Magazinrundschau

Kompositionen im Kopf

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
13.07.2010. Das Schweizer Magazin erklärt, warum einige Akademikerkinder einfach missraten. Caffe Europa findet mit Ulrich Beck: Bei Religion kommt's auf den Mix an. Der Boston Globe erklärt, warum Fakten nicht im Widerspruch zu Überzeugungen stehen. In Le Monde fürchtet Michel Onfray die Sprache des Empire. Der New Statesman begutachtet ein neues Phänomen: Supertaskers. Das TLS liest ein Buch über die Anarchisten des 19. Jahrhunderts. Outlook India und die NYT widmen sich dem Terror in Indien, Pakistan und Jemen.

Das Magazin (Schweiz), 26.06.2010

Tja, da hat man sich mit harter Arbeiter nach oben gekämpft, wurde Mediziner, Jurist, Unternehmer. Hat seinem Kind alle Möglichkeiten geboten. Und was will es werden? Stewardess. Rico Czerwinski erzählt in einer Reportage von Akademikerkindern, die nicht den Weg ihrer Eltern gehen wollen. Zum Beispiel Daniel, Sohn eines Rechtsanwalts, der nicht studiert hat, sondern Bauer wurde. "Auf seinem Bauernhof nimmt Daniel im letzten Abendlicht einen Wasserschlauch in die Hand, reinigt das Pflaster. Ein Fest soll morgen für Freunde und die Familie stattfinden. Doch sein Vater findet: 'Keinen Tag kann ich dort sein. Die nerven mich alle.' Auch seine älteste Tochter Lea meint, schwierig sei es, über die Jahre wirklich engen Kontakt mit dieser so anders funktionierenden Welt zu erhalten. 'Daniels Familie macht einfach vieles anders. Sie erziehen ihre Kinder anders. Sie ernähren sich teilweise anders. Leichten Herzens habe ich meine eigenen Kinder, als sie noch klein waren, nicht am Wochenende zu denen von Daniel gegeben. Wissen Sie, wie oft sie dort TV schauen? Und welche Programme? Und dazu Discounter-Süßkram. Kürzlich brach sich Daniels Ältester ein Bein. Bei einem Kickbox-Training! Der Junge ist 11!'"
Archiv: Das Magazin

Polityka (Polen), 09.07.2010

Was ist ein wahrer Pole? Auch während des Präsidentschaftswahlkampfs war das mal wieder kräftig umstritten. Adam Szostkiewicz überlegt (hier auf Deutsch), was es hier und heute bedeutet, Pole zu sein. "Verbinden sich damit Pflichten und wenn ja, welche? Völker, die immer frei waren oder ihre Unabhängigkeit nur für kurze Zeit verloren haben, diskutieren solche Dinge selten. Es ist wesentlich einfacher, verbissene Diskussionen über das eine oder andere '-tum' in Völkern mit Traumata zu finden, oder noch leichter bei verhältnismäßig jungen Völkern wie den Litauern, oder solchen, die zum ersten Mal in der Geschichte ihren eigenen, gänzlich unabhängigen Staat genießen können wie die Ukrainer. Bezeichnend ist, dass unsere Nachbarn ein Problem mit dem Polentum haben. Sie verstehen es als Bedrohung ihrer eigenen Identität. Als hätten sie die alte historische und kulturelle Gemeinschaft vergessen, als - nennen wir es einmal so - die polnische Zivilisation wie ein Magnet die Eliten angezogen hat."
Archiv: Polityka

Caffe Europa (Italien), 05.07.2010

Nach zwei Jahren ist Ulrich Becks "Der eigene Gott" ins Italienische übersetzt worden. Marco Marzano gefällt genau das, was in Deutschland kritisiert wurde: Becks Optimismus in Bezug auf den Religionen-Mix der Zukunft. "Einer der großen Vorzüge von Becks Werk ist darin zu sehen (eine wunderbare Ausnahme im gegenwärtigen Panorama linken Denkens!), dass er keine Nabelschau betreibt, dass er nie einer nostalgische Regung nachgibt. Im Gegenteil, er betont, welche Chancen der soziale Wandel mit sich bringen wird. Er sieht die alten Religionen durch den Filter der Säkularierung als Befriedungsinstrument und nicht als Konfliktherd. Er glaubt an den Triumph des persönlichen Gottes, in den alle Werte der überkommenen Religionen eingebaut werden und als Reservoir für das staatsbürgerliche Handeln dienen. Das ist ein sehr faszinierendes Szenario, vor allem für die säkularen Intellektuellen, die endlich mit Würde an die großen religiösen Traditionen anknüpfen könne."
Archiv: Caffe Europa
Stichwörter: Linkes Denken, Optimismus

