Magazinrundschau
Ach, Glass!
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
30.07.2013. Die LRB beschreibt die Spaltung Ägyptens. Micromega porträtiert den neuen Papst. Vice konstatiert, dass pädophile Priester von der Katholischen Kirche besser versorgt werden als Nonnen. Salon schildert die zivilisierende Wirkung von Gruppensex. Slate.fr sucht ein Taxi in Paris. El Pais Semanal hebt die Moral der Zwangsgeräumten. In The Brooklyn Rail spricht Joshua Oppenheimer über seinen gefeierten Dokumentarfilm "The Act of Killing". Das TLS begutachtet den sportlich-industriellen Komplex rund ums Cricket.
London Review of Books (UK), 08.08.2013

Weitere Artikel: Ghaith Abdul-Ahad war bei den Auseinandersetzungen um den Taksimplatz in Istanbul hautnah dabei. Andrew O'Hagan besucht eine Jugendstrafanstalt in Kandahar, wo ihm die inhaftierten Kinder und Jugendliche ihre Lebensgeschichte zu Papier bringen. Michael Wood schaut sich nochmals den großen 70mm-Schinken "Cleopatra" an. John Barrell besucht eine Ausstellung mit Arbeiten von L.S. Lowry in der Tate Modern.

MicroMega (Italien), 29.07.2013

Vice (USA), 24.07.2013

Der Südsudan, das jüngste Land der Welt, hat diesen Monat seinen 2. Geburtstag gefeiert. Es gab keine fröhliche Party, erzählt Jack Barry, denn das Land scheint kurz vor einem Bürgerkrieg zu stehen: "Jeder kämpft gegen jeden und die einzigen Menschen, die nicht kämpfen, misstrauen jenen, die sie beschützen sollen. Zwei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung muss man sich echte Sorgen um den Südsudan machen."
Salon.com (USA), 28.07.2013

New York Magazine (USA), 29.07.2013

Den guten alten Zeiten trauert offenbar auch New-York-Autor Boris Kachka nach, der in seinem Buch "Hothouse" die Geschichte des amerikanischen Verlagshauses Farrar, Straus & Giroux beschreibt. Gegründet von charismatischen Verlegern, die Sex, Martinis und lange Mittagessen genossen, während sie - immer am finanziellen Abgrund balancierend - die aufregendsten Autoren entdeckte. Mitte der 90er konnten sie beim großen Bieten um Autoren nicht mehr mithalten und wurden von Holtzbrinck übernommen. Da war dann Schluss mit lustig. Nach der Lektüre des Buchs starrte John Galassi, langjähriger Mitarbeiter von FSG, der von den guten alten Zeiten nur noch das Ende mitbekommen hatte, "in den Spiegel und fragte sich: Bist du wirklich das introvertierte, distanzierte Firmenwerkzeug, das Boris aus dir macht? [...] Alles hat sich verändert - nur das Verlegen nicht: einen erstaunlichen Autor entdecken, mit ihm arbeiten, um sein Buch zum besten und bestaussehendsten zum machen und dies der Welt mitzuteilen. In Kachkas Version ist Verlegen heute nur 'Marketing Chuzpe'. War es das nicht immer?"
Slate.fr (Frankreich), 29.07.2013

Open Letters Monthly (USA), 01.07.2013


El Pais Semanal (Spanien), 28.07.2013

New York Review of Books (USA), 15.08.2013

Kein Journalist ist so gut über die NSA informiert wie James Bamford, der seit Jahren zu dem Thema recherchiert (hier seine Artikel bei Wired). Für die Leser der NYRB hat er noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse aus dem jüngsten NSA-Skandal zusammengefasst. Telefon und Internet werden gleichermaßen überwacht. Was die Internetkommunikation angeht, liefen 2002 über 99 Prozent der gesamten Internetkommunikation weltweit an irgendeinem Punkt durch die USA. "Diese Daten abzugreifen ist möglich durch eine Kombination von Techniken. Am wirksamsten ist die, bei der die NSA direkten Zugang zu den Glasfaserkabeln hat, durch die heute fast alle Kommunikationsdaten fließen. Nach einem Papier, das Snowden veröffentlicht hat, wird dieses Abfangen der durch Kabel fließenden Kommunikation Upstream genannt und es wird beschrieben als 'eine Sammlung von Datenströmen in Glasfaserkabeln und anderen Infrastrukturen'. Dieses Programm scheint sowohl sehr viel geheimer als auch sehr viel eingreifender zu sein als das von Snowden enthüllte Prism-Programm. Obwohl Prism der NSA Zugang zu Daten individueller Internetfirmen wie Yahoo, Google und Microsoft verschafft, behaupten die Firmen, der NSA keinen direkten Zugang zu ihren Servern zu geben. Mit Upstream dagegen hat die NSA direkten Zugang zur den Glasfaserkabeln und der sie unterstützenden Infrastruktur, die nahezu den gesamten Internet- und Telefonverkehr des Landes trägt."
Außerdem: Was der NSA doch noch durch die Lappen geht, beschafft dann der britische Geheimdienst GCHQ mit seinem Tempora-Programm. So gesehen ist es ziemlich absurd, wie Timothy Garton Ash in den einleitenden Absätzen zu einem Artikel über die Rolle Deutschlands in Europa ausgerechnet Ängste vor den Deutschen beschwichtigen will. Nathan Thrall denkt über die Zukunft Israels nach. William Luers, Thomas R. Pickering, Jim Walsh machen Vorschläge, wie sich die Beziehung der USA zum Iran verbessern ließe. Auf Martin Scoreses Artikel über die Sprache des Films haben wir schon letzte Woche hingewiesen.
Monde (Frankreich), 25.07.2013

