Im Kino

Zum Mitsingen

Die Filmkolumne. Von Lukas Foerster, Patrick Holzapfel, Elena Meilicke, Nikolaus Perneczky, Fabian Tietke, Jochen Werner
30.12.2015. Nicht im Kino 2015: Ein im besten Sinne sentimentales Selbstporträt, gspinnertes Autorenkino mit Genremotiven, Laurent/Berger auf dem Sofa, nicht-kindgerechte Animationsfilme, intime popmusikalische Zwiegespräche, postkoloniale Blechbüchsenmänner, nachtschwarz-blutrote Substanzen.


Eine Formulierung, die mancherorts mit negativer Konnotation in Filmkritiken verwendet wird: Ein Film ist aus der Zeit gefallen. Dabei kann es doch kaum etwas größeres für einen Film geben, als aus der Zeit zu fallen, weil ein Film per se nicht aus der Zeit fallen kann, weder aus der Zeit, in der er als Ereignis im Kino vor uns existiert, noch aus der Zeit, die er dauert, noch aus der Zeit, in der er entsteht, geschweige denn aus der Drehzeit. Ganz zu schweigen von der Zeit der Erinnerung und der des Vergessens. Ein Film, der den Ansprüchen einer Zeit nicht genügt? Was sind die Ansprüche einer Zeit? Woher würde man das wissen?

Manoel de Oliveira hat seine Besuche, Erinnerungen und Geständnisse in eine Zeit gegossen, die er dadurch materialisiert hat, dass er sie tatsächlich verschwinden ließ. Er drehte sein im besten Sinne sentimentales Selbstportrait, das zugleich die Geschichte eines und mehrerer Häuser ist, in denen sich die Seelen seines Lebens und seiner Zeit spiegeln 1981 und sperrte es dann (mit zwei Ausnahmen) in die Untiefen der Cinemateca Portuguesa, woraus es erst nach seinem Tod im Alter von 106 Jahren im Früjahr dieses Jahres befreit wurde. Ein Film wie ein Geisterhauch, man weiß nicht mehr, ob man die Vergangenheit sieht oder in die Vergangenheit blickt. Man fliegt aus der Zeit mit einem Film, der das Wunder vollbringt, ebenfalls aus ihr gefallen zu sein und der einen daran erinnert - in den wertvollen Minuten einer Intimität, die man nicht teilen muss, aber spüren kann - was Kino sein kann.

Patrick Holzapfel


Visita ou memórias e confissões - Portugal 1981/2015 - Regie: Manoel de Oliveira - Laufzeit: 73 Minuten.

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Die Filme des japanischen Regisseurs Kiyoshi Kurosawa bewegen sich in ihrem Entstehungsland überwiegend in den Sphären des Mainstreams. Dabei sind sie für ein größeres Publikum eigentlich zu langsam und unökonomisch erzählt, haben auch kaum Schauwerte vorzuweisen, dafür aber Schauspieler, die, zumindest in Japan, richtige Stars sind. So auch in "Journey to the Shore", in dem der Hollywood-erprobte Tadanobu Asano einen Verstorbenen spielt, der zu seiner Frau zurückkehrt, um mit ihr einen Road Trip ans Meer zu unternehmen. Während dieser Reise wandelt das Geister-Melodram durch eine sich ständig verformende Szenerie, die von Träumen, Erinnerungen, aber auch einem regen Durchgangsverkehr aus dem Reich der Toten geprägt ist. So wie Kurosawa verschiedenen Welten durch eine fantastische Liebesgeschichte verschmelzen lässt, gelingt es ihm auch auf gewohnt elegante Weise, eine Brücke zwischen Genremotiven und etwas gspinnertem Autorenkino zu schlagen.

