Cees Nooteboom

Paradies verloren

Roman
Cover: Paradies verloren
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518417263
Gebunden, 159 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Das Beste, was Gott für die Literatur hat tun können, war die Vertreibung aus dem Paradies, meint Cees Nooteboom. In seinem Roman lässt er zwei junge Frauen im Australien der Aborigines nach dem Garten Eden suchen. Ein kurioses Engel-Festival in Perth verleiht den Teilnehmern wie der Phantasie Flügel und wird zum Fixpunkt von geistreichen Bemerkungen über die Literatur und die Liebe."

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Cees Nooteboom ist nicht nur einer der besten lebenden Autoren, sondern auch einer der trickreichsten. Wie die wirklich guten Zauberer kann er es sich leisten, uns seine Techniken zu erklären, sie ganz langsam vorzuführen - exakt in dem Augenblick, da wir uns sicher sind, ihn zu durchschauen, da hat er uns. Wir sind ihm in die Falle gegangen, sind ihm wieder verfallen. Nun wickelt er uns den Rest des Buches um den kleinen Finger. Wir freuen uns, wo er es will. Wir sind traurig, wo er uns befiehlt traurig zu sein. Er hat uns hypnotisiert bis zur letzten Seite. "Paradies verloren", sein neuester Roman, großartig übersetzt von Helga van Beuningen, beginnt derartig fulminant, dass es danach - so denkt der ahnungslose Leser, der ahnungsreiche denkt an Italo Calvino - nur schwächer werden kann...
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.10.2005

"So radikal und illusionslos war Cees Nooteboom selten." Überaus angetan zeigt sich Rezensentin Verena Auffermann von dieser "vertrackten Parabel der Desillusionierung". Mit Zurückhaltung erzähle der Autor von einem dramatischen Höllensturz: Nachdem Alma in der Hölle Sao Paulos von einem Rudel Männer vergewaltigt wurde, flieht sie mit ihrer Freundin Almut in die australische Wüste, um mit Hilfe eines Aborigines ihr Trauma zu überwinden. Beeindruckend findet Auffermann die zahlreichen Brechungen, doppelten Ebenen und unterschiedlichen Sprachstile, die Nooteboom wie immer meisterlich handhabt. Etwa, wenn er den Roman mit einer kleinen "selbstverliebten Volte" beginnen lässt, in der eine attraktive Frau auf dem Flug zwischen Friedrichshafen und Berlin-Tempelhof mit dem Lesen seines Buchs "Paradies verloren" beschäftigt ist. Die Rezensentin hebt hervor, dass Nooteboom nicht mit romantischen Rettungsideen hantiere. Seine Welt sei nicht zu retten. Vielmehr sei Nootebooms kleiner Roman eine aus mehreren Erzählsträngen zusammengesetzte "Schule des Lebens".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.08.2005

Im Grunde habe Cees Nooteboom schon immer von Paradiessuchern erzählt, erläutert Rezensent Roman Bucheli, diesmal begegneten sich zwei Menschen, die das Leben schon aus vielen Paradiesen vertrieben habe, bei einer Reise in ihr "Sehnsuchtsland" Australien. Die Brasilianerin Alma suche auf den Traumpfaden der Aborigines, und treffe schließlich auf den niederländischen Literaturkritiker Erik. "Kunstvoll" und "verschlungen", so der Rezensent, erzähle Nooteboom diese weitere Vertreibungsgeschichte, denn die Sehnsucht nach Liebe bleibe selbstverständlich unerfüllt. Für die Dramaturgie des Romans steuerten ein Prolog und ein Epilog sowohl eine "rätselhafte" Rahmengeschichte und wiederum -Reise bei, als auch viele motivische Verknüpfungen wie zum Beispiel John Miltons Epos "Paradise lost". Nootebooms Roman, lobt hingebungsvoll der Rezensent, lebe von einer "schwerelosen Heiterkeit" im Wechsel mit "großem Ernst".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.08.2005

