Efeu - Die Kulturrundschau
Das Internet ist ein irres, schwebendes Jenseits
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18.10.2014. In der Welt sieht David Cronenberg ein Leben nach dem Tod auf seinem Iphone. Die SZ hört Beethoven in einem syrischen Lager für palästinensische Flüchtlinge. Die Berliner Zeitung wirft einen Blick auf Fotos vom anderen Europa. Der Guardian fragt: Wie wichtig ist Picasso für das 21. Jahrhundert?
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
18.10.2014
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Literatur
Geradezu transhuman ist es Filmregisseur David Cronenberg im Interview mit der Welt zumute, wo er über sein Romandebüt "Verzehrt", die Zukunft des Films und den Wahnsinn des Internets spricht: "Wer die Straße entlang läuft, während er sich auf dem iPhone unterhält, hat sich entleibt. Es kann vorkommen, dass Sie mit jemandem kommunizieren, der schon tot ist, und Sie haben keine Ahnung. Es gibt Youtube-Videos, Chats, Text-Nachrichten. Das Internet ist ein irres, schwebendes Jenseits, das uns hineinzieht, genau wie Religionen, wie das Christentum oder der Islam, wo das sich der beste Teil des Lebens nach dem Tod abspielt."
Außerdem: John Burnside spricht im Interview mit der SZ über seinen nun auf Deutsch erschienenen ersten Roman "Das Haus der Stummen", Umweltzerstörung, seine Jugend im Schottland der Sechziger und seine Alkohol- und Drogensucht.
Besprochen werden u.a. Michael Köhlmeiers Roman "Zwei Herren am Strand" (Welt), Lucy Frickes Roman "Takeshis Haut" (taz) und Martha Nussbaums "Die neue religiöse Intoleranz" (FAZ).
Außerdem: John Burnside spricht im Interview mit der SZ über seinen nun auf Deutsch erschienenen ersten Roman "Das Haus der Stummen", Umweltzerstörung, seine Jugend im Schottland der Sechziger und seine Alkohol- und Drogensucht.
Besprochen werden u.a. Michael Köhlmeiers Roman "Zwei Herren am Strand" (Welt), Lucy Frickes Roman "Takeshis Haut" (taz) und Martha Nussbaums "Die neue religiöse Intoleranz" (FAZ).
Musik
Gregor Gysi soll im Namen der Wagner-Geschwister Nike, Daphne und Wolf-Siegfried die Wagner-Stiftung verklagen, meldet der Tagesspiegel. Grund ist der neue Mietvertrag für das Festspielhaus, in dessen Folge "Bund und Freistaat Bayern beinahe allein über die Festspielleitung entscheiden könnten". Ulrich Amling kann das in einem beistehenden Kommentar nur begrüßen: "Es lebe Wagner ohne die Wagners!"
Sonja Zekri unterhält sich in der SZ mit dem jungen Pianisten Aiham Ahmed, der nun in Damaskus in einem Lager für palästinensische Flüchtlinge lebt und auftritt, über den Drang nach Kunst und arabische Propagandawerke: "Klassik und Jazz, die Musik, die er liebt, gilt vielen Menschen hier als fremd, als Kulturimperialismus oder kolonialer Überrest. Dabei ist es doch so leicht, diese Welten zusammenzubringen, findet Aiham, und das beweist er jetzt mal. Er trällert "Für Elise", perlend, schwerelos, klar, schließlich hat er auch Gesang studiert: "Sehen Sie. So klingt Beethoven bei Ihnen." Und dann eine arabische Variante, dieselbe Melodie, aber unschärfer, gleitend, ohne die westliche Eindeutigkeit, sondern irgendwie verhandelbar: "Das wird bei uns daraus.""
