
31.10.2022 Iwan Bunins Notizen aus dem Krieg in Odessa sind hundert Jahre alt, und dennoch könnte "Nachts auf dem Meer" auf den Tag genau von heute sein, staunt die NZZ. Die FR freut sich: Endlich tritt Dorothea Bach in Angela Steideles Roman "Aufklärung" aus dem Schatten zu Unrecht bekannterer Verwandter. Die SZ hält innigste Zwiesprache mit der Lyrik Margaret Atwoods. Dlf Kultur kickt besser mit links.

29.10.2022 Die FAZ begegnet einer überraschend zahmen Greta Thunberg in deren "Klimabuch“. Die NZZ lernt von Irina Rastorgueva, was der Kreml alles vortäuschen muss, um ein „Russlandsimulakrum“ zu erschaffen. Die SZ schaut mit Christopher Peters auf die "erregte Erschöpfung“ der Berliner Spitzenpolitik. Die taz lässt sich in einem von Sina Arnold, Saba-Nur Cheema und Meron Mendel herausgegebenen Band über das Spannungsverhältnis von Antisemitismus- und Rassismuskritik aufklären. Mit Roddy Doyle blickt sie auf einen Missbrauchsfall an einer irischen Schule. Und Dlf Kultur enthüllt mit Alain Claude Sulzer das "Doppelleben" der Brüder Goncourt.

28.10.2022 Der FAZ vergeht der Appetit auf Fleisch nach der Lektüre zweier Bücher über Massentierhaltung. Mit Rohland Kaehlbrandt entdeckt sie die Liebe zur deutschen Sprache neu. Emilio Lussus Zeitzeugenbericht zum "Marsch auf Rom" stellt manch wissenschaftliche Analyse in den Schatten, versichert die Welt. Besser als das Pendant von Anna Seghers findet der Dlf Kultur Jean Malaquais' Exilroman "Planet ohne Visum".

27.10.2022 Ganz große Kunst, lobt die Zeit Jochen Schmidts Reise ins Kindheitsparadies Schmogrow im Oderbruch. Die SZ redet gern mit Sebastian Kurz über Politik, solange sie dabei die 454 Seiten Vernehmungsprotokolle seine ehemaligen Mitarbeiters Thomas Schmid vor sich hat. Der Dlf empfiehlt ein Lyrikdebüt mit dem schönen Titel "ich föhne mir meine wimpern" von Sirka Elspaß. Dlf Kultur taucht mit Balzacs "Cousine Bette" ein in ein "Sex and the City" des 19. Jahrhunderts. Die FAZ versenkt sich in Kerstin Hohners informative Geschichte des DDR-Verlags Hinstorff.

26.10.2022 Die FAZ saust mit Ben Wilson durch sechstausend Jahre Stadtgeschichte bis in die Mega-City des globalen Südens. Mit der Islamforscherin Susanne Schröter seziert sie die Fehler der westlichen Politik. Auch die NZZ knöpft sich den Westen vor, allerdings mit dem Witz von Robert Menasse. Die SZ kann noch immer nicht fassen, dass die große Erzählerin Helga Schubert erst jetzt entdeckt wurde.

25.10.2022 So klasse wie Hergés "Tim in Tibet", aber politisch ganz vorne weg findet die FAZ Flix' Marsupilami-Comic "Das Humboldt-Tier". Noch besser gefällt der taz die Comic-Hommage "Stockhausen", die David von Bassewitz und Thomas von Steinaecker dem Mann widmen, der vom Sirius kam. Die SZ lässt sich mitreißen von Mariana Enriquez Horror-Roman "Unser Teil der Nacht, der von der argentinischen Militärdiktatur erzählt.

