Efeu - Die Kulturrundschau
Irrelevant und sogar gefährlich
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20.03.2021. Die New York Times feiert den Willen zur Modernität und zur Persönlichkeit bei Alexander Calder. Der Tagesspiegel staunt, was alles ging in der Berliner Architektur der achtziger Jahre. Die FAZ beobachtet Vanessa Mai beim Proben ihres Augenaufschlags. Pitchfork porträtiert Lana Rey als Proust der Popmusik. Die taz findet den echten DDR-Menschen mit seinen Erfahrungen nirgends so authentisch beschrieben wie bei Helga Schubert.
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
20.03.2021
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Architektur

1988 radelte eine damals noch unbekannte Tilda Swinton die Mauer entlang um Westberlin in Cynthia Beatts knapp 30-minütigem Film "Cycling the Frame". Der Film ist Teil der Ausstellung in der Berlinischen Galerie:
Literatur

Für die SZ hat Renate Meinhof die Schriftstellerin in Neu Meteln besucht. Ihr "Buch ist auch das fast tröstliche Zeugnis einer Dagebliebenen, eine Genugtuung und Ermutigung für diejenigen, die in der DDR, dem 'Zwergenland', wie sie es nennt, ausgeharrt und versucht haben, aufrecht zu bleiben, sich nicht korrumpieren, sich nicht an- oder abwerben zu lassen. Die Nachteile dafür in Kauf nahmen, dass sie Haltung bewahrten, die harte Wege gehen mussten, ohne ein Ziel auch nur in Aussicht zu haben."
Weitere Artikel: In einem großen Text für die NZZ erinnert sich der Schriftsteller Michael Krüger an seine Zeit in Italien in den frühen 80ern, wo ihm als erstes gleich einmal der Schriftsteller Alberto Moravia über den Weg lief und er die Schriftstellerin Elsa Morante in einem Rollstuhl durch den Park der Villa Massimo schieben durfte. Walter Schübler plädiert in der FAZ dafür, die etwa 6000 Briefe von Liselotte von der Pfalz endlich vernünftig zu edieren. Nikolas Scholz widmet sich in der "Langen Nacht" des Dlf Kultur Franz Kafka.
Besprochen werden unter anderem Daniel Kehlmanns "Mein Algorithmus und ich" (Dlf Kultur), Hildegard E. Kellers "Was wir scheinen" (taz), Takis Würgers "Noah" (Tagesspiegel), Juli Zehs "Über Menschen" (Dlf Kultur), Peter Fabjans "Ein Leben an der Seite von Thomas Bernhard" (Freitag), Joachim Sartorius' Gedichtband "Wohin mit den Augen" (Tagesspiegel), Lutz Ruffatos "Sonntags ohne Gott" (Literarische Welt) und Moritz Hegers "Aus der Mitte des Sees" (FAZ).
Musik
Es ist mit jedem neuen Album bemerkenswert, wie sich die Popkritik seit Jahren am Phänomen Lana Del Rey und ihrer nostalgischen Beschwörung der Nachkriegs-USA abarbeitet. Jetzt ist ihr neues Album "Chemtrails Over the Country Club" erschienen und Daniel Gerhardt liefert auf ZeitOnline zunächst einmal ein "Was bisher geschah" zumindest seit dem letzten Del-Rey-Album. Das neue "ist leiser und bedächtiger als sein Vorgänger und bereit zu neuen Beurteilungen der alten Mythen ... neue Songs spielen in Oklahoma und Nebraska, im küstenfernen Kalifornien und in Arkansas. 'Breaking Up Slowly' heißt ein Stück, das die Erzählerin bis nach Florida führt: Zu quietschenden Gitarrensaiten und schweren Klavierakkorden untersucht sie dort die Ehe des Countrypaars Tammy Wynette und George Jones."