Besprochen wird: Jens Friebes neues Album "Nackte Angst Zieh Dich An Wir Gehen Aus" (Berliner Zeitung), das neue Album "You"re Dead!" von Flying Lotus (Welt) und das von Andris Nelson dirigierte Mozart- und Strauss Konzert bei den Philharmonikern. (Berliner Zeitung)
Sonja Zekri unterhält sich in der SZ mit dem jungen Pianisten Aiham Ahmed, der nun in Damaskus in einem Lager für palästinensische Flüchtlinge lebt und auftritt, über den Drang nach Kunst und arabische Propagandawerke: "Klassik und Jazz, die Musik, die er liebt, gilt vielen Menschen hier als fremd, als Kulturimperialismus oder kolonialer Überrest. Dabei ist es doch so leicht, diese Welten zusammenzubringen, findet Aiham, und das beweist er jetzt mal. Er trällert "Für Elise", perlend, schwerelos, klar, schließlich hat er auch Gesang studiert: "Sehen Sie. So klingt Beethoven bei Ihnen." Und dann eine arabische Variante, dieselbe Melodie, aber unschärfer, gleitend, ohne die westliche Eindeutigkeit, sondern irgendwie verhandelbar: "Das wird bei uns daraus.""
Besprochen wird: Jens Friebes neues Album "Nackte Angst Zieh Dich An Wir Gehen Aus" (Berliner Zeitung), das neue Album "You"re Dead!" von Flying Lotus (Welt) und das von Andris Nelson dirigierte Mozart- und Strauss Konzert bei den Philharmonikern. (Berliner Zeitung)
Kunst

Tomáš Šoltýs: Videostill aus Man on the River, 2011
In Berlin und anderen europäischen Städten wird der Europäische Monat der Fotografie eröffnet. Titel: "Umbrüche und Utopien - Das andere Europa". Ingeborg Ruthe hat sich für die Berliner Zeitung die Leitschau "Memory Lab - Die Wiederkehr des Sentimentalen" im Martin-Gropius-Bau angesehen und ist sichtlich angetan vom Versuch der Fotografen, Erinnerung in Bildern zu rekonstruieren. Andreas Mühe etwa: "Er fragt auf artifiziellere, fotografisch stark inszenierte Weise in seiner Serie "Obersalzberg", dem Alpen-Domizil Hitlers, danach, was in Deutschland und Europa damals geschah. Geschehen konnte. Ein Nazi steht auf einem Felsbrocken, die Hosenträger der Uniformhose heruntergelassen. Er pisst in die erhabene Caspar-David-Friedrich-romantische Landschaft. Fast schneidet sich der Blick an soviel Detailgenauigkeit."

Weitere Artikel: In der NZZ schreibt Heinz Liesbrock zum Siebzigsten des Malers und Fotograf Jan Jedlička. Brigitte Werneburg besucht in London die Frieze Art Fair und Frieze Masters und findet hauptsächlich "Riesenspielzeug für Riesengeld". Und Svenja Bednarczyk geht mit dem Geld- und Kunstfälscher Hans-Jürgen Kuhn ins Museum.
Besprochen werden die Ausstellung "Kunst/Geschichten" im Salzburger Museum der Moderne (NZZ) und die Ausstellung "Germany - memories of a Nation" im Britischen Museum in London (Berliner Zeitung)
Film
Jens Christian Rabe dankt in der SZ dem Künstlerpaar Iain Forsyth und Jane Pollard, dass sie mit "20.000 Days on Earth" über Nick Cave den Musik-Dokumentarfilm rehabilitiert haben: "Die Ästhetik der Bilder ist wohl am ehesten mit der der Filme von David Lynch zu vergleichen. Also immer etwas schattig, düster, minimalistisch, nüchtern, rätselhaft bedrohlich. Aber Nick Cave selbst könnte ja auch sehr gut eine Figur aus einem David-Lynch-Film sein. Dieser Wille zu Kunst und Stilisierung hätte sehr leicht ins Nirgendwo führen können, aber das Gegenteil ist der Fall. Der Effekt ist eher eine Art Befreiung von den Konventionen des Musik-Dokumentarfilms - und damit dem elenden Zwang zur Selbst-Identität, der die Protagonisten dieser Filme gerne auffrisst. Hier nicht."
Außerdem: Melanie Mühl berichtet in der FAZ von den Dreharbeiten zum neuen Heidi-Film mit Bruno Ganz als Alm-Öhi.
Außerdem: Melanie Mühl berichtet in der FAZ von den Dreharbeiten zum neuen Heidi-Film mit Bruno Ganz als Alm-Öhi.
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