
30.11.2022 Ein Roman zur Jahreszeit? Alexei Salnikows Gripperoman "Petrow hat Fieber" rückt der Krankheit und einer mordlüsternen Ehefrau mit viel Wodka zu Leibe. Die FR bedankt sich und ruft Prost. Dlf Kultur plädiert mit dem Verwaltungsrechtler Jens Kersten dafür, dem Schutz der Natur Verfassungsrang einzuräumen. Und sie lernt vom Ethnologen Rolf Lindner die Kunst des Abstandhaltens im Gedränge. Der SZ ist Moritz Baßlers Breitseite gegen den "Populären Realismus" zu geschmäcklerisch.

29.11.2022 Die SZ staunt über Gün Tanks Roman "Die Optimistinnen", der sehr zärtlich von Gastarbeiterinnen, Freundschaften und lieben Männern mit buschigen Augenbrauen erzählt. Der DlfKultur freut sich über die deutsche Entdeckung von Randall Kenans Roman "Der Einfall der Geister". Die FAZ wappnet sich mit Peter Longerich, Peter Reichel und Volker Ullrich für das Jahr 1923. Der Dlf verdankt Leonid Wolkow erhellende Einblicke in Putins Machtapparat.

28.11.2022 Die FAZ freut sich, dass Dr. Seuss' Schlummerbuch jetzt endlich auch auf Deutsch zu lesen ist. Mit großer Freude, aber auch mit Bedauern liest sie den letzten Band der Kommissar-Gordon-Reihe. Die FR lernt von Rachel Kushers "Harten Leuten" sich von den USA nicht einschüchtern zu lassen. Der Dlf verschlingt Honorée Fanonne Jeffers' Epos "Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois", das von Diskriminierung und Emanzipation, Black Power und Selbstdegradierung erzählt.

26.11.2022 Die FAZ taucht fasziniert ein in Joshua Groß’ betörende Dystopie „Prana Extrem“. Die FAS demonstriert mit Elfriede Jelinek gegen das Münchner Finanzamt. Die NZZ staunt, wie subtil Shirley Jackson bereits vor knapp siebzig Jahren ihre Mutterschaft sezierte. Die taz liest erschüttert Jeffrey Veidlingers Geschichte der Pogrome in der Ukraine. Außerdem rät sie dringend zur Entdeckung von Tillie Olsen, die ihr in „feinster Spracharbeit“ von Armut, Rassismus und den unterdrückten Stimmen der Literatur erzählt.

25.11.2022 Die FAZ blättert begeistert in Erna Wagner-Hehmkes Fotos über den Gründungsakt der deutschen Verfassung. Die NZZ lässt sich von Daniel Ryser das dramatische Leben des Rappers Stress erzählen. Die SZ lauscht indes Chantal Akerman, die ihr eine grausame Mutter-Tochter-Geschichte erzählt. Ganz anders als andere Einwanderergeschichten erscheint dem Dlf Dincer Gücyeters "Deutschlandmärchen".

24.11.2022 Dlf Kultur durchlebt mit Ben Moores "Sternenstaub" 42 verpasste Chancen für einen Nobelpreis. Die FAZ feiert Zaza Burchuladzes Roman "Zoorama" als rettendes Museum für experimentelle Prosa. Die Zeit begibt sich mit Norbert Gstreins "Vier Tage, drei Nächte" in ein sehr toxisches Beziehungsgeflecht. Und sie besucht mit Micha Lewinsky "Holly im Himmel".

23.11.2022 Die FAZ lässt sich von Vinciane Despret erzählen, "Wie der Vogel wohnt". Mit Bewunderung liest sie außerdem die Erinnerungen der vor wenigen Tagen gestorbenen Bühnenbildnerin Gunilla Palmstierna-Weiss. Die FR feiert Mohamed Mbougar Sarrs "Die geheimste Erinnerung der Menschen". Die taz liest Lukas Bärfuss' erstaunliche Geschichte seines obdachlosen Vaters. Der Dlf folgt Tina Pruschmanns Zirkuskind in "Bittere Wasser" bis nach Kiew.

