Magazinrundschau
Digitale Medienmodelle
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
26.10.2010. Die Digitalisierung wird das Verlagswesen nicht umbringen, aber auf den Kopf stellen, meint Prospect. Esprit fragt sich, warum Wallonen und Flamen sich ausgerechnet über die Burka einigen können. Outlook India fühlt den Puls einer siechen Presse. In Slate findet es Anne Applebaum ganz logisch, wie unterschiedlich Briten und Franzosen auf die Krise reagieren. Die New York Times porträtiert die liberische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf. Salon.com besucht ein ghanaisches Hexenlager.
Prospect (UK), 01.11.2010

Outlook India (Indien), 01.11.2010

Sumir Lal beschreibt den Niedergang der indischen Zeitungen seit Mitte der achtziger Jahre: heute verkaufen sie ihre Anzeigenplätze an kommerzielle Kunden, nicht Neuigkeiten an Leser. Laut Lal gehört der Medienmogul Ravi Dhariwal (Times of India) zu den Verantwortlichen für diesen Niedergang und wenn man das Interview mit ihm liest, ist das nicht ganz unglaubwürdig. Paranjoy Guha Thakurta beklagt, dass die Korruption der indischen Medien inzwischen institutionalisiert ist: Zeitungen und Fernsehsender verbreiten für Geld Informationen, die als 'Neuigkeiten' ausgegeben werden, tatsächlich aber den Interessen einzelner Personen, Firmen oder Politiker dienen. Shashi Tharoor würde gern mehr über Politik statt Liebesaffären lesen. Vielleicht könnten die Medien von der Filmindustrie lernen, meint Amrita Shah. Roy Greenslade ist überzeugt, dass der Journalismus im Internet überleben wird, wenn er sich neu definiert.
New Yorker (USA), 01.11.2010

Besprochen wird das Buch "Overhaul" des Investors und Beraters des amerikanischen Finanzministers für die Automobilindustrie Steven Rattner, in dem er die Rettung von General Motors beschreibt.
Eurozine (Österreich), 18.10.2010

New York Review of Books (USA), 11.11.2010

Supermagnat Georges Soros fordert von der amerikanischen Regierung ein gewaltiges - von der Opposition allerdings verteufeltes - Konjunkturprogramm, das nicht den Konsum, sondern Investionen ankurbelt: "Eine große Mehrheit der Bevölkerung ist überzeugt, dass die Regierung unfähig ist, Investitionen effizient zu managen. Dieser Einstellung ist nicht ganz ungerechtfertigt: 25 Jahre wurde die Regierung miesgemacht, jetzt haben wir eine miese Regierung. Aber die Behauptung, dass Staatsausgaben unausweichlich vergeudet sind, ist falsch."
Weiteres: Gar nichts hält Diane Ravitch von Davis Guggenheims Dokumentarfilm "Waiting for Superman", der davon erzählt, wie sehnsüchtig fünf Schüler darauf hoffen, es endlich von ihren öffentlichen Schulen zu einer halbprivaten Charter School zu schaffen. Cathleen Schine preist Jenniger Egans Roman "A Visit from the Goon Squad". Jonathan Mirsky würdigt Friedensnobelpreitsräger Liu Xiaobo. Und Daniel Mendelsohn liest Oscar Wilde.
Salon.com (USA), 24.10.2010
Mit großem Interesse hat Laura Miller ein Buch über westafrikanische Hexenlager gelesen. Soll niemand glauben, es handele sich um ein völlig abseitiges Thema: Allein im Lager von Gambaga, Ghana, leben 3.000 der Hexerei beschuldigter Frauen, die aus ihren Heimatorten vertrieben wurden. "Bei ihrer Recherche hat die kanadische Journalistin Karen Palmer festgestelllt, dass der Glaube an Hexerei oft ganz handfeste Gründe hat. Die Hexenlager sind "das Ergebnis einer Stammesgesellschaft auf der Suche nach einem Sündenbock. 'In Afrika sollte jedes Missgeschick - alles, was geschieht - einen Grund haben', erklärt ihr einer ihrer Übersetzer. Krankheit, Naturkatastrophen, Unfälle - all diese Dinge werden mit großer Wahrscheinlichkeit den schwächsten Mitgliedern der Dorfgemeinschaft angelastet: Frauen, die aus dem gebärfähigen Alter heraus sind und keine einflussreichen männlichen Verwandten haben. Andere Ziele sind ruppige oder hochnäsige Frauen, oder erfolgreiche. Eine der Angeklagten, mit denen sich Palmer unterhalten hat, hatte ihr guter Geschäftssinn ein kleines Vermögen eingebracht, das den Neid anderer Kleinhändler weckte. Als sie Geld verlieh und die unsympathische Eigenschaft zeigte, es von ihren Gläubigern zurückzufordern, war ihr Schicksal besiegelt."
Elet es Irodalom (Ungarn), 22.10.2010

Newsweek (USA), 24.10.2010
Digg.com, eine der erfolgreichsten Websites in den USA, verliert gerade massiv an Lesern (von 18 Millionen unique visitors auf 5,3 Millionen) und an Wert (von 130 auf 30 Millionen). Daniel Lyons überlegt, woran es liegen könnte. Die Konkurrenz durch Twitter? Bei Digg kann man über Artikel abstimmen. Mit Twitter kann man Artikel weiterverbreiten. Das sind eigentlich zwei verschiedene Dinge. "Aber so läuft das in der Technologie. Es geht fast nie um direkte Konkurrenz. Eher kommt von unerwarteter Seite etwas Neues und bietet einen neuen Weg an, etwas zu tun. Es hat viele Digg-Nachahmer gegeben, ohne dass es Digg sehr geschadet hätte. Und niemand hätte vorhersehen können, dass Twitter den Platz von Digg einnehmen würde, nicht einmal die Jungs, die Twitter geschaffen haben. Wahrscheinlich wird der Erfolg von Twitter ebenfalls von etwas unterbrochen, das sich nicht vorhersehen lässt. Das ist der Grund, warum Facebooks Mark Zuckerberg vor ein paar Monaten auf einer Konferenz erklärte, dass 'unser größter Konkurrent jemand ist, von dem wir noch nie gehört haben'."
Slate (USA), 21.10.2010
In Frankreich und in Großbritannien stehen schmerzhafte Reformen an. Die Briten reagieren, wie man es von Briten erwartet: mit stiff upper lip. Die Franzosen reagieren ganz nach Art der Franzosen: mit Revolutionsfestspielen. Wie kommt es, dass sich diese beiden Nationen verhalten wie Karikaturen ihrer selbst, fragt Anne Applebaum in Slate. Die Antwort liegt in der historischen Erfahrung der beiden Völker, meint sie: "Briten haben positive Erinnerungen an die Austerität in der Kriegszeit. Margaret Thatchers Budgetkürzungen leiteten echte Reformen und eine Periode des Wachstums ein. Die französische Neigung zu Streiks basiert ebenfalls auf echter Erfahrung. Streiks und Demonstrationen führten nicht nur 1789, sondern auch 1871, 1958 und in vielen anderen Momenten zu politischem Wandel. Die berühmten Streiks von 1968 leiteten in Frankreich echte Reformen und eine Periode des Wachstums und Wohlstands ein."
Magyar Narancs (Ungarn), 14.10.2010

New York Times (USA), 24.10.2010

Außerdem: Elizabeth Rubin schildert in einer Reportage die nach wie vor entsetzliche Situation der Frauen in Afghanistan.
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