30.09.2015 Die NZZ rätselt sich durch Raoul Schrotts Gedichtband "Die Kunst an nichts zu glauben". Die Welt reist zurück in die Welt des Noir mit Wallace Strobys Krimi "Kalter Schuss ins Herz". Jede Menge Absonderliches und Schräges entdeckt die FAZ in den Miniaturerzählungen Edith Pearlmans. Wie wenig die Süddeutsche Zeitung sich mit ihrer Nazivergangenheit beschäftigt hat, lernt die FR aus Knud Harbous Band "Als Deutschland seine Seele retten wollte".
29.09.2015 Einfach hingerissen ist die FAZ von Nora Bossongs Roman "36,9 Grad", der klug und komisch, spannend und berührend vom Leben des Antonio Gramsci erzähle. Sascha Rehs Roman "Gegen die Zeit" attestiert sie bewundernswerte Weltläufigkeit. In höchsten Tönen rühmt die FR Otfried Höffes "Kritik der Freiheit". Und die SZ feiert Nicholas Stargardts "Der deutsche Krieg" für sein geradezu erregendes Gespür für Ambivalenzen.
28.09.2015 Die SZ lernt von Michael Rutschkys "Sensationen des Gewöhnliche" das skeptische Zuschauen und Geltenlassen. Die FR folgt mit Cord Aschenbrenner neun Generationen der Pastorenfamilie Hoerschelmann durch die Geschichte des deutschen Protestantismus - und des Pfarrhauses.
26.09.2015 Zu ihrem achtzigsten Geburtstag präsentiert sich Ingrid Noll in "Der Mittagstisch" noch bitterböser als sonst, freut sich die FAZ. Die SZ ist hingerissen von Siegfried Lenz' letzter, von Nikolaus Heidelbach illustrierter Geschichte "Das Wettangeln". Die taz empfiehlt den Gedichtband "Lichtveränderung" von Tom Schulz und den "Jane Eyre"-Spin-Off "Die weite Sargassosee" von Jean Rhys. Die Welt liest Literatur aus Indonesien. Und die FR stimmt in die Hymne auf Frank Witzels Roman "Die Erfindung der Rote Armee Fraktion..." ein.
25.09.2015 Einen Einblick in den Alltag im Zeitalter der Aufklärung gewinnt die SZ mit der von Stefan Goldmann herausgegebenen Anthologie "Berühmte Fälle aus dem Magazin zur Erfahrungsseelenkunde". Die FR gibt sich mit "Träumen" begeistert dem Knausgård-Flow hin. Reizvoll findet sie auch Christoph Peters' Krimi "Der Arm des Kraken" über asiatische Bandenkriminalität in Berlin. Die FAZ hat einiges auszusetzen an Udo Bermbachs Biografie von Houston Stewart Chamberlain und Reinhard Schlüters Biografie von Camillo Castiglioni.
24.09.2015 Actionszenen, gelungene Dialoge, Franco und unglückliche Ehepaare, alles rhythmussicher kombiniert. Was will man mehr? Die NZZ jedenfalls empfiehlt begeistert Javier Marias' neuen Roman "So fängt das Schlimme an". Die Zeit guckt Bilder mit Rainer Maria Rilke. Die SZ erliegt dem Charme von Tim Parks Serienmörder Mr. Duckworth. Die FAZ mag weder die Männerbilder von Rolf Lappert noch die Sexbesessenen von Meg Wolitzer.
23.09.2015 Die NZZ liest sich mit heißen Ohren durch Laksmi Pamuntjaks Roman "Alle Farben Rot", eine Geschichte aus dem Indonesien unter General Suharto. Einen vielschichtigen Mann lernt sie in den Briefen des Romanisten Ernst Robert Curtius kennen. Die SZ kämpft sich mit Louis Althusser nochmal durchs "Kapital". Die Welt lässt sich von Oliver Bottinis Krimi "Im weißen Kreis" ins Fußball-Sommermärchen 2006 zurückbeamen.
22.09.2015 Jugend, Frische und Vitalität erlebt die begeisterte SZ in Mariko und Jillian Tamakis Comic "Ein Sommer am See", als wäre es das erste Mal. Hingerissen ist die FAZ von Ralph Dutlis sinnlich-lyrischem Roman "Die Liebenden von Mantua". Die NZZ liest mit Beklemmung Aufzeichnungen aus Syrien von Samar Yazbek und aus Gaza Atef Abu Saif. Die Gerhard-Schröder-Biografie aus der Manufaktur Gregor Schöllgens imponiert der FAZ, bei der SZ fällt sie krachend durch.