Al Ahram Weekly (Ägypten), 08.07.2010

Die arabische Welt sollte aufhören, von der Türkei Erfüllung ihrer politischen Träume zu erhoffen, schreibt Azmi Bishara. Die Türkei habe ihre eigene Art mit innen- und außenpolitischen Problemen umzugehen, die auch auf ihrer Geschichte beruhe. Das gelte ganz besonders für das Verhältnis zu Israel: "Die Art, wie die Türkei ihren Streit mit Israel austrägt, ist einem Land angemessen, das sich im Frieden mit Israel befindet. Sie ist effektiv, eben weil sie in diesem Kontext stattfindet. Wenn Länder oder Bewegungen, die sich in einem Kriegszustand mit Israel befinden (oder in einem mutmaßlichen Kriegszustand), versuchen, den türkischen Stil der Gespräche und Aktionen nachzuahmen, wird das nicht effektiv sein. Damit diese Länder ebenfalls effektiv agieren können, müssen sie ganz anders handeln. Entweder tun sie das jetzt oder sie warten, bis sie es tun können. Der Versuch, die türkische Verhandlungsart mit Israel zu imitieren, kann nur als eine Form des Zurückweichens betrachtet werden."

Außerdem: Abgedruckt ist ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen Islamwissenschaftler Nasr Abu-Zaid aus dem Jahr 1995, kurz nachdem ihn ein Gericht wegen Apostasie von seiner Frau zwangsgeschieden hatte. Ein mildes Urteil, wo auf Apostasie doch eigentlich der Tod steht. Aber dies immerhin hat Hauptankläger Abdel-Sabour Shahin nicht gefordert, so die Interviewerin. Darauf Abu-Zaid: "Oh, ich sollte darüber sehr glücklich sein. Ruhm für Shahin, wir sollten ihn alle um Buße bitten. Aber ich weiß wirklich nicht, auf welcher Basis er zu diesem Dispens kommt, den die Vorfahren, deren Ansichten er vertritt, sehen das ganz anders."
Archiv: Al Ahram Weekly
Stichwörter: Zaid, Abu

Boston Globe (USA), 11.07.2010

Es ist eine Tatsache, dass keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden wurden. Trotzdem glauben viele Leute, dass es diese Waffen im Irak gab. Woran liegt das? Joe Keohane untersucht das bekannte, aber doch immer wieder verstörende Phänomen, dass Fakten kaum jemanden von falschen Überzeugungen abbringen können. Ein Phänomen, das man bei Rechten, Linken und Unpolitischen findet, bei Ungebildeten ebenso wie bei Gebildeten: "Eine 2006 veröffentlichte Studie von Charles Taber und Milton Lodge von der Stony Brook Universität zeigte, dass politisch anspruchsvolle Denker noch weniger für neue Informationen aufgeschlossen sind als weniger anspruchsvolle. Diese Leute mögen in 90 Prozent aller Fälle Recht haben, aber ihr Selbstbewusstsein macht es ihnen nahezu unmöglich, die zehn Prozent zu korrigieren, in denen sie absolut falsch liegen."
Archiv: Boston Globe
Stichwörter: Irak, Boston

Tygodnik Powszechny (Polen), 11.07.2010

Die polnische Bildhauerin Magdalena Abakanowicz zählt international zu den renommiertesten Künstlern. "In Polen selbst aber schafft man es nicht, sie neu zu lesen, ihrem Werk neue Fragen zu stellen, eine Interpretation zu riskieren", schreiben Agnieszka Sabor und Piotr Kosiewski. Ein wenig schuld sei Abakanowicz auch, weil sie über ihre Ausstellungen selbst bestimmen will. "Es ist der Künstlerin nicht gut bekommen, dass sie so schnell zur Klassikerin erklärt wurde. Nachdem man ihre Größe deklariert hatte, wurde sie gewissermaßen für weniger aktuell gehalten. Dabei kann die schon 'gezähmte' Kunst oft mit neuen Inhalten oder Neuinterpretationen überraschen." Entsprechend ambivalent fallen für die Rezensenten auch zwei monografische Schauen aus, die momentan in Krakau und Warschau gezeigt werden.