"Was Proust für den Duft tat, tut Lana für die amerikanischen Weiten", meint Mina Tavakoli auf Pitchfork: "Sie wandert durch Städte, atmet deren Luft tief ein, nur um sich ihrer bewusst zu werden, und driftet dann weiter. Sie reist östlich von L.A. nach 'Yosemite'. Das erste Stück, 'White Dress', mengt ihrem Sound ein wenig Bekömmlichkeit aus dem erwachsenen Alternativ-Radio hinzu, auch ein bisschen Schmelz ins karge Schlagzeug und etwas von einer einzigartig gedrückten, heldenhaften Kopfstimme, wie man sie bislang von ihr noch nicht gehört hat. Aber da ist sie schon Orlando, eine Stadt des Übergangs und der klebrigen Hitze, und sie schmachtet in ihrem Begehren, bitte irgendwo anders zu sein. In 'Breaking Up Slowly', einem flammenden Song, gesungen im Tenor eines Geächteten, liegt Texas begraben." Hier das Video zu "White Dress":
Elena Witzeck denkt in der FAZ über die längst in den Pop diffundierte Schlagersängerin Vanessa Mai nach, die sie an einem Drehtag zu einem ihrer Videos besucht hat. "Die Geschichte, die sie erzählt, handelt vom Weg einer Künstlerin zur Selbstbestimmung, von einer Abfolge freier Entscheidungen. Dort, wo sie angekommen ist, scheint die Luft dünn. Es gibt Skripts für jeden Videobeitrag auf Instagram, Ratschläge, wie sie mit ihrem Bein wippen soll. ... Die Nähe, die Vanessa Mai ihren Zuschauern suggeriert, erscheint einem neben der Kamera wie eine unüberbrückbare Distanz" und "während sich ihre Gefolgschaft ihr Video für Video annähert, entfernt sie sich mit jedem Augenaufschlag weiter von ihnen".
Weitere Artikel: Für die SZ plaudert Andreas Kunz mit Sexpistole Johnny Rotten. Besprochen werden Maria Staggats und Timo Steins Bildband "Hush - Berliner Clubs in Zeiten der Stille" mit Fotos pandemiebedingt leerstehender Clubs (taz), das neue Album von Altın Gün (The Quietus), zwei neue Songs von Bilderbuch (Standard), das neue Album der australischen Band The Paper Kites (FR), ein neues Album von Tele Novella (FR) und Justin Biebers neues Album "Justice", das laut SZ-Kritikerin Juliane Liebert "bis in den letzten blitzblanken Winkel der klinischen Überproduktion hinein nach einem angestrengten Kampf gegen jedes Gefühl" klingt.
"Was Proust für den Duft tat, tut Lana für die amerikanischen Weiten", meint Mina Tavakoli auf Pitchfork: "Sie wandert durch Städte, atmet deren Luft tief ein, nur um sich ihrer bewusst zu werden, und driftet dann weiter. Sie reist östlich von L.A. nach 'Yosemite'. Das erste Stück, 'White Dress', mengt ihrem Sound ein wenig Bekömmlichkeit aus dem erwachsenen Alternativ-Radio hinzu, auch ein bisschen Schmelz ins karge Schlagzeug und etwas von einer einzigartig gedrückten, heldenhaften Kopfstimme, wie man sie bislang von ihr noch nicht gehört hat. Aber da ist sie schon Orlando, eine Stadt des Übergangs und der klebrigen Hitze, und sie schmachtet in ihrem Begehren, bitte irgendwo anders zu sein. In 'Breaking Up Slowly', einem flammenden Song, gesungen im Tenor eines Geächteten, liegt Texas begraben." Hier das Video zu "White Dress":
Elena Witzeck denkt in der FAZ über die längst in den Pop diffundierte Schlagersängerin Vanessa Mai nach, die sie an einem Drehtag zu einem ihrer Videos besucht hat. "Die Geschichte, die sie erzählt, handelt vom Weg einer Künstlerin zur Selbstbestimmung, von einer Abfolge freier Entscheidungen. Dort, wo sie angekommen ist, scheint die Luft dünn. Es gibt Skripts für jeden Videobeitrag auf Instagram, Ratschläge, wie sie mit ihrem Bein wippen soll. ... Die Nähe, die Vanessa Mai ihren Zuschauern suggeriert, erscheint einem neben der Kamera wie eine unüberbrückbare Distanz" und "während sich ihre Gefolgschaft ihr Video für Video annähert, entfernt sie sich mit jedem Augenaufschlag weiter von ihnen".
