Magazinrundschau
Ein Denkfehler
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
19.02.2008. Die New York Review of Books sieht die Zukunft Amerikas in einem Frisörladen. In der Gazeta Wyborcza erklärt der serbische Historiker Slavenko Terzic einen unabhängigen Kosovo für illegal. Die London Review of Books denkt über Moderne und Liberalismus nach. Im Nouvel Obs erzählt Edgar Morin, wie er zum radikalen Anti-Stalinisten wurde. Zanan ist tot, es lebe Zanan!, ruft Al Ahram. Die New York Times porträtiert den türkisch-kurdischen Politiker Abdullah Demirbas, der etwas weniger Assimilationszwang für Kurden und Armenier in der Türkei durchsetzen wollte.
New York Review of Books (USA), 03.03.2008
Historisches tut sich in den USA, glaubt der Schriftsteller Darryl Pinckney, schon am Abend der Primaries von New Hampshire hat er es in Harlem im Friseurladen gespürt: Der erste Schwarze steht davor, Präsident der USA zu werden. "Auch wenn Barack Obama dafür gepriesen wurde, die Hautfarbe nicht zum Wahlkampfthema zu machen und sich nicht als schwarzer Kandidat zu präsentieren, ist seine Hautfarbe entscheidend für seine Attraktivität. Schwarze wie Weiße können sich gleichermaßen von seinem gemischten Erbe angesprochen fühlen und von seiner partiellen Geschichte als Immigrant. Aber dies ist keine fabenblinde Wahl. Die Leute werden für Obama nicht trotz der Tatsache stimmen, dass er schwarz ist, oder weil er nur halbschwarz ist. Sie stimmen für ihn, weil er schwarz ist, und das ist ein ganz neues Gefühl in diesem Land und in der Präsidentschaftspolitik. Noch vor vierzig Jahren wurde Robert Kennedy heftig dafür kritisiert, als er sagt, wahrscheinlich könnte ein schwarzer Mann in fünfzig Jahren Präsident der USA werden. 'Heute abend werden wir siegen', sagte mein Friseur, Mr. Sherlock."
Weiteres: Joseph Cirincione untersucht, welchen nuklearen Bedrohungen die USA tatsächlich ausgesetzt sind. Sanford Schwartz begutachtet das filmische Werk Julian Schnabels. Besprochen werden die Ausstellung zu Lucian Freud im New Yorker Moma, Cees Nootebooms Roman "Paradies verloren" (und zwar sehr streng von J.M. Coetzee), die Schrift "Surrender Is Not an Option" des früheren amerikanischen UN-Botschafters John Bolton, Oliver Sacks' neues Buch "Musicophilia" und Michael A. Elliotts Geschichte der Kriege gegen die Indianer "Custerology".
Weiteres: Joseph Cirincione untersucht, welchen nuklearen Bedrohungen die USA tatsächlich ausgesetzt sind. Sanford Schwartz begutachtet das filmische Werk Julian Schnabels. Besprochen werden die Ausstellung zu Lucian Freud im New Yorker Moma, Cees Nootebooms Roman "Paradies verloren" (und zwar sehr streng von J.M. Coetzee), die Schrift "Surrender Is Not an Option" des früheren amerikanischen UN-Botschafters John Bolton, Oliver Sacks' neues Buch "Musicophilia" und Michael A. Elliotts Geschichte der Kriege gegen die Indianer "Custerology".
Gazeta Wyborcza (Polen), 16.02.2008

"Polen entstand nach dem Ersten Weltkrieg auch, indem die Integrität anderer Staaten verletzt wurde - die internationale Anerkennung kam danach. Das Argument, dass es einen polnischen Staat schon früher gab, spielt da keine Rolle, denn ein unabhängiges Palästina hat es nie gegeben, und sollten wir daraus schlussfolgern, dass es nicht entstehen dürfte?", fragt Dawid Warszawski. Zu Terzics Drohung meint er: "Wollen wir hoffen, dass vor der Reconquista Serbien und Kosovo Teil der EU werden. Das sollten wir beiden wünschen".
London Review of Books (UK), 21.02.2008

