Magazinrundschau
V.S. Naipaul: Derek Walcotts Hohelied auf die Leere
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
28.08.2007. Der New Yorker erforscht das Agrarleben in der Großstadt. Outlook India wünscht sich die unabhängige indische Frau. Die Jesuiten haben eine Missionsstation in Second Life errichtet, berichtet Tygodnik Powszechny. Der Boston Globe stellt einen eleganten Mörder vor - den neuen Literaturkritiker des New Yorker. In der Gazeta Wyborcza erklärt der Regisseur Jan Klata, warum er die Kaczynskis nicht mehr wählen würde. Im Guardian schreibt V.S. Naipaul über Derek Walcott. Elet es Irodalom ärgert sich über das folkloristische Bild der Auslandsungarn. Semana sucht die Bartlebys in Lateinamerika. Dissent streitet über Nick Cohens Buch "What's Left?".
New Yorker (USA), 03.09.2007
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Weiteres: Patrick Radden Keefe widmet sich dem internationalen Markt für alte Weine und geht der Frage nach, wie ein einzelner Sammler, in diesem Fall der amerikanische Tycoon Fred Koch, an so viele kostbare Raritäten in seinem Keller kam. Und in kleinen Vignetten erinnern sich Aleksandar Hemon, Gary Shteyngart, Nell Freudenberger, Chimamanda Ngozi Adichie, David Sedaris, Anthony Lane und Donald Antrim an diverse Ess-Erlebnisse. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Luda and Milena" von Lara Vapnyar und Lyrik von James Richardson und Jean Valentine.
Sasha Frere-Jones porträtiert den französischstämmigen Sänger und Gitarristen Manu Chao. Hilton Als bespricht Theaterinszenierungen von Shakespeares "A Midsummer Night's Dream" und "Iphigenie 2.0" des amerikanischen Dramatikers Charles Mee. Und David Denby sah im Kino die Bestsellerverfilmung "The Nanny Diaries" über Kinderhüten auf der Upper East Side mit Scarlett Johansson und das Western-Remake "3:10 to Yuma" mit Peter Fonda.
Die Fortsetzung des Ess-Specials in der Print-Ausgabe: Jane Kramers Porträt der international bekannten, in Kairo geborenen jüdischen Kochbuchautorin Claudia Roden, die Suche nach dem besten Imbissstand von Singapur, eine persönliche Liste schräger Gerichte und ein Erfahrungsbericht mit freiwilligem Hungern.
Outlook India (Indien), 03.09.2007
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Weitere Artikel: Amit Ranjan erinnert anlässlich seines zehnten Todestags an den weltberühmten Qawwali-Sänger Nusrat Fateh Ali Khan, der mehr Platten verkauft hat als Elvis (hier was zum Hören). Einen Nachruf gibt es auf einen einfachen Mann, der in jahrzehntelanger Handarbeit einen Weg durch einen Felsen schlug, der ihn einst zu einem Umweg zum nächstgelegenen Krankenhaus genötigt hatte, auf dem seine Frau dann starb.
Tygodnik Powszechny (Polen), 26.08.2007
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"Das ist nur ein Spiel", kontert im Interview Jozef Kloch, Verantwortlicher für die Internetpräsenz der katholischen Kirche in Polen. "Unser reales Leben ist kein Spiel - wir begegnen realen Problemen, realen Menschen, wir müssen eine reale Familie ernähren, in dem wir real arbeiten. Unser tägliches Brot gibt es nicht für Linden-Dollar." Der Geistliche legt auch Wert auf die Unterscheidung: Beten über Skype - ja, aber eine Messe in "Second Life" - nein! "Ein Jesus-Avatar wäre nur ein Götze. Man kann SL als intelligentes Spiel hinnehmen, aber nicht als ein alternatives Leben. Es kann für einen Christen nicht zum Idealfall werden, sich vor der Außenwelt am Computer abzuschotten."