Hierzulande wird man darauf wohl wieder vergeblich warten müssen. Schon seit "Tokyo Sonata" vor 7 Jahren ist in Deutschland nichts mehr vom unermüdlich produktiven Kurosawa in die Kinos gelangt. "Journey to the Shore" dürfte erst Recht durchs Raster fallen, setzt er sich doch mit seiner völlig ironiefreien Behandlung eines übersinnlichen Sujets dem Verdacht aus, kitschig und esoterisch zu sein. Dabei besteht seine Qualität gerade in der Ernsthaftigkeit: "Journey to the Shore" muss nicht augenzwinkernd darauf hinweisen, dass seine Prämisse ein wenig albern ist. Er glaubt einfach daran; ebenso wie seine Protagonisten sich nicht mit rationalen Überlegungen aufhalten, sondern sich einfach dem Countdown ihrer Liebe hingeben. Tatsächlich passt das besser nach Deutschland, als man meinen könnte. Kurosawas Feier der Empfindsamkeit, seine Hinwendung zum Mythischen und Unheimlichen kann man als exotische Eigenheiten abtun - oder als japanische Wiederbelebung der europäischen Romantik feiern. Es ist vermutlich kein Zufall, dass der Soundtrack mit ziemlich offensichtlichen Anspielungen den transzendentalen Pathos von Richard Wagner heraufbeschwört.

Michael Kienzl

Journey to the Shore - Japan 2015 - Originaltitel: Kishibe no tabi - Regie: Kiyoshi Kurosawa - Darsteller: Tadanobu Asano, Eri Kukatsu - Laufzeit: 127 Minuten.

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Ein Film über die Schönheit und den unwiderstehlichen Sog künstlicher Welten, der fast ausschließlich in Innenräumen spielt - in dunklen Wohnhöhlen, ausstaffiert mit teuren Möbeln und kostbaren Stoffen, in Schmuckkammern mit rot lackierten Wänden und golden blitzenden Lichtakzenten, in Nachtclubs, die aufregend in Neonblau getaucht sind. Langsam, aber entschlossen durchfährt die Kamera all diese Räume, ein Gefühl, als würde man sich Unterwasser bewegen, abgetaucht und weggetreten, alle Geräusche gedämpft und die Bewegungen verlangsamt. Höhlen und Kammern, in denen sich verbotene Dinge tun lassen - Opium hieß der Duft, den Yves Saint Laurent 1977 auf den Markt brachte. Räume, die ganz nach Innen gehen, ohne Fenster, durch die profanierendes Tageslicht und äußere Realitäten einbrechen könnten.

Statt Fenstern haben diese Räume Spiegel. Spieglein, Spieglein an der Wand, kaum eine Szene ohne Spiegel. Blanke Oberflächen, die den Blick zurückwerfen, zum Sich-Betrachten, Bewundern, Sich-schön-Finden. Gleichzeitig brechen die Spiegel das Bild auf, multiplizieren die Ansichten, weigern sich, eine einfache und geradlinige Geschichte zu erzählen. Split Screens tun ein Übriges: Bertrand Bonellos "Saint Laurent" ist ein großartig zerschossenes Biopic.

Irgendwann in der zweiten Filmhälfte taucht plötzlich Helmut Berger als der alte Saint Laurent auf, der Film springt vor und zurück in der Zeit, unvermittelt und erratisch, so wie Erinnerung funktioniert, vielleicht. Vom Greis, der die Haare gerne wie Johnny Hallyday gefärbt haben möchte, ist es nur ein Schnitt zum kleinen Yves in Oran, seiner algerischen Heimatstadt. Die Zeiten überlagern sich, schieben sich ineinander, das Leben, der Film ist ein zerklüftetes, in sich verkantetes Gebilde. Helmut Berger tritt als alter Saint Laurent auf, zugleich aber irgendwie auch als Helmut Berger, der ja selbst, wie Saint Laurent, eine Ikone der 70er Jahre ist. In einer Szene sitzt der alte, zittrige Saint Laurent/Berger auf dem Sofa und betrachtet sich, strahlend schön und jung, im Fernsehen (noch ein Spiegel): es laufen "Die Verdammten" von Luchino Visconti.

In solchen Schichtungen, Referenzen und Echos entwickelt "Saint Laurent" eine genuin filmische Historiografie. Von Helmut Berger zu Ludwig II. und seinen bayerischen Schlössern, von Marlene Dietrich zu YSL's revolutionärem Hosenanzug, von Marcel Prousts Schlafkammer zum Pseudonym Swann. In der Abgeschlossenheit seiner prächtig ausstaffierten, eleganten Kammern und Höhlen entspinnt der Film ein straffes Netz von Verweisen, Assoziationen und Verbindungen, in dem sich Stück für Stück das ästhetische Universum Yves Saint Laurents abbildet.

