Efeu - Die Kulturrundschau

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Februar 2014

Verkettete Suspense-Kadenzen

28.02.2014. Aktualisiert: Elfriede Jelinek spricht im Interview mit Ingo Niermann über Computer, Ebooks und das Veröffentlichen im Netz. Die Zeit wundert sich immer noch über die brutale Grobheit, mit der Sabine von Schorlemer Serge Dorny von seinem Intendantenposten an der Semperoper feuerte. Die Jungle World macht den Literaturbetrieb verantwortlich für alle Ödnis in der Welt. Im Guardian erinnert sich Vivien Goldman daran, wie es war, im London der Siebziger gleichzeitig Punk und Jude zu sein. Die NZZ erklärt, warum der polnische CIA-Agent Ryszard Kuklinski heute noch umstritten ist. Das MoMA präsentiert stolz seine neueste Erwerbung: Guillaume Apollinaires Kalligramm "Revolver".

Ins Unter-Es

27.02.2014. Auf der Fischerwebseite Hundertvierzehn machen Nikola Richter, Annika Reich, Clemens J. Setz, Jörg Albrecht, Jan Brandt und Hannes Bajohr fünf Vorschläge für das neue Jahrtausend. Philippe Jordan bringt die Wiener Symphoniker endlich wieder in Form, freut sich die Presse. Christian Spuck feiert einen Triumph mit seiner Berliner Inszenierung der Berlioz-Oper  "La Damnation de Faust". Warum bekommt eigentlich Frankfurt ein Romantikmuseum, fragt die Welt. Die taz feiert Abbas Kiarostamis neuen Film "Als wäre es Liebe".

Harte Sounds, harte Drogen, harte Clubs

26.02.2014. In der NZZ erzählt Anne Tismer, warum sie lieber als bildende Künstlerin in Togo lebt, statt als gefeierte Schauspielerin in Berlin. Außerdem lernt die NZZ im Pessoa-Haus in Lissabon, wie man einen Künstler 78 Jahre nach seinem Tod lebendig hält. Der Standard hört neuen Techno von L.I.E.S. Dezeen stellt zwei Wissenschaftlerinnen / Designerinnen vor, die Leder aus Gemüse und Laufschuhe aus Protozellen herstellen.

Für den Kulturkreis gesprochen

25.02.2014. Lothar Müller fordert in der SZ: Weniger Debatte über die Herkunft von Schriftstellern, mehr Debatte über den Satzbau. Die Welt freut sich auf die HBO-Miniserie "True Detective" mit ihrer drastischen Dekonstruktion von Religion, Familie, Freundschaft. Die Berliner Zeitung zieht Kraft aus den von Armin Petras gepflegten Widersprüchen des Realen. Die Welt meint nach Leander Haußmanns "Möwe"-Inszenierung: kreativer ohne die Kumpel. Pitchfork feiert das neue Album von St. Vincent: King Crimson rewritten by Le Corbusier.

Es gab da keine Probleme

24.02.2014. Serge Dorny,  Intendant der Semperoper, muss gehen. In der FAZ weiß Christian Thielemann gar nicht, warum. In der Presse weiß es der Ex-Intendant sehr wohl. Gepfefferte Verrisse für Christoph Marthalers "Heimweh & Verbrechen". Wie türkische Besucher den österreichischen Kinos einen kleinen Boom bescheren, erzählt die Presse. In der New York Review of Books spitzt Michael Gorra die Lippen und sagt "blue".

Was für ein Schrumms!

22.02.2014. In der taz beschreibt Jonathan Lethem die Bedeutung der europäischen Geschichte für die amerikanische Gegenwart. In der Welt erklärt er, warum er immer erst nach dem Schreiben recherchiert. Die Kritiker sind bei Michael Thalheimers "Maria Magdalena" in Wien und Heinz Holligers und Robert Walsers "Schneewittchen" in Basel bestens unterhalten. Der Perlentaucher schaltet sich in die Debatte um die deutsche Gegenwartsliteratur ein. Und der New Yorker fragt: macht das Method Acting die Schauspieler kaputt?

Mehr Futter für das Hirn

21.02.2014. Die NZZ erliegt der sanften Stimme und dem zarten Optimismus von Beck. Die FAZ weiß wieder, warum sie Neneh Cherry liebt. Meryl Streep wird die Sufragette Emmeline Pankhurst spielen, meldet Jezebel. In der FAZ antwortet Dietmar Dath auf Maxim Biller: Ich bin zwar ein Weißbrot, aber der Kapitalismus ist schuld. Allgemeiner Jubel über Rameaus trampelige Nymphe "Platée", die sich in Wien unter die Reichen und Schönen mischt. In Berlin sitzen die Kritiker in der Volksbühne vor vier menschenleeren Bühnenbildern.