Boston Globe (USA), 26.08.2007
Unter dem Titel "The Elegant Assassin" porträtiert Christopher Shea "die Geißel John Updikes, Toni Morrisons, Thomas Pynchons, Don DeLillos" und außerdem noch Salman Rushdies und Zadie Smith': Der neue amerikanische Großkritiker heißt James Wood, ist Engländer und für seine scharfen und gelehrten Verrisse berühmt. Er wechselt von The New Republic zum New Yorker und erhält somit Papststatus. Nun will der 41-Jährige seine negativen Energien allerdings zügeln und sich neuen Autoren zuwenden: "Wood sagt, dass er nun in größerem Maßstab auf die literarische Kultur Einfluss nehmen will, und er gesteht ein Gefühl schleichender Schalheit ein: 'Ich hatte das Gefühl, immer wieder die gleichen Autoren zu besprechen - Rushdie, Roth, Updike', sagt er in einem Telefoninterview, das seine Ferien in Martha's Vineyard unterbricht... Im New Yorker will Wood nun häufiger und kürzer schreiben (obwohl er manchmal auch ausführlicher werden will), zwölf Artikel im Jahr. 'Das impliziert eine andere Art von Buch', sagt Wood. 'Ich will Schriftsteller suchen, die ihr zweites oder drittes Buch bringen, Leute, die dem New Yorker Publikum noch unbekannt sind.'" Als Woods Hausgötter nennt Shea Saul Bellow und außerdem W.G. Sebald, Norman Rush und Alan Hollinghurst. Hier und hier und hier einige Artikel von Wood.
Gazeta Wyborcza (Polen), 25.08.2007
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Semana (Kolumbien), 26.08.2007
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Nepszabadsag (Ungarn), 25.08.2007
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Foglio (Italien), 25.08.2007
Bollywood, Hollywood und - Nollywood. Maurizio Stefanini porträtiert die drittgrößte Traumfabrik der Welt in Nigerias Hauptstadt Lagos. 1200 Filme im Jahr, die aber nicht nur zur Unterhaltung dienen, sondern auch in der politischen Auseinandersetzung zwischen Muslimen und Christen eingesetzt werden. "In einem geteilten Land wie Nigeria reicht es, den religiösen Nerv leicht zu reizen, um einen Skandal zu produzieren. Manchmal passiert das in gutmenschlicher Absicht: zum Beispiel in 'Not without my daughter', der Geschichte eines muslimischen Romeos und einer christlichen Julia, die zu heiraten versuchen, trotz der Hindernisse, die ihnen die gegenseitigen Vorurteile in den Weg legen. Auch im gefeierten 'Amina' versucht man die komplizierte Frage der nationalen Einheit zu verhandeln. Aber im Jahr 2000, sofort nach der Einführung des koranischen Gesetzes in einigen muslimischen Staaten des Nordens, kam ein Film heraus, der unverblümt 'Sharia' hieß. Er nahm sich des Themas im Tonfall eines Theo van Gogh an, und erregte den Zorn vieler Muslime des Nordens. 'Man sieht wie einem Dieb die Hand abgehackt wird ohne die entsprechenden Prozeduren einzuhalten', heißt es in einem Protestbrief gegen diesen Auswuchs der 'Islamophobie'."
Weiteres: Sandra Fusino schwelgt hier und hier in Erinnerungen an den blümeranten Sommer des Jahres 1967 in den USA. Besprochen wird die Ausstellung "Trilogia del sacro selvaggio? mit Fotografien von Gerard Rancinan auf der Mailänder Triennale sowie drei Bücher zu Mensch und Tier.
Weiteres: Sandra Fusino schwelgt hier und hier in Erinnerungen an den blümeranten Sommer des Jahres 1967 in den USA. Besprochen wird die Ausstellung "Trilogia del sacro selvaggio? mit Fotografien von Gerard Rancinan auf der Mailänder Triennale sowie drei Bücher zu Mensch und Tier.
Guardian (UK), 25.08.2007
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Weiteres: William Dalrymple widmet sich den wenigen Briten, die nicht nur daran interessiert waren, Indien auszubeuten, sondern Kunst und Kultur würdigten. Zu lesen ist ein Vorabdruck aus J.M. Coetzees "Diary of A Bad Year". Zum Buch der Woche gekürt wird Robert Macfarlanes Erkundung zu Großbritanniens "Wild Places".
Elet es Irodalom (Ungarn), 24.08.2007
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Economist (UK), 24.08.2007
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Außerdem warnt der Economist, dass im Windschatten der internationalen Atom-Debatte im Iran die Bürgerrechte in Gefahr geraten sind: "In den vergangenen Monaten ist es zu den heftigsten Einschränkungen der Bürgerrechte seit den achtziger Jahren gekommen. Verdächtige Liberale wurden aus den Universitätsfakultäten entfernt und wiederholte Schließungen haben die einst lautstarke oppositionelle Presse fast völlig zum Schweigen gebracht."
