Efeu - Die Kulturrundschau

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

März 2022

Hier wird dem weißen Mann unwohl

31.03.2022. Die Diva bricht ihr Schweigen: Anna Netrebko sagt sich von Putin los, berichtet unter anderem der Tagesspiegel. Die Zeit verkriecht sich in Düsseldorf mit der brasilianischen Künstlerin Lygia Pape unter einer Leinwand. Monopol erfährt von dem niederländischen Künstler Renzo Martens, wie aus der Armut im Kongo Kapital im Westen generiert wird. In der taz erzählen die Punks der russischen Band Pornofilmy, was ausreicht, um auf der Liste unerwünschter Künstler zu landen. Und die Filmkritiker liegen dem finnischen Regisseur Juho Kuosmanen zu Füßen, der in "Abteil Nr. 6" von der Hoffnung erzählt, dass ein Eiserner Vorhang nie wieder errichtet werden würde.

War das Gift vielleicht schon da?

30.03.2022. Ingo Schulze beharrt in der SZ auf Uneindeutigkeit auch beim Krieg gegen die Ukraine. Die Festivalleiterin Ekaterina Degot fordert ebenfalls in der SZ die Wiederbelebung des Kurzwellenradios gegen Russlands messianische Propaganda. Der Tagesspiegel beobachtet die wohlgenährten Geier von Lima, die sich nicht einmal von 170 Kilo Schlachtabfällen anlocken lassen. Die FAZ feiert Audrey Diwans Wahrheitskino. Die NZZ sieht schwarz für die bunte Welt des Plastik. Und die taz bewundert die Bombastlosigkeit in der Nibelungen-Version des Jazzdrummer Max Andrzejewski.

Linien und Kreise

29.03.2022. In der NZZ folgt Sergei Gerasimow den  Flugbahnen der russischen Smertsch-Raketen. Die NZZ vernimmt auch das Seufzen einer geschundenen Volksseele in Emma Dantes "Sizilianischer Vesper" in Palermo. Die FR bewunddert die zarten Linien in Jochen Lempertz' Fotografie. Und die Katerstimmung nach der Oscar-Verleihung rührt nicht nur vor der missglückten Gala, räumen die FilmkritikerInnen ein, sondern auch von den schlechten Filmen.

Zerhackt und ratlos

28.03.2022. Will Smith lässt mit einer Ohrfeige für den Moderator die Oscar-Nacht entgleisen, bei der vor allem die Streaming-Dienste Trophäen einheimsen. Im Kuntsmuseum Den Haag erlebt die FAZ verstört die aufklärerischen Obsessionen von Boris Lurie und Wolf Vostell. Das Van-Magazin weiß, wie Wladimir Putin Valery Gergievs Treue zu belohnen beabsichtigt. In der Zeit erschrickt Lukas Bärfuss über die Entwertung der Sprache durch den Krieg.

Früher war es schon besser

26.03.2022. Putin wird schrecklich enden, sagt DAU-Regisseur Ilja Chrschanowski im Standard und wirft dem Westen vor, dem Diktator zu lange schön die Hand geschüttelt zu haben. In der taz erzählt die russische Comic-Künstlerin Victoria Lomasko, wie sie in einem "abgeriegelten faschistischen" Land aufwachte. FAZ und Tagesspiegel berichten von Mobbing und "rüpelhaften Beleidigungen" hinter den Kulissen des PEN-Präsidiums. Die SZ bringt einen künstlerischen Nachruf zu Lebzeiten auf Anna Netrebko. Und die WamS blickt in Berlin mit Polynesier:innen des dritten Geschlechts auf die indigenen Gender-Lebenswelten von Paul Gauguin.

Ich bin die Poesie

25.03.2022. Bernard-Henri Lévy berichtet in der SZ von seinem Besuch in Odessa, wo er vom Strand aus die russischen Schiffe beobachten kann, die auf Befehle aus Moskau warten. Die NZZ bewundert die aufgeschminkten Narben der Models bei der Modeschau von Vetements in Paris. Der Standard bewundert die kleinen Sehnsüchte von Hinz und Kunz, wie sie der Fotograf Reiner Riedler festgehalten hat. Der Klassikbetrieb reagiert scheinheilig auf den Ukrainekrieg, meint das VAN-Magazin.