21.09.2015 Die FAZ empfiehlt bei Karl Ove Knausgards "Träumen": Einfach hingeben! Außerdem liest sie eine Reihe neuer Kinderbücher. Schnörkellose Erzählkunst entdeckt die SZ in Aharon Appelfelds neuestem Roman "Ein Mädchen nicht von dieser Welt". Die Welt liest mit angehaltenem Atem Astrid Lindgrens Kriegstagebücher "Die Menschheit hat den Verstand verloren": Den Blick auf das Grauen aus privilegierter Neutralität hat sie so noch nicht erlebt.
19.09.2015 Auf ein geteiltes Echo stößt Salman Rushdie mit seinem Roman "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte": Etwas manichäisch findet die Welt den Endkampf zwischen Unvernunft und Licht. Die SZ erlebt das Feenmärchen als Paradadedisziplin der Aufklärung. Die FAZ möchte Rushdie den Nobelpreist lieber für andere Romane geben. Hingerissen liest die Welt außerdem Giorgio Vasaris "Giotto"-Band. Die taz versinkt in Karl Ove Knausgards "Träumen".
18.09.2015 Etwas zugleich Menschenfreundlicheres und Lustigeres als Roz Chasts Comic "Können wir nicht über etwas anderes reden?" kann sich die SZ kaum vorstellen. Bei der Welt fällt Norman Ohlers Studie "Der totale Rausch" durch den Faktencheck. Die FR adelt Jenny Erpenbecks "Gehen, ging, gegangen" als Roman der Stunde. Und die FAZ erklärt den Bürgerlichen, was das "Gothaische Genealogische Handbuch" ist: ein aristokratischer Schutzzaun der Selbstvergewisserung.
17.09.2015 Die FAZ ist nach einer Reise in die Goethezeit froh, nicht in der Vormoderne leben zu müssen. Die SZ hat mit Anthony Horowitz' James-Bond-Roman "Trigger Mortis" einen schön altmodischen Spionageroman gelesen. Die taz vertieft sich in J. Adam Toozes Band über die Neuordnung der Welt zwischen den beiden Weltkriegen. Die Zeit zieht den Hut vor Udo Bermbachs Chamberlain-Biografie, die einige Lektionen für die Gegenwart bereit halte.
16.09.2015 Die FAZ freut sich über die hautnah beschriebenen und sittengeschichtlich auschlussreichen Skandale in den Erinnerungen von Diaghilews Impresario Gabriel Astruc. Die NZZ begeistert sich für Maria Sonia Cristoffs "Lasst mich da raus" - ein Roman aus der argentinische Provinz - und Vladimir Sorokins Dystopie "Telluria". Die SZ liest eine instruktive Geschichte der Pest.
15.09.2015 Voll des Lobes ist die FAZ für Andreas Rödders lässig-gelehrte Geschichte der Gegenwart "21.0". In der taz halten Heinrich August Winklers "Zerreißproben" stand. Die SZ liest Ilija Trojanows gründlich recherchierten Roman "Macht und Widerstand" über Bulgariens unbewältigte Vergangenheit. Die NZZ folgt Olivier Adam an die "Ränder der Welt" und mitten ins Herz Frankreichs: die Banlieue.
14.09.2015 Mit großer Beklemmung liest die SZ Liliana Corobcas Roman "Der erste Horizont meines Lebens", der vom Leben in der kollabierenden Gesellschaft Moldawiens erzählt. Peter Behrens bewundert sie weiterhin, auch wenn er sich in "Zeitloses, Zeitbewegtes" eher als konservativer denn als revolutionärer Gestalter erweist. Die FR lernt Europa mit den Augen anderer zu betrachten, zum Beispiel "Von Polen her".
12.09.2015 Der Roman "Die Tutoren" von Bora Cosic ist ein polymorphes und polyphones Abenteuer sondergleichen und ein unbekannter Klassiker des 20. Jahrhunderts, staunt die NZZ. Die SZ freut sich, dass mit "Lila" nun auch der Abschluss von Marilynne Robinsons Gilead-Trilogie auf Deutsch erscheint. Die FAZ lauscht in Feridun Zaimoglus Roman "Siebentürmeviertel" einem Oratorium der Stimmen aus dem Istanbul der Vierziger. Und die FR empfiehlt Jochen Schmidts "Der Wächter von Pankow" als Vademecum für fast alle Lebenslagen.
11.09.2015 Lautes Lachen, Surrealität, Verstummen und ein Kiwitt - all das hört die FR in den Gedichten Adolf Endlers. Die FAZ liest einen erschütternden und dennoch mutmachenden Band über das amerikanische Rechtssystem. Die SZ hofft auf den nächsten Stephen King.