Metapher für ein Nicht-Aufhören-Können

20.02.2014. Maxim Biller wünscht sich in der Zeit weniger angepasste Schriftsteller nichtdeutscher Herkunft, die die reaktionär-spießige autochthone Gesellschaft erschrecken. Der Freitag sieht Lars von Triers "Nymphomaniac" als Wucherung der Erzählproduktion. Außerdem hört er Drum&Bass von Metalheadz. Die Welt sucht eine neue Aufgabe für Dionysos

Hochgradig ansteckende Heimweherreger

19.02.2014. Der Tagesspiegel geißelt die stumpfsinnige Erdrosselung der Theater in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. In der FAZ reibt Leo Fischer dem Wuppertaler Politiker Alexander Schmidt sein Kulturbanausentum unter die Nase. Edit-Blog fragt sich, wie das Französische mit Rainald Goetz fertig wird. Der Guardian berichtet über eine Londoner Ausstellung zu deutscher Renaissancekunst, die verkauft wurde, weil sie zu hässlich war. Die taz begutachtet nordkoreanische Filme, während draußen die Spartakist-Arbeiterpartei demonstriert.

Knacken und Zischen

18.02.2014. Helen Mirren würde gerne weniger Frauenleichen in Krimis sehen. In der Berliner Zeitung erklärt der Historiker Gerhard Paul, warum Fotografie und Film den Krieg nie einfangen können. Die Welt schwelgt in Francesco Cileas zuckersüßer Oper "Adriana Lecouvreur" und wünscht sich ein Handke-Biopic. Die Berliner Zeitung schwärmt von Dirigent Teodor Currentzis aus Perm am Ural, der den Händel krachen ließ. Der Standard macht Sparvorschläge fürs Burgtheater. Und in der SZ erzählt "Nymphomaniac"-Darstellerin Stacy Martin, was eine Vagina-Prothese ist.

Grazie der Verkrampfung

17.02.2014. Die Kritiker sind halbzufrieden mit den Entscheidungen der Berlinale-Jury. Die Berliner Zeitung feiert die künstlerische Kraft der Kontroverse am Gorki Theater. Das Burgtheater dürfte diese These im Augenblick bezweifeln, liest man den Standard. Ebenfalls im Standard erzählt Ilija Trojanow von seiner Wanderung durch Cape Cod. Die taz besucht eine Schau des Produktdesigners Marcel Wanders im Stedelijk Museum in Amsterdam.

Die Pest der Konsenskultur

15.02.2014. Die FAZ empfiehlt künftigen Berlinalen: Weniger ist mehr. Im Tagesspiegel sucht Ken Loach das europäische Kino. In der taz fordert Dominik Graf mehr schmutziges Kino. Die Berliner Zeitung feiert das Michael Wollny Trio. Die Lyrikzeitung erstellt über Facebook eine Anthologie gemeinfreier Gedichte. In der Welt ruft Klaus Ungerer: Wo ist die Gegenwart in der deutschen Gegenwartsliteratur? Die FR gruselt sich mit Odile Redon

Kontrabassmassaker

14.02.2014. 25 Jahre nach der Fatwa würdigt die FAZ Salman Rushdies "Satanische Verse" als große Literatur und macht klar: Auch unter den Muslimen gab es Gegner der Fatwa. Die Jungle World feiert die friedfertige Müdigkeit der bayerischen Band The Notwist. Die NZZ berichtet über die  Klassengesellschaft auf britischen Bühnen. Und die Zeitungen haben alle denselben Favoriten für den Goldenen Berlinale-Bären: Richard Linklaters "Boyhood".

Der große Ominöse

13.02.2014. Die Welt lernt aus Annekatrin Hendels Doku "Anderson", warum so viele der damals Bespitzelten dem Dichter und IM Sascha Anderson so halb verziehen haben. Die NZZ verliebt sich in die Überraschungseffekte des Produktdesigners Richard Sapper. Im Tagesspiegel staunt Horst Bredekamp immer noch über die Fähigkeiten des Künstlers, der ihm gefälschte Galileo-Zeichnungen andrehte. Die taz schwebt eine Minuten mit "Die Nerven".

Hörkrimi erster Güte

12.02.2014. Der New Statesman lernt in Lausanne, wie die UdSSR die Olympischen Spiele mit Hilfe der Künstler in eine Arbeiter-Spartakiade verwandelte. Im Freitag erklärt Regisseurin Tatjana Turanskyj, warum sie ein Verbot der Prostitution für kontraproduktiv hält. Welt und SZ sind sich einig: die Münchner Aufführung von Mozarts "La Clemenza di Tito" konnte auch Kirill Petrenko nicht retten. Die NZZ feiert die CD-Box "Black Europe". Joachim Lottmann besucht für die taz Thomas Bernhards Lieblingsorte. Und: Shirley Temple ist tot, steppt aber weiter.