Der Staat benötigt Leichen

24.03.2022. Die taz bewundert den Mut des Teatr.dok, das in Moskau Artur Solomonows Satire "Wie wir Josef Stalin beerdigten" aufführte. Die Zeit porträtiert das russische Metal-Punk-Duos IC3PEAK und fragt, warum Gauguin ein kolonialistischer Maler war, wie eine Ausstellung in Berlin behauptet. Ist Blackfacing auch mit Kontext unmöglich, fragt die NZZ fragt anlässlich eines Shitstorms über Ernst Kreneks Jazzoper "Jonny spielt auf" in München. Der Tagesspiegel lässt sich von der Komponistin Eliane Radigue in den Limbus zwischen den Tönen führen. Die FAZ stellt das neue Kunstmuseum in Beirut vor.

Hundert dunkle Grautöne

23.03.2022. In der Nachtkritik glaubt Alvis Hermanis nicht, dass sich Russlands Leibeigene in absehbarer Zeit gegen ihren Zaren auflehnen. Das Problem sind die Würmer, ergänzt Sergei Gerasimow in der NZZ. ZeitOnline empfiehlt Alina Horlowas Dokumentarfilm "This Rain Will Never Stop" über den Krieg in der Ostukraine. Der Guardian feiert mit Hew Locke in der Tate Britain einen exzessiven karibischen Karneval. SZ und Standard lassen sich in Wien betören von Christian Gerhahers zartem Wozzeck. Und die Jungle World lässt freudig Acht Eimer Hühnerherzen über sich ergehen.

Der Schlussakkord zum Wort Rache

22.03.2022. Einig sind sich taz, NZZ und ZeitOnline darin, dass die Rücktrittsforderungen an PEN-Chef Deniz Yücel fehl gehen. In der SZ wirft Regisseur Sergei Loznitsa der ungarischen Filmakademie nach seinem tatsächlichen Rauswurf Stalinismus vor. Mit gemischten Gefühlen nehmen taz und Tagesspiegel Verdis "Sizilianische Vesper" an der Deutschen Oper: Was kann uns die Gewalt des 13 Jahrhunderts anderes lehren als Geschichte? Die FAZ muss zugeben, dass Sou Fujimotos Haus der Musik in Budapest ziemlich großartig geworden ist, auch wenn es ein Prestigebau der Regierung ist.

Verdienst-Kreuz in Holz

21.03.2022. Ärger im PEN-Club: Ehemalige Präsidenten fordern den Rücktritt von PEN-Chef Deniz Yücel, nachdem er eine Flugverbotszone über der Ukraine gefordert hat. Die SZ wundert sich: Hätte ihnen nicht klar sein müssen, dass sie mit Yücel keinen Mann der leisen Töne bekommen? In der FAZ erklärt Petra Reski die Affäre als internen Machtkampf. Der Tagesspiegel meldet indes, dass der Filmemacher Sergei Loznitsa aus der ukrainischen Filmakademie ausgeschlossen werden soll. FAZ, SZ und ZeitOnline feiern die Leipziger Buchmesse als eines der schöneren Dinge in unserem Pop-up-Universum.

Ein Teil der Realität widersetzte sich mir

19.03.2022. Die FAZ fragt sich mit der Fotografie Biennale: Wie wollen wir leben? Auf jeden Fall differenziert, folgt man den Vorschlägen der russischen Kuratorin Ekaterina Degot in monopol zum Boykott russischer Kunst. Die Big Player in der Musikwelt, während der Pandemie fürstlich mit Staatsknete gepampert, sollen endlich aufhören zu jammern und ihre Mitarbeiter anständig bezahlen, fordert auf Zeit online der Konzertveranstalter Berthold Seliger. Die Komödien und Tragödien der Gegenwart spielen sich heute auf dem Berufsnetzwerk LinkedIn ab, erzählt der Schriftsteller Quentin Mouron in der NZZ.