24.10.2022 Der Dlf freut sich über die Wiederentdeckung des Schweizer Autors Christoph Geiser , der schon in den achtziger Jahren radikal und mutig über Herkunft und Homosexualität schrieb. Der DlfKultur verfolgt berührt, wie sich bei Jessica Au Mutter und Tochter auf einer Reise nach Tokio näherkommen. Die NZZ nickt zustimmend, wenn René Pfister in seiner Streitschrift "Ein falsches Wort" gegen die organisierte Empörung der Wokeness anschreibt. Und die FAZ feiert die psychedelische Buntheit in Matthew Forsythes Bilderbuch "Mina".

22.10.2022 Die FAS liest bei Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey nach, wie das auf Souveränität pochende Individuum der Spätmoderne zum Queerdenker wurde. taz und FAZ hören das Herz eines wahren Europäers schlagen aus Ronert Menasses EU-Roman "Die Erweiterung", der von der Jagd nach dem goldenen Helm des albanischen Nationalhelden Skanderbeg erzählt. Die FR lässt sich von Tanja Maljartschuk Geschichten aus Kiew erzählen. Und die SZ freut sich über Wahrheit und Witz in Mohamed Amjahids Erkundungen über Sex in der arabischen Welt "Let's Talk About Sex, Habibi"

21.10.2022 Die FAZ empfiehlt zwei Bücher zu 1848: Den gleichnamigen Band der Historikerin Alexandra Bleyer, aber auch Jörg Bongs etwas konventionelle, aber dafür plastisch geschriebene Revolutionsgeschichte "Die Flamme der Freiheit". In der SZ legt der Historiker Jürgen Osterhammel Lesern David van Reybroucks "Revolusi" ans Herz, das mit Hilfe von Zeitzeugen von der indonesischen Revolution gegen die niederländische Kolonialmacht erzählt. Außerdem amüsiert sie sich prächtig mit der Kinderlogik im Vorlesebuch "Bosco Rübe rast durchs Jahr".

20.10.2022 Die FAZ tanzt mit Almudena Grandes unter der Franco-Diktatur auf den drei Hochzeiten von Manolita. Die FR begleitet mit Fernando Aramburu einen Lebensmüden zu einem möglichen Happy End? Die NZZ liest gebannt Regula Bochslers Recherche über die abstoßenden Geschäfte der Schweizer Emser Werke. Die SZ erlebt durchaus verwirrende "Tage ohne Cecilia". Die taz lernt, was mit der Berliner Europacity schiefgelaufen ist.

19.10.2022 Die FAZ bestaunt die "Fabelhaften Wesen", mit denen Alberto Manguel eine Art Buchwohngemeinschaft bildet. Die NZZ liest interessiert Manfred Hildermeiers Buch über das wechselhafte Verhältnis Russlands zum Westen. Die SZ hört die Pyrenäen sprechen in Irene Solas "Singe ich, tanzen die Berge". Die taz erkennt in den beiden Bücher des Schriftsteller-Ehepaars Julia Weber und Heinz Helle eine neue Stufe der Autofiktion. Dlf Kultur empfiehlt Francis Fukuyamas "Der Liberalismus und seine Feinde".

18.10.2022 Der DlfKultur bewundert das Feingefühl, mit dem Barbaros Altug in "Ausländer" von Heimatverlust und Exil schreibt. Die taz folgt Miqui Otero nur allzu gern auf den Spuren des poetischen
Phantasten "Simón" durch Barcelona. Die FAZ lernt mit Klaus Zeyringer, Stil und Witz Vermischter Meldungen zu schätzen. Spannend findet sie auch, was Andreas Isenschmid in seinem Essay "Der Elefant im Raum" zu Marcel Proust und dem Jüdischen zusammenträgt.

17.10.2022 Die FAZ taucht mit H.C.Artmanns Klangbuch "Um zu tauschen Vers für Kuss" in den kunstvoll bewegten Wörtersee. Der DlfKultur würde gern mit Wolf Lotter auf Eigensinn und Kreativität setzen statt auf die von Algorithmen getriebene Kreislaufwirtschaft der Dummheit. Die SZ trifft mit Henriette Kaiser deutsch-jüdische Emigranten in Buenos Aires. Der Dlf liest Larysa Denysenkos "Alle meine Freunde" nicht als Statement für mehr Diversität, sondern einfach als schönes Kinderbuch.