Gegen den Gesamtzusammenhang

11.02.2014. In der Welt erklärt Ennio Morricone, wie man mit einem unendlichen Ostinato einen Meister-Popsong kreiert. Die taz ist entsetzt über knallig krispe Schüsse, die Himmlers Dokumente im Film untermalen. Der Standard besucht eine Ausstellung über Utopie und Realität in Graz und berichtet über einen handfesten Theaterskandal in Wien. Die FAZ möchte über Thomas Mann reden.

Wieder eine graue Maus

10.02.2014. Fast alles Berlinale heute in den Feuilletons. Dominik Grafs Wettbewerbsbeitrag "Die Geliebten Schwestern" wird allgemein gelobt, George Clooney "Monument's Men" verrissen und Lars von Triers "Nymph()maniac" landet erwartungsgemäß zwischen den Lagern. Die Welt steht in Brüssel andächtig vor Francisco de Zurbaráns "Agnus Dei". In der NZZ erzählt der Schriftsteller Thomas Hürlimann von seiner Krebserkrankung und einem rasanten Identitätswechsel.

Überlebenspoesie

08.02.2014. Auf der Berlinale war mit Edward Bergers "Jack" der erste deutsche Wettbewerbsfilm zu sehen, bei den Kritikern stößt er auf ein geteiltes Echo. Im Freitag verbeugt sich Georg Seeßlen vor Ken Loach, dem die Hommage gewidmet ist. In der New York Times erzählt Michael Wilson von den letzten traurigen Tagen des Philip Seymour Hoffman. Die FAZ feiert Rem Koolhaas für seinen Rotterdamer Wolkenkratzer der Zukunft. Die NZZ besucht eine aus der Wirklichkeit gefallene Schau zu Isabella Blow in London. Und die taz lernt Arno Schmidt als Astronauten kennen.

Man muss es nicht mögen, aber man kann es lieben

07.02.2014. Der Expressionismus war keineswegs das Ergebnis eines französisch-deutschen Künstleraustauschs, widerspricht die NZZ der Zürcher Ausstellung "Von Matisse zum Blauen Reiter". Auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse finden sich drei Debütanten. Der Theaterautor Ulf Schmidt informiert in der Nachtkritik über den gravierenden Zuschauerschwund an deutschen Theatern. Und alle sind zufrieden mit dem Auftakt der Berlinale.

Das Gespür für Wahrheit im Kino

06.02.2014. Ein aufsehenerregender Essay eines anonymen Autors prangert die deutsche Unfähigkiet zur modernen TV-Serie an - präsentiert wird er auf der Website des Regisseurs Dietrich Brüggemann, dessen neuer Film auf der Berlinale läuft: Überhaupt Berlinale: Tagesspiegel und FAZ bringen Gespräche mit den deutschen Wettbewerbsregisseuren. Die Zeit analysiert Sex-Szenen in Berlinale-Filmen. Die SZ feiert den den südafrikanischen Pianisten Kristian Bezuidenhout. In der Welt erklärt der Maler Anselm Reyle, warum er sein Atelier schließt.

Radikal, im Benennen wie im Zeigen

05.02.2014. Es ist zwar nicht allgemein bekannt, aber Matthew McConaughey war schon immer ein toller Schauspieler, findet die Presse. Sein neuer Film "Dallas Buyers Club" wird in vielen Zeitungen besprochen. In Cynthia Havens Blog stellt Philip Roth der Literatur eine schlechte Prognose. Die Holländer machen Neue Musik und Hunderttausende kleben mit ihren Ohren an den Radios. Wie kriegen die das hin?, fragt staunend die FAZ. Die NZZ bewundert die häusliche Eleganz der Pompejaner. Die LA Review feiert Robert Gordons Buch über das Stax-Label.

Die Maßlosigkeit, das Schlingern

04.02.2014. Die totale Isar-Dominanz beim Theatertreffen beschäftigt alle Zeitungen: Vier von zehn Einladungen gingen nach München. Die taz lässt sich vom dänischen DJ-Duo Den Sorte Skoles erklären, warum eine pauschale Abgeltung für Samples nötig ist. Der Standard lernt im Museumsquartier die bulgarische Mauer kennen. The Atlantic erzählt eine Kulturgeschichte des Männerbarts. Und alle trauern immer noch um Philip Seymour Hoffman.

Kein cooler Star

03.02.2014. Die Welt ärgert sich über die Heroisierung Wolfgang Beltracchis im Fernsehen. In der taz erzählt Ingrid Caven von ihrer Liebe zu Fassbinder. Die Presse fragt angesichts der Franz-Sedlacek-Ausstellung in Wien: Kann man das Werk von der Gesinnung trennen? Alle trauern um Philip Seymour Hoffman und Maximilian Schell.

Zirpend-klonkiges Glück

01.02.2014. In der SZ sucht Joachim Hentschel deutschen Pop mit Relevanz - und wird fündig. Die Berliner Zeitung verliebt sich in den Klang eines rostigen Ofenblechs. Le Monde begutachtet Hardcore-Sexszenen im Autorenfilm. Die NZZ besucht eine Ausstellung über Textil als Material und Metapher in Wolfsburg.