9punkt - Die Debattenrundschau

Kommentierter Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Januar 2014

Stille über dem Maidan

31.01.2014. "Meine Damen und Herren, so ist es leider: Die Menschen dort kämpfen für uns", ruft Andrzej Stasiuk in einem Text über die Ukraine in der Welt. In der Zeit online meint der Berliner Justizsenator Thomas Heilmann: Das beste Mittel gegen das Internet ist die Vorratsdatenspeicherung. Obama installiert schon mal einen neuen NSA-Chef, meldet Zeit online. Le Monde fragt: Was tun gegen das Embourgeoisement von Paris? Und Britannien diskutiert über Niall Ferguson, der meint, dass sich das Land aus dem Ersten Weltkrieg hätte heraushalten sollen.

Spurlos aus der Chronik verschwunden

30.01.2014. In der FAZ prangert Oksana Sabuschko die Repression in der Ukraine an. Die Zeit informiert auf drei Seiten über die Ukraine. Die Welt staunt über die Brutalität des politisch so sanften François Hollande in privaten Angelegenheiten. Scarlett Johansson steht zu Sodastream und verabschiedet sich von Oxfam. Die Huffington Post zitiert neue Dokumente aus dem Snowden-Fundus: Demnach hat die NSA beim Kopenhagener Klimagipfel für die Five Eyes spioniert. In der Zeit fordert John Perry Barlow transparente Geheimdienste.

Persönliche Datenbörse

29.01.2014. In der Ukraine geht es nicht allein um Europa, sondern vor allem um Widerstand gegen Diktatur und Usurpation, meint Serhij Zhadan in der SZ. In der FAZ erklärt der Stuttgarter Kultusminister Andreas Stoch, wie man als Bürokrat zugleich unfromm und nett zu den Kirchen sein kann. Alastair Philip Wiper besucht für sein Blog das größte Schlachthaus Dänemarks: 100.000 Schweine wöchentlich. Das NYMag porträtiert den chinesischen Oligarchen Chen Guangbiao, der die New York Times kaufen will. Viel berichtet wird über das Filmförderurteil des Bundesverfassungsgerichts.

Billiger Barrikadenjubel

28.01.2014. In der Welt erzählt Alfred Grosser, warum die Nazis nichts mit Karl dem Großen anfangen konnten - unter anderem, weil er eine gute katholische Tradition auf die Sachsen applizierte. Bei 3sat stellt Frank Schirrmacher ein Ultimatum an die gebildeten Stände: Wenn sie nicht für Zeitungen zahlen, müssen sie die Konsequenzen tragen. Politico erzählt, was Pierre Omidyar mit seinem Mediennetzwerk First Look Media vorhat. Im Guardian erzählt Masha Gessen, was die Musikerinnen von Pussy Riot im Lager erlitten. In der SZ glaubt der kenianische Autor Binyavanga Wainaina an die Reformfähigkeit afrikanischer Länder beim Thema Homosexualität.

Postmortales Persönlichkeitsrecht

27.01.2014. In der Ukraine werden Menschen gefoltert, weil sie Symbole der EU tragen, schreibt Juri Andruchowytsch im Tagesspiegel. Richard Herzinger wendet sich in der Welt gegen Intellektuelle, die aus der Relativierung der deutschen Kriegsschuld im Ersten Weltkrieg ein Argument gegen die EU machen wollen.In der ARD erklärt Edward Snowden, warum er sich Barack Obamas Justiz nicht stellt: weil sie den Souverän hintergeht. Die SZ erzählt, wie Oskar Schlemmers Erben das Urheberrecht aushebeln wollen.

Defizit ist eine gute Sache

25.01.2014. In Le Monde sieht der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow sein Land kurz vor einem Partisanenkrieg gegen die Regierung. In der Welt beobachtet die Schriftstellerin Ahdaf Soueif den Einzug des Semifaschismus in Ägypten. In der NZZ beschreibt Herfried Münkler den Ersten Weltkrieg als Tragödie des europäischen Bürgertums. In der FR erklärt Noam Chomsky, wie die Finanzmärkte die Demokratie zerschreddern, und in der SZ feiert Willi Winkler die Black-Power-Ikone Angela Davis. Außerdem schalten wir mit Jon Stewart nach Davos.

Scherbengericht nannte sich das

24.01.2014. Edward Snowden hat sich in einem Chat gerechtfertigt: Eine Demokratie kann sich nicht verteidigen, indem sie ein Großmütterchen in Missouri belauscht. Snowden verrät Demokratie nicht, sondern stärkt sie, meint Techcrunch. In der FAZ freut sich Constanze Kurz, dass der Europäische Gerichtshof die Überwachungspraktiken des britischen Geheimdienstes GCHQ überprüfen will. Die Demonstranten in der Ukraine halten die europäische Fahne hoch. Europa darf davor nicht die Augen verschließen, meint die SZ. In 3sat fürchtet Juri Andruchowytsch einen Bürgerkrieg. In Frankreich geht die Debatte um Dieudonné weiter.

Aufgeregtes Spontan-Ich

23.01.2014. In der FAZ fragt Dietmar Dath, was Pornografie ist, wenn sie wirklich aussieht - aber nicht ist. In der NZZ trauert Martin R. Dean um jene Gatekeeper, die der nun ausschließlich mit ihrer Selbstdarstellung befassten Bevölkerung einst den Stil enbläuten. Von Saudi Arabien zur Ukraine: Techcrunch prangert die immer dreisteren digitalen Hundeleinen der Regierungen an. Memri stellt ein Dossier über Dieudonnés panideologischen Antisemtismus zusammen. 

Die Legende des väterlichen Retters

22.01.2014. In der NZZ ist die Autorin Mansura Eseddin fassungslos über die Rückkehr der ägyptischen Revolution an den Nullpunkt. Bernard-Henri Lévy rauft sich in Le Point die Haare über die arabische Liga, die angesichts der Gewalt in ihrer Region nur eine Gefahr für den Frieden erkennt: Israel. Die FAZ erzählt, wie der Wagner-Clan einmal wegen Urheberrechten in den Streik trat. Auch in Frankreich wird über Sterbehilfe diskutiert. Und die Welt begrüßt den neuen Perlentaucher.

Das Monster in unserer Mitte

21.01.2014. Der Princeton-Historiker Sean Wilentz attackiert Edward Snowden, Glenn Greenwald und Julian Assange in der New Republic als "paranoide Libertäre", während Eric Jarosinski in der FAZ Sascha Lobo mit Karl Kraus tröstet, Will Self denkt im Guardian über Englishness nach. Überhaupt Identitäten: Boggie macht sich schön. Alain Finkielkraut löst mit seinem Buch "L'Identité malheureuse" Stürme der Entrüstung aus.