15.10.2022 Martin Kordićs zarter und leichter Roman "Jahre mit Martha" ist ein "literarisches Phänomen", findet die NZZ und stimmt in den Chor der Hymnen ein. Die taz liest mit Faszination Will Eisners Comic "Das Komplott", in dem sich der Autor mit den "Protokollen der Weisen von Zion" beschäftigt. Der Deutschlandfunk liest mit Quim Monzó "Benzin" eine gelungene Satire auf den Kunstbetrieb. Und die SZ begibt sich mit Robert Menasse auf der Suche nach "Erweiterung" Richtung Albanien.

14.10.2022 Die FAZ folgt Ernst Strouhal gebannt durch vier Frauenleben im Wien des 20. Jahrhunderts. Mit Sergio del Molino begibt sie sich auf Streifzüge durch das "leere Spanien". Die SZ lauscht dem Sehnen eines ganzen Dorfes in Peter Nadas' "Schauergeschichten". Die FR möchte keine Seite missen in Daniela Dröschers Roman "Lügen über meine Mutter". Und der Dlf Kultur blickt mit Helene Bukowski auf die Traumata zweier Soldatinnen.

13.10.2022 Endlich mal wieder ein
richtig schönes Duell, freut sich die
taz, die
Rayk Wielands überdrehten Roman "Beleidigung dritten Grades" verschlungen hat. Die
FAZ ist hin und weg von einer vierbändigen Ausgabe mit
spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik. Die
Zeit, deren Literaturbeilage heute erschienen ist, hat mit
Isabel Fargo Coles "Die Goldküste" schon mal das
schönste Sachbuch der Saison gelesen. Buch des Tages ist aber
Peter Nadas' neuer Roman "Schauergeschichten", dem
FAZ und
Zeit ein Ständchen bringen: 600 Seiten Trostlosigkeit und
mürrisches Personal - himmlisch, ruft die
FAZ. Die
Zeit, mit lauter
Orban-
Wählern konfroniert, ist ganz verstört, bekennt sie froh. (
Alle Notizen zur Zeit-Beilage finden Sie hier.)

12.10.2022 Die FAZ empfiehlt nachdrücklich Serhii Plokhys Geschichte der Ukraine, "Das Tor Europas". Angst und bange wird ihr bei der Lektüre eines Kompendiums über die radikale Gedankenwelt der Esoterik. Wie Reformwillen in Reinheitswahn und Fanatismus umschlagen kann, lernt der beeindruckte Dlf in Ursula Frickers Roman "Gesund genug". Die FR liest mit großem Vergnügen "Das Dunkle bleibt", ein Krimi von William McIlvanney und Ian Rankin aus dem Glasgow der Siebziger. NZZ und FAZ würdigen den Roman "Tomás Nevinson" als prophetisches Schlusskapitel in Javier Marías' Werk.

11.10.2022 Eine wahre Hymne singt die NZZ auf Peter Nadas und seinen neuen Roman "Schauergeschichten": Hochintellektuell und von überschäumender Kraft findet sie ihn. Die FAZ folgt Anthony Burgess mit der Malaya-Trilogie durch den menschlichen und historischen Dschungel des britischen Kolonialismus. Der Dlf durchsteht mit Robert Menasses EU-Roman "Die Erweiterung" Beitrittsverhandlungen in Tirana. Und der der DlfKultur liest Witold Gombrowicz' Avantgarde-Roman von 1938 "Ferdydurke".

10.10.2022 Wut und Enttäuschung schlägt der FR aus Najat El Hachmis Roman "Am Montag werden sie uns lieben" entgegen. Die NZZ lernt viel über den männlichen Blick, wenn Martina Clavadetscher den weiblichen Modellen männlicher Maler eine Stimme verleiht. Die SZ feiert Jörg Bongs Geschichte "Flamme der Freiheit", die den Revolutionären von 1848 ein Denkmal setzt. Mit frischer Begeisterung liest sie auch Maggie Habermans Trump-Buch "Täuschung". Stark findet der DlfKultur, wie Manja Präkels in ihren Essays "Welt im Widerhall" rechte Gewalt dokumentiert.

