Heute in den Feuilletons
Vom Verenden des Verstehens
Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
26.05.2012. Pfingstereignis Feuilleton! In der FAZ überlegt Durs Grünbein, warum Dichtung unerlässlich ist. In der SZ schreibt Günter Grass ein erlässliches Gedicht. In der NZZ beschreibt Botho Strauss den Idioten als freien Geist. In der Welt droht der Künstler Gregor Schneider Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev mit Kunst. Im Tagesspiegel wünscht sich Johannes Schneider etwas mehr Ehrlichkeit in der Urheberrechtsdebatte. In der taz schlägt Ulrich Kühne vor: Nur noch sechs Prozent für die Verwerter.
NZZ, 26.05.2012
Literatur und Kunst druckt einen Essay von Botho Strauss über den Idioten, der "unabhängig und unbefangen unterwegs zur Freiheit ist", so Martin Meyer in einer Einführung. Aber hier Botho Strauss: "Der Idiot wird sein der Erstgeschlagene unter den Menschen, die in Millionenzahl vom Verenden des Verstehens überrascht werden. Er ist ein Gemüt, das sich einmal zu weit ausspannte, sich überdehnte und nie wieder kontrahieren konnte. Der Idiot ist auch der Vorgänger eines technothymen Empfindens des Menschen für sich selbst. Alles, was der Idiot empfindet, empfindet er nämlich als selbstgemachte Empfindung. Von keiner Welt, keinen Sternen, keinen fremden Augen verursacht."
Außerdem: Matthias Lilienthal, scheidender Direktor des Berliner Hebbel am Ufer, spricht im Interview über seine Arbeit dort. Anlässlich einer Ausstellung von Naga-Kunst im Wiener Völkerkundemuseum besucht Samuel Herzog das Nagaland, im äußersten Osten Indiens.
Im Feuilleton erzählt Franz Haas, wie Roberto Saviano im italienischen Fernsehen mit "geistreicher Unterhaltung und informativ schockierenden Fakten ... ein Stimmungsbild aus dem neuesten Italien" liefert. Besprochen werden eine Neuübersetzung von John Cheevers Roman "Falconer", ein Gedichtband von Volker Sielaff und Oksana Sabuschkos Essayband "Planet Wermut" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).
Außerdem: Matthias Lilienthal, scheidender Direktor des Berliner Hebbel am Ufer, spricht im Interview über seine Arbeit dort. Anlässlich einer Ausstellung von Naga-Kunst im Wiener Völkerkundemuseum besucht Samuel Herzog das Nagaland, im äußersten Osten Indiens.
Im Feuilleton erzählt Franz Haas, wie Roberto Saviano im italienischen Fernsehen mit "geistreicher Unterhaltung und informativ schockierenden Fakten ... ein Stimmungsbild aus dem neuesten Italien" liefert. Besprochen werden eine Neuübersetzung von John Cheevers Roman "Falconer", ein Gedichtband von Volker Sielaff und Oksana Sabuschkos Essayband "Planet Wermut" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).
Tagesspiegel, 26.05.2012
Johannes Schneider wünscht sich etwas mehr Ehrlichkeit in der Urheberrechtsdebatte. Das würde zwar nicht so viel Krawall bescheren: "Letztlich wäre es aber die einzig mögliche Grundlage für eine konstruktive kulturelle Debatte, ehrlich anzuerkennen, dass das Privilegieren einer Kultur in diesem Fall die jeweils andere in ihrem Dasein gefährdet. Erst von hier aus ließe sich weiterdenken: welche Rolle klassisches Urhebertum im Verwertungszusammenhang des Netzes haben könnte; inwieweit man sich mit Regularien gegen die mediale Logik des Internets stellen muss, um zu bewahren; inwieweit andererseits ein neues, kollaboratives Künstlertum im Netz zu fördern wäre."
Außerdem: Gerrit Bartels hörte in der Rostlaube Uwes Tellkamps Unseld-Vorlesung und notiert am Ende: "Uwe Tellkamp, das wird am Ende deutlich, ist schon eine sehr spezielle Klasse für sich."