Erinnert wird außerdem an das Plebiszit in Ostpreußen vor genau 90 Jahren, das die Hoffnung des wiedererstandenen Polen auf einen günstigeren Verlauf der Nordgrenze begrub. Jerzy Pomianowski und Pietro Marchesani diskutieren über die Rezeption polnischer Poesie in Italien. Und Inga Iwasiow lobt den neuesten Gedichtband der deutsch-polnischen Autorin Brygida Helbig (hier ihr Blog mit Werkbeispielen).

Mediapart (Frankreich), 11.07.2010

Die Artikel des französischen Online-Magazins Mediapart kann man in der Regel nicht lesen - Mediapart ist zahlbar, ein ziemlich einmaliges Experiment in der internationalen Medienszene. Geleitet wird es von Edwy Plenel, ehemals Chefredakteur von Le Monde. "Merci!" ruft er jetzt den Lesern zu, denn Mediapart hat die Affäre Bettencourt maßgeblich enthüllt, wurde daraufhin scharf von der französischen Regierung angegriffen - und bekam zahlreiche neue Abos: "Mediapart kann es kaum fassen. Wie sollen wir unsere Bewegung verbergen angesichts so massiver Unterstüzung, all der Abos, der Unterstützungsmails, freundlicher Kommentare, kurz: angesichts dieser ungeheuren Welle der Solidarität, die die beste Antwort auf die Attacken aus dem Elysee-Palast ist."
Archiv: Mediapart
Stichwörter: Mediapart, Plenel, Edwy

Le Monde (Frankreich), 10.07.2010

Unter der Überschrift "Die zwei Enden der Sprache" hält der Philosoph Michel Onfray die Dialektik französischer Sprachbetrachtung aufrecht. Nach innen ist man gegen die Regionalsprachen, nach außen - im Namen der Vielfalt - gegen das Englische: "Der Mythos der einen adamitischen Sprache scheint die Form eines Flughafenenglisch anzunehmen, das Millionen von Menschen sprechen. Und man begreift , dass die verstümmelte, amputierte, entstellte, massakrierte, abgetötete Sprache Shakespeares sich durchsetzen könnte, da man fordert, dass sie die Handelssprache sei. Sie ist die beherrschende Sprache, weil sie die Sprache der beherrschenden Kultur ist. Wer Englisch spricht, und sei es radebrechend, spricht die Sprache des Empire. Das Biotop des Englischen trägt den Namen Dollar." Um nicht englisch sprechen zu müssen, holt er gar das Esperanto aus dem Hut!
Archiv: Le Monde
Stichwörter: Empire, Onfray, Michel

Odra (Polen), 01.06.2010

Im März dieses Jahres starb in Frankreich die polnische Schriftstellerin und Übersetzerin Zofia Romanowiczowa. Das Kulturmagazin veröffentlicht erstmals die Aufzeichnung eines Gesprächs von 2002 (online leider nur ein kleines Fragment). Darin spricht sie über ihr Leben im Pariser Exil, ihre Arbeit für die Zeitschrift Kultura und über ihre Erfahrungen im Konzentrationslager. Wie Imre Kertesz sagt sie, dass sie alles, was sie weiß, im Lager gelernt hat, aber anders als etwa Tadeusz Bowrowski (mehr hier) sieht sie im Lager kein Abbild der Welt: "Das eine waren die Lager für Frauen, das andere die Lager für Männer. Ich war mit Piotr Rawicz befreundet, der in Auschwitz war. Dort gab es viele Päderasten. Die Alten hielten sich junge und so. Piotr war Jude und wie durch ein Wunder entkam er Auschwitz. Er erzählte uns von schrecklichen Erlebnissen. Etwa von diesem Schlesier so um die vierzig, der sich erst einen Jungen hielt, dann zehn... Na, solch schreckliche Sachen. Dagegen im Frauenlager... Nein. Es gab auch lesbische Fälle. Aber die Frauen hatten doch immer einen mütterlichen Instinkt. Ich war eine der Jüngsten, ich hatte ungeheures Glück."

Abgedruckt wird außerdem ein Gespräch aus dem französischen "Philosophie Magazine" zum nicht ganz unwichtigen Thema "Wer wird die Menschheit retten?". Der Umweltwissenschaftler Ludwik Tomialojc kommentiert: "Dieses Gespräch wird in unserer, durch den Antiökologismus ruhiggestellten Gesellschaft wahrscheinlich ein geringes Echo finden. Schade, denn es zeigt deutlich, dass der Ökologismus als Weltanschauung (im Unterschied zur Ökologie als Wissenschaft) sich nicht nur auf wissenschaftliche und materialistische Argumente stützt, sondern auch auf ethische. (...) In keiner anderen Sprache als der polnischen wurde der Begriff 'Ökologe' von der Bezeichnung für einen Wissenschaftler in die für einen Aktivisten umgewandelt - wohl, um die Gesellschaft leichter zu spalten."
Archiv: Odra

