Harvey Weinstein hat in einigen Fällen auch Gewalt ausgeübt, aber meist hat er Frauen eingeschüchtert und manipuliert,
hält Laura Kipnis fest. Und viele Frauen haben das mit sich machen lassen, weil Weinstein Macht hatte: nicht über die Person, sondern über
ihre Karrieren. Kipnis will den Aufstand gegen die
Torwächter des Showbiz nicht geringschätzen, aber sie bleibt auf Distanz zu dieser Celebrity-Revolte, die ausgerechnet von konservativen Frauen bei
Fox News eingeläutet wurde: der Moderatorin Megyn Kelly und der früheren Miss America Gretchen Carlson, die erfolgreich gegen Roger Ailes geklagt hatten: "
Das Patricharchat hat kein stehendes Heer (auch wenn einige Feministinnen meinten, Vergewaltiger seien dessen Kampftrupp), doch es hat kulturelle Institutionen wie den Sender Fox, der dessen Werte und Normen verbreitet. Egal ob der hochgesinnte linke Intellektuelle, der seine weiblichen Untergebenen anhält, engere Kleider zu tragen, tatsächlich Fox sieht - oder der nerdige Boss eines Public Radio, der einer Frau ungefragt die Zunge in den Mund steckte oder der dickliche Kommentator, der seine Erektionen herumzeigt -, Fox kulturelles Wirken besteht darin, ein bestimmtes Bild von
weiblicher Empfänglichkeit zu verbreiten, das diese Männer teilen. 'Sexuelle Belästigung gedeiht in einer Atmosphäre, die Frauenrechte nicht würdigt', schreibt Carlson. Stimmt. Aber bei der
körperlichen Selbstbestimmung geht es nicht nur ums Grapschen, es geht auch um den Zugang zu Verhütungsmitteln und das
Recht auf Abtreibung, und hier sind die Frauen von Fox, so entschlossen sie sich auch gebärden, als Verbündete
echter Mist."
Robert Kuttner
rühmt Gareth Dales "A Life on the Left", eine Biografie, des ungarischen Wirtschaftswissenschaftlers
Karl Polanyi, der in der "Großen Transformation" die immensen Umwälzungen des Kapitalismus im 19. Jahrhundert nachgezeichnet hatte: "Karl Polanyi glaubte, dass die einzigige Möglichkeit, die
destruktive Wirkung des organisierten Kapitals und seine Ultra-Marktideologie politisch zu zügeln, in einer hochmobilisierten, klugen und gebildeten Arbeiterbewegung bestand. Er berief sich dabei nicht auf die ökonomischen Theorien von Marx, sondern auf das erfolgreichste Experiment des
städtischen Sozialismus in Europas Zwischenkriegszeit:
das rote Wien, in dem er als Wirtschaftsjournalist in den zwanziger gearbeitet hatte. Und eine Zeit lang hatte der gesamte Westen eine egalitäre Form des Kapitalismus errichtet, die sich auf die Stärke des demokratischen Staates und der Arbeiterbewegungen stützte. Aber seit der Ära von
Margaret Thatcher und Ronald Reagan sind diese Gegenmächte zerschlagen, mit vorhersehbaren Ergebnissen."
Weiteres: Ferdinand Mount
gruselt es vor
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liest Mike Wallaces Geschichte
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David-
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J.
M.
Coetzee erzählt von "Lügen".