22.11.2022 Die FAZ erkundet mit Stine Pilgaards Roman "Meine Mutter sagt" die Generation der Millenials, die aus Bequemlichkeit und Überzeugung nichts zustande bringe. Mit Sarah Kirsch blickt sie vom Deich auf das Berlin der Wendezeit. Die SZ durchlebt mit Matthias Matschke noch einmal die öden Achtziger im Odenwald. Der Dlf reist mit William Beckford nach Italien.

21.11.2022 Die FR lernt von der philippinischen Nobelpreisträgerin Maria Ressa, wie man sich einem Diktator entgegenstellt: Entscheidend ist das Entlarven von Desinformationen. So sieht das auch die NZZ mit Blick auf Jessikka Aros Buch "Putins Armee der trolle". Die SZ liest berührt Hans-Hermann Klares Biografie des jüdischen Unternehmers Philipp Auerbach, der sich als Anwalt der Überlebenden sehr unbeliebt bei den Bayern machte. Die FAZ stellt neue Hörbücher vor, darunter Stimmen vertriebener Wissenschaftler. Der Dlf bewundert mit John Jeremiah Sullivan einfach mal Schönheit und Geschwindigkeit von Rennpferden.

19.11.2022 Heute ist ein großer Tag für die österreichische und Schweizer Literatur. Gebannt besprechen FR, Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und SZ den ziegelsteindicken Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch und saugen eine Menge Neuigkeiten auf, etwa über Bachmanns Tablettensucht. Die taz bemüht sich dann zwar und lernt mit Woo-kyoung Ahn "Klar denken". Aber am Ende hilft nur das ebenfalls von der taz empfohlene "illustrierte Kompendium der psychoaktiven Pflanzen" von Kat Mensching und Jakob Hein.

18.11.2022 Die SZ empfiehlt zu Marcel Prousts hundertstem Todestag Andreas Isenschmidts virtuosen Essay „Der Elefant im Raum“, der ihr eine ganz neue Lesart der „Recherche“ offenbart. Der Dlf rät, sich dem Pynchon-Kosmos mit dessen früher Erzählung „Sterblichkeit und Erbarmen in Wien“ zu nähern. Die FR spürt einen Hauch von Freiheit in den Versen des syrischen Dichters Sam Zamrik. Die FAZ sieht Wohlbekanntes in Sachen Frankfurter Schule dank Christian Voller ganz neu. Dlf Kultur staunt, wie Sorj Chalandon seinem Vater literarisch den Prozess macht.

17.11.2022 George Sands Seele hatte kein Geschlecht. Ob Frau oder Mann, das war ihr eins. Und das schon im 19. Jahrhundert, wie man jetzt auch in ihrem Roman "Gabriel" lesen kann, den die FAZ empfiehlt. Die SZ ruft mit Bruno Latour und Nikolaj Schultz die ökologische Klasse zu mehr Klassenbewusstsein auf. Die Zeit hangelt sich durch Elfriede Jelineks "Angaben zur Person" und genießt den gewaltigen Menschheitsschauer, den Cormac McCarthys Roman "Die Passagiere" in ihr auslöst.

16.11.2022 Dlf Kultur lässt sich von Patrick Radden Keefe über das "Imperium der Schmerzen" der Sackler-Familie aufklären. Die FAZ empfiehlt die Gedichte Marieke Lucas Rijnevelds. Die SZ schärft ihr Denkvermögen mit Leo Strauss. Der Dlf hört wahnsinnig gern zu, wenn die Jelinek jelinekelt. Die FR versetzt sich mit Frauke Buchholz' Krimi "Blutrodeo" in den Norden Kanadas, wo der Ölsandabbau blutige Spuren hinterlässt.

15.11.2022 Ordnung ist anti-urban, ruft die SZ ausgelassen und saust mit Ben Wilson durch die Weltgeschichte der "Metropolen". Die FAZ erinnert sich mit Chiara Valentini gern an Enrico Berlinguer, den großen italienischen Melancholiker der Revolte. Fair und informativ findet heute auch der Dlf Nicolas Fromms Buch über "Katar". Der DlfKultur ist begeistert von Jamey Bradburys fantastischen Alaska-Roman "Wild".

