Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
08.08.2006. Für Walrus reist Lisa Moore von Neufundland nach Tasmanien. In Outlook India skizziert Asiya Andrabi mit Wonne die kommende islamische Weltherrschaft. Der Spectator gibt Russland die Schuld an der Existenz Israels. Die Gazeta Wyborcza stellt den neuesten polnischen Exportschlager vor: Priester. Die Weltwoche experimentiert mit Meerschweinchenhoden. In Prospect seziert Jorge Castaneda die lateinamerikanische Linke. In Le Point fragt Bernard-Henri Levy, warum sich kein Demonstrant für ermordete Muslime interessiert, die nicht von Israelis getötet wurden. Im Believer denkt Steven Soderbergh über die Wechselwirkung von Porno und Politik nach. In Elet es Irodalom erklärt Laszlo Vegel die Missverständnisse zwischen Ost- und Westintellektuellen in der Handke-Debatte.
Walrus Magazine | Guardian | Tygodnik Powszechny | Foglio | Point | Believer | Elet es Irodalom | New York Times | Outlook India | Spectator | Gazeta Wyborcza | Weltwoche | Radar | Prospect | De Volkskrant | Przekroj
Walrus Magazine (Kanada), 01.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q127/A14647/walrus.jpg)
Outlook India (Indien), 14.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A14640/outlook.jpg)
Außerdem: Shuddhabrata Sengupta entdeckt in Pankaj Mishras kritischer Studie "Temptations of the West" Kanonisches zum Thema Nationalismus. Und die Titelstory von Pramila N. Phatarphekar schlägt Alarm: Die weltgrößte Veggie-Nation hat ein Gewichtsproblem. Jeder Vierte aus der urbanen Mittelschicht leidet unter Fettleibigkeit.
Spectator (UK), 05.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q62/A14650/spectator.jpg)
Gazeta Wyborcza (Polen), 05.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q83/A14637/gazeta.jpg)
In Polen wird seit längerem über die Folgen der massenhaften Arbeitsmigration diskutiert - seit dem EU-Beitritt sind schätzungsweise 2 Millionen Menschen, hauptsächlich junge, gut ausgebildete, nach Westeuropa emigriert. Einen spezifischen Aspekt dieses Phänomens beschreibt Jaroslaw Makowski: die Migration katholischer Priester. "Während im Westen - sogar im erzkatholischen Irland, wo besonders viele Polen jetzt arbeiten - die Zahl der Berufungen immer weiter zurückgeht, werden hierzulande ca. 7.000 Priester jährlich geweiht. Kein Wunder, dass sie zu einem Exportschlager wurden!" Einige Geistliche benennen die Vorteile: "Man kommt in Kontakt mit anderen, liberaleren Strömungen innerhalb der Kirche. Hier geht es weniger um Riten als um die individuelle Arbeit mit den Menschen."
Weltwoche (Schweiz), 03.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q26/A14611/weltwoche.jpg)
Der Statistiker Walter Krämer versucht - nicht immer erfolgreich - allgemeinverständlich zu erklären, warum seine Profession nicht zu ernst genommen werden darf. "Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass Atomkraftwerke Leukämie erzeugen, aber eine Häufung nur bei einem Kraftwerk ist dafür kein Indiz. In den USA zum Beispiel gibt es 'signifikante' Häufungen von Blutkrebs in der Nähe katholischer Gotteshäuser."
Weiteres: Ingolf Gillmann sinniert über den Test als Ersatzreligion. Außerdem darf man sich ausgiebig selbst testen, und zwar über Biblisches, Beziehungstechnisches, Bergiges und Biologisches.
Radar (Argentinien), 06.08.2006
Wenig optimistisch über die Aussichten seines Berufsstandes äußert sich Yves Champollion, Nachkomme des mythischen Hieroglyphenentzifferers Jean-Francois Champollion, weltbekannter Spezialist für wissenschaftliche Übersetzungen und einer der Entwickler der Übersetzungssoftware Wordfast: "Als Übersetzer befindet man sich heute in der gleichen Situation wie die Industriearbeiter vor hundert Jahren: Ein heutiger Übersetzer schafft zwanzig Seiten pro Tag, vor zwanzig Jahren waren es höchstens fünf. Man muss immer schneller arbeiten und hängt immer stärker von der Maschine ab. Im Grunde genommen arbeiten die Übersetzer heute wie Roboter. Zu 97 Prozent besteht ihre Arbeit aus technischen oder kommerziellen Texten, Literaturübersetzung ist inzwischen völlig marginal, reine Folklore."
Im Interview vergleicht sich Alberto Garcia-Alix, berühmt geworden als der Fotograf der Madrider 'movida', mit seiner Kollegin und Bekannten, der US-Fotografin Nan Goldin: "Ich empfinde mehr Scham als Goldin, Menschen, die im Sterben liegen, wollte ich nie abbilden. Spanier haben ein stärkeres Gefühl für die Tragik des Lebens als Angelsachsen. Ein Spanier wütet, dreht durch, ist exzessiv, aber anschließend verspürt er Scham angesichts der Tragödie."