Menschen, die im Schatten flüstern

18.03.2022. Die Welt unterhält sich mit dem Künstler Paul McCarthy und der Schauspielerin Lilith Stangenberg über ihre gemeinsame Arbeit, über Adolf und Eva und den Moment des Entrücktseins. Die NZZ ist hin und weg von David Martons Zürcher Inszenierung der "L'Olimpiade", einer Barockoper von Giovanni Battista Pergolesi, die ganz neue Helden auf die Bühne bringt. Die Literaturkritiker applaudieren den Leipziger Buchpreisen für Tomer Gardi, Uljana Wolf, Anne Weber und Karl-Markus Gauß: Die gehen so schön am Publikum vorbei, freut sich der Tagesspiegel.

Teufel locken uns

17.03.2022. Im Van Magazin fragt Vladislav Gorai vom Opernhaus Odessa fassungslos, warum russische Künstler so wenig Solidarität mit der Ukraine zeigen. In der Zeit erzählen drei russische Künstlerinnen, die gegen den Krieg demonstriert haben, wie umfassend die Überwachung durch den FSB inzwischen ist. Artechock übersetzt ein Statement des russischen Filmkritikers Anton Dolin, der wegen seiner Kritik an der Invasion mit dem Tod bedroht wurde, es in Russland aber vor allem wegen der vielen Mitläufer nicht mehr ausgehalten hat. Die FAZ staunt über die vielen Putin-Apologeten in Italien.

Wahr oder erfunden?

16.03.2022. Der Standard staunt in Wien, wie Ai Weiwei Readymades aus einem totalitären Regime macht. Die SZ bewundert den subtilen Spott, mit dem der libanesische Künstler Walid Raad in Mainz die Deutungshoheit autokratischer Systeme über die Vergangenheit attackiert. Tagesspiegel und SZ sorgen sich um ukrainische Kulturgüter: Es gibt keine Garantie, dass das ukrainische Kulturerbe nicht geplündert und in russische Museen gebracht wird. Der Westen weiß, wir er sich als gelobtes Land verkaufen kann, sagt der frisch mit dem Pritzker-Preis geehrte Francis Kéré in der SZ. ZeitOnline sehnt sich mit Pop-Esperanto von Rosalia nach Wohlstand und Leichtigkeit.

Verlaufsspuren der unbarmherzigen Zeitläufte

15.03.2022. Welt und FR erkennen in Frankfurt, wie die Kunst des Rokoko Renoir prägte und den Impressionismus kultivierte. Atemlos schauen Tagesspiegel und FAZ zu, wenn Sasha Waltz an der Staatsoper die Spaltung der Gesellschaft tanzen lässt: Der Tagesspiegel denkt aufgewühlt an Massengräber, die FAZ langweilt sich zu Tode. Teile der Klassikindustrie sind nach wie vor fest in Oligarchen-Hand und haben auch nicht vor, sich zu lösen, berichtet Crescendo. Für den Osten war im Theaterbetrieb in den letzten Jahren nicht viel Platz, klagt die nachtkritik. Und alle trauern um William Hurt, den großen Verwandlungskünstler der britischen Schule.

Sie raunen I like, Freu, Nerv

14.03.2022. In Tagesspiegel und NZZ berichten die Schriftsteller Sergei Gerasimow und Yuriy Gurzhy aus dem belagerten Charkiw, wo kein einziger Mensch auf den Straßen zu sehen ist. Wer gibt ausgerechnet uns Deutschen das Recht, Russen aus dem öffentlichen Leben zu verbannen, wettert Günter Rohrbach in der SZ. "Gleichmacherei" wirft die FAZ dem Grassi-Museum vor, das bei der Neuordnung seiner ethnologischen Sammlungen vergesse, wem es seine Existenz zu verdanken habe. Die Theaterkritiker lassen sich von Claudia Bauers Bunuel-Inszenierung in Frankfurt gern den "dreckigen Spiegel" vors Gesicht halten. Deutsche Filmfestivals wollen künftig ungern auf russische Filme verzichten, berichtet Dlf Kultur.

Zwischenwelten jenseits der Zeit

12.03.2022. In der NZZ erzählt der ukrainische Schriftsteller Sergei Gerasimow, wie das Atmen des nahenden Kriegs klingt. In der taz berichtet Andrej Kurkow von seiner Flucht: Putin bewegte sich schneller als Google Maps. "Wir spielen in keiner Blase des Schönen", sagt die Dirigentin Oksana Lyniv und appelliert an die moralische Verantwortung von KünstlerInnen. Die FAZ birgt unbequeme Bilder im "Bilderkosmos Leipzig". Und die SZ schiebt sich mit den Säuglingen von Rammstein zurück in den Mutterleib.