10.09.2015 Die SZ umarmt den Neuen Overbeck und taucht mit Benno Meyer-Wehlacks Roman "Schlattenschammes" tief ein in die Welt eines jungen Kriegsheimkehrers. Die FAZ lässt sich von Ruth Cerhas Roman "Bora" in die Migrationsbewegung der Ära Tito schleudern. Die NZZ findet Lakonik und Humor in den Erzählungen Amy Hempels. Die Zeit lernt erstens, how to be parisian, und zweitens, how to be gay.
09.09.2015 Zwei Meisterwerke hat die NZZ gelesen: Ferenc Barnas' Roman "Der Neunte" - erzählt aus der Perspektive eines 9-Jährigen vom Alltag einer bettelarmen Familie unter dem Kadar-Regime. Und einen Band des Historikers J. Adam Tooze über die Neuordnung der Welt zwischen den beiden Weltkriegen. Die FAZ bewundert die stillen Helden in Kenneth Bonerts Roman "Der Löwensucher", der vom Schicksal einer jüdischen Familie in den 30er und 40er Jahren in Litauen und Südafrika erzählt.
08.09.2015 Die FR taucht in Stephen Kings rasanten Krimi "Finderlohn". Die FAZ lernt aus den Briefen der böhmischen Schlossherrin Sidonie Nadherny von Borutin, wie Mitteleuropa zerstört wurde. Und von Christine Schirrmacher erfährt sie, wie die Todesstrafe für Apostasie im Islam begründet wird. In der SZ freut sich Oskar Negt über den neuesten Band des Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus.
07.09.2015 Als mikrokosmisches Rührstück über Fremde und Heimat liest die SZ vergnügt Feridun Zaimoglus Roman "Siebentürmeviertel". Auch Anna Maria Carpis Gedichtband "Entweder bin ich unsterblich" zieht sie in seinen Bann. Die FAZ kann Peter Schaars Studie "Das digitale Wir" über die Digitalisierung unseres Alltags, ihren Nutzen und ihren Preis nur zustimmen. Außerdem befasst sie sich mit Hörbüchern, darunter eine Wilhelm-Busch-Lesung von Götz Alsmann und Otto Sander, Berichte von Höhlenforschern und Max Ophüls' "Gedanken über Film".
05.09.2015 Meisterwerk!, urteilt Daniel Kehlmann in der FAZ über Kazuo Ishiguros, zwischen Fantasy und historischem Roman angesiedelte Geschichte "Der begrabene Riese". Die FR empfiehlt Rafik Schamis Roman "Sophia" über die Diktatur in Syrien. Die NZZ feiert Andrei Mihailescus Debütroman "Guter Mann im Mittelfeld" und sie liest zwei ausgezeichnete Bücher über Wagners Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain. Der Welt wird Angst und Bange mit Juan S. Guses dystopischem Roman "Lärm und Wäler" über die Grenzen des Wohlfühlkapitalismus. Allerwärmstens empfiehlt sie außerdem ein Buch des britischen Tenors Ian Bostridge über Schuberts Winterreise. SZ und taz freuen sich über den neuen Setz.
04.09.2015 Die FAZ taucht ein in Titus Burckhardts Wegweiser durch die marokkanische Stadt Fes der 30er und 50er Jahre. Die FR liest Gary Shteyngarts "Kleiner Versager" als amüsante und beispielhafte Migrantengeschichte. Die SZ feiert Jonathan Franzens "Unschuld", die taz winkt ab: viel zu dick aufgetragen.
03.09.2015 Jürgen Theobaldys aus und über Japan begeistern die NZZ. Kompliziert und amüsant, meint die FAZ über den neuen Roman von Clemens Setz. Auch die FR amüsiert sich: mit einem Testamentstreit in Karl-Heinz Otts "Auferstehung". Die Zeit empfiehlt die Strauß-Biografie von Peter Siebenmorgen.
02.09.2015 Die NZZ stürzt sich in die fordernde, aber aufregende Lektüre von Greg Woolfs Geschichte des Römischen Weltreiches. Deutsche Nachkriegsliteratur von Rang lesen FAZ und SZ mit Johannes Bobrowskis Roman "Levins Mühle". Die NZZ bespricht Kinderbücher. Die FAZ ist schockiert: Die Süddeutsche war in ihren Anfangsjahren von Altnazis unterwandert, lernt sie von Knud von Harbou. (Das wäre unter Hermann Josef Abs nicht passiert!)
01.09.2015 Dana Grigorceas Roman "Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit" wird nun auch in der FAZ gefeiert. In der taz bespricht Philipp Felsch die Tagebücher Michael Rutschkys aus den weit entrückten Achtzigern. Grass' "Vonne Endlichkait" wird von weiteren Kritikern mild abgenickt. Und die SZ hält mit Frans de Waal fest: Der Bonobo hatte schon Moral, als der Mensch die Religion noch gar nicht erfunden hatte.