Außerdem: Gerrit Bartels hörte in der Rostlaube Uwes Tellkamps Unseld-Vorlesung und notiert am Ende: "Uwe Tellkamp, das wird am Ende deutlich, ist schon eine sehr spezielle Klasse für sich."
TAZ, 26.05.2012
Der Wissenschaftsphilosoph Ulrich Kühne macht mit einem harschen Vorschlag für die Urheberrechtsdebatte Nägel mit Köpfen: Nach dem Vorbild der gedeckelten Provisionen für Immobilienmakler sollen auch die Verwerter in Zukunft nur noch maximal 6 Prozent der Einnahmen behalten, der Rest möge an die Urheber gehen. Auch für illegale Downloader hätte das Folgen: "Zwar bliebe Raubkopieren weiterhin strafbar, aber bei der Umsetzung der Copyrightgesetze wird sich zwangsläufig Augenmaß und Verhältnismäßigkeit einstellen, wenn die Verwertungs- und Abmahnindustrie, die sich dank der heute exorbitanten Margen parasitär zwischen Produzenten und Konsumenten von geistigem Eigentum gezwängt hat, auf ein volkswirtschaftlich gesundes Maß zurückgestutzt wird."
Weitere Artikel: Khalid El-Kaoutit unterhält sich mit der syrischen Schriftstellerin Samar Yazbek, die seit einem Jahr im Pariser Exil lebt. In Cannes wohnt Cristina Nord bei David Cronenbergs neuem Film "Cosmopolis" der kapitalismuskritischen Betastung einer Prostata bei. Michael Sontheimer erinnert an die blutigen Anfänge des linken Terrorismus in Japan im Jahr 1960 und schildert in einem zweiten Artikel, wie die Japanische Rote Armee 1972 in Israel den ersten Selbstmordanschlag verübte. Cigdem Akyol stellt einen ukrainischen Frauenfußballverein vor, deren Mitglieder ihre Homosexualität nach außen verbergen. Marcel Malachowski deutet Punk als "bedingungslosen Rückbezug auf den antirationalen Körper" . Jan Scheper freut sich auf einen Tag vor dem Fernseher am kommenden Pfingstmontag, an dem arte sich ganz dem Schwarzweiß-Film widmet. Jan Feddersen und Ivor Lytlle taxieren die Eurovision-Kandidaten. Das "Video der Woche", eine Mini-Doku über das Foto-Archiv der New York Times (aus dem sich dieses tolle Fotoblog der NYT speist), lässt Frauke Böger über On- und Offline-Archive nachdenken:
Besprochen werden eine Ausstellung mit "absolut shocking" Fotografien von Larry Clark im C/O Berlin, Christoph Winklers Stück "Dance! Copy! Right?" in den Sophiensälen in Berlin, in dem sich Katrin Bettina Müller bestens über Aporien des Urheberrechts informiert fühlt, und Bücher, darunter Stephen Greenblatts Buch über die Anfänge der Renaissance (mehr in unserer Bücherschau um 14 Uhr).
Weitere Artikel: Khalid El-Kaoutit unterhält sich mit der syrischen Schriftstellerin Samar Yazbek, die seit einem Jahr im Pariser Exil lebt. In Cannes wohnt Cristina Nord bei David Cronenbergs neuem Film "Cosmopolis" der kapitalismuskritischen Betastung einer Prostata bei. Michael Sontheimer erinnert an die blutigen Anfänge des linken Terrorismus in Japan im Jahr 1960 und schildert in einem zweiten Artikel, wie die Japanische Rote Armee 1972 in Israel den ersten Selbstmordanschlag verübte. Cigdem Akyol stellt einen ukrainischen Frauenfußballverein vor, deren Mitglieder ihre Homosexualität nach außen verbergen. Marcel Malachowski deutet Punk als "bedingungslosen Rückbezug auf den antirationalen Körper" . Jan Scheper freut sich auf einen Tag vor dem Fernseher am kommenden Pfingstmontag, an dem arte sich ganz dem Schwarzweiß-Film widmet. Jan Feddersen und Ivor Lytlle taxieren die Eurovision-Kandidaten. Das "Video der Woche", eine Mini-Doku über das Foto-Archiv der New York Times (aus dem sich dieses tolle Fotoblog der NYT speist), lässt Frauke Böger über On- und Offline-Archive nachdenken:
Besprochen werden eine Ausstellung mit "absolut shocking" Fotografien von Larry Clark im C/O Berlin, Christoph Winklers Stück "Dance! Copy! Right?" in den Sophiensälen in Berlin, in dem sich Katrin Bettina Müller bestens über Aporien des Urheberrechts informiert fühlt, und Bücher, darunter Stephen Greenblatts Buch über die Anfänge der Renaissance (mehr in unserer Bücherschau um 14 Uhr).