Elena Meilicke

Saint Laurent - Frankreich 2014 - Regie: Bertrand Bonello - Darsteller: Gaspard Ulliel, Jeremie Renier, Louis Garrel, Lea Seydoux, Helmut Berger - Laufzeit: 150 Minuten.

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Allmählich nervt es: Animationsfilme sind in Deutschland Kinderkram. Pixars "Inside Out" war nach der ersten Woche kaum noch irgendwo in Originalversion nach 17 Uhr zu sehen. Bei "Die Melodie des Meeres" sieht es kaum anders aus. Für Animationsfilme, die Kinder gar nicht erst als Zielpublikum haben, gibt es in der Verleihbrache Deutschlands gleich gar keinen Ansprechpartner. Bei zwei animierten Langfilmen der letzten Jahre ist das besonders ärgerlich: bei Signe Baumanes "Rocks in my Pockets" und bei Bill Plymptons "Cheatin'".

"Rocks in my Pockets" ist ein Streifzug durch die Familiengeschichte Baumanes und das wiederkehrende Leiden an Depressionen. Zu Beginn des Films sehen wir die Großmutter der Regisseurin unschlüssig im Fluss stehen, weil sie beim Selbstmordversuch vergessen hat, sich Steine in die Taschen zu stopfen. Zu humorvoll-surrealen Bildern erzählt Signe Baumanes Stimme die Lebensgeschichten von fünf Frauen aus ihrer Familie und legt in diesen Geschichten Strukturen offen: die Depression als Reaktion auf die Lebensbedingungen von Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft oder als familiäres Krankheitsbild? (Als Stream oder DVD unter: http://www.rocksinmypocketsmovie.com/)

Kaum jemand verkörpert den unabhängig produzierten Animationsfilm in den USA so sehr wie Bill Plympton. Oberflächlich wiedergegeben erzählt "Cheatin'" davon, wie sich Ella beim Autoscooterfahren in Jake verguckt, die beiden ein Paar werden und in einer heilen Welt romantischer Zweierbeziehungen mit Dauersex leben, bis die Eifersucht ins Spiel kommt. Aber auch Bill Plymptons sechster animierter Langfilm lässt sich von übermäßig stringenter Handlung nicht die Lust am Bild verderben. Wie alle Filme Plymptons ist auch Cheatin' ein wilder Trip durch die Möglichkeiten animierter Bildwelten, der den schrägen Humor der US-Comicmagazine der 1970er Jahre mit all ihren sexualisierten Projektionswelten, ihrem aberwitzigen Humor und ihrer Abgründigkeit weiterführt, in höheren Kunstsphären: Immer wieder kreuzen sich de Chiricoeske Räume mit Edward-Hopper-Orten, die belebt sind von wiederkehrenden Elementen aus der Bildwelt Plymptons: Der Ventilator, dem Plympton in "The Fan and the Flower" eine eigene Geschichte widmete, ist ebenso wieder mit dabei wie das Titellied aus dem frühen Kurzfilm 'Your Face' oder die omnipräsenten kleinen Kläffer. Dass "Cheatin'" und all die anderen Filme Plymptons in Deutschland nicht auf Leinwand zu sehen sind ist unverzeihlich.

(Als Stream oder Download unter: https://vimeo.com/ondemand/cheatin/76084888)

Fabian Tietke

Rocks in My Pocket - USA 2014 - Regie: Signe Baumane - Laufzeit: 88 Minuten.

Cheatin' - USA 2013 - Regie: Bill Plympton - Laufzeit: 76 Minuten.