Im Interview vergleicht sich Alberto Garcia-Alix, berühmt geworden als der Fotograf der Madrider 'movida', mit seiner Kollegin und Bekannten, der US-Fotografin Nan Goldin: "Ich empfinde mehr Scham als Goldin, Menschen, die im Sterben liegen, wollte ich nie abbilden. Spanier haben ein stärkeres Gefühl für die Tragik des Lebens als Angelsachsen. Ein Spanier wütet, dreht durch, ist exzessiv, aber anschließend verspürt er Scham angesichts der Tragödie."
Prospect (UK), 01.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q22/A14643/0708prospect.gif)
Prospect verlinkt auch auf ein etwas älteres großes Porträt von Hugo Chavez.
De Volkskrant (Niederlande), 04.08.2006
Die "Goldene Ära" der Zeitung ist vorbei! Die Medienexperten Warna Oosterbaan und Hans Wansink verordnen den klassischen Printmedien in ihrem Essay eine radikale Schlankheitskur: "Statt der 'Catch all'- Zeitungen, die mit audiovisuellen Medien konkurrieren und alles mögliche gleichzeitig bedienen wollen, brauchen wir kompakte Zeitungen, die sich auf ihre Kernkompetenzen besinnen: Nachrichten und vor allem Hintergrundberichte aus den drei Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur." Das komme auch der Mediennutzung der holländischen Jugend entgegen. Die findet "Emotionen spannender als Fakten und das Persönliche interessanter als das Allgemeine".
Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Halleh Ghorashi, Exil-Iranerin und Anthropologin an der freien Universität in Amsterdam, über ihr Leben zwischen zwei Welten: "Ich kann inzwischen fast so gut Rad fahren wie ein echter Niederländer. Und die lässige Kultur des 'Doe maar gewoon' (dt.: 'Bleib auf dem Teppich') mag ich sehr. Die persische Lust am Prunk habe ich noch nie verstanden. 'Doe maar gewoon' - das ist typisch Holland."
Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Halleh Ghorashi, Exil-Iranerin und Anthropologin an der freien Universität in Amsterdam, über ihr Leben zwischen zwei Welten: "Ich kann inzwischen fast so gut Rad fahren wie ein echter Niederländer. Und die lässige Kultur des 'Doe maar gewoon' (dt.: 'Bleib auf dem Teppich') mag ich sehr. Die persische Lust am Prunk habe ich noch nie verstanden. 'Doe maar gewoon' - das ist typisch Holland."
Przekroj (Polen), 03.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q116/A14639/przekroj.jpg)
Und: Lukasz Drewniak und Jacek Sieradzki blicken zurück auf die vergangene Theatersaison. "Die Szene hat sich geteilt - auf der einen Seite die düsteren Experimentierer, auf der anderen die leidenschaftslosen Routiniers. Die Mitte ist leider leer. Zum Glück gibt es manchmal noch Inszenierungen mit Witz, die nicht in die Falle der Albernheit tappen. Zähneknirschen und Depressionen haben wir auch so genug, dazu brauchen wir das Theater nicht."
Guardian (UK), 05.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q75/A14629/guardian.jpg)
Geoff Dyer preist Rebecca Wests neu aufgelegtes Buch "Schwarzes Lamm und grauer Falke" von 1941 als immergültigen Reiseführer durch Jugoslawien: "Die prophetische Qualität erweist sich bereits auf Seite zehn, wenn West schreibt, dass es eine Angewohnheit der Menschen hier sei, von einem alten Mann, der seinen Laden in den Ruin getrieben hat, bei seinem Tod zu sagen: 'Der Mann war ein Wunder. So lange hat er die Dinge zusammen gehalten, und nun seht, was passiert, da er nicht mehr da ist!' Ich kann mich noch genau erinnern, wie irritierend es war, dies 1993 zu lesen und angesichts der damaligen Ereignisse denken zu müssen, sie schreibe nicht über Kaiser Franz Josef, sondern über Tito."
Weitere Artikel: Als stärkende Lektüre empfiehlt Natasha Walter die Briefe Martha Gellhorns, die sie genau so großartig findet wie ihre Reportagen aus den Kriegen des vorigen Jahrhunderts - und das obwohl - oder weil? - "so viele wütende, so viele traurige und so viele verzweifelte" Briefe darunter sind. Besprochen werden unter anderem auch Rodney Bolts Biografie des Librettisten Lorenzo Da Ponte und John Updikes neuer Roman "Terrorist".