08.10.2022 Die FAZ erkennt trotz der Facebook-Posts und Fotos, die Serhij Zhadan seit dem Krieg gegen die Ukraine in seinem neuem Buch versammelt hat, noch immer dessen unerschütterlichen Optimismus. Außerdem stattet sie Anita Albus einen Besuch im „Affentheater“ ab. Die taz lernt Rafael Chirbes in dessen Tagebüchern von dessen selbstzerstörerischer Seite kennen und streift mit Andrei S. Markovits durch das Rumänien der Fünfziger. Der Dlf verliert sich mit Sergio Del Molino im leeren Spanien. Und die FR blickt mit Kerstin J. Jobst in die Geschichte der Ukraine.

07.10.2022 Erschüttert und gespannt liest die FR Lize Spits Geschichte einer Depression. Der Dlf Kultur nähert sich mit dem Physiker Guido Tonelli geradezu spielerisch dem Phänomen der Zeit, versinkt mit Stephan Krass in "Radiozeiten" und blickt mit Gunilla Palstierna-Weiss in den Abgrund des Todes. Die FAZ lernt mit Rosa Schapire die Förderin von Karl Schmidt-Rottluff kennen. Stutzig macht sie, dass sich Francis Fukuyama in seinem neuem Buch mit keinem Wort mit seinem Bestseller auseinandersetzt.

06.10.2022 Als Riesenentdeckung feiert die FAZ die Europa-Berichte des afroamerikanischen Soziologen W. E. B. Dubois. Linda Boström Knausgard ist ihrem Mann mindestens ebenbürtig, hält die NZZ nach der Lektüre des beklemmend schönen Romans "Oktoberkind" fest. Nachdrücklich empfiehlt die SZ Jörg Bongs Gesang auf die deutsche Revolution 1848. Der Dlf tritt mit Rolf Haufs eine Erinnerungsreise in die Westberliner Exklave "Steinstücken" an.

05.10.2022 Roman eines Radiomoderators und doch viel mehr als ein Musikroman ist Juri Andruchowytschs "Radio Nacht", nämlich ein Roman über Dissidenz und die postsowjetischen Länder, versichert euphorisch die taz. Reinstes Leseglück findet die FR in einer vierbändigen Anthologie spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik. Dlf Kultur erkundet mit Stefan Mosters "Das Fundament des Eisbergs" durchfroren aber glücklich die Arktis. Die FAZ durchlebt mit Rafael Chirbes' Tagebüchern das Drama des sich als ungenügend empfindenden Schriftstellers.

04.10.2022 Die SZ spürt in Büchern von Sabine Adler und John Sweeney nach, wie Putin zum perfiden und grausame Herrscher aufstieg und wie Deutschland dabei mithalf. Der DlfKultur verfällt mit Ray Lorigas Roman "Kapitulation" der Verlockung des Konformismus. Die FAZ liest Krimis, darunter Cherie Jones' schaurige Geschichte aus Barbados "Wie die einarmige Schwester das Haus fegt".

01.10.2022 Vielleicht hätte sich der NSU verhindern lassen, hätte man seinen Vorgänger im Geiste, die sogenannte "Wehrsportgruppe Hoffmann" ernster genommen, überlegt die taz nach Lektüre von Uffa Jensens "Ein antisemitischer Doppelmord". Die FAZ liest gebannt Giles Miltons Geschichte vom "Inferno von Smyrna". Die Welt fällt mit dem Erzählband "Melancolia" unvermittelt in den Erzählkosmos Mircea Cartarescus. Der Dlf verliert sich mit Lara Williams' "Die Odyssee" im gruseligen Alltag einer Angestellten auf einem Kreuzfahrtschiff.