FR/Berliner, 26.05.2012

Außerdem berichtet Peter Michalzik über den Stand der Dinge, was Frankfurts Gentrifizierung betrifft. Besprochen werden Jorinde Döses "aufgejugendlichte" Fassung vom "Blauen Engel" am Schauspiel Frankfurt und Bernd Schroeders Roman "Auf Amerika" (mehr in unserer Bücherschau um 14 Uhr).
Aus den Blogs, 26.05.2012
Im Internet kursieren bereits Parodien auf das neueste Grass-Gedicht. Zum Beispiel hier, auf Zettels Raum:
"Der Vergessenheit nah, weil dem Markt nicht gerecht,
bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh..."
So langsam scheint es, als müsse man den European Song Contest ernst nehmen, staunt Wolfgang Michal auf Carta: "Es gibt 'gesetzte' Mannschaften, Lostöpfe, Qualifikationsspiele und Halbfinals - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft. Es gibt graue Funktionäre, reiche Oligarchen, dubiose Wettbüros, strenge Sicherheitsmaßnahmen und eine wegsehende Europäische Rundfunkunion - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft. Es werden neue Stadien gebaut und maulende Anwohner vertrieben - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft."
"Der Vergessenheit nah, weil dem Markt nicht gerecht,
bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh..."
So langsam scheint es, als müsse man den European Song Contest ernst nehmen, staunt Wolfgang Michal auf Carta: "Es gibt 'gesetzte' Mannschaften, Lostöpfe, Qualifikationsspiele und Halbfinals - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft. Es gibt graue Funktionäre, reiche Oligarchen, dubiose Wettbüros, strenge Sicherheitsmaßnahmen und eine wegsehende Europäische Rundfunkunion - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft. Es werden neue Stadien gebaut und maulende Anwohner vertrieben - wie bei einer Fußball-Europameisterschaft."
SZ, 26.05.2012
Noch'n Gedicht! Nachdem Günter Grass nun offenbar doch noch eine Tintenpatrone aufgetan hat, veröffentlicht er heute unter dem Titel "Europas Schande" ein neues Gedicht. Diesmal geht es ihm um den Umgang Europas mit Griechenland. So heißt es unter anderem:
"(...) Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure,
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die Götter,
deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt. (...)"
Weiteres: Ein wenig begeisterter Tobias Kniebe bescheinigt dem in Cannes gezeigten neuen Film von David Cronenberg "die intellektuelle Sprengkraft eines Leitartikels im Wirtschaftsteil, der Wall Street zum hunderttausendsten Mal zur Mäßigung aufruft". Tim Neshitov schaut sich die Überlegensstrategien in der Krise verschiedener portugiesischer Künstler an. Wolfgang Schreiber besucht Rolando Villazón bei den Proben von Donizettis "L'elisir d'amore" im Festspielhaus Baden-Baden. Rudolf Neumaier entdeckt beim Blättern durch ein antiquarisch gehobenes Büchlein von Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1965, dass der heute traditionalistische Papst seinerzeit ein "Revoluzzer vor dem Herrn" gewesen sei. Beim Lesen neuer Buchveröffentlichungen aus der Verhaltensökonomie lernt Jens-Christian Rabe nebenbei auch manches über die Piratenpartei. Fritz Göttler gratuliert Christopher Lee zum 90. Geburtstag.
