Mit #MeToo sind auch die letzten Burgen des
Regietheaters unter Beschuss gekommen. Gut so,
meint der Theaterwissenschaftler
Kai van Eikels und holt zu einer Generalabrechnung mit einem Machtgefüge aus, in dem der Regisseur den Autor vom Thron stürzte, um sich selbst als Herrscher der Kunst zu installieren, der seine Vision von einer egalitären Gesellschaft mal subtil, mal krachig von der Bühne verkünden ließ: "Nachdem Begriffe wie Sexismus, Rassismus und Diskriminierung so verbreitet und populär verfügbar geworden sind, dass auch Schauspielerinnen und Assistentinnen sich in kritischer Absicht darauf zu berufen trauen, ruft das Herrschaftsgebaren von Regisseuren schließlich die Empörung hervor, die über Jahrzehnte ausgeblieben war, obwohl viele um die Gewalt im Arbeitsalltag der Stadt- und Staatstheater wussten. In den Reaktionen derer, gegen die Vorwürfe erhoben werden, hört man neben einer Mischung aus Larmoyanz und Anwaltsberatung
echte Fassungslosigkeit darüber, dass so konkrete,
unzweideutig wörtlich moralische Anschuldigungen auf einmal zählen sollen. Muss man das nicht reflexiver sehen? Nein, lautet die gegenwärtige Antwort, muss man nicht. Die Stärke dieser neuen Auseinandersetzung mit Theaterarbeit - und künstlerischer Arbeit überhaupt - liegt eben im Insistieren auf dem Recht des einfältig Realen, wie die Frage 'Ist das gut?' es zum Vorschein bringt. Das oft als Moralismus Geschmähte wendet sich im Namen von
banalen, aber realen Einzelheiten gegen eine Souveränität, die ihre Übergriffe gerne damit legitimiert, einem komplexeren, anspruchsvolleren, Opfer erfordernden Ganzen zu dienen."
Wir müssen reden? Von wegen! Mündliche Kommunikation wird völlig überschätzt,
findet Kathrin Passig, oft von Psychologen, aber auch von Leuten mit fiesen Privilegien: "Naturgemäß kommt die
Verteidigung der Mündlichkeit vor allem aus Gruppen, die durch physische Anwesenheit Vorteile genießen, also von Personen
mit unproblematischen Körpern, die redegeübt und sozialkompetent sind und es sich leisten können, zur richtigen Zeit
lange genug am richtigen Ort zu sein."