Die ganze Welt hat sich weggeduckt

11.03.2022. Der Tagesspiegel experimentiert in Bochum mit den individuellen Zigarettenstummeln der Ingeborg Lüscher. Die FR blickt auf den Fotografien von Nini und Carry Hess in die untergegangene Welt des Frankfurter Expressionismus. Eine "Eiszeit für die gesamte Kultur" wie im Kalten Krieg prophezeit in der SZ der französische Balletttänzer Laurent Hilaire, der Russland bereits verlassen hat. artechock beobachtet mit Yulia Lokshina ein militär-patriotisches Jugend-Camp auf einer russischen Insel. Eine neue Ära sensibler Architektur ruft die FAZ in Japan aus. Außerdem gratulieren SZ und FAZ Wolfgang Rihm mit großen Gesprächen zum Siebzigsten.

Sekt und Häppchen und Gespräch

10.03.2022. Osteuropäische SchriftstellerInnen warnten uns seit langem vor Putin, aber wir hatten andere Sorgen, schämt sich die Zeit. "Auch an unseren Händen klebt jetzt Blut", sagt der belarussische Dirigent Vitali Alekseenok im Van Magazin. In der SZ erklärt Serge Dorny, weshalb Valery Gergiev nicht mehr tragbar war: Er war nie neutral. Die FAZ wirft dem Kulturbetrieb mit Blick auf Gergiev und Netrebko "Verrat an der Kultur" vor. Die FR erkennt dank Marie Amiguets "Der Schneeleopard" den Reiz von Natur-Dokumentarfilmen. Und die SZ kommt elektrisiert aus der Kunsthalle Praha zurück.

Es geht immer noch dunkler

09.03.2022. Die Filmkritiker lassen sich für einen Moment von Pop, Chic und der leisen Ironie in Pedro Almodovars "Parallele Mütter" ablenken. Kann Frankreich die derzeit in Paris ausgestellte Sammlung Morosow im Zuge der Sanktionen gegen Russland einfach beschlagnahmen?, fragt die Welt. Babi Jar steht paradigmatisch für Europa - Europa ist ein von Kriegen geformter Kontinent, sagt der Architekt Manuel Herz in der NZZ. Und die Musikkritiker schreiben dem lachenden und bellenden Phil Collins einen Nachruf zu Lebzeiten.

Chiffren korrupter Lüstchen

08.03.2022. Mit einem leichten Schaudern blickt die FAZ in der Frankfurter Schirn auf Bilder innerer Emigranten, die Zensur und Zweiten Weltkrieg überlebten. Als "nie für möglich gehaltene Cancel Culture" geißelt die Welt die "irrationale Absagewelle", die russische KünstlerInnen derzeit ereilt. Immer mehr ukrainische Schriftsteller ziehen in den Krieg, berichtet Tanja Maljartschuk in der FR. SZ und FAZ lauschen dem "Gleißen der Sonne", wenn Edward Gardner Benjamin Brittens Oper "Peter Grimes" an der Bayerischen Staatsoper dirigiert. Und die NZZ macht eine surreale Erfahrung, wenn sie Wolodomir Selenski als "Diener des Volkes" auf Arte erlebt.

Phänomene der Entfremdung und der bröckelnden Balance

07.03.2022. Die SZ kichert und gackert sich am Münchner Residenztheater durch Franz Xaver Kroetz' "Der Drang". Die FAZ begibt sich nebenan in die scharfkantige Endzeitkulisse von Eugene O'Neills "Unter Ulmen". Im Standard findet der Autor und Übersetzer Alexander Nitzberg die Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine viel zu hysterisch. Er empfiehlt "eine aktiv gelebte Neutralität". Die NZZ tastet sich im Basler Kunstmuseum durch das Angst- und Erregungs-Chaos von Louise Bourgeois. Die Zeit wirft mit Elie Grappes Film "Olga" einen Blick auf die Ukraine am Vorabend der Maidan-Revolution. Die Welt tröstet sich mit John Bridcuts Film über Schuberts "Winterreise".