In der SZ am Wochenende fragt sich Nikolaus Piper angesichts der Forderungen nach Basisdemokratie von Occupy bis Piratenpartei, warum hierarchische Modelle sich schlussendlich immer durchsetzen. Antworten findet er unter anderem in der Wirtschaftstheorie, die aufzeige, dass auch der basisdemokratisch gedachte freie Markt letztlich hierarchische Unternehmen hervorbringe. Sein Fazit: "Letztlich sind die Kosten einer radikalen Partizipation einfach zu hoch - in einem sehr umfassenden Sinne. Die Menschen haben weder das Geld, noch die Zeit, noch die Informationen, um tagtäglich mitbestimmen zu können. Basisdemokratische Versammlungen werden leicht ausgebeutet von Teilnehmern mit Informations- oder Zeitvorsprung. Und sie haben eine Tendenz, irgendwann repressiv gegenüber abweichenden Meinungen zu werden."
Außerdem: Michael Obert fährt mit einem Laster einmal quer durch Indien. Kristin Rübesamen trifft die Schauspielerin Charlize Theron und denkt dabei über ewige Schönheit nach. Anne Philippi schaut unterdessen am Strand von Kalifornien den Surfern zu. Antje Wewer unterhält sich mit Cate Blanchett über Theater.
Besprochen werden die DVD des Dokumentarfilms "Derrida, anderswo", die Ausstellung über Rafaels "Sixtinische Madonna" in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden und Annette Pehnts Roman "Chronik der Nähe" (mehr in unserer Bücherschau um 14 Uhr).
"(...) Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure,
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die Götter,
deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt. (...)"
Weiteres: Ein wenig begeisterter Tobias Kniebe bescheinigt dem in Cannes gezeigten neuen Film von David Cronenberg "die intellektuelle Sprengkraft eines Leitartikels im Wirtschaftsteil, der Wall Street zum hunderttausendsten Mal zur Mäßigung aufruft". Tim Neshitov schaut sich die Überlegensstrategien in der Krise verschiedener portugiesischer Künstler an. Wolfgang Schreiber besucht Rolando Villazón bei den Proben von Donizettis "L'elisir d'amore" im Festspielhaus Baden-Baden. Rudolf Neumaier entdeckt beim Blättern durch ein antiquarisch gehobenes Büchlein von Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1965, dass der heute traditionalistische Papst seinerzeit ein "Revoluzzer vor dem Herrn" gewesen sei. Beim Lesen neuer Buchveröffentlichungen aus der Verhaltensökonomie lernt Jens-Christian Rabe nebenbei auch manches über die Piratenpartei. Fritz Göttler gratuliert Christopher Lee zum 90. Geburtstag.
In der SZ am Wochenende fragt sich Nikolaus Piper angesichts der Forderungen nach Basisdemokratie von Occupy bis Piratenpartei, warum hierarchische Modelle sich schlussendlich immer durchsetzen. Antworten findet er unter anderem in der Wirtschaftstheorie, die aufzeige, dass auch der basisdemokratisch gedachte freie Markt letztlich hierarchische Unternehmen hervorbringe. Sein Fazit: "Letztlich sind die Kosten einer radikalen Partizipation einfach zu hoch - in einem sehr umfassenden Sinne. Die Menschen haben weder das Geld, noch die Zeit, noch die Informationen, um tagtäglich mitbestimmen zu können. Basisdemokratische Versammlungen werden leicht ausgebeutet von Teilnehmern mit Informations- oder Zeitvorsprung. Und sie haben eine Tendenz, irgendwann repressiv gegenüber abweichenden Meinungen zu werden."
Außerdem: Michael Obert fährt mit einem Laster einmal quer durch Indien. Kristin Rübesamen trifft die Schauspielerin Charlize Theron und denkt dabei über ewige Schönheit nach. Anne Philippi schaut unterdessen am Strand von Kalifornien den Surfern zu. Antje Wewer unterhält sich mit Cate Blanchett über Theater.
Besprochen werden die DVD des Dokumentarfilms "Derrida, anderswo", die Ausstellung über Rafaels "Sixtinische Madonna" in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden und Annette Pehnts Roman "Chronik der Nähe" (mehr in unserer Bücherschau um 14 Uhr).