New Statesman (UK), 09.07.2010

Junge Menschen lesen nicht mehr, können sich auf nichts wirklich konzentrieren und sind sozial unterentwickelt, wird heute oft geklagt. Ach ja? Vielleicht sollten wir nicht so schnippisch über die "digital natives" sprechen, meint John Naish. Die produzieren nämlich einige Genies. "Multitasking ist für die meisten von uns schwierig. Versuche zeigen, dass es meist damit endet, dass man zwei Dinge schlecht macht statt eins gut. Aber einer von vierzig Menschen scheint gegen dieses Problem immun zu sein. Diese glücklichen Geschwindigkeits-Freaks können zum Beispiel Auto fahren und gleichzeitig mit ihrem Handy telefonieren und sich auf beide Aktivitäten gleich gut konzentieren. Das ergab ein Test an 200 Menschen, den der Psychologe Jason Watson von der Utah Universität durchgeführt hat. Supertaskers machen nur 2,5 Prozent der Bevölkerung aus, glaubt Watson. Aber sogar diese Zahl ist überraschend hoch. 'Nach der Kognitionswissenschaft dürfte es diese Individuen gar nicht geben', sagt er in einem Artikel, der bald im Psychonomic Bulletin and Review veröffentlicht wird."
Archiv: New Statesman

Point (Frankreich), 08.07.2010

In seinem Bloc-notes kommentiert Bernard-Henri Levy Maßnahmen, die nahezu unbeachtet von der Weltöffentlichkeit in der arabischen Welt gegen Iran getroffen wurden. So hätten die Vereinigten Arabischen Emirate beschlossen, iranische oder für den Iran bestimmte Schiffe in ihren Gewässern zu kontrollieren und iranische Bankkonten eingefroren, und Saudi-Arabien habe bekannt gegeben, seinen Luftraum für israelische Flugzeuge öffnen zu wollen. Levy hält dies für ein außergewöhnliches Ereignis: "Man könnte wohl sagen, dass die Entscheidung der Emirate ein Schlag gegen das Regime ist. Besser gesagt eine kalte Dusche der Wahrheit für all die Trottel, die unter dem Vorwand eines 'heiligen Bunds' aller Muslime in der Region gegen den 'zionistischen Feind' an eine widernatürliche Allianz geglaubt haben."
Archiv: Point

Times Literary Supplement (UK), 09.07.2010

James Hall hat die beste und anregendste Ausstellung von Renaissance-Zeichnungen seines Lebens gesehen: "Fra Angelico bis Leonardo" im Britischen Museum. Skizzen, so zeigt sich dort, galten in der Renaissance nicht als große Kunst, sondern vor allem als Brainstorming-Technik! "Vor der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhundert, als Gutenbergs Buchdruck eine höhere Papierproduktion mit sich brachte, spielten Zeichnungen eine begrenzte Rolle im künstlerischen Prozess. Die meisten Künstler-Zeichnungen wurden auf hölzernen Tafeln angefertigt, die mit Wachs oder Knochenmehl beschichtet waren und die nach dem Gebrauch gesäubert werden konnten. Da sie ihre vorläufigen Studien nicht lange bewahren konnten, brauchten die Künstler ein viel besseres visuelles Gedächtnis als diejenigen, die später mit Papier arbeiten konnten. Und sie mussten besser in der Lage sein, Kompositionen im Kopf zu planen."

Letztlich ist Phil Baker nicht ganz glücklich geworden mit Alex Butterworth' Buch "The World that Never Was", aber einige sehr interessante Geschichten über die Anarchisten des späten 19. Jahrhunderts hat er ihm doch entnommen: "Geeint hat sie - wenn überhaupt - die Ablehnung jeder gesetzten Autorität, die Charaktere reichen hier von der Tolstoischen Figur des Peter Kropotkin bis zum wesentlich wilderen Francois Koenigstein, besser bekannt als Ravachol. Abgestoßen von Thomas Huxleys darwinistischem Essay 'Kampf ums Dasein' von 1888 war Kropotkin der große Theoretiker der gegenseitigen Hilfe und er hatte eine Schwäche für Kaninchen als Spezies. Er bewunderte sie als Symbol der Dauer, das der Selektion entgegensteht. Ravachol dagegen begann seine Karriere damit, die Leiche einer alten Frau zu exhumieren, er ermordete einen 95-jährigen Mann und startete eine Reihe von Terroranschlägen, die einige Kommentatoren dazu veranlasste, Mut, Güte und Seelengröße des Täters zu preisen."