Der Rezensent Gerrit Bartels durchläuft bei der Lektüre des neuen Romans von Cees Nooteboom, in dem das Unterwegs-Sein wieder eine zentrale Rolle spielt, ein echtes Wechselbad der Gefühle. Zwischendurch, in der Episode, die sich um australische Aborigines dreht, sieht er den von ihm eigentlich geschätzten Autor nämlich in "karitativ-esoterischen Kitsch" abdriften. Dass das gerade noch erträglich bleibt, ist nach Bartels Meinung vor allem der bodenständigen Freundin der Protagonisten Anna zu verdanken. Doch später rückt eine andere Person, der Literaturkritiker Eric Zondag, in den Mittelpunkt, und die Geschichte bekommt noch einmal einen frischen Dreh. Am Ende sind beide Protagonisten "ewig und wahre Reisende? geworden - und das ist im Kontext eines Nooteboom-Romans ein echtes Kompliment.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.08.2005

Cees Nooteboom hat ein "federleichtes, anstrengungsloses" Buch geschrieben mit "Paradies verloren", urteilt Jochen Jung. Das Werk ist außerdem so kurz, wie gute Bücher nach Auskunft des Autors sein sollten. Es geht um zwei Freundinnen, Alma und Almut, die sich aus den Favelas von Sao Paulo auf den Weg machen ins Land ihrer Sehnsucht - und das heißt Australien. Alma ist in Brasilien vergewaltigt worden, und ihr Trauma sucht sie nun zu überwinden in den Armen eines australischen Ureinwohners. Dabei rutscht dem Autor, findet Jung, dann und wann die Feder aus; da macht sich Nooteboom - was offensichtlich als Kritik gemeint ist - zum "Coelho für die gehobenen Stände". Aber der Rezensent verzeiht seinem Autor diese "lässlichen Ausrutscher" allein schon für die Meisterschaft, mit der er den Eindruck zu erzeugen vermag, es genügten ein paar Beobachtungen an Bord eines Fliegers von Friedrichshafen nach Berlin, um daraus ein Buch zu komponieren, das den Leser zwar nicht auf Jahre hinaus beschäftigen wird, von dem aber doch in jedem Fall dieses eine Bild bleibt: Wie eine Frau, als Engel verkleidet, in Perth in einem Schrank auf ihre Entdeckung wartet. Des Weiteren kommen noch ein holländischer Literaturkritiker, die Mayr-Diät, eine Zugfahrt nach Moskau, der in Beziehung zum Titel stehende John Milton und zahlreiche hingetupfte "Glanzlichter" vor. Der Übersetzerin macht Jung ein Riesenkompliment für ihre Arbeit, er vergleicht sie beinahe mit einem Engel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.07.2005

Wer dachte, er würde von Rezensent Martin Lüdke etwas über den Gang der Handlung erfahren, hat sich verrechnet. Eben weil gerade darin, wie Lüdke seine narrative Sparsamkeit begründet, nämlich in der "wundersamen Balance zwischen Handlung, Stoff und Gehalt" und der Art, wie sich am Ende alles zusammenfügt und rückblickend schlagartig erhellt, besteht der Reiz dieses meisterhaften Buches. Und dass es meisterhaft ist, daran lässt der Rezensent keinen Zweifel aufkommen. "Mit Anmut und Übermut" habe Nooteboom "ein Alterswerk" geschaffen, das alle seine Motive bündelt und "ihn auf der Höhe seines ganzen Könnens zeigt". Ausgehend von dem "kleinen Unterschied" zwischen zwei Varianten der Schöpfungsgeschichte, in der auf der einen Seite Gott Adam und Eva eigenhändig aus dem Paradies vertreibt und auf der anderen Seite Engel - als Pufferzone - den Rausschmiss übernehmen, greift Nooteboom das Adorno-Motto "Scham sträubt sich dagegen, metaphysische Intentionen unmittelbar auszudrücken" auf, um es, zusammen mit der Frage nach Schein und Sein, "ebenso drastisch wie realistisch, endgültig zu beantworten". Er zeige leichthändig und dennoch unmissverständlich auf, so der Rezensent, dass metaphysische Bedürfnisse omnipräsent sind. Und was dem Rezensenten daran besonders gefällt: "Nooteboom moralisiert nicht, er urteilt nicht einmal", sondern "beschreibt nur, listig, immer sanft ironisch".

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