14.11.2022 Der DlfKultur lernt von Philipp Staab, dass die Avantgarde nicht mehr auf Fortschritt und Nonkonformismus setzt, sondern auf Anpassung. Literarisch und gesellschaftlich wertvoll findet die FR die von Ingrun Spazier herausgegebenen "Briefe aus der DDR". Die taz blickt mit Jacques Ranciere auf das 18. Jahrhundert, als die Landschaft zur Kunst wurde. Hin und weg ist der Dlf von Sylvia Plaths späten Gedichten "Das Herz steht nicht still", wie auch von Judith Zanders feinsinniger, präziser Übertragung. Die SZ rüstet sich für die WM in Katar.

12.11.2022 Mit angehaltenem Atem folgt der Dlf dem Bericht "Nullpunkt" des ukrainischen Autors Artem Tschech, der 2015 für den Krieg in den Donbass einberufen wurde. Gebannt liest die FAZ Ray Lorigas düstere Kriegsparabel "Kapitulation". Als herrlich lakonische Gesellschaftssatire preist sie dagegen Julia Decks Roman "Nationaldenkmal", in dem ein alternder Filmstar in seinem Landschloss ums Leben kommt, während die Macrons die Gelbwesten zu besänftigen versuchen. Die taz empfiehlt den inspirierenden Klimaband "Drei Grad mehr". Hymnisch feiert sie Martha Coopers Bildband "Spray Nation" über die New Yorker HipHop-Kultur der achtziger Jahre.

11.11.2022 Die FAZ liest den Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch atemlos wie einen Roman. Mit Ian Kershaw reist sie in zwölf Kurzporträts durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die NZZ empfiehlt Gertrud Leuteneggers kurze Notate über das Schreiben als Propädeutik über ein prekäres Geschäft. Die taz liest mit Gabriele Stötzers Bericht über die Erfurter Kunstszene der Sechziger bis Achtziger auch eine feministische Kunstgeschichte. Die SZ lässt sich von John Burnsides poetischer Melodik die Ängste nehmen.

10.11.2022 Die bewegte FAZ liest "Die Stille verschieben" als Etel Adnans Abschiedsgesang. Außerdem erfreut sich sich an der schwingenden Leichtigkeit von Ulrike Almut Sandigs Gedichtband "Leuchtende Schafe". So sensationell findet die Zeit den Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch, dass sie darüber hinwegsieht, dass Bachmann eine Veröffentlichung nie wollte. Dlf Kultur taucht mit Anuk Arudpragasams Roman "Nach Norden" ein in das Leben und die Geschichte Sri Lankas.

09.11.2022 Die FAZ freut sich über Georges Canguilhems Band "Über Maurice Halbwachs", mit dem der in Buchenwald ermordete französische Soziologe und Philosoph endlich bekannter gemacht wird. Die SZ empfiehlt tief beeindruckt die Texte des ägyptischen Bloggers Alaa Abdel Fattah aus dem Gefängnis. Die taz salutiert Lucky Luke, der sich diesmal statt mit "Hungriger Kojoten" mit "Flinker Lauch" herumschlagen muss. Dlf Kultur lässt sich vom Physiker Jens Soentgen in die Welt winzigster Staubpartikel entführen.

08.11.2022 Die SZ jauchzt vor Begeisterung, wenn Stefano Massini die Pleite der Lehman Brothers als große Commedia dell'arte und in Versen erzählt. Die taz verfolgt beeindruckt, wie Amartya Sen seine Biografie "Zuhause in der Welt" zu einem großen intellektuellen Panorama aufspannt. Der Dlf liest Frank Rudkoffskys Roman "Mittnachtstraße" als tragikomisches Porträt eines ausgebrannten Journalisten.