Mit Gewinn hat J. P. E. Harper-Scott die Tschaikowsky-Biografie von Roland John Wiley gelesen, in der er erstmals Tschaikowskys Briefe an Bruder Modest, in denen er über seine Homosexualität schreibt, auf Englisch lesen konnte. Von Adam Zamoyskis Chopin-Biografie rät er dagegen strikt ab: zu altbacken.

Outlook India (Indien), 19.07.2010

Der Aufmacher ist dem organisierten Hindu-Terror in Indien gewidmet, den kaum jemand wahrhaben will. "'In den letzten zehn Jahren sind Geschichten über Gewalttaten rechter Hindus durchgesickert. Statt einer systematischen Untersuchung gab es nur Fall-zu-Fall-Untersuchungen. Die größere Geschichte wurde kaum untersucht und es wurde kaum darüber berichtet', sagt der in Mumbai ansässige Anwalt und Menschenrechtsaktivist Mihir Desai. Der CBI hat jetzt erst auf eine Anordnung des Innenministeriums hin angefangen, die Anschläge in Ajmer, Mecca Masjid, Malegaon und anderswo im Zusammenhang zu sehen, nachdem es keine Hinweise darauf gibt, dass islamische Gruppen involviert sind."

In Pakistan hat eine unselige Allianz aus zwei sunnitischen Splittergruppen - Deobandis und Wahabiten - die restlichen 80 Prozent der pakistanischen Gesellschaft zu Ungläubigen erklärt, die getötet werden müssen, schreibt Amir Mir nach dem Terroranschlag auf einen Sufitempel in Lahore. "So sagt der Historiker Mubarak Ali, 'eine der Konsequenzen aus dem Krieg gegen Afghanistan ist die Auflösung des religiösen pakistanischen Patchworkteppichs. Während früher die Trennlinie zwischen Sunniten und Schiiten lag, verläuft sich jetzt auch zwischen Barelvis und Deobandis, die beide Sunniten sind.' Da die Barelvis moderat sind und gegen die Taliban, betrachten die Deobandis sie als Handlanger des Staates, als Häretiker, die auf jeden Fall den Tod verdienen, sagt Ali."

Außerdem: John Mary berichtet über einen Vorfall im indischen Kerala, wo einem Lehrer die Hand abgehackt wurde, weil er sich despektierlich über Mohammed äußerte. Und ein Sprecher der indischen Maoisten antwortet auf B.G. Verghese, der sich in einem kritischen Artikel strikt gegen Verhandlungen mit den Maoisten ausgesprochen hat.
Archiv: Outlook India

New York Times (USA), 12.07.2010

Wird Jemen das nächste Afghanistan? Gut möglich, schreibt Robert F. Wort, in einer langen Reportage für das NYT-Magazin, die man sich noch viel länger gewünscht hätte. Das Land ist bitter arm, die Saudis wachen ängstlich darüber, dass sich dort keine Demokratie entwickelt und die Amerikaner machen sich mit Bombardierungen und der Ermordung lokaler Al-Qaida-Anhänger verhasst. "Das wahre Problem ist, dass der Jemen mit seiner unfassbaren Korruption, den zahlreichen Aufständen, dem schwindenden Öl und Wasser und der immer größer werdenden Armut mit Sicherheit im Chaos versinken wird, wenn sich nichts ändert. Jeder weiß das, auch Präsident Obama und ein wachsender Chor von Terrorismus-Experten. Bis jetzt haben diese Rufe nach Taten nichts gebracht. Ich habe mit einer Reihe von amerikanischen Regierungsbeamten in Washington und Diplomaten in Sanaa gesprochen. Sie alle sagen dasselbe: niemand hat eine wirkliche Strategie für den Jemen, zum Teil, weil es nur so wenige Menschen gibt, die eine wirkliche Expertise für dieses Land haben. (...) Letzten Juni verkündete das Weiße Haus, dass es die humanitäre Hilfe für Jemen verdreifachen würde, auf 42,5 Millionen. Aber gemessen an dem, was der Jemen braucht, ist das immer noch wenig. Und die Diplomaten geben zu, dass sie nicht wissen, wie sie die zentralen Probleme - schlechte Regierung, Korruption, Wirtschaft - ansprechen sollen."
Archiv: New York Times
Stichwörter: Jemen, Sanaa, Washington, Wasser