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Die letzten Worte: "So doof…". Gesprochen werden sie von einer jungen Frau, Kasumi, nicht zu irgendjemand, sondern nur vor sich hin; im gleichen Moment lacht sie allerdings leise und ebenfalls nur für sich selbst, fast unwillkürlich, auf. Kasumi ist die Managerin einer Band und hat im Lauf des Films einen jungen, eines Tages blutüberströmt in ihrem Leben aufgetauchten Mann aufgenommen, hat ihn, Shigeo (oder, doofer: Poochie), hochgepäppelt, zum neuen Sänger ihrer Band aufgebaut, hat ihm geholfen, sich seinen Dämonen zu stellen, so dass er jetzt seinen großen Auftritt haben kann. Mit einem Popsong, der, wie alle großartigen Popsongs, gleichzeitig hoffnungslos doof und wundersam glücklichmachend ist.

Ein Film wie ein Popsong, ein Film zum Mitsingen, ein bei all dem äußerst sorgfältig gemachter Film, mit dem sein in Deutschland noch nicht einmal auf Festivals sonderlich präsenter Regisseur Nobuhiro Yamashita zu Motiven seines Meisterwerks, dem High-School-Musikfilm to end all High-School-Musikfilme "Linda Linda Linda" zurückkehrt. "La La La at Rock Bottom" weiß, dass Pop doof ist (und deshalb Gott sei Dank Narrenfreiheit hat), weiß, dass Pop glücklich macht (aber jeden auf eine andere Art); und weiß auch, dass Pop Leben retten kann. Großartig sind die Szenen, in denen Shigeo erst betröppelt, mit hängendem, handsome vernarbten Kopf auf der Bühne steht; nur um sich dann plötzlich von einer Melodie durchfluten zu lassen, sich in einen Wirbelwind sondergleichen zu verwandeln, der nur noch aus rhythmisch schwingenden Gliedmaßen zu bestehen scheint. Dann aber Schnitt auf Kasumi (Pop als intimes Zwiegespräch): Die steht hinter ihrem Mischpult, das Haar mit einem roten Reif nach hinten gesteckt, das empfindsame Gesicht exponiert - und lächelt still in sich hinein.

Lukas Foerster

La La La at Rock Bottom - Japan 2015 - Originaltitel: Misono Universe - Regie: Nobuhiro Yamashita - Darsteller: Subaru Shibutani, Fumi Nikaido, Sarina Suzuki, Katsumi Kawahara - Laufzeit: 103 Minuten.


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Zwei "and" halten die drei Hauptsätze zusammen, aus denen der atemlos langwierige Titel von Ben Rivers neuer und bislang bester Arbeit besteht: "The Sky Trembles and the Earth is Afraid and the Two Eyes Are Not Brothers". Die erste Version des Films, die Rivers diesen Sommer auf Einladung des Londoner Kunstproduktionsvereins Artangel in den weitläufigen Hallen der ehemaligen BBC-Fernsehstudios in White City präsentierte, war genau so beschaffen wie sein sperriger Titel: ausgebreitet über mehrere, durch ein undurchschaubares Korridor- und Treppensystem miteinander verbundene Etagen waren dort im letzten Sommer analoge Filmprojektionen (gedreht in 16mm Cinemascope) zu sehen; black boxes einsam auf weiter Flur (gezimmert aus Sperrholz- und Tapetenresten ausrangierter BBC-Drama-Kalikowelten), die zwar von weither miteinander kommunizierten, aber dennoch für sich stehen sollten. Einzelne Szenen und Einstellungen, Skizzen und Notizen unterwegs zu einem Film waren das, von denen manche Eingang in das fertige Produkt gefunden haben, das trotz der unwegsamen (und für zwischen Kino und Galerie aufgestellte Filmemacher womöglich wegweisenden) Produktionsgeschichte dann doch die wiedererkennbaren Züge eines Einkanalspielfilms trägt.