Weitere Artikel: Für die SZ plaudert Andreas Kunz mit Sexpistole Johnny Rotten. Besprochen werden Maria Staggats und Timo Steins Bildband "Hush - Berliner Clubs in Zeiten der Stille" mit Fotos pandemiebedingt leerstehender Clubs (taz), das neue Album von Altın Gün (The Quietus), zwei neue Songs von Bilderbuch (Standard), das neue Album der australischen Band The Paper Kites (FR), ein neues Album von Tele Novella (FR) und Justin Biebers neues Album "Justice", das laut SZ-Kritikerin Juliane Liebert "bis in den letzten blitzblanken Winkel der klinischen Überproduktion hinein nach einem angestrengten Kampf gegen jedes Gefühl" klingt.
Bühne
In der FAZ vermisst Gerhard Stadelmaier einen "Radikalen im öffentlichen Menschendienst" wie den Theaterregisseur Rudolf Noelte: "Er korrigierte nicht die alten Stücke von heute aus, sondern entdeckte in ihnen die Zerrissenen, Verlorenen, Unglücklichen von heute, denen ihr Leben unter den Fingern verrinnt. Wo andere urteilten, da fing er erst an zu verstehen. Seine Menschen konnten sich nirgendwo an der Gesellschaft, an der Politik, der Ökonomie, der Klasse oder einer sonstigen Alibi-Konstruktion entschuldigend schadlos halten. Sie hatten nur sich selbst, Schrecken genug."
Weiteres: In der taz verkündet jetzt auch noch Eva Behrendt das Ende des weißen, deutschen, männlichen Intendanten, mit dem alle Hierarchien an deutschen Theatern fallen würden. Besprochen werden der Struwwelpeter als "Shockheaded Peter" von Julian Crouch und Phelim McDermott im Stream des Thalia Theaters (taz) und die Uraufführung von Marco Goeckes Choreografie "The Big Crying" durch das Nederlands Dans Theater 2 (FAZ).
Weiteres: In der taz verkündet jetzt auch noch Eva Behrendt das Ende des weißen, deutschen, männlichen Intendanten, mit dem alle Hierarchien an deutschen Theatern fallen würden. Besprochen werden der Struwwelpeter als "Shockheaded Peter" von Julian Crouch und Phelim McDermott im Stream des Thalia Theaters (taz) und die Uraufführung von Marco Goeckes Choreografie "The Big Crying" durch das Nederlands Dans Theater 2 (FAZ).
Film
Wenig überzeugend findet NZZ-Kritiker Jean-Martin Büttner die von HBO ausgestrahlte Dokuserie "Allen v. Farrow", die verspricht, die Kontroverse um Woody Allen und ob er seine Stieftochter Dylan Farrow sexuell missbraucht haben soll oder nicht ein für allemal zu klären. Für Regisseur Kirby Dick "stehen Schuld und Unschuld schon vor der Recherche fest. ... Abweichende Stimmen kommen nicht zu Wort, außer die von Allen selber, der aus Interviews und seiner Autobiografie sparsam zitiert wird." Wie soll er über die neue Superheldenserie "The Falcon and the Winter Soldier" vernünftig schreiben, wenn es vorab lediglich eine Folge zu sehen gab, fragt sich Axel Weidemann in der FAZ. Und Timo Frasch fragt sich ebenfalls in der FAZ, was er mit seinem Interview mit Klaus Lemke machen soll, das ihm der Münchner Filmemacher beim Autorisieren komplett zerlegt hat.
Besprochen werden Oskar Alegrías "Zumiriki" (Filmdienst), die Serie "Strike" (Freitag), Zack Synders neue Schnittversion seines Blockbusters "Justice League" (Dlf Kultur, SZ) sowie Anthony und Joe Russos "Cherry" (online nachgereicht von der FAZ).
Besprochen werden Oskar Alegrías "Zumiriki" (Filmdienst), die Serie "Strike" (Freitag), Zack Synders neue Schnittversion seines Blockbusters "Justice League" (Dlf Kultur, SZ) sowie Anthony und Joe Russos "Cherry" (online nachgereicht von der FAZ).
Kunst



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