Welt, 26.05.2012
Oh je, Günter Grass hat schon wieder ein Gedicht geschrieben. Wieder macht sich die SZ zum Forum seines späten Mitteilungsbedürfnisses. Diesmal klagt er Europa an, Griechenland fallen zu lassen. Richard Kämmerlings resümiert das Gedicht und die eigene Rezeptionshaltung: "Grass unterstellt, dass 'der Kommissare Claqueure' mit ihren Forderungen nur Griechenlands Selbstmord wollten, das ist einer Anspielung auf Sokrates' Schierlingsbecher zu entnehmen. Doch die Griechen wollen nicht; und so sieht die Kassandra Grass das Ende Europas voraus. Was bleibt, ist Fremdschämen."
Im Feuilleton beklagt sich der Künstler Gregor Schneider im Interview mit Tim Ackermann über die Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev, die seine in einer Kirche geplante Ausstellung durch Intervention beim Bischof wegekelte: "Dass die Documenta Kunst zensieren will, die in eigenständigen Institutionen stattfindet, ist ein Skandal. Man muss dringend die autoritäre, ja totalitäre Rolle der Documenta-Leiterin hinterfragen. Es geht ihr augenscheinlich um eine vollkommene Säuberung des Stadtraums." Schneider erklärt sich bereit, seine Ausstellung doch noch aufzubauen.
Außerdem gratuliert Uwe Schmitt der Golden Gate Bridge zum 75. Thomas Schmid versuchte, bei einer Berliner Rede des Europapolitikers Martin Schulz trotz des Themas Europa die Augen offen zu behalten. Hanns-Georg Rodek resümiert sein Cannes-Erlebnisse kurz vor Schluss des Festivals. Sascha Lehnartz berichtet über Bernard-Henri Lévys Libyen-Dokumentation "Der Eid von Tobruk", die ebenfalls in Cannes lief.
In der Literarischen Welt fragt sich Reinhard Mohr, ob Europa vom Proejekt der Währungsunion nicht Abschied nehmen sollte. Abgedruckt wird ein Text des gerade gestorbenen Arno Lustiger über Berthold Storfer, der Tausende österreichischer Juden rettete. Ruth Klüger schreibt in ihrer Kolumne "Bücher von Frauen" über eine Ausgabe der Romane von Jane Bowles. Besprochen wird unter anderem Stephen Greenblatts Renaissance-Studie "Die Wende" (mehr hier).
Im Feuilleton beklagt sich der Künstler Gregor Schneider im Interview mit Tim Ackermann über die Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev, die seine in einer Kirche geplante Ausstellung durch Intervention beim Bischof wegekelte: "Dass die Documenta Kunst zensieren will, die in eigenständigen Institutionen stattfindet, ist ein Skandal. Man muss dringend die autoritäre, ja totalitäre Rolle der Documenta-Leiterin hinterfragen. Es geht ihr augenscheinlich um eine vollkommene Säuberung des Stadtraums." Schneider erklärt sich bereit, seine Ausstellung doch noch aufzubauen.
Außerdem gratuliert Uwe Schmitt der Golden Gate Bridge zum 75. Thomas Schmid versuchte, bei einer Berliner Rede des Europapolitikers Martin Schulz trotz des Themas Europa die Augen offen zu behalten. Hanns-Georg Rodek resümiert sein Cannes-Erlebnisse kurz vor Schluss des Festivals. Sascha Lehnartz berichtet über Bernard-Henri Lévys Libyen-Dokumentation "Der Eid von Tobruk", die ebenfalls in Cannes lief.
In der Literarischen Welt fragt sich Reinhard Mohr, ob Europa vom Proejekt der Währungsunion nicht Abschied nehmen sollte. Abgedruckt wird ein Text des gerade gestorbenen Arno Lustiger über Berthold Storfer, der Tausende österreichischer Juden rettete. Ruth Klüger schreibt in ihrer Kolumne "Bücher von Frauen" über eine Ausgabe der Romane von Jane Bowles. Besprochen wird unter anderem Stephen Greenblatts Renaissance-Studie "Die Wende" (mehr hier).
