentlichkeit, findet sie aber nicht. Die New Republic zerreißt Benjamin Britten, aber nicht ganz. Und Atlantic zieht am Männerbart.
London Review of Books (UK), 01.02.2014

Magyar Narancs (Ungarn), 06.02.2014

Der Titel des Magazins ist Jancsó Miklós gewidmet (mehr zum Regisseur im Essay von Daniele Dell'Agli im Perlentaucher).
Eurozine (Österreich), 03.02.2014

Stephan Ruß-Mohl macht sich in Gegenworte (online in Eurozine) mal wieder Gedanken, über etwas, das es nicht gibt, aber geben sollte, die "europäische Öffentlichkeit". Allerdings begrenzt er Öffentlichkeit dabei auf den üblichen Journalismus und Europa auf die EU. Er stellt fest, dass der Journalismus den lokalen Horizont kaum je überscheitet - auch und gerade bei der Berichterstattung über Brüssel. Sein Lösungsansatz: "Jede Strategie, die dem Projekt Europa aufhelfen möchte, hätte zunächst bei den Kommunikatoren anzusetzen. Nur wenn es gelingt, unter Journalisten und anderen Medienschaffenden weiterhin eine weltoffene europäische Grundorientierung zu verankern, wird das Projekt Europa auch in den nächsten 50 Jahre florieren." Und dafür fordert er Geld. Natürlich aus Brüssel.
Nachtkritik (Deutschland), 06.02.2014
Nachtkritik präsentiert einen Vortrag des Theaterautors Ulf Schmidt, den er vor der Dramaturgieschen Gesellschaft gehalten hat, und der ziemlich ungemütliche Zahlen präsentiert. Theaterfunktionäre argumentieren gern mit der über Jahre gleichbleibenden Auslastung ihrer Häuser. Schmidt hat die Zahlen etwas anders aufgezäumt. Hier etwa die Zahl der Theaterbesuche (in tausend) über mehrere Jahrzehnte:

Und was machen die Theater? Sie blähen sich auf, erläutert Schmidt: "Für die 10 Millionen Zuschauer 1957/58 standen 129 Spielstätten mit 94.000 Plätzen zur Verfügung. Heute braucht es das Sechsfache an Spielstätten und das Dreifache an Plätzen, um die Hälfte der Besucher zu bekommen. Das liegt natürlich daran, dass immer mehr kleine Spielstätten benötigt werden." Um nämlich behaupten zu können, dass die Auslastung gleich bleibt! Schmidt fordert am Ende ein "agiles Theater", und ein Theater, das den Medienwandel reflektiert.

Und was machen die Theater? Sie blähen sich auf, erläutert Schmidt: "Für die 10 Millionen Zuschauer 1957/58 standen 129 Spielstätten mit 94.000 Plätzen zur Verfügung. Heute braucht es das Sechsfache an Spielstätten und das Dreifache an Plätzen, um die Hälfte der Besucher zu bekommen. Das liegt natürlich daran, dass immer mehr kleine Spielstätten benötigt werden." Um nämlich behaupten zu können, dass die Auslastung gleich bleibt! Schmidt fordert am Ende ein "agiles Theater", und ein Theater, das den Medienwandel reflektiert.
New Republic (USA), 04.02.2014

LA Review of Books (USA), 05.02.2014

Huffington Post fr (Frankreich), 04.02.2014
In Frankreich protestierten am Wochenende Zehntausende Erzkatholiken, Lepenisten und weitere Konspirationisten gegen ein Gesetz, das die Gender-Theorie an französischen Schulen verankern will. Die Psychoanalytikerin Elisabeth Roudinesco fühlt sich in der huffpo.fr durch die Demos an faschistische Umzüge in Frankreich erinnert, die fast auf den Tag genau vor achtzig Jahren stattfanden. Und "auch das Thema ist nicht neu, es existierte bereits in bestimmten apokalyptischen Diskursen des fin de siècle, die behaupteten, dass arbeitende Frauen, die ein volles Bürgerrecht erhielten, aufhören würden zu gebären und so die Grundlage der Gesellschaft zerstören würden, die somit einerseits den 'unfruchtbaren' - Sodomiten, Homosexuellen, Masturbatoren - und andererseits den sich ungehemmt vermehrenden Juden ausgeliefert werde."
Le Monde (Frankreich), 04.02.2014

Elet es Irodalom (Ungarn), 03.02.2014

Nepszabadsag (Ungarn), 06.02.2014
Ungarn schließt einen Deal mit Russland über die Erweiterung des ungarischen Atommeilers von Paks. Der ungarisch-amerikanische Historiker John Lukacs appellierte deshalb an die ungarische Führung, die Bindung an den Westen nicht mit einer Bindung an Russland einzutauschen. Der Philosoph Gáspár Miklós Tamás lehnt die Erweiterung des Meilers ab, aber ebenso die metaphorische Gographie von "Westen" und "Osten". Sein Artikel erschien in der Wochenendausgabe von Népszabadság. "Das Problem mit Putin ist nicht, dass er Russe ist, die von ihm Unterdrückten sind auch Russen, beziehungsweise nationale Minderheiten in Russland - das Problem ist das freiheitsfeindliche, antidemokratische, diskriminierende, chauvinistische, homophobe Wesen seines Systems. Die Metapher des 'Ostens' nimmt Unterdrücker und Unterdrückte unter einem Hut. Das ist unerträglich. Die Idee der Freiheit und der Emanzipation ist geographisch nicht beschränkt."
Guernica (USA), 01.02.2014

The Atlantic (USA), 03.02.2014
Auch bei uns ist er zurück: der Männerbart. Sogar in seiner wilhelminischen Form schmückt er derzeit diverse Models, die für schicke Label fotografiert werden. In The Atlantic erzählt Sean Trainor eine kleine Kulturgeschichte des Männerbarts seit dem 18. Jahrhundert. "Wie unzählig andere Geschichten ist auch diese voller Widersprüche. Sie beginnt mit weißen Amerikanern, die zur Zeit der Revolution Rasieren als eine Angelegenheit von "Minderwertigen" betrachteten. Sie geht weiter mit schwarzen Unternehmern, die es in eine Quelle von Reichtum und Prestige verwandelten. Und sie schließt mit der Anerkennung des Bartes - einer aus der Verzweiflung geborenen Mode, die sich in ein Symbol männlicher Autorität und weißer Überlegenheit verwandelte."
New Yorker (USA), 10.02.2014

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