Beginnt "The Sky Trembles" zunächst so modular und vielgestaltig wie die Ausstellung, die ihm vorausging, so nimmt er rasch narrativen Drive auf. Basierend auf Paul Bowles' Kurzgeschichte A Distant Episode, der Rivers in ihren wesentlichen Koordinaten folgt, erzählt der Film von einem (westlichen) Eindringling in Marokko - bei Bowles ist es ein französischer Linguistikprofessor, bei Rivers der (sich selbst spielende) spanische Filmemacher Oliver Laxe am Set eines tatsächlichen Filmdrehs im Atlasgebirge - der durch sein anmaßendes Verhalten die Bevölkerung gegen sich aufbringt. Eines Nachts wird er von Outlaws übertölpelt, die ihm die Zunge abschneiden und ihn in ein tschadorgleiches Ganzkörperkostüm aus rostigen Blechdosen stecken. Darin muss er zum Amüsement der Räuber tanzen. Rivers vertraut auf das entdifferenzierende Auge der Kamera, um das anmaßende Subjekt nach und nach in einen abjekten Tanzbären zu verwandeln, den die lustig-gemeinen Räuber auf ihren klandestinen Bewegungen durchs marokkanische Hinterland hinter sich herziehen. Er schläft, tanzt, aber nur unter Gewaltdrohung, kann sich sonst nicht besser, eher sogar noch schlechter uns mitteilen als der Hund, der neben ihm in der brütenden Sonne liegt.

Hinter der brutalen Entsubjektivierung des vorgeblichen Protagonisten, der allmählich in die Landschaft diffundiert (vom Raub seiner Sprache ganz zu schweigen), verbirgt sich eine direkte Verkehrung der kolonialen Verhältnisse, die Frantz Fanon am algerischen Beispiel beschrieben hat: "The Algerians, the women dressed in haiks, the palm groves, and the camels form a landscape, the natural backdrop for the French presence." Womit wir, full circle, wieder beim Filmemachen angelangt wären, genauer beim Filmemachen in einem fremden Land, den sprach- und blickethischen Fragen, die sich daran heften, und die Rivers schon in einigen früheren Arbeiten beschäftigt haben - der kompromisslose "The Sky Trembles" stellt sie alle in den Schatten.

Nikolaus Perneczky

The Sky Trembles and the Earth is Afraid and the Two Eyes Are Not Brothers - GB 2015 - Regie: Ben Rivers - Darsteller: Oliver Laxe - Laufzeit: 100 Minuten.

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Ein Callboy, dessen Klient ihn fürs Totstellen bezahlt - und eventuell für einen danach vollzogenen postmortaler Koitus. Ein Poetry Slammer, der sein Innerstes nach außen kehrt und einer brutalen Massenvergewaltigung zum Opfer fällt. Eine seltsame, verbal ausagierte pädophile Fantasie zweier knapp postadoleszenter Jungs. Ein Paar in einem Zelt, im Schneetreiben, in einer scheinbar ewigen Nacht jenseits des sozialen Rands, und ein ziemlich schauriges Krampuskostüm. Und zuletzt eine hypnotische Überwachungsfantasie in rauer Natur, irgendwo am Ende der Welt. Die fünf Kurzerzählungen, aus denen sich das Spielfilmdebüt des radikalen amerikanischen Schriftstellers Dennis Cooper zusammensetzt, sind allesamt aus nachtschwarzen, blutroten Substanzen geschöpft.

Und die Bilder, die Cooper gemeinsam mit Regisseur Zac Farley und DOP Michael Salerno findet, schreien klar vernehmlich nach der großen Kinoleinwand. Jede der fünf Episoden verfügt über einen individuellen Stil und eine eigene, eigenwillige Bildsprache, und doch fällt "Like Cattle Towards Glow" als Gesamtkunstwerk niemals auseinander - eine nicht kleine Leistung, gerade für einen Kinodebütanten wie Cooper, der sich jedoch mit seinen GIF-Romanen "Zac's Haunted House" und "Zac's Control Panel" jüngst bereits experimentellen, audiovisuellen Erzählformen zugewandt hat. Sofern man in Berlin lebt, war es zwar nicht unmöglich, "Like Cattle Towards Glow" in einem Kino zu sehen - nach der Festivalpremiere wurden vom Verleih Salzgeber, parallel zur DVD-Veröffentlichung im November, drei Kinovorführungen organisiert. Der Rest des Landes und der mutmaßlich nicht kleine Teil der Berliner Cinephilie, der diese Gelegenheiten nicht wahrnahm, müssen sich mit dem Flatscreen begnügen. Was gleichwohl dringend angeraten sei.

Jochen Werner

Like Cattle Towards Glow - Deutschland/Frankreich/Kanada 2015 - Regie: Zac Farley - Länge: 94 Minuten