Tygodnik Powszechny (Polen), 31.07.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q98/A14638/tygodnik.jpg)
Foglio (Italien), 05.08.2006
Andrew Higgins stellt (auf einer Doppelseite hier und hier) den texanischen Prediger John Hagee vor, eine der aktivsten Stimmen der pro-israelischen christlichen Bewegung in den USA. "Christlichen Zionismus gibt es schon länger, mit dem Marketing-Instinkt von Hagee und anderen religiösen Entrepreneuren hat er aber einen gewaltigen Schub bekommen. Hagee hat enorme Ressourcen bereitgestellt, um Unterstützung für Israel zusammenzutrommeln. Er leitet eine Megakirche in San Antonio mit 19.000 Mitgliedern, betreibt eine Fernsehgesellschaft und unterhält enge Beziehungen zu einflussreichen Republikanern. Sein Bankett in Washington vergangene Woche kostete nach Angaben eines Veranstalters 500.000 Dollar. Ein großer christlicher Sender, Daystar, übertrug das Ereignis live. Am nächsten Tag organisierte er Evangelikale aus allen 50 Staaten für einen Lobbying-Blitz in der Hauptstadt." Der Artikel erschien im Original in der Pittsburgher Post-Gazette.
Weiteres: Die neue Mafia bedroht oder bezahlt keine Politiker mehr, weiß Riccardo Arena, sie berät sie - ganz legal und auch noch profitabel. Angiolo Bandinelli stellt anlässlich einer Ausstellung in Rom den italienischen Maler Galileo Chini vor, den "italienischen Gauguin" (zwei Beispiele).
Weiteres: Die neue Mafia bedroht oder bezahlt keine Politiker mehr, weiß Riccardo Arena, sie berät sie - ganz legal und auch noch profitabel. Angiolo Bandinelli stellt anlässlich einer Ausstellung in Rom den italienischen Maler Galileo Chini vor, den "italienischen Gauguin" (zwei Beispiele).
Point (Frankreich), 03.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q39/A14646/point.jpg)
Believer (USA), 01.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q146/A14649/believer.jpg)
Elet es Irodalom (Ungarn), 04.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q88/A14648/es.jpg)
Mitläufer in Diktaturen, die nach jahrzehntelangem Schweigen entlarvt werden, versuchen ihre Tat zu leugnen oder schön zu reden, stellt Agnes Heller fest. Auch prominente Künstler wie Istvan Szabo sind keine Ausnahme: "Er war jung, der Druck war enorm, er machte einen Fehler, aber ab Anfang der 60er Jahre diente er diesen Herren nicht mehr. Er wird heute eher deshalb verurteilt, weil er auch dann schwieg, als er schon hätte reden dürfen, weil er als falsches Beispiel anderen voran ging, weil er letzendlich von seiner Schandtat profitierte."
New York Times (USA), 06.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q12/A14641/nytmag.jpg)
Weiteres: Übernommen wurde Bernard-Henri Levys Bericht über seine Reise in die Kampfzonen Israels. (Hier die deutsche Übersetzung in der Welt, hier das französische Original in Le Monde). Lynn Hirschberg stellt den 29-jährigen belgischen Modedesigner Olivier Theyskens vor, der nach einer Blitzkarriere arbeitslos wurde, weil er mehr Talent als Selbstvermarktungsgeschick besitzt. Und im Interview mit Deborah Solomon spricht die Mitherausgeberin des Bitch magazine Andi Zeisler über Feminismus in postfeministischen Zeiten.
In der Book Review: Einen Thriller nennt Dexter Filkins Lawrence Wrights Buch über die Vorgeschichte zu 9/11 (Leseprobe "The Looming Tower"). Wright erwecke ein Personal zum Leben (bin Laden, al-Zawahiri oder den F.B.I.-Terrorexperten O'Neill), von dem Krimiautoren träumen, dokumentiere Unmengen Tonmaterial und lege die Wurzeln islamischer Militanz und die Fehler der Geheimdienste offen. Der Thrill hat aber noch einen Grund: "So erstaunlich diese Geschichte für sich ist, sie ist noch nicht zu Ende."
Sie lesen immer zwei, drei Bücher auf einmal? Joe Queenan liest 25, und er ahnt, warum: "Erst dachte ich, ich sei auf der Suche nach dem richtigen Buch. Falsch. Jedes dieser Bücher ist das richtige. Sie sind alle so gut, dass ich mir Zeit nehme; die schlechten habe ich in ein paar Stunden durch."
Weitere Artikel: Rachel Donadio hält Alexander Stilles Buch "The Sack of Rome" über Berlusconis Italien für eine klare Analyse mit wenigen, verzeihlichen Romantizismen. Und Nick Tosches findet, Alessandro Bariccos Nacherzählung der Ilias (Leseprobe "An Iliad") sei eine Schande.
Walrus Magazine | Guardian | Tygodnik Powszechny | Foglio | Point | Believer | Elet es Irodalom | New York Times | Outlook India | Spectator | Gazeta Wyborcza | Weltwoche | Radar | Prospect | De Volkskrant | Przekroj