Magazinrundschau
Gloriose Sex-Extras
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.10.2010. In Al Ahram fragen ägyptische Autoren, warum ihre Bücher auf der Buchmesse in Kuweit verboten wurden. In The New Republik zerlegt Lawrence Lessig den Facebook-Film. In Salon.eu.sk erinnert der Autor Drago Jancar an die Ermordung tausender Slowenen durch die Kommunisten. Rue89 berichtet über den tödlichen Werbeboykott gegen das marokkanische Magazin Nichane. In Nepszabadsag wundert sich Agnes Heller überhaupt nicht über den Niedergang der Demokratie in Ungarn. In Granta erklären vier pakistanische Autoren, wie man über Pakistan schreibt.
Al Ahram Weekly | Dawn | Granta | London Review of Books | New Republic | Salon.eu.sk | Rue89 | Nepszabadsag | New Statesman | Espresso | Literaturen
Al Ahram Weekly (Ägypten), 30.09.2010

Außerdem: Ati Metwaly bespricht eine Aufführung von "Figaros Hochzeit" an der Kairoer Oper (und ruft dem offenbar ziemlich ideenlosen Regisseur Abdalla Saad erbost zu: Diese Oper ist "Diese Oper ist "witzig; voller Bewegung, voller Satire, Gelächter und vor allem: Intelligenz!")
New Republic (USA), 01.10.2010
So sauer, wie ein Juraprofessor nur werden kann, verreißt Lawrence Lessig den Facebook-Film "The Social Network". Drehbuchautor Aaron Sorkin - der sich in Interviews damit brüstet, keine Ahnung vom Internet zu haben - hat einfach nicht verstanden, was das besondere an der Facebookstory ist. Nicht das Jungswunder Mark Zuckerberg, nicht die Idee eines sozialen Netzwerks. Sondern die Tatsache, dass Zuckerberg seine Idee mit weniger als 1000 Dollar ins Internet bringen konnte und niemanden um Erlaubnis fragen musste: keinen Provider, keine Universität, Institution oder Firma - weil das Internet frei und offen ist. "Es ist die Tragödie dieses Films, dass praktisch jeder Zuschauer das Wesentliche nicht verstehen wird. Praktisch jeder wird aus dem Kino kommen und denken, er verstünde Genie im Internet. Aber praktisch niemand wird das wirklich Geniale daran gesehen haben. Und das ist eine Tragödie, denn genau in dem Moment, in dem wir die Produkte dieser zwei Wunder - Zuckerbergs und des Internets - feiern, konspirieren Politiker aggressiv mit den Mächten der alten Welt, um die Voraussetzungen für diesen Erfolg zu beseitigen. Während die Netzneutralität wegverhandelt wird - durch eine Regierung, die angetreten war mit dem Versprechen, sie zu verteidigen - schrumpfen die Möglichkeiten der Zuckerbergs von morgen. Und dann werden wir in eine Welt zurückkehren, in der Erfolg von Genehmigungen abhängt. Und von Privilegien. Und von Insidern. In der weniger Menschen alles daran setzen, die nächste große Idee zu entwickeln."
(Ähnlich unzufrieden mit dem Film sind Nathan Heller in Slate - Heller war gleichzeitig mit Zuckermann in Harvard und hat die Uni zwar wiedererkannt, aber "nur aus Filmen wie 'Love Story' und 'The Paper Chase', mit meiner Erfahrung hat das nichts zu tun" - und Jeff Jarvis in der Huffington Post.)
(Ähnlich unzufrieden mit dem Film sind Nathan Heller in Slate - Heller war gleichzeitig mit Zuckermann in Harvard und hat die Uni zwar wiedererkannt, aber "nur aus Filmen wie 'Love Story' und 'The Paper Chase', mit meiner Erfahrung hat das nichts zu tun" - und Jeff Jarvis in der Huffington Post.)
Salon.eu.sk (Slowakei), 18.09.2010

Rue89 (Frankreich), 04.10.2010
Ghizlaine Khairi berichtet über das Aus für die marokkanische Wochenzeitschrift Nichane, die 2006 als arabischsprachiges Pendant der Zeitschrift TelQuel entstand. Neben der juristischen Verfolgung kritischer Journalisten hat vor allem ein inzwischen über ein Jahr anhaltender Werbeboykott dazu geführt, dass das Magazin eingestellt werden muss. "Der lähmende Werbeboykott gegenüber Nichane ist in der marokkanischen Medienwelt kein Einzelfall. Diese Technik gehört vielmehr zu einer Politik der Regierung, die gegen jede Publikation vorgeht, deren Linie als 'störend' gilt ... Die Botschaft dabei ist klar: Jede Publikation, die den 'roten Strich' überschreitet, wird blockiert. Wenn zu Beginn der Regentschaft von König Mohammed VI. gewisse Beobachter von einem journalistischen Frühling in Marokko gesprochen haben, präsentiert sich das Bild im Augenblick deutlich düsterer."
Nepszabadsag (Ungarn), 02.10.2010

New Statesman (UK), 01.10.2010

Der Filmemacher Erik Gandini ("Videokratie") spricht im Interview mit Daniel Trilling über Berlusconi und seinen Fernsehstaat: "Italien ist kein faschistisches Land, aber es gibt etwas Totalitäres in unserer Kultur, und zwar in einer sehr modernen Art. Diese Celebrity-Kultur hat ein Wertesystem geschaffen, das eigentlich ein System von Nicht-Werten ist, in dem nichts wirklich gilt. Ich glaube nicht, dass Lele Mora ein politisch überzeugter Faschist ist, er steht meiner Ansicht nach weniger für eine Ideologie als für ihre Abwesenheit, und das ist sogar noch beängstigender, denn in Italien besteht der Kern der Kultur in dem Druck, ständig Spaß zu haben."
Espresso (Italien), 01.10.2010