Sakralität ist sehr einfach

05.03.2022. Schweigsame Arbeiten findet die Welt in der Schirn-Ausstellung "Kunst für Keinen" aus dem Deutschland der Jahre 1933 bis 1945. In der taz erklärt die Fotografin Ute Mahler, was ostdeutsche Fotografie war. Die Junge Welt hört raffinierteste Rhythmen und Rhythmusverschiebungen in Reinhard Febels "18 Studies on 'The Art of the Fugue'". In der Literarischen Welt ruft die Schriftstellerin Julia Franck Zeitungen, Verlagen und öffentlich-rechtlichen Sendern in Erinnerung, warum Literaturkritiken, Buchmessen und Literatursendungen immer noch wichtig sind. Die Filmkritiker verneigen sich vor Pier Paolo Pasolini, der heute 100 Jahre alt geworden wäre.

Archiv der Zukunft

04.03.2022. Es sind vor allem Menschen aus der Theaterszene in Russland, die gegen Putin protestieren und dafür den Verlust ihrer Posten in Kauf nehmen, weiß die SZ: Aber ihnen steht ein Lager schweigender KollegInnen gegenüber. Dass im Westen immer mehr Russen von ihren Stellen entbunden werden, hält die FAZ indes für ein "symbolpolitisches Feuerwerk". Jeder zweite Russe hat Putin nicht gewählt, meint auch Artechock und erinnert an dissidente Filme. Außerdem: Auf Monopol erklärt Till Fellrath, wie er gemeinsam mit Sam Bardaouil den Hamburger Bahnhof in die Zukunft führen will. SZ und taz sind gespannt.

Apokalyptisches Sittenbild

03.03.2022. Cannes will vorerst keine russischen Delegationen mehr empfangen, auch die US-Filmindustrie boykottiert Russland. Verbietet der Krieg Nuancen?, fragt der Tagesspiegel. Die FAZ warnt vor pauschalem Boykott - denkt an die "anständigen Russen", ruft etwa Gideon Kremer. In Russland reicht indes schon ein DIN-A4-Blatt mit der Aufschrift "Nein zum Krieg" für dreißig Tage Haft, berichtet die taz. Düster und männlich sind die Kinostarts diese Woche: Matt Reeves depressiver Batman macht im besten Sinne keinen Spaß, freut sich die Presse, die taz lässt sich derweil von Paul Schraders Casino-Drama "The Card Counter" durchbohren. Der Tagesspiegel feiert die neue Transparenz im Leipziger Grassi-Museum, wo Raubkunst vorerst nicht mehr gezeigt wird.

Ungreifbarkeit der Wirklichkeit

02.03.2022. Die Zeitungen diskutieren über die Entlassung von Valery Gergiev. München wusste doch, wen es sich in die Stadt holt, erinnert die Zeit. Darf eine freiheitliche Welt Menschen vor die existenzielle Entscheidung zwischen Karriereende und Exil stellen?, fragt die NZZ. Moment, Gergiev ist kein Opfer, meint das VAN Magazin mit Blick auf die Liste der Verstrickungen des Dirigenten in Putins Kulturpolitik. Egal ist Putin die Öffentlichkeit im Westen sicher nicht, glaubt Deniz Yücel in der SZ. Das denkende und kritische Russland ist auf dem Weg in die völlige Dunkelheit, berichtet der Standard aus der russischen Kunstszene. Die FAZ ist hingerissen von dem großen Tier, das Paul Schrader mit "The Card Counter" geschaffen hat.

Kunst kann eine Waffe sein

01.03.2022. Aktualisiert: Die Münchner Philharmoniker haben Valery Gergiev entlassen. Darf die Politik Künstler zu politischen Statements zwingen?, fragt die SZ. Bigott findet das die Berliner Zeitung. Die NZZ warnt vor "moralischem Rigorismus". In ukrainischen Theatern werden derweil Molotow-Cocktails aus Requisitenflaschen und Tarnnetze aus Kostümen gemacht, erfährt die nachtkritik aus zwei Briefen aus der Ukraine. Die taz bewundert in Essen fulminante Renoirs, Monets und Gauguins aus Japan. Und die SZ lässt sich von Francis Bacons "zähnefletschenden Zombies" in London überwältigen.