Weitere Artikel: Die Bilanz des New-Orleans-Wiederaufbaus nach Katrina fällt nach derzeitigem Stand sehr gemischt aus. Eher skeptisch als enthusiastisch besprochen wird ein Buch von Charles Jennings über die amerikanische Invasion in die britische Oberschicht. Empfohlen wird - jedenfalls Leuten mit Sitzfleisch - Peter Steins Berliner "Wallenstein"-Inszenierung. Die Titelgeschichte ist der Verwandlung Russlands unter Putin gewidmet: "Der Aufbau eines Neo-KGB-Staats".
Espresso (Italien), 24.08.2007
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Przekroj (Polen), 23.08.2007
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Das Schmuddel-Image Oberschlesiens kann bald der Vergangenheit angehören, glaubt Grzegorz Raczkowski. Nicht nur, dass die Bergwerke, die die Restrukturierung überlebt haben, ohne öffentliche Zuschüsse auskommen und sogar letztens schwarze Zahlen schreiben. Durch innovative Technologien zur Herstellung von Gas aus Steinkohle wird sich das Antlitz der Region bald ändern. "Oberschlesien wird nicht nur zum Produzenten ökologischer Energien, sondern auch moderner Technologien auf Steinkohlebasis. Dadurch wird man nicht nur Gas, sondern auch neuartige Kunststoffe und vielleicht Benzin herstellen können. Solche Investitionen würden auch die Entstehung wissenschaftlicher Labors und Forschercluster nach sich ziehen", hoffen Experten. Dann ist es mit dem Image des grauen und rückständigen Schlesiens endlich vorbei, so das hoffnungsvolle Fazit.
Nouvel Observateur (Frankreich), 23.08.2007
Jahrelang stand die vietnamesische Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Duong Thu Huong, Trägerin des Prix Femina und des Unesco-Literaturpreises, in ihrem Heimatland unter Hausarrest, ihre Romane konnten dort nicht erscheinen. Unter der Überschrift "Die Mauer der Illusionen" klagt die seit 2006 in Frankreich lebende Autorin über die vietnamesische Politik und die Blindheit des Westens. "Das Regime hält sich mit Hilfe von Zensur und Angst. Wir, die Kämpfer für die Demokratie, sind nur ein winziges Häuflein. Und das Land ist, von Europa oder den Vereinigten Staaten aus betrachtet, trotz der wirtschaftlichen Veränderungen noch immer eine fremde Insel. Die Mauer der Illusionen bildet einen soliden Wall, der dieses postkommunistische Regime schützt. In seinem Schatten leiden meine Mitstreiter nach wie vor unter den Schikanen der Macht. (...) Die Veränderungen in der Fassade Vietnams haben den Westen geblendet. Unter dem Deckmantel der überschäumenden, dynamischen Aktivitäten Saigons und Hanois dauert eine schreckliche Realität fort. Finsternis, Schlangen und Tränen."
In der Abteilung Arts & Spectacles erkundet Pascal Merigeau in einer Reportage die junge rumänische Filmszene, die nicht erst seit Christian Mungius Überraschungserfolg "4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage" in Cannes ungeheuer lebendig ist.
In der Abteilung Arts & Spectacles erkundet Pascal Merigeau in einer Reportage die junge rumänische Filmszene, die nicht erst seit Christian Mungius Überraschungserfolg "4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage" in Cannes ungeheuer lebendig ist.
Al Ahram Weekly (Ägypten), 23.08.2007
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A18111/ahram.jpg)
Dissent (USA), 01.07.2007
Die ehemaligen linken Befürworter des Irak-Kriegs zerstreiten sich. Im Sommerheft von Dissent bespricht der Journalist Johann Hari das Buch "What's Left?" des britischen Kolumnisten Nick Cohen, das sich mit der Frage auseinandersetzt, wie die einst kriegsbefürwortende Linke mit dem Debakel im Irak umgehen soll. "Mit 'What's Left' ist das substanzreichste Buch eines linken Intellektuellen veröffentlicht und wir können fragen: Hat diese seltsame Nische in der anglo-amerikanischen Politik - zu der ich eine Zeitlang gehörte - irgendwelche dauerhaften Einsichten produziert?" Und sein Ergebnis: Die wenigen Einsichten dieser Schule seien "in den Killing Fields von Mesopotamien splitterzerbombt und selbstmordmassakriert" worden. Cohens sehr scharfe Antwort aus der kommenden Herbstnummer von Dissent sowie Haris ebenso scharfe Antwort auf die Antwort sind online bereits publiziert. (Hier noch ein Auszug aus dem Buch, der im Guardian abgedruckt war. Das Buch hat auch in England eine Diskussion ausgelöst. Hier und hier Reaktionen im Guardian. Und hier ein Kommentar aus dem Spectator, der die Diskussionsfreudigkeit linker Intellektueller bewundert.)