Times Literary Supplement (UK), 27.07.2013

Philip French freut sich, dass zwei neue Biografien von David Luhrssen und Joseph Horowitz neues Licht auf den Regisseur Rouben Mamoulian werfen, der ein "meisterhafter Stilist" gewesen sei, für einen Platz im Olymp der großen Regisseure aber offenbar nicht die rechte Unbescheidenheit hatte: "'Rouben Mamoulian war kein typischer Hollywood-Regisseur', erinnert sich Marlene Dietrichs Tochter, 'er trug nicht wie Stroheim Reitstiefel und Gerte, er hatte nichts von Cecil B. DeMilles Großspurigkeit... Er war ruhig. Er war nicht nur still, er war absolut still."
New Yorker (USA), 05.08.2013

Weiteres: Ariel Levy erzählt die Geschichte der Bloggerin Alexandria Goddard, deren Netz-Recherche und -Engagement dazu führte, dass zwei Mitglieder einer High-School-Football-Manschaft in Steubenville wegen Vergewaltigung einer betrunkenen Schülerin verurteilt wurden; bedeutsam ist dabei die - teilweise durchaus zweifelhafte - Rolle der soziale Medien inzwischen auch im juristischen Bereich (siehe zu diesem Thema auch weiter unten die New York Times). James Wood bespricht David Gilberts zweiten Roman "& Sons". Und David Denby sah im Kino James Ponsoldts Komödie "The Specatcular Now", Maggie Careys High-School-Komödie "The To Do List" und Paul Schraders Erotik-Thriller "The Canyons" nach einem Drehbuch von Bret Easton Ellis.
City Pages (USA), 24.07.2013

Economist (UK), 27.07.2013

Die Daily Show bringt die Misere auf den Punkt:
Außerdem hat sich der Economist zum Lesen an den Strand zurückgezogen: Er schmökert begeistert im zweiten Band von Reiner Stachs Kafka-Biografie, informiert sich mittels einer neuen Studie über den koreanischen Bürgerkrieg, beschäftigt sich mit den letzten 100 Tagen John F. Kennedys und erfährt, dass Jesus vielleicht doch nicht so friedliebend gewesen ist.
Brooklyn Rail (USA), 15.07.2013

Geliefert wird zudem der zweite Teil des geradezu episch ausführlichen Gesprächs mit dem österreichischen Experimentalfilmemacher und rigorosen Filmmaterial-Verfechter Peter Kubelka (hier der erste Teil). Lesenswert ist das Gespräch schon wegen der Nachfrage von Kubelkas langjährigem Freund Jonas Mekas, wie genau das damals in den 60ern lief, als Kubelka Judomeister von New York wurde. Interessant sind aber auch Kubelkas Einschätzungen, was Film als Material betrifft: "Ich halte es auch nicht für falsch, wenn in Zukunft nur noch Filmmuseen Filmkopien zeigen können. Dadurch wird dies etwas sehr wertvolles. Für mich ist aber von Belang, dass Filmmuseen Filme auch wirklich auf Film zeigen. Ich würde dazu raten, digitale Werke einem anderen Museum zu überlassen. Ein Filmmusem ist kein Ort, an dem man sich über jüngste Entwicklungen im visuellen Bereich informiert, sondern ein Ort, wo Dosen voller Filmstreifen gesammelt werden. Und es sollte allein diese Filmstreifen zeigen, damit Leute, die sich das anschauen, sehen, was dies einst war."
Weiteres: Der türkische Aktivist Bengi Akbulut erklärt Robert S. Eshelman die Hintergründe der Revolte vom Taksimplatz. Außerdem offenbart Margarete von Trotta Gregory Smulewicz-Zucker im Gespräch über ihren Film "Hannah Arendt", dass sie sich hinsichtlich des Filmemachens für einen Dinosaurier hält.
New York Times (USA), 28.07.2013

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