07.11.2022 Der Dlf bewundert, wie Cormac McCarthy in seinen raffiniert verbundenen
Romanen "Der Passagier" und "Stella Maris" die ganz großen Themen verhandelt.
Der DlfKultur lernt von Annett Meiritz und Juliane Schäuble, den Machtanspruch konservativer Frauen in den USA zu fürchten. Die NZZ lässt sich von Jürgen Kaube und André Kieserling das Schreckgespenst der gespaltenen Gesellschaft vertreiben. Die FR entspannt mit Matthias Wittekindts Krimi "Die rote Jawa".

05.11.2022 Die FAS lernt von dem britischen Umweltaktivisten George Monbiot, dass auch Bioprodukte viel zu umweltschädlich sind: Er setzt auf Proteinpulver, wohl bekomm's. Die FR empfiehlt Gwendolyn Sasses historisch ausgreifendes Buch über den "Krieg gegen die Ukraine", Dlf Kultur Tanya Pyankovas Roman über den Holodomor in der Ukraine, "Das Zeitalter der Roten Ameisen". Die taz besucht mit Jean Malaquais' Roman "Planet ohne Visum" das Marseille des Jahres 1942. Der Dlf hält sich problemlos wach mit Samantha Harveys "Das Jahr ohne Schlaf". Über gute und schlechte Musik lesen FAZ und FR bei Bob Dylan, die taz bei Jarvis Cocker.

04.11.2022 Die FAZ freut sich mit Gabriele Stötzer, dass der Atem der Erfurter Kunstszene länger ist als der der Stasi. Die FR streift mit Michael Kumpfmüllers modernem Jesus vergnügt durch das Berlin der Gegenwart. Mussolinis ganzes "Schmierentheater" erkennt die SZ in Emilio Lussus Augenzeugenbericht zum "Marsch auf Rom". Der Dlf verdankt der slowenischen Autorin Jela Krecic das amüsante Porträt eines "aufgeklärten Machismo". Und Dlf Kultur lernt Tom Segev in dessen Erinnerungen auch als skeptischen Historiker kennen.

03.11.2022 Zeit und Welt sind per Du mit Bob Dylan, nachdem er ihnen die Songs vorgespielt hat, die ihm am meisten bedeuten. Die FR räumt lieber mit Pulp-Frontmann Jarvis Cocker den Dachboden auf, während die NZZ kaum Tarantinos Tsunami entkommen kann. Die FAZ streift mit einem siamesischen Zwillingspaar durch das Skopje der Achtziger und bittet mit einem frühen Pynchon um "Erbarmen in Wien". Die SZ entdeckt mit Edmund Edel den "neuen Westen". Und Dlf Kultur jagt mit Lucky Luke vegane Ganoven.

02.11.2022 Die FAZ stößt mit Dmitry Glukhoskys Grotesken das Tor zur russischen Hölle auf. Von Mooses Mentula lernt sie, wie man mit einem Schildkrötenpanzer und einem Beutel voller Bücher sein Leben neu ordnet. Mit angehaltenem Atem liest die SZ die Autobiografie von Gunilla Palmstierna-Weiss, deren Leben einem Bühnenstück glich. Von Juri Andruchowytsch erfährt sie, was Westradio in den Seelen der jenseits des Eisernen Vorhangs Geborenen auslöste. Dlf Kultur und SZ sind mindestens irritiert nach der Lektüre von Bob Dylans heute weltweit erscheinender "Habilitationsschrift".

01.11.2022 Die FAZ liest deprimiert Patrick Radden Keefes Buch "Imperium der Schmerzen" über die fatale Opioidkrise der USA: Nicht mal als interessante Schurken taugt die Pharma-Familie der Sacklers, die einfach nur geldgierig und zynisch waren. Auch Martin Herzogs Geschichte der Einsatztruppe "GSG 9" kann sie empfehlen. Die taz liest Pierre Charbonniers Ideengeschichte zu "Überfluss und Freiheit". Die FR freut sich über die Bergung von Brigitte Reimanns Roman "Die Denunziantin". Und der Dlf bewundert Psychologie und Sinnlichkeit in Peter Nadas' "Schauergeschichten