Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit verhandelt derzeit die
kolumbianische Regierung mit den rechtsradikalen
paramilitärischen Verbänden des Landes über ein eventuelles Friedensabkommen. Vergangene Woche
veröffentlichte das Nachrichtenmagazin
Semana brisante Auszüge aus einem Mitschnitt der ansonsten
geheimen Gespräche zwischen Regierungsunterhändler (und Psychoanalytiker) Luis Carlos Restrepo und den Anführern jener mehr als 10.000 Kämpfer, die mit brutalsten Methoden den linken Guerillagruppen entgegentreten. Seither gehen in der Redaktion
düstere Drohungen ein und werden die Telefone der Journalisten abgehört.
Beides könnte damit zusammenhängen, dass
Semana die Frage
aufwirft, mit wem da eigentlich Gespräche geführt werden. "Sind das paramilitärische Gruppierungen mit
sozialem Rückhalt und einem politischen Projekt zur Aufstandsbekämpfung? Oder handelt es sich um
Drogenhändler, die die militärischen Strukturen der Selbstverteidigungsgruppen übernommen haben, um
politischen Status zu erlangen, was es ihnen ermöglichen würde, mit der Regierung zu verhandeln, die
Herkunft ihres Geldes zu verschleiern und ihr Strafregister zu bereinigen?",
fragt das Magazin nun in einem sehr besorgten, außergewöhnlichen Leitartikel. Beispiele dafür, wie das funktioniert -die Drogenhändler kaufen sich tatsächlich für
ein paar Millionen Dollar einen ganzen paramilitärischen Verband - hat
Semana ebenfalls recherchiert (
hier und
hier, sowie ein
Webdossier mit der bisherigen Berichterstattung über die Verhandlungen). Auch Experte Sergio Jaramillo findet, dass "der Begriff des Politischen" hier "an seine Grenzen" stößt. Trotzdem
hält er ein Friedensabkommen noch für möglich.
In einem weiteren Artikel
versucht der Schriftsteller
Hector Abad seinen Landsleuten das
Schweizer Staatsbürgerrecht zu erklären, das wie das deutsche auf dem Abstammungsprinzip basiert: "Wenn eine türkische Familie 1910 in die Schweiz einwanderte, dort 1920 einen Sohn zur Welt brachte und dieser Sohn seit nunmehr achtzig Jahre dort gelebt und gearbeitet hat, heißt das noch nicht, dass seine Söhne Schweizer sind". Sein Kollege Antonio Caballero indes wundert sich über die
Blauäugigkeit der jüngst im Irak freigelassenen
italienischen Geiseln. Die beiden Frauen erzählten, ihre Entführer gehörten vermutlich keiner politischen Gruppe an, denn schließlich hätten sie sich "hauptsächlich" über Religion unterhalten. "Dass die beiden, obwohl Italienerinnen, noch nicht bemerkt haben, dass
Religion nichts anderes als Politik ist, erinnert daran, dass im Koran, laut Borges, kein einziges Kamel erwähnt wird. Unnötig, über derart Offensichtliches ein Wort zu verlieren",
spottet Caballero.