Besprochen werden außerdem eine ganze Reihe von Bänden mit Gedichten von Robert Creeley, Erez Manelas Studie "The Wilsonian Moment" über "die internationalen Ursprünge des anti-kolonialen Nationalismus" und Joel und Ethan Coens Cormac-McCarthy-Verfilmung "No Country For Old Men".
Espresso (Italien), 15.02.2008

Economist (UK), 18.02.2008

In weiteren Artikeln geht es unter anderem um die Krise der anglikanischen Kirche, die endgültige Abschaffung des Elektrischen Stuhls als Hinrichtungsinstrument in den USA, und darum, dass nach den gerade befriedeten Drehbuchautoren bald die Hollywood-Schauspieler streiken könnten. Rezensionen gibt es etwa zu Benazir Bhuttos postumem Buch mit dem nun bitter ironisch klingenden Titel "Versöhnung", Peter Careys neuem Roman "His Illegal Self" und zu George Romeros jüngstem Zombie-Film "Diary of the Dead".
Der Titel zeigt Barack Obama und fragt: "Aber würde er die Versprechen erfüllen?"
Nouvel Observateur (Frankreich), 14.02.2008

Al Ahram Weekly (Ägypten), 14.02.2008

Weiteres: Samir Farid berichtet von der Berlinale und die Reaktion auf den einzigen arabischen Film, Youssri Nasrallahs im Panorama gezeigten "Aquarium". Die Sichtbarkeit arabischer Filmemacher wird sicherlich durch das Festival von Abu Dhabi steigen, das im Oktober zum zweiten Mal stattfinden wird. "Verführerisch für alle Filmemacher wird vor allem der mit einer Million Dollar dotierte Hauptpreis sein - der höchste in der Geschichte internationaler Filmfestivals."
Spectator (UK), 18.02.2008

Elet es Irodalom (Ungarn), 14.02.2008
Die niederländischen Journalisten Runa Hellinga und Henk Hirs leben (mit einigen Unterbrechungen) seit 1989 in Ungarn. Inwieweit man sich hier als Ausländer einleben kann, darüber sprechen sie im Interview mit Tibor Berczes. "Seitdem wir die Sprache mehr oder weniger beherrschen, ist es deutlich einfacher geworden, mit Ungarn in Kontakt zu kommen", erklärt Henk Hirs. "Nicht nur wegen der Verständigung, sondern auch, weil viele Ungarn es ausdrücklich schätzen, dass man sich angestrengt hat. Mir ist aber auch aufgefallen, dass die Ungarn dazu neigen, ihre Sprache zu mystifizieren. Wie oft habe ich schon gehört, dass 'der ungarische Wortschatz der reichste' sei und dass die ungarische Sprache 'eine Ausdruckskraft sondergleichen' besitze. Natürlich behaupten das meistens Leute, die keine andere Sprache beherrschen. Hier muss etwas erwähnt werden, das beleidigend klingen mag, aber es wäre besser, sich damit zu konfrontieren und dagegen anzukämpfen: die Provinzialität. Viele Leute sehen und kennen nur ihre eigene Welt und können sich nicht einmal vorstellen, dass die Dinge auf der Welt auch anders sein können - und eben oft auch anders sind. Provinzialität gibt es natürlich auch in Holland, aber vielleicht ist sie dort weniger ausgeprägt."
New York Times (USA), 17.02.2008

In der Book Review wird Mark Harris' Band "Pictures at a Revolution" (Auszug) vorgestellt, der anhand von fünf prägenden Filmen des Jahres 1967 (darunter die "Reifeprüfung") die Geschichte von New Hollywood aufgreift. Francis Fukuyama bespricht Samantha Powers Buch über den im Irak ermordeten UN-Unterhändler Sergio Vieira de Mello. Und Rachel Donadio erinnert in einem Essay an den Mitbegründer der legendären Paris Review (mehr hier) Harold L. Humes, der die letzten Jahrzehnte seines Lebens in geistiger Umnachtung verbrachte.