Literaturen (Deutschland), 23.09.2010

Frauke Meyer-Gosau hat in Wien den äußerst vielseitigen Schriftsteller Doron Rabinovici getroffen, dessen Roman "Andernorts" auch auf der Buchpreis-Shortlist steht. Sie spricht mit ihm über seine Bücher, sein politisches Engagement, seine verschiedenen Identitäten insgesamt: "Auch ich bin in Israel schlagartig ein anderer als hier", sagt Rabinovici. "In Österreich bezeichnet etwa das Einhalten der jüdischen Feiertage immer eine Differenz, es bedeutet, die Eigenheit nicht zu verleugnen. In Israel ist das nicht so: Der Orthodoxe trägt an Yom Kippur seinen Vorschriften gemäß keine Lederschuhe, der Nichtgläubige geht in Flip-Flops an den Strand."
Weitere Artikel: Ronald Düker liest Michael Hagners historische Fallstudie "Der Hauslehrer". Ebenfalls Ronald Düker hält die Werke des Fotografen Heinrich Kühn, die man in einem neuen Band studierenkann, für eine echte Wiederentdeckung. Der Kulturmanager Peter Raue beantwortet 13 Fragen.
Dawn (Pakistan), 03.10.2010
Über die miese Lage der Textilindustrie in Pakistan nach der Flut berichtet Dawn. Europa und Amerika sind angesichts hoher Arbeitslosenzahlen in den eigenen Ländern überhaupt nicht interessiert daran, der pakistanischen Textilwirtschaft auf die Beine zu helfen: "Pakistan hat Verbündete, darunter die amerikanische Handelskammer, die die Regelungen für den Wiederaufbau auf das gesamte Land ausweiten will, oder zumindest auf die von der Flut betroffenen Regionen. Diese Vorschläge stoßen auf starken Widerspruch der amerikanischen Textil- und Bekleidungsindustrie, die seit 2004 rund 250.000 Jobs - mehr als ein Drittel - verloren hat, laut dem National Council of Textile Organizations. 'Zu einer Zeit, da sich Amerika vom schlimmsten Wirtschaftseinbruch seit 80 Jahren zu erholen versucht, und gegen eine Arbeitslosigkeit auf historischem Rekordniveau kämpft, sollte die Regierung Obama als allerletztes einem Vorschlag zustimmen, der wichtige Arbeitsplätze in der Fertigung zerstört, erklärten amerikanische Textilindustriegruppen in einem Brief am 1. September, um gegen die Forderung der Handelskammer zu protestieren, die Regelungen in Anbetracht der Flut auszuweiten."
Und: Tehmina Khaled berichtet von einem stolzen Moment bei der show Bridal Asia 2010 in Neu Delhi: "Während es indischen Designern an Innovationen und Stil fehlt, schaffen ihre Gegenparts in Pakistans ständig neue Schnitte, Silhouetten und Muster. Sonya Battlas innovative Würfe, die fließenden und verführerischen Schnitte von Sana Safinaz und Shehla Rehman, die wandelbaren Silhouetten von Rizwan Beyg und Umar Sayeed zeugen lautstark von Kreativität und Talent."
Und: Tehmina Khaled berichtet von einem stolzen Moment bei der show Bridal Asia 2010 in Neu Delhi: "Während es indischen Designern an Innovationen und Stil fehlt, schaffen ihre Gegenparts in Pakistans ständig neue Schnitte, Silhouetten und Muster. Sonya Battlas innovative Würfe, die fließenden und verführerischen Schnitte von Sana Safinaz und Shehla Rehman, die wandelbaren Silhouetten von Rizwan Beyg und Umar Sayeed zeugen lautstark von Kreativität und Talent."
Granta (UK), 28.09.2010

Außerdem: Azhar Abidi reist durch das Swattal und versucht zu bestimmen, wann der Kreislauf der Gewalt in dieser Gegend begann. 1947? 1979? "Alexander der Große tobte 330 v. Chr. durch Afghanistan. Dschingis Khan zerstörte es 1221. Timur vergoss dort Blut, fünfhundert Jahre bevor Queen Victoria es tat. Danach kamen Breschnew, Tony Blair, Bush und die anderen. Vielleicht gab es nie ein Jahr Null."
London Review of Books (UK), 07.10.2010

Weitere Artikel: Zwar will James Lever, offensichtlich ein guter Kenner des Werks von Jonathan Franzen, gar nichtleugnen, dass der neue Roman "Freiheit" gut und an manchen Stellen hervorragend gemacht ist. Insgesamt aber ist es für ihn eher etwas wie eine "Fernseh-Miniserie: angenehm schlau, moderates Tempo, ein Cliffhanger hier und da." David Runciman liest die Memoiren Tony Blairs als Selbstzeugnisse eines Mannes, der nicht zuletzt daran scheiterte, dass er in den Griff zu bekommen versuchte und im Griff zu haben glaubte, was sich gar nicht in den Griff bekommen ließ. Besprochen wird außerdem Abbas Kiarostamis neuer Film "Certified Copy" mit Juliette Binoche, der für Michael Wood eine einzige Pein ist, aber eine der wohl auch beabsichtigten Art (hier drei Trailer zu dem Film).
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