FAZ, 26.05.2012
Dichtung "ist unerlässlich, aber ich weiß nicht genau, wofür", zitiert Durs Grünbein Jean Cocteau und versucht dann doch eine Standortbestimmung: "Nach vielen Jahren ununterbrochener Praxis kann ich sagen: Das Gedichteschreiben ist wohl zuallererst eine Übung in radikaler Selbsterforschung. Es wendet sich gegen die Generalisierungen. Es unterläuft den Roman der Geschichte, die immer kollektiv voranschreitet, rechthaberisch in ihrem Anspruch, den Einzelnen mit seinen Eigenheiten zu vereinnahmen. Dagegen steht das Gedicht, das aus den Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts gelernt hat. Ich erinnere mich, dass ich der großen Erzählungen sehr müde war, schon am Beginn, als ich anfing, regelmäßig zu schreiben."
Henning Ritter liest die Aphorismen im Tagebuch von Jules Renard und stellt fest: "Man möchte meinen, er habe die Collage entdeckt. Er verwendet eine Technik, die darauf abzielt, die Dinge zu zerlegen und neu zusammenzusetzen, voneinander Entferntes miteinander zu verlöten. So entdeckt Renard, dass die Lichtung im Wald und die Wahrheit etwas miteinander zu tun haben. Was er beiläufig oder zufällig gefunden hat, wird einmal ein Hauptgedanke der Philosophie Heideggers sein."
Weitere Artikel in Bilder und Zeiten: Im Aufmacher erzählt Brigitte van Kann, warum Russen zu den glühendsten Bewunderern von Raffaels Sixtinischer Madonna zählen. Maria Frise unterhält sich mit Donata Elschenbroich über Kindererziehung.
Verena Lueken hat in Cannes die Geschichten von Frauen vermisst: "Sie möblieren den Set, ansonsten bleiben ihre Rollen oft unterentwickelt", schreibt sie im Feuilleton. Mark Siemons denkt über das Demokratieverständnis der Piraten nach. Jürgen Dollase lässt sich von Thomas Thielemann im "Hermannsdorfer Schweinsbräu" bekochen. Andreas Kilb besuchte Uwe Tellkamps Unseld-Vorlesung. Marcus Jauer imaginiert sich Redaktionssitzungen zu fünf Talkshows.
Besprochen werden eine Inszenierung des "Blauen Engels" am Schauspiel Frankfurt, eine Aufführung von Anton Schweitzers Oper "Rosamunde" in Schwetzingen, eine Edition mit Aufnahmen des Pianisten Wilhelm Kempff, eine CD des "Electro-Swingers" Parov Stelar und Bücher, darunter Julia Fischers "Affengesellschaft" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).
In der Frankfurter Anthologie stellt Hans Christoph Buch ein Gedicht von Nadja Küchenmeister vor:
"Willkommen und Abschied
mittagshitze. du stellst den koffer neben die tür
und kühlst mit kaltem wasser dein gesicht, drehst
dann wie immer deine runde im garten. er schnaubt
und hebt, noch müde, den kopf: sprich nur ein wort
..."
Henning Ritter liest die Aphorismen im Tagebuch von Jules Renard und stellt fest: "Man möchte meinen, er habe die Collage entdeckt. Er verwendet eine Technik, die darauf abzielt, die Dinge zu zerlegen und neu zusammenzusetzen, voneinander Entferntes miteinander zu verlöten. So entdeckt Renard, dass die Lichtung im Wald und die Wahrheit etwas miteinander zu tun haben. Was er beiläufig oder zufällig gefunden hat, wird einmal ein Hauptgedanke der Philosophie Heideggers sein."
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Besprochen werden eine Inszenierung des "Blauen Engels" am Schauspiel Frankfurt, eine Aufführung von Anton Schweitzers Oper "Rosamunde" in Schwetzingen, eine Edition mit Aufnahmen des Pianisten Wilhelm Kempff, eine CD des "Electro-Swingers" Parov Stelar und Bücher, darunter Julia Fischers "Affengesellschaft" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).
In der Frankfurter Anthologie stellt Hans Christoph Buch ein Gedicht von Nadja Küchenmeister vor:
"Willkommen und Abschied
mittagshitze. du stellst den koffer neben die tür
und kühlst mit kaltem wasser dein gesicht, drehst
dann wie immer deine runde im garten. er schnaubt
und hebt, noch müde, den kopf: sprich nur ein wort
..."
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